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Die zellulären Rho GTPasen kontrollieren und regulieren zentrale elementare Zellvorgänge wie Phagozytose, Migration und epitheliale Integrität. Aufgrund ihrer zentralen Stellung, interagiert eine Vielzahl von bakteriellen Cytotoxinen und Modulinen mit den Rho GTPasen und wirken so als Pathogenitätsfaktoren. Die zur W-xxx-E Familie gehörenden Effektoren IpgB1 und IpgB2 von Shigella und Map von E. coli (Pathotypen EHEC und EPEC) werden über ein Typ 3 Sekretionssystem (T3SS) in Wirtszellen injiziert und wirken als Rac1, RhoA bzw. Cdc42 GEF Mimetikum. In der vorliegenden Arbeit wurden die Effektor Funktionen von IpgB1 IpgB2 und Map mit Hilfe des Yersinia (Ysc)-T3SS untersucht, was zur Etablierung der „Yersinia-Toolbox“ führte. Damit können heterologe Effektoren isoliert im physiologischen Kontext der Erreger-Zell-Interaktion zellbiologisch untersucht werden unter Vermeidung von simultaner Injektion redundanter oder unbekannter Effektoren. Zur Etablierung der Yersinia-Toolbox wurden zunächst die Gene für die Rho GTPasen modulierenden Shigella Effektoren IpgB1 und IpgB2 sowie der E. coli (EHEC)-Effektor Map mit unterschiedlich langen Gensequenzen der N-terminalen Bereiche des Yersinia-Effektorproteins YopE fusioniert (Hybridproteine: YopEi-X:i = 18, 53 bzw. 138 Aminosäurereste, X = IpgB1, IpgB2 bzw. Map). In der vorliegenden Arbeit wird gezeigt, dass die Hybridproteine YopE53-X und YopE138-X (X=IpgB1, IpgB2, Map) in den Kulturüberstand sezerniert bzw. in Zielzellen injiziert wurden. In einem weiteren Schritt konnte die zellbiologische Aktivität der heterologen Proteine fluoreszenzmikroskopisch durch Aktinzytoskelettumlagerungen gezeigt werden. So wurden „Membrane Ruffles“ (Rac1-Aktivierung) durch YopE138-IpgB1, Stressfasern (RhoA-Aktivierung) durch E138-IpgB2 und „Mikrospikes“ (Cdc42-Aktivierung) durch YopE138-Map nachgewiesen. Invasionstudien zeigten, dass YopEi-IpgB1 (i = 53, 138) die Yersinia-Invasion induzierte, wohingegen YopEi-IpgB2 die Invasionsrate der Stämme WA (pT3SS, pEi-IpgB2) (i=53, 138) verglichen mit dem Stamm WA (pT3SS) reduziert war. Durch Kombination verschiedener Yersinia-Toolbox-Stämme konnte im Co-Infektionsmodell mit HeLa-Zellen gezeigt werden, dass (1) die YopE138-IpgB1 vermittelte Invasion durch YopE138-IpgB2 signifikant inhibiert werden kann, was auf eine antagonistische Wirkung zwischen IpgB1 und IpgB2 schließen lässt, dass (2) YopT ebenfalls die IpgB1 vermittelte Invasionsrate reduziert (inhibitorische Wirkung auf Rac1), und dass (3) YopE als GAP für RhoG/Rac1 (bevorzugt RhoG) praktisch nicht die IpgB1-vermittelte Invasion hemmt. Durch Klonierung der YopE138-IpgB1 und YopE138-IpgB2 kodierenden Fusionsgene in zwei kompatible Plasmidvektoren konnten die Hybridproteine simultan transloziert werden und die Co-Infektionsergebnisse bestätigt werden. In der Literatur ist beschrieben, dass die Ysc-Translokationspore YopB/YopD Rho-abhängig Membranporen-bedingte Zellschädigungen verursacht (LDH-Freisetzung, PI-Kernfärbung). Mit der Yersinia-Toolbox konnte mit dem Stamm WA (pT3SS) Zytoplasmamembranschädigung / Zytotoxizität nachgewiesen werden, nicht aber mit den Stämmen WA (pE138-X) X = IpgB1, IpgB2 oder Map. Co-Infektionen jedoch zeigen, dass vermehrt LDH bei der Infektion mit WA (pT3SS) + WA (pT3SS, pE138-IpgB1) detektiert wurde, wohingegen dieser Effekt von YopE138-IpgB2 in einer Co-Infektion von WA (pT3SS) + WA (pT3SS, pE138-IpgB2) inhibiert wurde. Auch hier wurde der Antagonismus zwischen IpgB1 und IpgB2 erneut sichtbar. Diese Befunde widersprechen publizierten Daten, die eine RhoA-Aktivierung/Aktinpolymerisierung mit verstärkter Porenbildung in einen Zusammenhang bringen. Rho GTPasen sind beteiligt an der Erhaltung der polarisierten Eipthelzellschichtintegrität über Adhäsionskomplexbildung. Mittels Infektion von polarisierten MDCK-Zellschichten mit verschiedenen Yersinia-Stämmen und Messung des transepithelialen elektrischen Widerstandes/Resistenz (TER) konnte gezeigt werden, dass die Ysc-T3SS vermittelte Injektion von YopE138-IpgB1 (Rac1-Aktivierung) oder YopE138-Map (Cdc42-Aktivierung) zur Abnahme der TER und damit Schädigung der Zellschichtintegrität führt, wogegen bei YopE138-IpgB2-Injektion der TER-Wert unverändert blieb. Um bakterielle Rho GTPasen-modulierende Effektorproteine detailliert untersuchen zu können und um die Rolle von Rho GTPasen im Mausinfektionsmodell mit Yersinia enterocolitica und Salmonellen zu bestimmen, wurden Mäuse mit deletierten Genen für RhoA, Rac1 bzw. Cdc42 in Makrophagen hergestellt.
