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Sonstige beteiligte Institutionen
- Boston Children's Hospital (1)
- Center for Computational and Theoretical Biology (CCTB), Universität Würzburg (1)
- Chemical Biology Laboratory, National Cancer Institue, Frederick (USA) (1)
- Fraunhofer IGB - Institutsteil Würzburg Translationszentrum Regenerative Therapien für Krebs- und Muskuloskelettale Erkrankungen (1)
- Lehrstuhl für Chemie, Brooklyn College, City University of New York, Brooklyn (1)
- Lehrstuhl für Physiologische Chemie (1)
- Lehrstuhl für Translationale Onkologie (1)
- Siemens Corporate Technology, Erlangen (1)
- Technische Hochschule Wildau (1)
- Universitätsklinikum Düsseldorf, Institut für Toxikologie (1)
Die Kernhülle umgibt als geschlossenes Membransystem einen jeden Zellkern und ist damit ein gemeinsames Merkmal aller eukaryotischen Zellen. Sie besteht aus einer inneren und einer äußeren Kernmembran sowie der nukleoplasmatischen Kernlamina, die aufgrund zahlreicher assoziierter Proteine in enger Wechselbeziehung mit der inneren Kernmembran steht. Neben der rein räumlichen Trennung nukleärer und zytoplasmatischer Strukturen hat die Kernhülle bedeutenden regulatorischen Einfluss auf die gesamte Zelle. So ist sie unter anderem an der Steuerung der genomischen Aktivität, an der nukleo- und zytoplasmatischen Signalübertragung und in hohem Maße an der Positionierung und Formerhaltung des Zellkerns beteiligt. Es mehren sich die Hinweise, dass die Kernhülle auch während der Gametogenese, der Differenzierung befruchtungsfähiger Keimzellen, eine zentrale Rolle einnimmt und folglich auch mit bislang ungeklärten Ursachen humaner Infertilität in Kontext stehen könnte. Um die Bedeutung der Kernhülle für die Keimbahn der Säuger generell besser verstehen zu können, wurden in dieser Arbeit ausgewählte Bestandteile der Keimzellkernhülle untersucht. Dadurch sollte der Kenntnisstand erweitert werden, in welcher Weise die Kernhülle dynamische, morphologische und vor allem für die Keimbahn essentielle Prozesse beeinflusst; insbesondere während der meiotischen und der postmeiotischen Differenzierungsphase bei männlichen Mäusen. Im Mittelpunkt stand dabei einerseits Lamin C2, ein meiosespezifisches A-Typ Lamin, dessen Verlust zu einer schwer geschädigten Meiose und infolgedessen zu vollständiger männlicher Infertilität führt. Es zeigte sich, dass Lamin C2-defiziente männliche Mäuse schwerwiegende Defekte bei der Paarung und Synapsis der homologen Chromosomen in der meiotischen Prophase I aufweisen und aufgrund apoptotischer Spermatocyten keine reifen Spermien bilden können. Es wird angenommen, dass die Assoziation homologer Chromosomen bzw. die Abstoßung nicht-homologer durch gerichtete Telomerbewegungen entlang der Kernhüllenperipherie vorangetrieben bzw. verhindert wird. Da Lamin C2 seinerseits diese Wanderung der Telomere durch eine Flexibilisierung der Spermatocytenkernhülle vereinfachen soll, ist es durchaus vorstellbar, dass sein Verlust verlangsamte Telomerbewegungen, eine gestörte Homologenfindung und folglich Fehlpaarungen zur Folge hat. Ein weiteres zentrales Thema war die Erforschung potentieller LINC-Komplexe während der Differenzierungs- und morphologischen Umgestaltungsphase postmeiotischer Keimzellen. LINC-Komplexe sind kernhüllendurchspannende Proteingebilde aus SUN-Proteinen in der inneren und Nesprinen in der äußeren Kernmembran, die nukleäre Strukturen an das Zytoskelett binden. Da sie aufgrund dieser strukturellen Eigenschaft die Kernmorphologie beeinflussen können, erscheinen sie als äußerst geeignet, an der Formierung des Spermienkopfes beteiligt zu sein. Die detaillierte Untersuchung spermiogeneserelevanter LINC-Komplex-Bestandteile ergab, dass während der Spermiogenese tatsächlich zwei neue, strukturell einzigartige LINC-Komplexe gebildet werden, die darüber hinaus auf den entgegengesetzten Seiten differenzierender Spermatiden polarisieren. Da sie den Kern dort an jeweils spezielle Zytoskelettelemente binden könnten, wurde in dieser Arbeit das Modell der LINC-Komplex vermittelten Umformung des Spermienkopfes aufgestellt. Insgesamt trägt diese Arbeit durch die funktionelle Analyse von Lamin C2 und die Identifizierung neuer LINC-Komplexe dazu bei, die Wichtigkeit der Kernhülle für die Spermatogenese zu vertiefen und auszuweiten.
