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Rauchen stellt in den Industrienationen das bedeutendste vermeidbare Gesundheitsrisiko dar. Die Rolle des suchtauslösenden Alkaloids Nikotin in der Tabak assoziierten Kanzerogenese wird kontrovers diskutiert. Ziel dieser Arbeit war die Untersuchung genotoxischer Effekte von Nikotin in Zellen des oberen und unteren Aerodigestivtrakt sowie deren intrazellulärer Mechanismen. Dazu wurden Zellen aus humaner Nasenschleimhaut und humaner Bronchialschleimhaut enzymatisch isoliert sowie bronchiales Zelllinienepithel kultiviert und mit Nikotin unterschiedlicher Dosierungen für eine Stunde inkubiert. Zur Untersuchung beteiligter Signalkaskaden wurden Koinkubationen von Nikotin und dem nicht-kompetitiven nikotinergen Acetylcholinrezeptorblocker Mecamylamin und dem Antioxidans N-Acetylcystein durchgeführt. Die Erfassung Nikotin induzierter DNASchäden erfolgte mit Hilfe des Comet Assays. Zur Untersuchungen von Zellzyklusalterationen sowie Apoptoseinhibition durch Nikotin kam die Durchflusszytometrie zum Einsatz. Die Ergebnisse der Einzelzellgelelektrophorese zeigten eine dosisabhängige DNASchädigung im einstündigen Inkubationsversuch durch Nikotin. Diese Schäden waren gewebeabhängig ab einer Konzentration von 100μM in Zelllinienepithel (n=5) und 1mM in Nasenschleimhautzellen (n=8) signifikant. In humanem Bronchialzellepithel konnte bei dem Stichprobenumfang von n=4 keine signifikante DNA-Schädigung durch die getesteten Nikotindosierungen nachgewiesen werden. Durch eine Koinkubation mit dem Antioxidans N-Acetylcystein sowie dem nicht kompetitiven nACh Rezeptorblocker Mecamylamin konnte eine im Comet Assay nachweisbare Nikotin induzierte DNA-Schädigung verhindert werden. Durchflusszytometrische Untersuchungen zur Klärung einer möglichen Modulation der Apoptose durch Nikotin an bronchialem Zelllinienepithel zeigten keine signifikante Induktion oder Inhibition. Eine Beeinflussung des Zellzyklus durch Nikotin konnte in der Durchflusszytometrie nicht erfasst werden. Zusammenfassend induziert Nikotin DNA-Schäden in Epithelien des Atemtraktes. An diesem Effekt sind oxidative sowie nAch-Rezeptor abhängige Stoffwechselschritte beteiligt. Vor dem Hintergrund einer potentiellen Beteiligung von Nikotin an der Tumorinitiation und -progression muss eine Nikotinersatztherapie besonders kritisch abgewogen werden.
Beim Zigarettenrauchen als der häufigsten Form des Tabakkonsums stellt das respiratorische Epithel des oberen und unteren Aerodigestivtraktes das primäre Kontaktorgan der zyto- und genotoxischen Inhaltsstoffe dar. Nikotin, das Hauptalkaloid des Tabaks, ruft nicht nur eine starke Abhängigkeit hervor, sondern kann in Anbetracht früherer Studien auch zum Tabak assoziierten Krebsrisiko beitragen. Neben tumorproliferativen Effekten wie etwa der Angioneogenese, der Zellproliferation oder einer Apoptoseinhibition ist die Rolle der tumorinitiierenden Wirkung von Nikotin durch eine direkte Schädigung der DNA noch unzureichend untersucht. Ziele dieser experimentellen Arbeit waren deshalb, Nikotin induzierte DNA-Schäden an frisch isolierten sowie rekultivierten humanen Lymphozyten mit Hilfe des alkalischen Einzelzell-Mikrogelelektrophorese (Comet) Assays darzustellen, den Nachweis dieser Schäden durch Koinkubation