Der Wilms Tumor (WT), auch Nephroblastom genannt, ist einer der häufigsten bösartigen Tumoren im Kindesalter. Er entsteht aus embryonalem undifferenziertem Nierengewebe und tritt meist als unilateraler und sporadischer Tumor auf. In 10-15% der Wilms Tumoren finden sich WT1- und/oder CTNNB1-Mutationen. Während diese schon länger als genetische Ursachen des Nephroblastoms bekannt sind, wurde erst kürzlich WTX als drittes Gen beschrieben, welches eine Rolle in der Tumorentstehung spielt. Für einen Großteil der WT ist die genetische Ursache jedoch unklar. Da die bisher publizierten WTX-Mutationsraten auf Untersuchungen kleiner Gruppen basieren und sich stark unterscheiden, sollten in dieser Arbeit WTX-, CTNNB1- und WT1-Mutationen in einem großen WT-Set bestimmt werden. Verluste genetischen Materials in der WTX-Region traten in 17% der Fälle auf und waren zwischen den Geschlechtern gleich verteilt. Die Sequenzierung von WT-Proben zeigte, dass nur 2% von WTX-Punktmutationen betroffen sind. In weiteren 11,5% der Proben konnte keine WTX-Expression nachgewiesen werden. Die WTX-Veränderungen traten z. T. gemeinsam mit WT1- und/oder CTNNB1-Mutationen auf. Die unvollständige WTX-Deletion in einigen WT legte die Vermutung nahe, dass innerhalb eines Tumors eine Heterogenität in Bezug auf den WTX-Status möglich ist. Dieser Verdacht konnte durch die detaillierte Untersuchung verschiedener Regionen solcher Tumoren erhärtet werden: Hierzu wurden histologisch unterschiedliche Bereiche auf den Anteil einer WTX-Mutation bzw. eines WTX-LOH hin untersucht. Obwohl alle Regionen des jeweiligen Tumors einen kompletten LOH auf Chromosom 11 aufwiesen, waren die WTX-Veränderungen unterschiedlich stark ausgeprägt. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass WTX-Veränderungen keine notwendigen und frühen Ereignisse in der Tumorentstehung sind, sondern erst später auftreten und nur einen Teil der Tumorzellen betreffen können. Die Vermutung, dass WTX-Mutationen keinen direkten Einfluss auf die Tumorentwicklung und prognose haben, wird durch das Fehlen eines signifikanten Zusammenhangs zwischen WTX-Deletion bzw. WTX-Expression und den klinischen Eigenschaften der WT gestützt. Um die Rolle von Genen, die potentiell an der Entstehung und Entwicklung des Nephroblastoms beteiligt sind, zu untersuchen oder mögliche neue Therapiestrategien zu überprüfen, sind in vitro-Modelle nötig. Da ein solches für Wilms Tumoren nicht etabliert ist, wurden Primärkulturen aus verschiedenen WT-Proben angelegt. Kulturen aus Tumorgewebe von 12 Patienten mit unterschiedlichen genetischen Veränderungen konnten als echte Tumorzellen validiert werden. Zwei Zelltypen ließen sich morphologisch und immunhistochemisch unterscheiden: Zum einen runde, langsam wachsende Zellen mit Epithelcharakter und zum anderen fibroblastenähnliche Zellen, welche weniger differenziert waren und häufig für viele Passagen kultiviert werden konnten. Somit wurde ein Set verschiedener WT-Primärkulturen etabliert, welches nun für in vitro-Experimente zur Untersuchung grundlegender Mechanismen der WT-Entstehung oder zum Test neuer Therapieansätze eingesetzt werden kann. Frühere Microarray-Analysen deuteten auf eine Deregulation des Retinsäure (RA)-Signalwegs in fortgeschrittenen Wilms Tumoren hin. Diese Ergebnisse sollten in einem großen unabhängigen Proben-Set mittels Realtime-RT-PCR validiert werden. Eine Deregulation des RA-Signalwegs und die Überexpression von NMYC wurden für Tumoren der Hochrisikogruppe im Vergleich zu Tumoren mit geringem/mittlerem Risiko nachgewiesen. So stellte sich die Frage, ob Patienten mit fortgeschrittenem WT von einem Retinsäure-Einsatz in der Therapie profitieren könnten. Um dies zu beantworten, wurde der Effekt von verschiedenen Retinoiden auf WT-Primärkulturen untersucht. Die WT-Zellen wurden mit all-trans RA (ATRA), 9cisRA, dem synthetischen Retinoid Fenretinid (4HPR) und Kombinationen von ATRA bzw. 4HPR und einem HDAC-Inhibitor (SAHA) behandelt. Gene, welche in Hochrisiko-WT differenziell reguliert waren, wurden untersucht und zeigten nach RA-Behandlung eine entgegengesetzte Expression. In sechs der sieben verwendeten Primärkulturen wurde eine RA-vermittelte Proliferationsreduktion nachgewiesen. Für die Kombinationen von Retinoiden mit SAHA wurden keine synergistischen Effekte beobachtet. Während Fenretinid in den meisten Kulturen Apoptose induzierte, verursachten ATRA und 9cisRA morphologische Veränderungen, welche auf Differenzierungsvorgänge hindeuteten. Eine Microarray-Analyse ATRA-behandelter WT-Zellen zeigte die differenzielle Regulation vieler Gene, welche eine Rolle in der Bildung der extrazellulären Matrix oder bei Differenzierungsvorgängen von Knochen-, Knorpel-, Nerven- oder Muskelgewebe spielen. Diese Befunde bieten einen weiteren Hinweis darauf, dass Retinoide für den Einsatz in der Therapie des Nephroblastoms geeignet sein könnten.
BMPs vermitteln ihre zellulären Effekte durch Rekrutierung und Aktivierung von zwei Typen spezifischer, membranständiger Rezeptoren. Die genauen Mechanismen der Rezeptorakivierung und die Komposition eines funktionellen, signalvermittelnden Komplexes auf der Zelloberfläche sind in den letzten Jahren genau untersucht worden. Die dimere Natur aller BMPs, die Promiskuitivität der BMPs sowie der entsprechenden Rezeptoren und die unterschiedlichen Rezeptorkonformationen (PFC, BISC) erschweren jedoch die experimentelle Zugänglichkeit dieser Proteinfamilie. Um den Einfluss der Membranverankerung der Rezeptoren auf deren Affinität zu einzelnen Liganden zu untersuchen, wurden verschiedene Methoden evaluiert, die eine quantitative Kopplung an Plasmamembranen ermöglichten. Die BMP Rezeptorektodomänen wurden u.a. mittels einer lysin-spezifischen Kopplung lipidiert, oder aber als His6-Ektodomänen an membranintegrierte Chelatlipide gekoppelt.