Die Diffusion von Membranproteinen spielt bei einer Vielzahl von zellbiologischen Prozessen eine zentrale Rolle. So hat die Beweglichkeit von Glykosyl-Phosphatidyl-Inositol-(GPI-) verankerten Proteinen zum Beispiel eine tragende Funktion bei der Alzheimer Krankheit, der Creutzfeldt-Jacob Krankheit und der Afrikanischen Schlafkrankheit. Der Erreger der Afrikanischen Schlafkrankheit, Trypanosoma brucei spec., präsentiert auf
seiner Zelloberfläche einen dichten Mantel aus identischen GPI-verankerten Proteinen. Diese sogenannten Variant Surface Glycoproteins (VSGs) stellen den zentralen Pathogenitätsfaktor der Trypanosomen im Blutstrom des Wirtes dar und ermöglichen dem Parasiten die Antigene Variation. Während der Antigenen Variation wird der VSGMantel durch einen immunologisch distinkten Mantel ersetzt. Hierfür ist die Diffusion der VSG essentiell. In der vorliegenden Arbeit wird die Diffusion des VSG in lebenden Trypanosomen und in artifiziellen Membranen systematisch untersucht. Auf diese Weise werden der Einfluss der lateralen Proteindichte, der N-Glykosylierung und der Proteingröße auf die Diffusion der GPI-verankerten Proteine charakterisiert. Die Mobilität des VSG auf lebenden Trypanosomen ist an der Grenze zu einem Diffusionsschwellenwert, dieser wird allerdings nicht überschritten. Die Mobilität des VSG in der Nähe des Diffusionsschwellenwertes wird durch die N-Glykosylierung der VSG ermöglicht. Außerdem kann gezeigt werden, dass die Größe der Proteine einen entscheidenden Einfluss auf den Diffusionskoeffizienten der GPI-verankerten Proteine ausübt. Zusammengefasst zeigen die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit deutlich, dass der VSG-Mantel der Trypanosomen ein, an seine Anforderungen, hoch-adaptiertes System darstellt. Würde entweder die laterale Dichte, die N-Glykosylierung oder die Größe der Proteine beeinträchtigt werden, so wäre die Funktion der Antigenen Variation gestört und die Pathogenität des Parasiten gefährdet. Da die lokale Verteilung von GPI-verankerten Proteinen in biologischen Membranen ein wichtiges funktionelles Konzept darstellt, ist der Einfluss der untersuchten Faktoren nicht nur für den VSG-Mantel relevant, sondern kann auch für das generelle Verständnis
der Dynamik von Proteinen in zellulären Membranen dienen.
In einem sich entwickelnden multizellulären Organismus ist die räumlich-zeitliche Regulation der Genexpression von entscheidender Bedeutung für die Bildung, Identität und Funktion von Zellen. Der REST (repressor element silencing transcription factor) Komplex spielt bei der neuronalen Differenzierung und bei der Aufrechterhaltung des neuronalen Status eine essentielle Rolle, indem er in nicht neuronalen Zellen und neuralen Vorläufern die Expression neuronaler Gene unterdrückt, in deren Promotorregion eine RE1 (repressor element 1) Erkennungssequenz vorhanden ist. Während der neuronalen Differenzierung wird der REST-Komplex schrittweise inaktiviert, was zur Einleitung eines neuronalen Genexpression-Programms führt. Es wird daher angenommen, dass die Inhibierung des REST-Komplexes ein essentieller Vorgang der Neurogenese ist. Wichtige Bestandteile für die transkriptionell repressive Funktion des REST-Komplexes sind kleine Phosphatasen (CTDSP = C-terminal domain small phosphatases), welche die Polymerase-II-Aktivität an Zielgenen inhibieren. Im Zebrafisch wurde gezeigt, dass ctdsp2 durch die miR-26b negativ reguliert wird. Alle miR-26 Familienmitglieder sind in Vertebraten evolutionär konserviert und in Introns von Ctdsp Genen kodiert. Sie sind in der Lage, die Expression ihres eigenen Wirtsgens mittels einer autoregulatorischen Rückkopplungsschleife zu regulieren.
Im Rahmen dieser Dissertation wurde als Modellsystem für die Neurogenese ein neurales Differenzierungssystem, welches auf murinen, embryonalen Stammzellen (ESCs) aufbaut, eingesetzt. Zur funktionellen Analyse der miR-26 Familie wurden mit Hilfe der CRISPR/Cas9-Methode verschiedene miR-26 Knockout (KO) ESC-Linien hergestellt. Hierbei wurden die Sequenzen der einzelnen Familienmitglieder und der gesamten miR-26 Familie im Genom von Wildtyp (Wt) ESCs deletiert. Diese miR-26-defizienten ESCLinien behielten ihre Pluripotenz und zeigten keinen Phänotyp hinsichtlich Proliferation, Morphologie und Identität der Zellen während der Differenzierung bis zum neuralen Vorläuferzellstadium (NPCs, engl.: neural progenitor cells). Jedoch führte die Deletion sowohl der gesamten miR-26 Familie als auch einzelner Mitglieder bei der terminalen Differenzierung zu einem spezifischen Entwicklungsstillstand im NPC Stadium und infolgedessen zu einer starken Reduktion der Anzahl von Neuronen und Astroglia. Die Transkriptom-Analyse der differenzierten miR-26-KO ESCs mittels RNA-Seq zeigte, dass die Expression von Genen die mit der Neurogenese und der neuronalen Differenzierung, aber auch der Gliogenese assoziert sind, herunterreguliert war. Die Abwesenheit der miR-26 Familie führte außerdem zu einer selektiven Reduzierung bestimmter miRNAs (REST-miRs), die einerseits die Expression von REST-Komplex Komponenten unterdrücken können, und andererseits selbst unter dessen transkriptioneller Kontrolle stehen. Zu diesem REST-miR Netzwerk gehören einige miRNAs (miR-9, miR-124, miR-132 und miR-218), die wichtige Funktionen bei verschiedenen Prozessen der neuronalen Entwicklung haben. Weiterhin führte der miR-26-KO zu einer Derepression der Proteinlevel von REST und CTDSP2 während der terminalen Differenzierung. Funktionelle Analysen mit miRNA mimics zeigten, dass erhöhte miR-26 Level zu einer Hochregulation von REST-miRs führen. Weitere Experimente, die darauf zielten, die Hierarchie des REST-miR Netwerks aufzuklären zeigten, dass die miR-26 Familie stromaufwärts die REST-miR Expression reguliert.
