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Ionotrope Glutamatrezeptoren (iGluRs) sind ligandengesteuerte Ionenkanäle und vermitteln den Großteil der exzitatorischen Signalweiterleitung im gesamten zentralen Nervensystem. Darüber hinaus spielen iGluRs eine entscheidende Rolle bei der neuronalen Entwicklung und Funktion, einschließlich Lernprozessen und Gedächtnisbildung. Da eine Fehlfunktion dieser Rezeptoren mit zahlreichen neurodegenerativen Erkrankungen verbunden ist, stellen iGluRs zudem wichtige Zielproteine für die pharmakologische Wirkstoffentwicklung dar. Im Allgemeinen wird zwischen drei Untergruppen ionotroper Glutamatrezeptoren unterschieden, welche aufgrund ihrer Selektivität für einen bestimmten Liganden benannt sind: AMPA-, Kainate-, und NMDA-Rezeptoren. Die iGluRs jeder dieser Untergruppen bestehen in der Regel aus vier Untereinheiten, welche wiederum aus vier semiautonomen Domänen aufgebaut sind: (i) die aminoterminale Domäne (ATD), (ii) die Ligandenbindedomäne (LBD), (iii) die Transmembrandomäne (TMD) und (iv) die carboxyterminale Domäne (CTD).
Die Ligandenbindedomäne, welche wiederum aus zwei Lobes (D1 und D2) besteht und in ihrer Struktur einer Muschelschale ähnelt, vollzieht bei Bindung eines Neurotransmitters eine Konformationsänderung, wobei sie sich um den gebundenen Agonisten herumschließt. Diese Konformationsänderung der LBD wird auf die Transmembrandomäne, welche den membranüberspannenden Ionenkanal ausbildet, übertragen, was in einer Umlagerung der Transmembranhelices und infolgedessen der Öffnung des Ionenkanals resultiert. Die Konformationsänderung der LBD ist demnach die treibende Kraft, welche dem Öffnen und Schließen des Ionenkanals zugrunde liegt. Aus diesem Grund stellt die isolierte Ligandenbindedomäne, welche als lösliches Protein hergestellt werden kann, ein etabliertes Modellsystem zur Untersuchung der strukturellen und funktionellen Zusammenhänge innerhalb des Funktionsmechanismus ionotroper Glutamatrezeptoren dar.
Im Rahmen dieser Arbeit wurden die Konformationsdynamiken der in Escherichia coli-Bakterien exprimierten isolierten Ligandenbindedomänen der drei homologen Untergruppen – AMPA-, Kainate- und NMDA-Rezeptoren – sowohl als Monomer als auch als Dimer untersucht. Hierbei wurden im ungebundenen Apo-Zustand der Proteine signifikante Kinetiken im Bereich von Nanosekunden bis Mikrosekunden festgestellt, welche bei Bindung eines Agonisten sowie bei Dimerisierung erheblichen Veränderungen zeigen. Darüber hinaus wurde allosterische Kommunikation zwischen den LBDs der NMDA-Untergruppe untersucht, wobei in der Tat ein deutlicher allosterischer Effekt in Bezug auf die Konformationsdynamiken der Proteine gemessen werden konnte. Weiterhin wurde ein PET-FCS-basiertes Verfahren zur Messung der Dissoziationskonstante der Bindung eines Liganden an die LBD eines AMPA-Rezeptors entwickelt. Zuletzt wurde außerdem ermittelt, ob ein Unterschied zwischen vollen und partiellen Agonisten hinsichtlich ihres Einflusses auf die Konformationsdynamiken einer AMPA-Rezeptor LBD besteht, was nachgewiesenermaßen nicht der Fall ist.
Alle Messungen wurden auf Einzelmolekülebene auf Zeitskalen von Nanosekunden bis Millisekunden basierend auf Fluoreszenzfluktuationen unter Verwendung des photoinduzierten Elektronentransfers (PET) in Kombination mit Korrelationsspektroskopie (PET-FCS) durchgeführt. Zu diesem Zweck wurden PET-basierte Fluoreszenzsonden entwickelt, um Konformationsänderungen auf einer räumlichen Skala von einem Nanometer zu detektieren.