In dieser Arbeit sollte die Funktion von FGF-Signalen im Herzfeld und in der Entwicklung des Proepikards im Hühnerembryo untersucht werden. Fibroblasten-Wachstumsfaktoren (FGF) sind eine große Gruppe von Signalmolekülen und in eine Vielzahl von Entwicklungsprozessen involviert. Das Proepikard (PE), welches sich asymmetrisch auf dem rechten Sinushorn des Sinus venosus entwickelt, bildet die Grundlage des Koronargefäßsystems des Herzens. FGF-Liganden (FGF2, FGF10, FGF12) werden insbesondere in den epithelialen Zellen des Proepikards exprimiert, sowie an der sinomyokardialen Basis dieser embryonalen Progenitorpopulation. Die FGF-Rezeptoren (FGFR1, FGFR2, FGFR4) weisen ein ähnliches Expressionsmuster auf und deren Inhibition, durch spezifische Antagonisten, war der Ausgangspunkt für die funktionelle Analyse der proepikardialen FGF-Signalaktivität. Die Inhibition von FGF-Signalen in vitro führt zu einem verringerten Wachstum sowie einer erhöhten Apoptoserate in proepikardialen Explantaten, die unter serumfreien Bedingungen kultiviert wurden. Es konnte gezeigt werden, dass sowohl der Ras/MAPK- als auch der PI3-Kinase-Signalweg, beides Bestandteile der FGF-Signaltransduktion, für das Wachstum und Überleben proepikardialer Zellen verantwortlich sind. Dagegen sind FGF-Signale nicht in die Etablierung proepikardialer Identität involviert, wie die Analyse der Expression etablierter proepikardialer Markergene wie TBX18, WT1 und TBX5 nach FGF-Inhibition zeigte. Dies konnte gleichfalls durch in vivo-Experimente gezeigt werden, in denen die rechtsseitige Inhibition von FGF zu einem retardierten Proepikardwachstum führte. Weiterhin konnte gezeigt werden, dass die asymmetrische Apoptose in der sich transient entwickelnden linksseitigen Proepikardanlage auf eine frühe differentielle Expression von Apoptosegenen wie Caspase 2 zurückgeht. Diese asymmetrische Expression wird von FGF8 reguliert, wahrscheinlich als Teil eines frühen rechtsseitigen Signalweges, der Apoptose im rechten Sinushorn des kardialen Einflusstraktes verhindert. Im zweiten Teil der Arbeit wurde die Expression der Hyaluronansynthase 2 (HAS2) in Abhängigkeit von FGF in der Herzfeldregion analysiert. Hyaluronansynthasen produzieren Hyaluronsäure, welches eine essentielle Komponente der extrazellulären Matrix ist. Es wurde in vivo gezeigt, dass die Expression von HAS2 im primären Herzfeld in gleicher Weise von FGF reguliert wird wie die des kardialen Transkriptionsfaktors NKX2.5. Die Ergebnisse dieser Arbeit verdeutlichen, dass FGF während der frühen Entwicklung des Herzens und der Entstehung des Proepikards diverse Funktionen besitzt.
Ungeachtet der enormen Entwicklung in Krebsdiagnostik und -Therapie in den letzten Jahren, sind vollständige Heilungsaussichten weiterhin gering und die aktuellen Behandlungsmethoden oftmals mit schwerwiegenden Nebeneffekten verbunden. Aufgrund dessen sind alternative Behandlungsmethoden unbedingt erforderlich und führten zu einer zunehmenden Bedeutung des Vaccinia-Virus als onkolytisches Virus in der Krebstherapie. In der vorliegenden Arbeit wurden zwei mögliche Therapieansätze zur Verstärkung der onkolytischen Effekte in humanen Tumormodellen untersucht. Die Kombination einer gene-directed enzyme prodrug Therapie (GDEPT) mit dem onkolytischen Vaccinia-Virus GLV 1h68 sollte zur Selektivitätssteigerung eines ß-Galaktosidase-aktivierbaren, cytotoxisch-aktiven Drugs führen. Darüber hinaus diente das für MCP-1 codierende Vaccinia-Virus GLV-1h80, zielend auf eine Cytokin-vermittelten Immuntherapie, als Vektor zur spezifischen Beeinflussung des intratumoralen Chemokin-Netzwerks. Im Zuge der GDEPT wurde in dieser Arbeit ein, durch enzymatische Deglykosylierug aktivierbares Prodrug, basierend auf dem cytotoxischem Antibiotikum Duocarmycin SA verwendet. Durch eine Infektion mit GLV-1h68 und einer resultierenden Expression des aktivierenden Enzyms ß-Galaktosidase, sollte eine Umwandlung des Prodrugs in ein cytotoxisches Drug erfolgen. In vitro Infektionsstudien zeigten ein nahezu identisches Replikationsverhalten des Vaccinia-Virus GLV-1h68 und des als Kontrollvirus dienenden rVACV GLV-1h43 in humanen GI-101A-Brustkrebszellen. Die Expression der beiden Reporter-Gene Ruc-GFP sowie ß-Galaktosidase konnten auf Protein-Ebene und mittels RT-PCR nach Infektion mit GLV-1h68 nachgewiesen werden. GLV-1h43-Infektion von GI-101A-Zellen führte zu GFP-Expression, jedoch nicht zur Expression des Enzyms ß Galaktosidase. Untersuchung der Enzym-Aktivität in Zelllysaten und Zellkultur-Überständen zeigten nach Infektion mit GLV 1h68 steigende Menge zellulär assoziierter und freier ß-Galaktosidase. Des Weiteren wurde durch Koinkubation von GI-101A-Zellen mit Virus-freien, ß Galaktosidase-haltigen Zelllysaten bzw. –überständen und Prodrug eine Aktivierung des Prodrugs durch das Virus codierte Enzym nachgewiesen. Diese Koinkubation führte zur Abtötung der Zellen. Nach Inkubation mit Proben mock- oder GLV 1h43-infizierter Zellen konnte keiner Veränderung der Proliferationsrate von GI-101A-Zellen gefunden werden. Kombinierte Behandlung von GI 101A-Zellen mit Viren des Stammes GLV 1h68 und Prodrug führte zu starken Synergieeffekten bei der Abtötung der Zellen und wies einen Bystander Effekt der Kombinationstherapie nach. Dieser konnte in 4 weiteren humanen und 2 Hunde-Brustkrebszellen bestätigt werden. Der erzielte Bystander-Effekt zeigt, dass es nach Virus-induzierter ß-Galaktosidase-Expression in GLV 1h68-infizierten Zellen zu einer enzymatischen Spaltung des Prodrugs in das cytotoxische seco-Analogon des Antibiotikums Duocarmycin SA kommt. Durch die Membrangängigkeit des Drugs konnte auch in angrenzenden uninfizierten Zellen eine Wirkung erzielt werden. Anhand von Expressionsanalysen an Apoptose-assoziierten Proteinen, wie PARP und Caspasen, wurde eine Wirkung des