Zusammengefasst weisen die in dieser Arbeit gezeigten Daten darauf hin, dass die miR-26 Familie als Initiator der schrittweisen Inaktivierung des REST-Komplexes eine zentrale Rolle bei der Differenzierung von neuralen Vorläuferzellen zu postmitotischen Neuronen spielt.
Nebennierenrindenkarzinome (NNR-Ca; engl. adrenocortical carcinoma (ACC)) zählen zu den sehr seltenen Tumorentitäten. Die Prognose für die Patient*innen ist insgesamt eher schlecht, kann aber, im Einzelnen betrachtet, sehr heterogen sein. Eine zuverlässige Prognose anhand klinischer und histopathologischer Marker – wie dem Tumorstadium bei Diagnose, dem Resektionsstatus und dem Proliferationsindex Ki-67 –, die routinemäßig erhoben werden, ist nicht für alle Erkrankten möglich. Außerdem wird deren Behandlung dadurch erschwert, dass Therapeutika fehlen, von denen ein Großteil der Patient*innen profitiert. Umfassende Multi-Omics-Studien aus den letzten Jahren halfen nicht nur das Wissen über Pathomechanismen in NNR-Cas zu erweitern, es konnte auch gezeigt werden, dass sich Patient*innen anhand molekularer Marker in Subgruppen mit jeweils unterschiedlicher Prognose einteilen lassen. Mit molekulargenetischen Untersuchungen wurden außerdem potentielle neue Therapieziele gefunden. Diese Erkenntnisse finden bisher jedoch keine oder kaum Anwendung, da die Analysen den zeitlichen und finanziellen Rahmen, der für den routinemäßigen Einsatz im Klinikalltag zu erfüllen wäre, deutlich überschreiten. Ziel dieser Arbeit war es, eine Strategie zur verbesserten Patientenversorgung der NNR-CaPatient*innen zu etablieren. Dafür sollte geklärt werden, ob ausgewählte molekulare prognostische Marker mit Methoden, die theoretisch einfach in den Klinikalltag zu implementieren wären, gefunden werden können. Außerdem sollte nach prädiktiven Markern gesucht werden, die helfen, NNR-Ca-Patient*innen zielgerichtet zu therapieren. Statt exom- oder genomweite Analysen durchzuführen wurden gezielt krebs- beziehungsweise NNR-Ca-assoziierte Gene mittels NGS (Next-Generation Sequencing) oder SangerSequenzierung (zusammen 161 Gene) und Pyrosequenzierung (4 Gene) auf somatische Veränderungen hin untersucht. Die Analysen wurden an DNA (Desoxyribonukleinsäure) durchgeführt, die aus FFPE (mit Formalin fixiert und in Paraffin eingebettet)-Gewebe isoliert worden war, welches standardmäßig nach Tumoroperationen in Pathologien für Untersuchungen zur Verfügung steht. Durch Analyse der Sequenzierergebnisse von insgesamt 157 Patient*innen aus einem retrospektiven (107 Patient*innen) und einem prospektiven Studienteil (50 Patient*innen) konnten in NNR-Cas bereits beschriebene Veränderungen von Genen und Signalwegen sowie Methylierungsunterschiede gefunden werden. Anhand der Sequenzierdaten der retrospektiven Studie wurden molekulare prognostische Marker (Anzahl an proteinverändernden Varianten pro Tumorprobe, Veränderungen im P53/Rb- und/oder dem Wnt/ß-Catenin-Signalweg und dem Methylierungsstatus von CpG-Inseln von vier 2 Tumorsuppressorgenen (GSTP1, PAX5, PAX6 und PYCARD)) definiert und für jeden einzelnen Marker ein signifikanter Zusammenhang zur Länge des progressionsfreien Überlebens (PFS) der Patient*innen gefunden. Durch die Kombination der molekularen Marker mit den klinischen und histopathologischen Markern war es zudem möglich, einen COMBI-Score zu bilden, der, verglichen mit den klinischen und histopathologischen Markern, eine spezifischere und sensitivere Aussage darüber erlaubt, ob Patient*innen innerhalb von 2 Jahren ein Fortschreiten der Tumorerkrankung erfahren. Mit Hilfe der Sequenzierdaten wurden in beiden Kohorten außerdem Veränderungen gefunden, die als prädiktive Marker zum Einsatz von zielgerichteten Therapien vewendet werden könnten. Als