Durch die Experimente innerhalb dieser Arbeit konnte gezeigt werden, dass die PET-FCS-Methode eine vielversprechende Ergänzung zu allen bisher bestehenden Methoden zur Untersuchung der Konformationsdynamiken der Ligandenbindedomäne ionotroper Glutamatrezeptoren darstellt und daher eine aussichtsreiche Möglichkeit zur Erweiterung des zukünftigen Verständnisses der Funktionsweise von iGluRs bietet.
Die Entwicklung hochauflösender Fluoreszenzmikroskopiemethoden hat die Lichtmikroskopie revolutioniert. Einerseits ermöglicht die höhere erzielte räumliche Auflösung die Abbildung von Strukturen, die deutlich unterhalb der beugungsbedingten Auflösungsgrenze liegen. Andererseits erhält man durch Einzelmoleküllokalisationsmikroskopiemethoden
wie dSTORM (Direct Stochastic Optical Reconstruction Microscopy) Informationen, welche man für quantitative Analysen heranziehen kann. Aufgrund der sich dadurch bietenden neuen Möglichkeiten, hat sich die hochauflösende Fluoreszenzmikroskopie rasant entwickelt und kommt mittlerweile zur Untersuchung einer Vielzahl biologischer und medizinischer Fragestellungen zum Einsatz. Trotz dieses Erfolgs ist jedoch nicht zu verleugnen, dass auch diese neuen Methoden ihre Nachteile haben. Dazu zählt die Notwendigkeit relativ hoher Laserleistungen, welche Voraussetzung für hohe Auflösung ist und bei lebenden Proben zur Photoschädigung führen kann.
Diese Arbeit widmet sich sowohl dem Thema der Photoschädigung durch Einzelmoleküllokalisationsmikroskopie,
als auch der Anwendung von dSTORM und SIM (Structured Illumination Microscopy) zur Untersuchung neurobiologischer Fragestellungen auf Proteinebene.
Zur Ermittlung der Photoschädigung wurden lebende Zellen unter typischen Bedingungen bestrahlt und anschließend für 20−24 h beobachtet. Als quantitatives Maß für den Grad der Photoschädigung wurde der Anteil sterbender Zellen bestimmt. Neben der zu erwartenden Intensitäts- und Wellenlängenabhängigkeit, zeigte sich, dass die Schwere der Photoschädigung auch von vielen weiteren Faktoren abhängt und dass sich Einzelmoleküllokalisationsmikroskopie bei Berücksichtigung der gewonnenen Erkenntnisse durchaus mit Lebendzellexperimenten vereinbaren lässt.
Ein weiteres Projekt diente der Untersuchung der A- und B-Typ-Glutamatrezeptoren an der neuromuskulären Synapse von Drosophila melanogaster mittels dSTORM. Dabei konnte eine veränderte Anordnung beider Rezeptortypen infolge synaptischer Plastizität beobachtet, sowie eine absolute Quantifizierung des A-Typ-Rezeptors durchgeführt werden.
Im Mittelpunkt eines dritten Projekts standen Cadherin-13 (CDH13) sowie der Glucosetransporter Typ 3 (GluT3), welche beide mit der Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung in Verbindung gebracht werden. CDH13 konnte mittels SIM in serotonergen Neuronen, sowie radiären Gliazellen der dorsalen Raphekerne des embryonalen Mausgehirns nachgewiesen werden. Die Rolle von GluT3 wurde in aus induzierten pluripotenten Stammzellen differenzierten Neuronen analysiert, welche verschiedene Kopienzahlvariation des für GluT3-codierenden SLC2A3-Gens aufwiesen. Die Proteine GluT3, Bassoon und Homer wurden mittels dSTORM relativ quantifiziert. Während die Deletion des Gens zu einer erwartenden Verminderung von GluT3 auf Proteinebene führte, hatte die Duplikation keinen Effekt auf die GluT3-Menge. Für Bassoon und Homer zeigte sich weder durch die Deletion noch die Duplikation eine signifikante Veränderung.
Proteine bestehen aus einer spezifischen Sequenz verschiedener Aminosäuren, die ihre charakteristische Funktion bestimmt. Die große Variabilität an Aminosäuresequenzen ermöglichte die Evolution einer nahezu unbegrenzten Anzahl an Proteinen. Meistens nehmen diese Schlüsselpositionen ein, von robusten Baustoffen bis hin zu molekularen Maschinen. Daher kann eine Fehlfunktion gravierende Auswirkungen auf das Leben haben, z.B. Krankheiten wie Alzheimer oder Epilepsi. Um die Funktionen und Fehlfunktionen zu verstehen, ist eine umfassende Kenntnis der Proteinfaltung, der Protein-Protein Assoziation, sowie den Dynamiken innerhalb von Proteinen erforderlich. Diese Vorgänge wurden in dieser Arbeit an drei isolierten Proteindomänen durch die Anwendung der Fluoreszenzlöschmechanismen der H-Dimerbildung und des photoinduzierten Elektronentransfers untersucht.