Prodrugs über den intrinsischen Apoptose-Signalweg nachgewiesen. In athymischen Nude-Mäusen durchgeführte Replikationsanalysen und X-Gal-Färbungen GLV 1h68 infizierter Tumore nach Prodrug-Behandlung zeigten, dass GLV-1h68 ungeachtet der simultanen Behandlung mit Prodrug im Tumorgewebe repliziert und es nicht zur Anreicherung lacZ-negativer Virusmutanten kommt. Es konnten, durch Prodrug-Behandlung und einer simultanen Expression aktiver ß Galaktosidase, starke synergistische Effekte und eine signifikante Steigerung der Tumorregression erzielt werden. Da die Kombinationstherapie zu keinerlei Unterschieden in Gewicht und Gesundheitszustand behandelter Versuchstiere führte, konnte eine systemische Toxizität außerhalb des Tumorgewebes ausgeschlossen werden. Verschiedene Zelllinien weisen Unterschiede in ihrer Sensitivität gegenüber der onkolytischen Aktivität von Vaccinia-Virus GLV-1h68 auf. Während einige Zelllinien trotz Virus-Behandlung unverändertes Proliferationsverhalten zeigen (non- oder poor-responder), führt diese Behandlung in anderen Zelllinien zu einer vollständigen Tumorregression (responder). In Anbetracht dieser Unterschiede wurden in dieser Arbeit die Effekte einer induzierten Expression des murinen Chemokins MCP-1 in GI-101A-Tumoren (responder) und HT29-CBG-Tumoren (poor-responder) untersucht. MCP-1 zeichnet sich durch seine chemotaktischen Eigenschaften gegenüber mononukleärer Zellen aus und führt zu pleiotropen Tumor-Effekten. Replikationsstudien am Virus GLV-1h80 und des als Kontrollvirus dienenden rVACV GLV-1h68 zeigten, dass aus der Expression des Fremd-Gens mcp-1 sowohl in vitro als auch in vivo keinerlei negativen Effekte auf das Replikationsverhalten in humanen GI-101A- und HT29-CBG-Zellen resultieren. Durch Real-time Monitoring der GFP-Expression im Tumorgewebe lebender Tiere konnte zunächst eine mit dem Infektionsverlauf zunehmende Signalstärke beobachtet werden, welche dann 42 dpi an Intensität verlor. Toxizität und schädliche Nebeneffekte durch Infektion mit den beiden rVACV konnten anhand der viralen Titer in den Organen der Maus ausgeschlossen werden. Die Titer wiesen auf eine ausschließlich auf das Tumorgewebe begrenzte Replikation der Viren nach Injektion in Tumor-tragende Tiere hin. Die Expression des Chemokins MCP-1 wurde sowohl auf transkriptioneller als auch auf translationeller Ebene in GLV-1h80-inifzierten Zellen und im Tumorgewebe GLV 1h80-injizierter Mäuse nachgewiesen. Nach Infektion mit GLV-1h80 konnte eine mit dem Infektionsverlauf zunehmende MCP-1-Expression gezeigt werden. Dabei wurde zudem deutlich, dass nicht nur eine GLV-1h80-Infektion in vivo zu einer Zunahme der intratumoralen MCP-1-Expression führte, sondern eine Vaccinia-Virus-Infektion allein einen Anstieg des Chemokins zu bewirken vermag. Eine Quantifizierung durch ELISA machte Konzentrationsunterschiede von MCP-1 zwischen den Tumormodellen GI-101A und HT29-CBG deutlich. Sowohl in vitro als auch in vivo führte ein GLV-1h80-Infektion zu deutlich niedrigeren Konzentrationen im HT29-CBG-Kolon-Adenokarzinommodell. Ein Nachweis murinen MCP-1 in Blutseren Tumor-tragender Tiere zeigte eine für therapeutische Effekte erwünschte systemische Freisetzung des intratumoral durch die Infektion mit GLV-1h80 gebildeten Chemokins MCP-1. Durch immunhistologische Untersuchungen GLV-1h80-infizierter Zellen und Tumoren konnte diese, mit dem Infektionsverlauf zunehmende MCP-1-Expression bestätigt werden. Die funktionelle Aktivität des rekombinanten Proteins wurde anhand TNF-α-spezifischer ELISA-Analysen überprüft. Dabei zeigte sich eine erhöhte Expression dieses proinflammatorischen Cytokins in GI-101A-Tumoren nach Infektion mit GLV-1h80. Dagegen konnte keine Steigerung der Expression im HT29-CBG-Tumorgewebe nachgewiesen werden. Ein Nachweis des durch proinflammatorische Immunzellen exprimierten Oberlflächenproteins CD14 zeigte ebenfalls einen Anstieg nach Infektion mit GLV-1h80. Auch diese veränderte Expression blieb im poor-Responder-Modell HT29-CBG aus. Die steigende intratumorale Expression der beiden Proteine in GI-101A-Tumoren nach GLV 1h80-Infektion lässt auf eine Zunahme pro-inflammatorischer Immunzellen, basierend auf einer Virus-induzierten MCP-1-Expression schließen. Ein Monitoring der Tumorprogression nach Implantation von GI 101A-Zellen und Injektion der rVACV GLV-1h80 und GLV-1h68 bzw. einer PBS-Injektion führte nach einer anfänglichen Zunahme des Tumorwachstums schließlich bei beiden Viren zu einer Tumorregression. Jedoch konnte durch die GLV-1h80-vermittelte MCP-1-Expression eine Verstärkung der onkolytischen Effekte erzielt werden, welche sich durch eine signifikante Abnahme des Tumorvolumens zeigte. Im HT29-CBG-Modell führten die therapeutischen Effekte durch rVACV GLV-1h80 zwar zu keiner Regression des Tumors, jedoch zeigte sich auch in diesem humanen Tumormodell eine Verstärkung der onkolytischen Effekte nach GLV-1h80-Infektion im Vergleich zu einer GLV 1h68-Behandlung. Durch die GLV-1h80-induzierte Expression des Chemokins MCP-1 konnte somit eine Hemmung des Tumorwachstums auch im poor-Responder-Modell HT29-CBG erzielt werden. Sowohl die Verwendung eines ß-Galaktosidase-aktivierbaren Prodrugs im Zuge einer GDEPT, als auch die Beeinflussung des intratumoralen Chemokin-Netzwerks durch Expression des Chemokins MCP-1 führten in dieser Arbeit zu positiven Synergismus-Effekten in der onkolytischen Virustherapie. Durch künftige Konstruktion eines rVACV, welches sowohl die Expression des Chemokins MCP-1, als auch des prodrug-aktivierenden Enzyms ß-Galaktosidase im Tumorgewebe induziert, könnte in Kombination mit einer Prodrug-Behandlung eine zusätzliche Verstärkung der Effekte erzielt und möglicherweise eine erfolgreiche Virustherapie in bisher schwach ansprechenden poor- bzw. non-Responder-Modellen ermöglicht werden.