vielversprechendstes Therapieziel wurde – bei 46 Tumoren in der retrospektiven und 7 Tumoren in der prospektiven Studie – CDK4 identifiziert. CDK4/CDK6-Inhibitoren sind für die Behandlung von fortgeschrittenem und metastasiertem Brustkrebs von der Lebensmittel- überwachungs- und Arzneimittelbehörde (FDA; engl. Food and Drug Administration) zugelassene Therapeutika und bei anderen soliden Tumoren Gegenstand von Studien. Im Rahmen der Arbeit konnten außerdem von 12 Patient*innen jeweils zwei Tumoren molekulargenetisch untersucht und die Ergebnisse verglichen werden. Die Analyse zeigte, dass der Methylierungsstatus – im Vergleich zu Veränderungen in der DNA-Sequenz – der stabilere prognostische Marker ist. Mit dieser Arbeit wurde gezeigt, dass molekulare prognostische und prädiktive Marker für den Einsatz zielgerichteter Therapien mit Methoden identifiziert werden können, die sich im klinischen Alltag bei der Behandlung von NNR-Ca-Patient*innen implementieren lassen. Um einen allgemein anerkannten Leitfaden zu etablieren, fehlen allerdings noch die Ergebnisse weiterer – vor allem prospektiver – Studien zur Validierung der hier präsentierten Ergebnisse. Die gewonnenen Erkenntnisse sind jedoch als wichtiger Schritt in Richtung personalisierter Medizin bei Nebennierenrindenkarzinomen anzusehen.
Die NO-sensitive Guanylyl-Cyclase (NO-GC) ist ein zentrales Enzym der NO/cGMP-Signalkaskade, das über die Aktivierung von NO zur Bildung des second messangers cGMP führt. Die NO-GC setzt sich aus zwei Untereinheiten zusammen, sodass zwei Isoformen des Enzyms gebildet werden können (α1β1 und α2β1). Da die genaue Verteilung der beiden Isoformen im Colon nicht bekannt ist, wurde diese im ersten Teil dieser Arbeit charakterisiert. Immunhistochemie und In-situ-Hybridisierung zeigten die Expression beider Isoformen sowohl in der glatten Muskelschicht als auch in der Submukosa und Lamina propria. Dabei war die α1β1-Isoform ubiquitär, die α2β1-Isoform dagegen hauptsächlich im Bereich des myenterischen Plexus vorzufinden.
In der glatten Muskelschicht des Colons ist die NO-GC in glatten Muskelzellen (SMC), interstitiellen Zellen von Cajal (ICC) sowie Fibroblasten-ähnliche Zellen (FLC) exprimiert und hauptsächlich in die Modulation der gastrointestinalen Motilität involviert. Zur spezifischen Charakterisierung der Funktion der NO-GC in den einzelnen Zelltypen wurden Knockout-Mäuse generiert, denen die NO-GC global (GCKO) oder spezifisch in SMC (SMC-GCKO), ICC (ICC-GCKO) oder beiden Zelltypen (SMC/ICC-GCKO) fehlt. Anhand dieser Mausmodelle sollten im zweiten Teil dieser Arbeit die modulatorischen Effekte der NO-GC auf die spontanen Kontraktionen des Colons bestimmt werden. Zur Charakterisierung der spontanen Kontraktionen der zirkulären Muskelschicht wurden Myographiestudien mit 2,5 mm langen Colonringen durchgeführt. Hierbei konnten drei verschiedene Kontraktionen gemessen werden: Kleine, hochfrequente Ripples, mittlere Kontraktionen und große Kontraktionen. Die detaillierte Analyse der einzelnen Kontraktionen zeigte einerseits eine NO-unabhängige Regulation der Ripples, andererseits eine NO-abhängige Modulation der mittleren und großen Kontraktionen über die NO-GC in SMC und ICC. Die NO-GC in SMC beeinflusst die Kontraktionen vermutlich vor allem über die Regulation des Muskeltonus der zirkulären Muskelschicht. Die NO-GC in ICC dagegen modifiziert die spontanen Kontraktionen möglicherweise über eine Veränderung der Schrittmacheraktivität. Allerdings führt erst ein Funktionsverlust des NO/cGMP-Signalweges in beiden Zelltypen zu einem sichtbar veränderten Kontraktionsmuster, das dem von globalen Knockout-Tieren glich. Dies weist auf eine kompensatorische Wirkung der NO-GC im jeweils anderen Zelltyp hin.