Der entfaltete Zustand der Bindungsdomäne BBL, das Teil des 2-oxo-acid Dehydrogenasekomplexes ist, wurde unter physiologischen Bedingungen mit Zirkulardichroismus (CD) und einer Kombination aus photoinduziertem Elektronentransfer und Fluoreszenzkorrelationsspektroskopie analysiert. Beide Methoden zeigten übereinstimmend anhand von 20 in BBL einzeln eingefügten konservativen Punktmutationen, dass Seitenketteninteraktionen keine Auswirkungen auf die Sekundärstruktur des denaturierten Zustandes, den Ausgangspunkt der Faltung, haben. Mit Hilfe der Dekonvolation der CD-Spektren wurde zudem gezeigt, dass die Reststruktur im denaturierten Zustand der helikalen Proteindomäne von β-Strängen und β-Kehren dominiert wird, die eine entscheidende Funktion bei der Faltung in den nativen Zustand haben könnten.
Die N-terminale Domäne (NTD), der für die Materialforschung hochinteressanten Spinnen-seidenfaser, ist für die Polymerisation des Spinnenseidenfadens auf den pH-Wechsel von pH 7 auf pH 6 hin verantwortlich. Dieser für die Proteinfunktion wichtige Prozess wurde durch die Einbringung eines extrinsischen Fluoreszenzschalters, basierend auf der H-Dimerbildung, mit der Stopped-Flow-Technik untersucht. Es wurde gezeigt, dass die NTDs
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mit einer Rate von 3 x 10^8 M-1 s-1 assoziieren und somit nahezu das Geschwindigkeitslimit der Protein-Protein Assoziation erreicht wird. Zwei geladenen Seitenketten, der D39 und D40, kommt eine entscheidende Funktion in dem Prozess zu, da eine Mutation dieser die Assoziation verhindert. Des Weiteren wurde gezeigt, dass sich die NTD auf eine Erhöhung der Ionenstärke entgegengesetzt zu anderen Proteinen verhält: die Dissoziation wird beschleunigt, die Assoziation nicht beeinflusst. Gleiches Verhalten wurde auf den einzelnen Austausch der übrigen protonierbaren Aminosäureseitenketten hin beobachtet, ausgenommen die Mutation der E119, welche die Dissoziation verlangsamt. Daher scheint der makromolekulare Dipol, der auf Grund der Ladungsverteilung in der NTD entsteht, die Assoziation maßgeblich zu beeinflussen.
Glutamatrezeptoren sind an der schnellen synaptischen Signalweiterleitung im Nervensys-tem von Vertebraten beteiligt. Die Konformationen der Ligandenbindungsdomäne (LBD) haben dabei entscheidende Auswirkungen auf die Funktion des Gesamtrezeptors. Diese wurden mit einer Kombination aus photoinduziertem Elektronentransfer und Fluoreszenzkorrelationsspektroskopie untersucht. Mit dieser Methode wurde ein dynamisches Bild der gebundenen sowie ungebundenen Form der AMPA-spezifischen Glutamatrezeptor 2-LBD gezeigt. Es wurde zudem gezeigt, dass sich die Dynamiken in Abhängigkeit der Bindung von den Agonisten Glutamat und AMPA, dem partiellen Agonisten Kainate oder Cyclothiazid (CTZ), welches eine Dimerisierung der LBDs bewirkt, unterschiedlich verändern. Dies könnte eine Auswirkung auf die Funktion der Rezeptoren haben.
Die Anwendung der Fluoreszenzlöschmechanismen der H-Dimerbildung und des photoinduzierten Elektronentransfers in dieser Arbeit hat gezeigt, dass diese die Möglichkeit bieten, unterschiedlichste Fragestellungen zu beantworten und so Einblicke in dynamische Funktionsweisen von Proteinen eröffnen. Kombiniert mit etablierten Fluoreszenzmethoden ist es so möglich quantitativ Kinetiken auf unterschiedlichen Zeitskalen zu untersuchen.