mit dem Reparaturenzyminhibitor Aphidicolin (APC) zu sensitivieren sowie oxidativ geschädigte Basen durch die Formamidopyrimidin-Glykosylase (Fpg) aufzuzeigen. Durch Koinkubation mit Epibatidin, einem Subtyp spezifischen und kompetitiven Agonisten am nikotinergen Acetylcholinrezeptor (nAChR), wurde die Rolle der rezeptorvermittelten Mechanismen Nikotin induzierter DNA-Schäden an Lymphozyten und nasalen Mukosazellen untersucht. Auch der Frage, ob Rauchen zu einer erhöhten basalen Schädigung an nasalen Mukosazellen führe, wurde nachgegangen. Nach der Zellisolierung der humanen nasalen Schleimhautzellen und peripheren Lymphozyten erfolgte zum Ausschluss zytotoxischer Effekte jeweils vor und nach der einstündigen Fremdstoffinkubation mit Nikotin (1 µM bis 1000 µM), APC (2,5 µg/ml), Epibatidin (1 µM bis 100 µM) und MMS (100 µM) die Bestimmung der Zellvitalität mit dem Trypanblau-Ausschlusstest. Durch Inkubation mit Fpg nach der Lyse zellulärer Membranen erfolgte die Augmentation oxidativ geschädigter Basen. Potentielle DNA-Schäden in Form von Einzelstrangbrüchen und alkalilabilen Stellen der DNA wurden mit dem Comet Assay erfasst. An frisch isolierten Lymphozyten konnte nach ein-stündiger Inkubation mit Nikotin ab 100 µM ein signifikanter DNA-Schaden festgestellt werden. Mit dem Einsatz von Fpg kam es ab 10 µM Nikotin zu einem signifikanten Anstieg der DNA-Fragmentierung. An rekultivierten Lymphozyten konnte nach Kryokonservierung bei einstündiger Inkubation mit Nikotin bereits ab 1 µM eine signifikante DNA-Schädigung nachgewiesen werden, die sich ebenfalls bei Koinkubation mit APC ab 1 µM darstellte. Durch Koinkubation von Nikotin (1000 µM) mit Epibatidin in aufsteigender Konzentration konnte an frisch isolierten Lymphozyten nur in einer Konzentration (10 µM) die Nikotin induzierte DNA-Fragmentierung gesenkt werden. Hierbei zeigte Epibatidin selbst einen DNA-Schaden in niedriger Konzentration (1 µM und 10 µM). An nasalen Mukosazellen konnte der Nikotin induzierte DNA-Schaden durch die Koinkubation mit Epibatidin nicht gesenkt werden. Auch an nasaler Mukosa rief Epibatidin ab 1 µM einen signifikanten DNA-Schaden hervor. Bezüglich einer Einflussgröße durch das Rauchen auf die Ergebnisse im Comet Assay konnte kein Unterschied der basalen als auch der durch Nikotin induzierten DNA-Fragmentierung zwischen der Gruppe der Raucher und Nichtraucher festgestellt werden. Nikotin verursachte bereits bei einer einstündigen Expositionsdauer DNA-Schäden an humanen Lymphozyten und nasalen Mukosazellen. Der Nachweis oxidativ geschädigter Basen an Lymphozyten zeigt auf eine Generierung von reaktiven Sauerstoffspezies (ROS) durch Nikotin hin. Die Aktivierung des homomeren α7 nAChR durch Nikotin soll hierbei eine wichtige Rolle als Auslöser der intrazellulären Signaltransduktion der Radikalbildung spielen. Epibatidin als ein starker Agonist am α7 Rezeptor führte bereits in geringen Konzentrationen zu einer signifikanten DNA-Fragmentierung. Bei fehlender Reparatur dieser DNA-Schäden und einer ausbleibenden Elimination der geschädigten Zelle können diese Mutationen akkumulieren und zur Tabak assoziierten Krebsentstehung beitragen. Eine Substitutionstherapie mit Nikotin zur Raucherentwöhnung muss bei solchen Ergebnissen äußerst kritisch betrachtet werden.