Zur Analyse der propulsiven Kontraktionen entlang des gesamten Colons wurden Videoaufnahmen der Darmbewegungen in Kontraktionsmusterkarten transformiert. Zudem wurde der Darm durchspült und die Ausflusstropfen aufgezeichnet, um die Effektivität der Kontraktionen beurteilen zu können. Hierbei zeigte sich, dass eine Beeinträchtigung des NO/cGMP-Signalweges eine verminderte Effektivität der Kontraktionen zur Folge hat und vermutlich durch eine beeinträchtige Synchronisation der Kontraktionen erklärt werden kann. In diesem Regulationsmechanismus konnte vor allem der NO-GC in SMC eine übergeordnete Rolle zugewiesen werden.
Der dritte Teil der Arbeit thematisierte den Befund, dass SMC-GCKO-Tiere ca. 5 Monate nach Tamoxifen-Behandlung Entartungen der Mukosa entwickelten. Diese Entartung war lediglich in Tamoxifen-induzierten Knockout-Tieren vorzufinden. Histologische Analysen identifizierten die Entartungen als tubulovillöses Adenom. Die Genexpressionsanalyse von Mukosafalten von SMC-GCKO- und heterozygoten Kontrolltieren zeigte eine Vielzahl von Genen, welche spezifisch bei colorectalem Karzinom differenziell exprimiert sind. Einer dieser Faktoren war der BMP-Antagonist Gremlin1. Dieser Faktor erschien von besonderem Interesse, da er in Zellen der Lamina muscularis mucosae und kryptennahen Myofibroblasten exprimiert wird. Immunhistochemische Analysen ließen vermuten, dass diese Zellen sowohl die NO-GC als auch die Cre-Rekombinase unter dem SMMHC-Promotor exprimieren. Diese Arbeit liefert demnach Hinweise darauf, dass die NO-GC einen wichtigen Regulator innerhalb der Stammzellnische bildet. Die Deletion der NO-GC führt vermutlich zu einer verstärkten Bildung bzw. Sekretion von Gremlin1, was die Homöostase der mukosalen Erneuerung stört und somit zur Entwicklung von Adenomen führt.
Das Proto-Onkoprotein Myc ist an der Entstehung und Aufrechterhaltung einer Vielzahl humaner Tumore entscheidend beteiligt. In der vorliegenden Arbeit wurde Serin 227 in Fbw7 als Ziel für eine PI3K-abhängige Phosphorylierung identifiziert. Diese Phosphorylierung führt zur Stabilisierung von Fbw7 und steigert die Fähigkeit von Fbw7, Substratproteine zu ubiquitinieren und abzubauen. Um die Bedeutung von Usp28 in der Myc-induzierten Tumorentstehung und in der normalen Gewebehomöostase zu untersuchen, wurde ein konditionales Knockout-Mausmodell für Usp28 charakterisiert. Mäuse mit einer Keimbahndeletion von Usp28 sind lebensfähig, fertil und phänotypisch unauffällig. Weder in Organen der Usp28-negativen Tiere, noch in entsprechenden murinen embryonalen Fibroblasten kann eine Destabilisierung von Myc festgestellt werden. Allerdings zeigen Fibroblasten mit heterozygotem Usp28-Verlust einen Proliferationsdefekt und in Eμ-Myc-Lymphomen dieses Genotyps werden tendenziell niedrigere Myc-Proteinmengen gefunden. Das tumorfreie Überleben ist bei den Eμ-Myc; Usp28 +/- Tieren verlängert.
Während der Entstehung von Tumoren können zwei Mechanismen auftreten, die beide von der Aktivität der Onkogene abhängig sind und die Tumorgenese einschränken. Für das Onkogen Myc ist gezeigt, dass es sowohl Apoptose als auch unter bestimmten Umständen Seneszenz auslösen kann und damit sein eigenes onkogenes Potential limitiert. Im Rahmen dieser Arbeit konnte ich mich mit diesen Tumor-suppressiven Mechanismen in zwei unabhängigen Teilprojekten beschäftigen. Eine erhöhte Expression von Myc steigert die Proliferation der Zellen, induziert aber gleichzeitig Doppelstrangbrüche an der DNA. Durch den dadurch entstandenen Schaden wird die DNA-Schadensantwort ausgelöst, die zum Beispiel zur Phosphorylierung von H2A.X durch die Kinasen Atm und Atr führt. Ein weiteres putatives Zielprotein dieser Kinasen ist HectH9, das abhängig vom DNA-Schaden das mitochondriale Protein Mcl1 ubiquitiniert und es damit für den proteasomalen Abbau markiert. Im ungestressten Zustand interagiert das in der mitochondrialen Membran lokalisierte Protein Mcl1 mit proapoptotischen Proteinen und hält deren inerten Status aufrecht. Die Reduktion der Mcl1-Mengen ist essentiell, um die proapoptotischen Proteine zu aktivieren, dadurch die Freisetzung von Zytochrom C aus dem Mitochondrium zu veranlassen und damit den Prozess der Apoptose einleiten zu können. Anhand der in dieser Arbeit dokumentierten Daten bietet sich Mcl1 als potentielles Zielprotein für pharmazeutisch Strategien zur Therapie Myc-induzierter Tumore an. Im Idealfall erhöht eine verstärkte Reduktion seiner Proteinmengen die zelluläre Apoptose und verringert somit das Tumorwachstum. Im murinen T-Zell-Lymphom wird die Myc-abhängige Tumorgenese durch eine Mutation der Proteinsequenz von Myc verlangsamt. Diese Mutation unterbindet die Bindung von Myc zu Miz1 und verhindert dadurch die Repression von Zielgenen. Abhängig von der Interaktion von Myc zu Miz1 gelingt die Inhibition der Transkription des Zellzyklusinhibitors p15Ink4b. Die Interaktion von Myc und Miz1 ist essentiell um die TGFbeta-abhängige Seneszenz zu umgehen. Darüber hinaus ist Myc direkt an der Repression von TGFbeta beteiligt. Entgegen der bisher verwendeten Modelle konnte in dieser Arbeit gezeigt werden, dass Myc unabhängig von Miz1 zu den Promotoren der reprimierten Zielgene rekrutiert wird und die Bindung der beiden Proteine offensichtlich nur für die Transrepression essentiell ist.