Auf der Suche nach Mutanten mit einer vom Wildtyp abweichenden Verteilung des Aktive Zone-Proteins Bruchpilot wurde die Serin/Arginin-Proteinkinase SRPK79D identifiziert. Hier zeigte sich, dass die Mutation im Srpk79D-Gen zu einer Agglomeration von Bruchpilot in den larvalen segmentalen und intersegmentalen Nerven führt. In der vorliegenden Arbeit sollte die SRPK79D genauer charakterisiert werden. Nach Präadsorptionen und Affinitätsreinigungen von in einer früheren Arbeit erzeugten Antiseren, gelang es die Lokalisation der überexprimierten SRPK79D-GFP-Isoformen zu bestimmen. Dabei zeigte sich, dass keines der Antiseren die endogene Kinase im Western Blot oder immunhistocheimisch detektieren konnte. Dies legt den Schluss nahe, dass die Expression der SRPK79D in einer geringen Konzentration erfolgt. Es war jedoch möglich die endogene SRPK79D-PC-Isoform mittels einer Immunpräzipitation soweit anzureichern, dass sie im Western Blot nachweisbar war. Für die SRPK79D-PB-Isoform gelang dies allerdings nicht. Anhand von larvalen Nerv-Muskel-Präparaten konnte gezeigt werden, dass die panneural überexprimierte SRPK79D-PC-GFP-Isoform an die Aktiven Zone transportiert wird und dort mit Bruchpilot, sowie den Interaktionspartnern von Bruchpilot Liprin-α und Rab3 kolokalisiert. Außerdem liegt sie diffus im Zytoplasma von neuronalen Zellkörpern vor. In adulten Gehirnen lokalisiert die transgen überexprimierte SRPK79D-PC-GFP im Fanshaped body, Ringkomplex und in neuronalen Zellkörpern. Die panneural überexprimierte SRPK79D-PB-GFP-Isoform liegt im larvalen und adulten Gehirn lokal im Zytoplasma der Perikaryen akkumuliert vor und wird nicht an die Aktive Zone transportiert. Das PB-Antiserum erkennt im adulten Gehirn neuronale Zellkörper und das Neuropil in der Calyxregion der Pilzkörper. Immunhistochemische Färbungen von larvalen Nerv-Muskel-Präparaten mit verschiedenen Antikörpern gegen neuronale Proteine belegen, dass die Agglomerate in der Srpk79D-Mutante für Bruchpilot spezifisch sind. Es konnten bisher keine weiteren Komponenten der Agglomerate detektiert werden. Auch ein genereller axonaler Defekt konnte durch Färbungen gegen CSP, Synaptotagmin und Experimenten mit dem Mitochondrienfarbstoff MitoTracker® FM Green ausgeschlossen werden. Die quantitative Auswertung der Präparate zeigte, dass die Morphologie der synaptischen Boutons und die Zahl der Aktiven Zonen durch die Mutation im Srpk79D-Gen nicht beeinflusst werden. Um gesicherte Kenntnis darüber zu erlangen, ob die Mutation im Srpk79D-Gen die beobachteten Phänotypen verursacht, wurden Rettungsexperimente durchgeführt. Es konnte sowohl für das hypomorphe Srpk79DP1-Allel, als auch für die Nullmutante Srpk79DVN eine nahezu vollständige Rettung des Agglomerat-Phänotyps mit der panneural exprimierten SRPK79D-PF- oder der SRPK79D-PB-Isoform erreicht werden. Aus diesen Ergebnissen folgt, dass beide Isoformen der SRPK79D in der Lage sind den Bruchpilot-Agglomerat-Phänotyp zu retten, die Rettung der Verhaltensdefizite jedoch alle Isoformgruppen benötigen. Um zu untersuchen, ob der Agglomerations-Phänotyp der Srpk79D-Mutanten auf einer Überexpression des Bruchpilotgens oder auf Fehlspleißen seiner prä-mRNA beruht, wurden Immunpräzipitationen, semiquantitative RT-PCRs und Real Time-PCRs durchgeführt. Ausgehend von den Ergebnissen kann eine mögliche Überexpression bzw. Spleißdefekte von Bruchpilot weitgehend ausgeschlossen werden. Die simultane Überexpression von SRPK79D und Bruchpilot konnte den Phänotyp der Bruchpilot-Überexpression nicht retten. Anhand der stimulated emission depletion-Mikroskopie konnte gezeigt werden, dass die gebildeten Agglomerate das charakteristische Donut-förmige Muster der T-bars zeigen und wahrscheinlich als fusionierte Ketten von T-bars in den larvalen Nerven vorliegen. Beim in vivo Imaging Versuch konnte demonstriert werden, dass das verkürzte Bruchpilot-D3-Strawberry in die Bruchpilot-Agglomerate der Srpk79D-Nullmutante eingebaut wird und dass größere Agglomerate unbewegt im Nerv verharren. Der anterograde und retrograde Transport kleinerer Agglomerate konnte verzeichnet werden. Bei CytoTrap-Yeast-two-hybrid-Experimenten konnten für die SRPK79D-PB Isoform vier potentielle Interaktionspartner identifiziert werden: das Hitzeschockprotein Hsp70Bbb, die mitochondriale NADH-Dehydrogenase mt:ND5, das large ribosomal RNA Gen in Mitochondrien und das am Spleißen beteiligte Protein 1.3CC/Caper. Die Sequenzierung zeigte, dass nur das letzte Exon von Caper im pMyr-Vektor vorliegt. Der für die PC-Isoform durchgeführte CytoTrap-Versuch ergab nur Temperatur-Revertanten. SR-Proteinkinasen phosphorylieren die RS-Domäne von SR-Proteinen und sind dadurch an der Regulation des konstitutiven und alternativen Spleißens beteiligt. Somit stellen die acht identifizierten SR-Proteine in Drosophila potentielle Interaktionspartner der SRPK79D dar. Die durch RNAi-vermittelte Reduktion von sieben SR-Proteinen führte zu keiner Agglomeration von Bruchpilot. Jedoch führte die RNAi-vermittelte Reduktion des SR-Proteins Spleißfaktor 2 (SF2) zu kleineren Bruchpilot-Agglomeraten in den axonalen Nerven. SF2 ist selbst kein Bestandteil der Agglomerate der Srpk79D-Nullmutante. Die Überexpression von SF2 führt wahrscheinlich zu einem axonalen Transportdefekt, wie die Färbung gegen das Cysteine string protein zeigte. Weiterhin führt die Überexpression zu einer Akkumulation von SF2 in larvalen Axonen und im adulten Gehirn der Fliegen. SF2 ist nicht nur in Zellkernen sämtlicher Zellen nachweisbar, sondern es konnte auch ein spezifisches Signal im subsynaptischen Retikulum der Postsynapse detektiert werden, wie die Färbungen gegen Disc large bestätigten.