Tumore entstehen in einem mehrstufigen Prozess, der die Tumorinitiation, Promotion und Progression beinhaltet. Dabei spielen exogene Faktoren, wie Fremdstoffe, Umwelteinflüsse, Lebensgewohnheiten, Ernährungsverhalten oder Tabakkonsum eine wichtige Rolle. Für viele Fremdstoffe aus unserer Umwelt, die als Aerosole eingeatmet werden, stellen die Zellen des oberen und unteren Aerodigestivtrakts das primäre Kontaktorgan dar. Der Aerodigestivtrakt ist somit eine der wichtigsten Lokalisationen für Tabak assoziierten Karzinome. Dabei ist Nikotin nicht nur suchterzeugend, sondern spielt eine direkte Rolle bei der Entstehung und dem Wachstum von Tumoren. Um einen Beitrag zur Tumorprävention zu leisten, sollten in vitro Testsysteme etabliert werden, welche die Charakterisierung von Nikotin in seiner tumorinitiierenden und promovierenden Potenz ermöglichen. In dieser Arbeit wurden genotoxische Effekte von Nikotin an frisch isolierten Zellen, primären adhärenten Zellen und Miniorgankulturen der Glandula parotidea untersucht. Die Vitalität und Morphologie der Miniorgankulturen wurden mit histologischen Schnitten überprüft. Zur Charakterisierung der primären adhärenten Zellen wurden immunhistochemische Färbungen mit anti-α-Amylase durchgeführt. Die Erfassung nikotininduzierter DNA-Schäden erfolgte mit Hilfe des Comet Assays, des Mikrokerntests und des Chromosomenaberrationstests. Zur Untersuchung der Apoptoseinduktion durch Nikotin kam der Sandwich-ELISA-Test zum Einsatz. Methylmethansulfonat wurde dabei als Positivkontrolle verwendet. Während des ganzen Kultivierungszeitraums der Miniorgankulturen der Glandula parotidea konnten keine Anzeichen von Apoptosen oder Nekrosen festgestellt werden. Die Morphologie der Miniorgankulturen blieb während der Kultivierung intakt. Bei der Färbung der histologischen Schnitte gegen α-Amylase zeigte sich während der Kultivierung der Miniorgankulturen die typische α-Amylase im Zytoplasma der Zellen. Die immunhistochemische Färbung der primären adhärenten Zelllinie der Glandula parotidea zeigte die typische α-Amylase im Zytoplasma der Zellen. Im Comet Assay zeigte sich bei den frisch isolierten und den primären adhärenten Zellen der Glandula parotidea eine dosisabhängige DNA-Schädigung im einstündigen Inkubationsversuch durch Nikotin. Diese Schädigung war ab einer Konzentration von 0,25 mM Nikotin bei den frisch isolierten und ab 0,1 mM Nikotin bei den primären adhärenten Zellen signifikant. Im Mikrokerntest und im Chromosomenaberrationstest zeigten sich ein dosisabhängiger Anstieg der Mikrokerne, der sich ab 0,1 mM Nikotin als signifikant erwies, bzw. ein signifikanter Anstieg der Chromosomenaberrationen ab 0,001 mM Nikotin. Eine abfallende Apoptoserate war bei steigender Nikotinkonzentration im Sandwich-ELISA-Test zu beobachten. Ein signifikanter DNA-Schaden konnte nach ein- und dreistündiger Exposition mit Nikotin bei den Miniorgankulturen der Glandula parotidea nachgewiesen werden. Es zeigte sich weder ein signifikanter DNA-Schaden über die dreimalige Exposition mit Nikotin bei den Miniorgankulturen, noch konnte eine Reparatur der nikotininduzierten DNA-Schäden nachgewiesen werden. Bei der repetitiven Exposition mit der Positivkontrolle Methylmethansulfonat bei den Miniorgankulturen zeigte sich ein signifikanter Anstieg der OTM-Werte. Diese erhöhte Migration konnte nach einer 24-stündigen Regenerationsphase nicht nachgewiesen werden. Das Modell der Miniorgankulturen der Glandula parotidea erweist sich für genotoxikologische Untersuchungen als gut geeignet. Durch die Möglichkeit der mehrfachen Exposition mit anschließenden Regenerationsphasen ist eine Annäherung an reale Lebensbedingungen möglich. Ebenfalls konnten mit der Etablierung der primären adhärenten Zelllinie weitere Testsysteme, wie beispielsweise der Mikrokerntest, der Chromosomenaberrationstest und der Sandwich-ELISA-Test, zur Analyse der Genotoxizität von Nikotin angewendet werden. In der Zusammenschau dieser Testsysteme konnte ein Überblick der Genotoxizität von Nikotin gewonnen werden. Insgesamt zeigen diese Ergebnisse, dass Nikotin eine entscheidende Rolle bei der Initiation von tabakassoziierten Tumoren im Aerodigestivtrakt spielen kann. Zum Verständnis der intrazellulären Schädigungswege von Nikotin, insbesondere im Hinblick auf eine direkte DNA-Schädigung, sind weitere Untersuchungen notwendig. Dabei werden spezifische nikotinerge Acetylcholinrezeptor Ago-nisten wie Epibatidin oder Mecamylamin verwendet.