Während der embryonalen Neurogenese spielt die Repression neuraler Gene in nicht neuralen Zellen, sowie in neuralen Vorläuferzellen durch den REST (repressor element silencing transcription factor)-Komplex eine wichtige Rolle. Durch die schrittweise Inaktivierung diese Komplexes im Verlauf der Differenzierung werden neurale Genexpressionsprogramme
gesteuert. Zusätzlich kommt bei der Kontrolle der räumlichen und zeitlichen Regulation der Genexpression während der Neurogenese verschiedenen miRNAs eine wichtige Rolle zu. So konnte in vorangegangenen Arbeiten im Zebrafischen gezeigt werden, dass miR-26b die Transkription eines wichtigen Effektorproteins des REST-Komplexes, CTDSP2 (C-terminal domain small phosphatases), während der Neurogenese negativ reguliert. Da darüber hinaus
die miR-26 Repression zu einer stark verminderten neuronalen Differenzierung führte, kommt diesem regulatorischen Schaltkreis eine zentrale Rolle bei der Neurogenese im Zebrafisch zu.
Die zusammen mit ihren Ctdsp-Wirtsgenen koexprimierte miR-26 Familie liegt in Vertebraten evolutionär hoch konserviert vor. Analog zum Zebrafisch konnte im murinen in vitro ES-Zell Differenzierungssystem gezeigt werden, dass miR-26 die Expression von Ctdsp2 reprimiert.
Weiterhin konnte in diesem System gezeigt werden, dass auch Rest ein miR-26 Zielgen ist und dass der Verlust der miR-26 zu einem Arrest der differenzierenden Zellen im neuronalen Vorläuferstadium führt. Zusammengenommen deuten diese vorangegangenen Arbeiten auf
eine zentrale Rolle der miR-26 während der Neurogenese hin.
Die hier vorgestellte Arbeit zielte zunächst darauf ab die Regulation des REST-Komplexes durch die miR-26 auf molekularer Ebene besser zu verstehen. Der Verlust der miR-26 Bindestelle in der Ctdsp2 mRNA führte zu einer erhöhten Ctdsp2 Expression, beeinflusste aber
nicht die terminale Differenzierung zu Neuronen. Im Gegensatz hierzu führte der Verlust der miR-26 Bindestelle in der Rest mRNA zu einem Arrest der Differenzierung im neuralen Vorläuferzellstadium. Zellen in denen die miR-26 Bindestelle in Rest deletiert war, zeigten zudem, genau wie miR-26 knockout (KO) Zellen, eine erhöhte Expression von REST-Komplex Komponenten, sowie eine verringerte Expression von REST-regulierten miRNAs.
Zusammengenommen weisen diese Daten daraufhin, dass während der Neurogenese im Säugersystem die Inaktivierung von Rest durch miR-26 für die Maturierung von Neuronen eine zentrale Rolle spielt.
Ein weiterer Fokus dieser Arbeit lag auf der Regulation der miR-26 Expression während der Neurogenese. Vorangegangene Arbeiten in nicht-neuronalen Zelltypen identifizierten die lnc (long-non-coding) RNA Malat1 als eine ce (competitive endogenous) RNA der miR-26. Um den Einfluss von Malat1 auf die miR-26 Expression während der Neurogenese zu untersuchen,
wurde zunächst mittels CRISPR/Cas9 der vollständige Malat1-Lokus in ESCs deletiert. Der Verlust von Malat1 führte zu einer erhöhten Expression der miR-26 Familienmitglieder sowie deren Ctdsp-Wirtsgene. Weiterhin war die Proliferation von Malat1 KO neuronalen
Vorläuferzellen stark vermindert, was mit einer Erhöhung der Frequenz seneszenter Zellen einherging. Durch die Inaktivierung von miR-26 in differenzierenden Malat1 KO ESCs konnte dieser proliferative Phänotyp aufgehoben werden. Darüber hinaus konnte eine verstärkte neuronale Differenzierung dieser Zellen beobachtet werden.