Die Gattung Bordetella, die phylogenetisch in die Gruppe der β-Proteobakterien eingeordnet und zur Familie der Alcaligenaceae gezählt wird, umfasst nach heutigem Wissenstand neun Gram-negative Arten. Die klassischen Bordetella-Arten B. pertussis, B. parapertussis und B. bronchiseptica werden im sogenannten B. bronchiseptica-Cluster zusammengefasst. Der strikt humanpathogene Erreger B. pertussis stellt als Verursacher des Keuchhustens das wohl bedeutendste Mitglied der Gattung dar. B. parapertussis ist der Verursacher von respiratorischen Erkrankungen in Menschen und Schafen, während B. bronchiseptica für Atemwegserkrankungen in verschiedenen Säugetieren verantwortlich gemacht wird. Zudem kann B. bronchiseptica für einen längeren Zeitraum in der Umwelt überleben. Die in den letzte Jahren identifizierten „neuen“ Bordetella-Arten, B. avium, B. hinzii, B. holmesii, B. trematum und B. ansorpii, wurden alle human- oder tierassoziiert isoliert und besitzen unterschiedliches pathogenes Potential, das zum Teil noch näher untersucht werden muss. Eine Ausnahme stellt der aus einer anaeroben dechlorinierten Flusssediment-Anreicherungskultur isolierte Keim B. petrii dar. Dieser ist bis zum heutigen Zeitpunkt der einzige Umweltkeim der Gattung Bordetella (von Wintzingerode, Schattke et al. 2001). In evolutionärer Hinsicht ist B. petrii besonders interessant, da er sowohl für orthologe Gene einiger Virulenzfaktoren der pathogenen Bordetellen kodiert, als auch die typischen Eigenschaften eines Umweltkeims aufweist und somit als Bindeglied zu fungieren scheint. Ein solcher Virulenzfaktor ist das BvgAS-System, das in den pathogenen Bordetellen den Hauptregulator der Virulenzgenexpression darstellt, aber in B. petrii strukturell komplexer aufgebaut ist. Neben dem auf Aminosäureebene hoch konservierten Response Regulator bvgA, finden sich in B. petrii Gene für zwei Histidinkinasen, bvgS1 und bvgS2, sowie eine unabhängige hpt-Domäne. Eine periplasmatische Sensordomäne fehlt in beiden Kinasen, und nur in BvgS1 konnte eine PAS-Domäne identifiziert werden. In den letzten Jahren wurden zunehmend B. petrii-Isolate aus den verschiedensten Habitaten isoliert, wie z.B. das Schwammisolate R521 (Sfanos, Harmody et al. 2005) und das klinisches Isolat aus einem Patienten mit mandibulärer Osteomyelitis (Fry, Duncan et al. 2005). Im Rahmen dieser Arbeit wurde über einen PCR-Ansatz versucht, mit aus der Wildtypsequenz abgeleiteten Oligonukleotiden das BvgAS1,2-System der Isolate zu sequenzieren, aber nur im klinischen Isolat konnte ein orthologes Genfragment zum Response Regulator bvgA identifiziert werden. Ein Nachweis der Histidinkinasen sowie der hpt-Domäne schlug in allen untersuchten Isolaten fehl. Die vergleichenden Genomanalysen mittels DNA-Microarrays konnten aufgrund fehlender Hybridisierungen keine weiteren Gemeinsamkeiten und Unterschiede auf DNA-Ebene zwischen den Isolaten und B. petrii DSM 12804 aufzeigen. B. petrii ist ein hoch variabler Umweltkeim, der sich an verschiedene Lebensbedingungen anpassen kann. Dies konnte auch durch die Isolation dreier phänotypisch unterscheidbare Varianten während eines Langzeitwachstumsversuches gezeigt werden (Lechner 2008). Durch die Genomsequenzierung von B. petrii DSM 12804 konnten wenigsten sieben genomischen Inseln beschrieben werden (Gross, Guzman et al. 2008), die durch unterschiedliche Exzision für die Entstehung der Varianten und daraus resultierend für die Variabilität in B. petrii verantwortlich sind. Im Rahmen dieser Arbeit konnte die Größe der einzelnen genomischen Inseln im Genom von B. petrii durch vergleichende Genomanalysen mittels DNA-Microarrays, mit Ausnahme von GI1, GI5 und GI6, im Vergleich zu den bioinformatischen Vorhersagen bestätigt werden. Diese Inseln zeigten in den Microarray-Analysen eine Vergrößerung bzw. Verkleinerung im Vergleich zu den zuvor beschrieben putativen Grenzen. Die große Instabilität des Genoms von B. petrii DSM 12804 konnte in dieser Arbeit auch durch Microarray-Analysen einzelner Klone aufgezeigt werden, die unterschiedliche Variationen im Bereich der genomischen Inseln aufwiesen. In den Analysen von B. petrii 12804 ΔbvgA bzw. ΔbvgAS konnten zusätzlich zu den gezielten Manipulation im BvgAS1,2-Lokus weitere Deletionen im Bereich von bpet0196-0200, bpet4219-4235 und bpet4176 detektiert werden. Die Re-Integration dieser Genbereiche nach Klonierung einer BvgA-Komplementationsmutante deutet auf eine extrachromosomale plasmid-ähnliche Struktur dieser Bereiche hin. Dies konnte im Rahmen dieser Arbeit nicht abschließend bestätigt werden und bleibt weiter zu untersuchen. Im Verlauf der evolutionären Entwicklung der Bordetellen wurde das BvgAS-System, das ursprünglich für die Adaption an Umweltbedingungen mit verschiedenen Sauerstoff-konzentrationen und/oder Temperaturen zuständig war, mit der Regulation der Expression der Virulenzgene verknüpft (von Wintzingerode, Gerlach et al. 2002). In den Transkriptomanalysen zur Untersuchung der Funktionalität des BvgAS1,2-Systems in B. petrii konnte aufgezeigt werden, dass die Temperatur ein wichtiger Signalgeber für die Expression des Flagellen- und Chemotaxisoperons ist. In B. bronchiseptica wird die Motilität, bei Temperaturen unter 25°C, negativ durch das BvgAS-System reguliert. Auch in B. petrii konnte in den Untersuchungen eine negative Regulation der Flagellen- und Chemotaxisgene durch das BvgAS1,2-System unter diesen Bedingungen detektiert werden. Ob aber in B. petrii die gleiche hierarchische Struktur zur Regulation der Motilität besteht wie in B. bronchiseptica, bleibt zu untersuchen. Im Verlauf der Untersuchungen konnte dem BvgAS-Zwei-Komponentensystem in B. petrii auch eine Funktion im Energiestoffwechsel eingeräumt werden, um auf wechselnde Sauerstoffbedingungen reagieren zu können. Die Messung des Sauerstoffgehaltes der Umgebung und damit eine Regulation der aeroben bzw. anaeroben Atmung erfolgt in B. petrii wahrscheinlich ebenfalls über das BvgAS1,2-System. Die in der Histidinkinase BvgS1 vorhergesagte PAS-Domäne scheint laut den Analysen für diesen Vorgang von großer Bedeutung zu sein. Desweiteren scheint das System auch die Zusammensetzung der Cytochromoxidase zur optimalen Anpassung an aerobe, mikroaerophile und anaerobe Bedingungen zu regulieren.