Zusammenfassend zeigen diese Daten, dass neben der Regulation des REST-Komplexes durch miR-26 auch die Kontrolle des Zellzyklus über die Malat1-vermittelte Regulation der miR-26
in neuronalen Vorläuferzellen einen kritischen Schritt bei der Differenzierung von neuronalen Vorläuferzellen zu maturen Neuronen darstellt.
Der Neurotransmitter Serotonin spielt ein Rolle bei der Entwicklung von Ethanoltoleranz und Alkoholismus. Die vorliegende Arbeit untersuchte die Funktion von Serotonin (5HT) im Bezug auf Ethanolsensitivität und Toleranz in Drosophila melanogaster. Pharmakologisch wurden die 5HT Konzentrationen durch Füttern eines Vorläufers der 5HT Synthese kurzeitig erhöht oder mit einem Syntheseinhibitor reduziert. Die Veränderung der 5HT Konzentrationen mittels dieser Pharmaka hatte jedoch keinen Einfluss auf die Entwicklung von Ethanolsensitivität oder Toleranz. 5HT wird durch den 5HT Transporter (SERT) aus dem synaptischen Spalt in die Präsynapse wieder aufgenommen. Die kurzzeitige Fütterung des SERT Inhibitors Paroxetin führt zu erhöhter Ethanolsensitivität und reduzierter Toleranz. Ein ähnlicher Phänotyp wurde in der hypomorphen sert55 Mutante, die eine reduzierte dsert Expression aufweist, beobachtet. Dies legt nahe, dass kurz- wie langfristige Reduktion der SERT Funktion die Entwicklung einer vollständigen Ethanoltoleranz verhindern. Folglich hat die Verlängerung der 5HT Signaltransduktion im synaptischen Spalt, nicht aber die allgemeine Erhöhung von 5HT Konzentrationen im Fliegengehirn einen Einfluss auf die Entwicklung von Ethanoltoleranz. Zur genauen Bestimmung der SERT Expression im adulten Gehirn der Fliege wurde ein Drosophila SERT (dSERT) Antikörper hergestellt. Mit Hilfe dieses Antikörpers konnte gezeigt werden, dass der dSERT mit serotonergen Somata, Axonen und Dendriten kolokalisiert. Ferner sollten 5HT Konzentrationen im synaptischen Spalt durch Überexpression des wildtypischen dsert in einem Großteil der Neurone mit Hilfe des UAS/GAL4 Systems reduziert werden. Diese Fliegen wiesen weder eine veränderte 5HT Konzentration in den Köpfen auf noch war die Ethanolsensitivität bzw. Toleranz verändert. Das kann einerseits daran liegen, dass der dSERT nicht in die Membran integriert wird oder andererseits daran, dass unser Konstrukt nicht funktional ist. Die Überexpression eines inaktiven dSERTs sollte theoretisch zur Erhöhung von 5HT Konzentrationen im synaptischen Spalt führen. Wurde ein inaktiver dSERT in den meisten Neuronen der Fliege exprimiert, erhöhten sich zwar die 5HT Konzentrationen in den Köpfen der Fliegen, dennoch war das ethanolinduzierte Verhalten nicht verändert. Zusätzlich wurde untersucht, welchen Einfluss die Inhibition der 5HT Ausschüttung auf die Entwicklung von Ethanolsensitivität und Toleranz hat. Zur Inhibition der Neurotransmission in serotonergen Zellen wurde ein Tetanus Toxin (TNT) Transgen in Verbindung mit verschiedenen GAL4 Treiberlinien eingesetzt. Die Inhibition von serotonergen und dopaminergen Neuronen mit Hilfe einer GAL4 Linie, die einen Abschnitt des Gens der Dopamin Decarboxylase (ddc) beinhaltet, führte zu keiner Veränderung von Ethanolsensitivität bzw. Toleranz. Für weitere GAL4 Linien wurde zunächst das Expressionsmuster neuroanatomisch untersucht. Von vier ausgewählten GAL4 Linien zeigten zwei Expression in serotonergen Neuronen. Die sert1+2-GAL4 Linie mit einem Stück Promotorregion des dsert zeigt Expression in 46% der serotonergen Neuronen. Wurden diese mit Hilfe von Tetanus Toxin inhibiert, zeigten die Fliegen eine leicht aber signifikant erhöhte Ethanolsensitivität und eine unveränderte Toleranz. Die zweite GAL4 Linie enthält ein Stück Promotorregion des 5HT1b Rezeptors und zeigt Expression in ebenfalls 46% der serotonergen Neurone, weitgehend überlappend mit der Expression der Linie sert1+2-GAL4. Jedoch exprimiert die 5htr1b-GAL4 Linie zusätzlich in vier serotonergen Neuronen, in elf dopaminergen und einem unbekannten Neuron. Interessanterweise ist nach Inhibition der Neurotransmission in diesen Neuronen eine stark erhöhte Ethanolsensitivität sowie eine reduzierte Ethanoltoleranz zu beobachten. Folglich könnte die Inhibition der Neurotransmission in dopaminergen Neuronen für die Reduktion der Ethanolsensitivität verantwortlich sein. Deshalb wurde die Neurotransmitteraussschüttung in dopaminergen Neuronen mit Hilfe der