Das pleiotrope Zytokin TNF (tumor necrosis factor) kann an den TNF-Rezeptor 1 (TNFR1) und den TNF-Rezeptor 2 (TNFR2) binden und mit deren Hilfe seine biologischen Funktionen über verschiedene Signalwege, wie z.B. NFB- und MAPK-Aktivierung bzw. Apop¬toseinduktion, vermitteln. In früheren Arbeiten konnte gezeigt werden, dass die Aktivierung des TNFR2 zur proteasomalen Degradation des Adaterproteins TRAF2 führt und dadurch die TNFR1-induzierte Apoptose verstärkt wird. TWEAK (tumor necrosis like weak inducer of apoptosis), das ebenfalls der TNF-Ligandenfamilie angehört und die Interaktion mit dessen Rezeptor Fn14 (fibroblast growth factor-inducible 14), der wie der TNFR2 zur Untergruppe der TRAF-bindenden Rezeptoren der TNF-Rezeptorfamilie gehört, zeigten in verschiedenen Arbeiten auch eine TRAF2-degradierende Wirkung. In der vorliegenden Arbeit konnte nun gezeigt werden, dass dies auch im Falle des TWEAK/Fn14-Systems mit einem verstärkenden Effekt auf die TNFR1-vermittelte Apoptose einhergeht. Darüber hinaus konnte gezeigt werden, dass TWEAK zusätzlich auch die TNFR1-induzierte Nekrose verstärkt, die den Zelltod durch andere Mechanismen als bei der Apoptose induziert. Von anderen Arbeiten unserer Gruppe war bekannt, dass lösliches TWEAK (sTWEAK) und membranständiges TWEAK (mTWEAK) bezüglich der TRAF2-Depletion wirkungs¬gleich sind. Da der apoptotische Fn14-TNFR1-„crosstalk“ auf der Depletion von TRAF2-Komplexen beruht wurden auch keine signifikanten Unterschiede zwischen sTWEAK und mTWEAK in Bezug auf die Verstärkung der TNFR1-induzierten Apoptose beobachtet. Interessanter¬weise zeigte sich in der vorliegenden Arbeit jedoch, dass sTWEAK den klassischen NFB-Signalweg gar nicht bzw. nur schwach aktiviert, wohingegen mTWEAK diesen stark induziert. Bei der Aktivierung des alternativen NFB-Signalweges hingegen ließen sich keine Unterschiede zwischen sTWEAK und mTWEAK erkennen. Die Aktivierung eines Signalweges wird also durch die Oligomerisierung des Liganden nicht moduliert, demgegenüber aber erwies sich die Aktivierung eines anderen Signalweges als stark abhängig von der Liganden-Oligomerisierung. Vor dem Hintergrund, dass das Adapterprotein TRAF1 (TNF-receptor-associated factor 1) Heterotrimere mit TRAF2 bildet, wurde weiterhin untersucht, ob dieses Molekül einen Einfluss auf die Aktivität der TWEAK-induzierten Signalwege hat. Tatsächlich zeigte sich in TRAF1-exprimie¬renden Zellen eine Verstärkung der TWEAK-induzierten Aktivierung des klassischen NFB-Signalweges Zukünftige Studien müssen nun aufklären, inwieweit die hier gefundenen Mecha-nismen das Zusammenspiel von TNF und TWEAK in vivo bestimmen.
Mutationen im humanen DNA Mismatch-Reparatur (MMR) Gens Mlh1 sind mit dem erblichen, nicht-polypösen Kolonkarzinom (Lynch Syndrom, HNPCC) und einem signifikanten Anteil sporadischer kolorektaler Tumore assoziiert. Zudem konnten MMR Defekte in sporadischen und erblichen Lymphom Erkrankungen beschrieben werden. In Zellen resultiert die Inaktivierung des Mlh1 Gens in der Akkumulation von somatischen Mutationen im Genom und einer erhöhten Resistenz gegenüber den genotoxischen Effekten einer Vielzahl von DNA schädigenden Agenzien. Mäuse, die ein Null Allel für das MMR Gen Mlh1 tragen zeigen einen starken Tumorprädispositions Phänotyp. Sie entwickeln vorrangig B- und T-Zell Lymphome und mit geringerer Haufigkeit gastrointestinale Tumore. Zusätzlich sind Mlh1-/- Mäuse durch einen meiotischen Phänotyp charakterisiert, der zu Sterilitäten in beiden Geschlechtern führt. Um die Effekte von Mlh1 missense Mutationen auf die Tumoranfälligkeit zu untersuchen, erzeugten wir eine Mauslinie, die die häufig in HNPCC Patienten beschriebene MLH1G67R Mutation tragen, die in einer der ATP Bindungs-Domänen von MLH1 lokalisiert ist. Auch wenn die MLH1G67R Mutation in homozygot mutanten Mäusen in einer DNA Reparatur Defizienz resultierte hatte sie keinen Effekt auf die MMR vermittelte zelluläre Antwort auf DNA Schäden. Hierzu gehörte die apoptotische Antwort von Epithelzellen der intestinalen Mucosa auf Cisplatin, die in Mlh1-/- Mäusen defektiv jedoch in Mlh1G67R/G67R Mäusen normal ausfiel. Mlh1G67R/G67R mutante Mäuse zeigten wie Mlh1-/- Tiere einen starken Tumorprädispositions Phänotyp. Sie entwickelten jedoch im Vergleich zu Mlh1-/- Tieren signifikant weniger gastrointestinale Tumore, was darauf hinweist, dass Mlh1 missense Mutationen die Tumor supprimierende MMR Funktion in einer Gewebs-spezifischen Weise beeinflussen können. Darüber hinaus sind Mlh1G67R/G67R Mäuse, aufgrund der fehlenden Bindungsfähigkeit des MLH1G67R Proteins an die meiotischen Chromosomen im Pachytän Stadium, steril. Dies zeigt, dass die ATPase Aktivität von MLH1 für die Fertilität in Säugern essentiell ist. Diese Untersuchungen belegen, dass die Mlh1G67R Mutation die biologischen MLH1 Funktionen differentiell mit einem eindeutigen Phänotyp beeinflusst. Um die Rolle von MLH1 für die Lymphomagenese detaillierter untersuchen zu können, generierten wir ein neues Mausmodell mit einem konditionellen Mlh1 Allel (Mlh1flox/flox). Das Einkreuzen von transgenen EIIa-Cre Mausen in die Mlh1flox/flox Mauslinie führte zur konstitutiven Inaktivierung von MLH1. Die resultierende Mlh1Δex4/Δex4 Mauslinie zeichnete sich durch MMR Defizienz und einen zu Mlh1-/- Tieren vergleichbaren Tumorprädispositions Phänotyp aus. Zur T-Zell spezifischen MMR Inaktivierung kombinierten wir das Mlh1flox/flox Allel mit dem Lck-Cre Transgen. In den resultierenden Mlh1TΔex4/TΔex4 Mäusen ist die MLH1 Inaktivierung auf doppelt positive und einzel positive Thymozyten und naïve periphere TZellen beschränkt. Die Entwicklung von T-Zell Lymphomen in Mlh1TΔex4/TΔex4 Mäusen ist im Vergleich zu Mlh1-/- Mäusen signifikant reduziert, was eine wichtige, Lymphom supprimierende MMR Funktion in frühen Stadien der T-Zell Entwicklung oder in lymphoiden Vorläuferzellen impliziert.
Der Thiol:Disulfid-Redox Metabolismus und der Blaulichtrezeptor Lmo0799 von Listeria monocytogenes
(2010)
Der Thiol-Redox-Metabolismus, der in allen lebenden Zellen zu finden ist, wirkt oxidativem Stress entgegen. Des Weiteren dient er auch der Aufrechterhaltung der intrazellulären Thiol:Disulfid-Balance, die wiederum für die Funktion vieler Proteine essentiell ist. Auch stellt er Reduktionsäquivalente für die Produktion von Desoxyribonucleotiden für die DNA-Synthese bereit und hilft oxidierte Proteine zu reparieren. Der Thiol:Disulfid-Redox-Metabolismus (TDRM) unterscheidet sich von anderen metabolischen Netzwerken dadurch, dass keine Kohlenstoff- oder Stickstoffbindungen verändert werden. In vielen Fällen beinhaltet er die reversible Oxidation zweier benachbarter Cysteinreste im entsprechenden Protein, was zur Ausbildung von Disulfidbrücken führt. Da ein totaler Ausfall der GSH-Synthese einen geringeren Effekt zu haben schien als ein teilweiser, wurden DNA-Microarray-Transkriptomanalysen der ΔgshF-Mutante durchgeführt. Es wurden rund 750 Gene als signifikant reguliert (p < 0,05, Fold-change <0,5 bzw. >2) identifiziert. Da die am stärksten regulierten Gene von besonderem Interesse waren, wurden die Ausschlussgrenzen auf <0,2 bzw. >5 –fach reguliert heraufgesetzt. Diese Parameter trafen auf 92 Gene zu, davon 41 durch GSH-Mangel herauf-regulierte (d.h. die mRNA-Menge war in der Mutante höher als im Wildtyp) und 51 herunter-regulierte. Auffällig war, dass die Expression vieler Gene, welche durch den Stress-Sigmafaktor SigB reguliert werden, bei Fehlen von GSH verändert war. Zu den am stärksten (sechs- bis elffach) herauf-regulierten Genen zählen lmo0135-7, sie codieren für einen putativen Oligopeptidtransporter. Die Vermutung lag nahe, dass dieser evtl. GSH aus dem Medium in die Zellen transportieren könnte. Man kann also davon ausgehen, dass GSH von Listeria aktiv aus dem Medium aufgenommen wird und dass die Effekte, die im Versuch ohne zusätzliches GSH auftreten, direkt auf das Fehlen von GSH zurückzuführen sind. Zusammengefasst zeigte sich, dass ein Ausfall der GSH-Synthese in Listeria keinen auffälligen Phänotyp zeigt. Es wurden jedoch sehr umfangreiche Veränderungen des Transkriptionsprofils beobachtet, offenbar konnten die Bakterien dadurch eine neue zelluläre Homöostase erreichen. Physiologische Mengen von GSH im Medium komplementierten den Ausfall der GSH-Synthese fast vollständig. Im Laufe dieser Analysen fiel das Augenmerk auf ein Gen mit unbekannter Funktion, lmo0799, das in der ΔgshF-Mutante als deutlich heraufreguliert identifiziert worden war. Eine nähere in-silico-Analyse ergab deutliche Homologien des Lmo0799 Proteins zu einem Blaulicht-photorezeptor, YtvA, von Bacillus subtilis. Da ein Zusammenhang mit dem TDRM aufgrund der Microarray-Analysen mehr als wahrscheinlich schien, richtete sich das Augenmerk verstärkt auf die Charakterisierung des putativen Blaulichtrezeptors Lmo0799. Es wurde eine In-Frame-Deletionsmutante in lmo0799 hergestellt, die mit Δlmo0799-Mutante bezeichnet wurde. Darin ist das ursprünglich 253 Aminosäuren (AS) große Genprodukt von lmo0799 auf sieben AS verkürzt, ohne den Promotor- oder Terminatorbereich bzw. umliegende Gene zu verändern. Parallel wurde begonnen, Versuche zum Einfluss von Licht (blau, λ=455nm bzw. rot, λ=625nm) in vivo und in vitro auf L. monocytogenes durchzuführen. Versuche mittels qRT-PCR wurden durchgeführt um die genaue Wirkweise von Lmo0799 näher aufzuklären. Dazu wurden Testgene aus verschiedenen Regulons ausgewählt und deren Transkription in Proben von Wildtyp und Δlmo0799-Mutante mit und ohne blauem bzw. rotem Licht sowie mit und ohne Salzstress gemessen. Dabei zeigte sich, dass vor allem die Transkription von Genen des SigB-Regulons, das für die allgemeine Stressantwort in Listerien zuständig ist, durch Licht moduliert wurde. Die Wirkung von Blaulicht hing in hohem Maße von der Anwesenheit von Lmo0799 ab, welches wahrscheinlich eine Komponente des „Stressosoms“ von Listeria darstellt. Die Lichtregulation betraf auch die Internaline A und B, deren Transkription durch Belichtung stark erhöht wurde. Infektionsversuche mit blau belichteten bzw. dunkel gehaltenen Wildtyp- bzw. Δlmo0799-Bakterien an humanen Caco-2 Enterozyten zeigten, dass wildtypische Listerien nach Bestrahlung mit blauem Licht ihre Invasionsrate verdoppelten, während die Δlmo0799-Listerien auf Niveau der Dunkelkontrolle blieben. In der vorliegenden Arbeit konnte erstmals gezeigt werden, dass L. monocytogenes (und wohl auch die anderen Listeria-Arten) in Lmo0799 einen funktionalen Blaulichtrezeptor besitzt, der eine wichtige Rolle in der Vermittlung von Stressreizen via SigB spielt und auch die Motilität und Virulenz moduliert. Weiterhin konnte gezeigt werden, dass auch rotes Licht die Transkription zahlreicher durch Blaulicht regulierter Gene beeinflusst. Der molekulare Mechanismus konnte im Rahmen dieser Arbeit nicht mehr aufgeklärt werden.