th-GAL4 Linie und TNT unterdrückt und diese Fliegen wurden auf ihre Fähigkeit untersucht, Ethanolsensitivtät und/oder Toleranz zu entwickeln. Nach Inhibition der von th-GAL4 getriebenen dopaminergen Neurone wurde eine erhöhte Ethanolsensitivität gemessen, aber keine signifikant veränderte Ethanoltoleranz. Da die ddc-GAL4 Linie im Vorfeld keinen ethanolinduzierten Verhaltensphänotyp gezeigt hat, sollte bestimmt werden, welche dopaminergen Neuronen der 5htr1b-GAL4 sowie der th-GAL4 Linie für die erhöhte Ethanolsensitivität verantwortlich sind. Serotonerge Neuronengruppen, die in die Entwicklung von Ethanolsensitivität und Toleranz involviert sein könnten, sind SE1, SE2, SE3, LP1, LP2, SP1, SP2 und IP, während es sich bei den dopaminergen Neuronengruppen um PAL1, PPL1, PPM2, PPM3 und SVP1 handeln könnte. Einige Neurone der 5htr1b-GAL4 Linie projizieren in den Ellipsoidkörper, eine Struktur des Zentralkomplexes, für die bereits gezeigt wurde, dass sie in die Entwicklung vonEthanoltoleranz involviert ist. Jedoch muss näher untersucht werden, welche Neuronen für die Innervation verantwortlich sind. Dafür sollten GAL4 Linien verwendet werden, die eine ähnliche Expression wie die 5htr1b-GAL4 Linie, aber ausschließlich im Ellipsoidkörper, zeigen. In dieser Arbeit konnte zum ersten Mal gezeigt werden, dass serotonerge und dopaminerge Neurone in die Entwicklung von Ethanolsensitivität und Toleranz in Drosophila melanogaster involviert sind. Ferner konnte gezeigt werden, dass eine veränderte 5HT Signaltransduktion zu einer reduzierten Toleranz führt. Weiterführend ist die Identifizierung von serotonergen Neuronen, die für die Entwicklung von Ethanolsensitivität und/oder Toleranz verantwortlich sind, von großem Interesse. Ziel ist es, die neuronalen Schaltkreise aufzudecken, die den Phänomenen Ethanolsensitivität und Toleranz zugrundeliegen.
Die Rolle transposabler Elemente in der Genese des malignen Melanom im Fischmodell Xiphophorus
(2023)
Der Name der transposablen Elemente beruht auf ihrer Fähigkeit, ihre genomische Position verändern zu können. Durch Chromosomenaberrationen, Insertionen oder Deletionen können ihre genomischen Transpositionen genetische Instabilität verursachen. Inwieweit sie darüber hinaus regulatorischen Einfluss auf Zellfunktionen besitzen, ist Gegenstand aktueller Forschung ebenso wie die daraus resultierende Frage nach der Gesamtheit ihrer biologischen Signifikanz. Die Weiterführung experimenteller Forschung ist unabdingbar, um weiterhin offenen Fragen nachzugehen. Das Xiphophorus-Melanom-Modell stellt hierbei eines der ältesten Tiermodelle zur Erforschung des malignen Melanoms dar. Durch den klar definierten genetischen Hintergrund eignet es sich hervorragend zur Erforschung des bösartigen schwarzen Hautkrebses, welcher nach wie vor die tödlichste aller bekannten Hautkrebsformen darstellt. Die hier vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Rolle transposabler Elemente in der malignen Melanomgenese von Xiphophorus.
Die Calcineurin/NFAT-Signalkaskade spielt eine wichtige Rolle bei der Entwicklung einer kardialen Hypertrophie. Im Zytoplasma von Kardiomyozyten wird die Phosphatase Calcineurin nach Stimulierung der Zellen, z. B. durch Dehnungsreize, Angiotensin II (Ang II) oder Endothelin I (ET-1), und einen daraus folgenden intrazellulären Ca2+-Strom aktiviert. Dies führt zur Dephosphorylierung von NFAT und zu dessen nukleärer Translokation. In früheren Arbeiten von Ritter et al. wurden sowohl eine nukleäre Lokalisationssequenz (NLS) als auch eine nukleäre Exportsequenz (NES) innerhalb von Calcineurin identifiziert, die den Transport von Calcineurin zwischen dem Zytoplasma und dem Nukleus ermöglichen. Basierend auf diesen Ergebnissen wurde das Import Blocking Peptid (IBP) entwickelt. Dieses Peptid entspricht der NLS von Calcineurin und blockiert die Calcineurin-Bindungsstellen des Shuttleproteins (Karyopherins) Importin β1. So wird die Translokation von Calcineurin in den Nukleus unterbunden und die Signalkaskade zur Aktivierung von Hypertrophie-Genen in Kardiomyozyten unterbrochen. Dabei blieb die Phosphatase-Aktivität von Calcineurin unbeeinflusst. Eines der Ziele dieser Arbeit war, IBP weiter zu optimieren und den „proof of principle“ auch in vivo zu führen. Hierfür wurden u. a. ein geeignetes Lösungsmittel bestimmt (biokompatibel und an die Peptidcharakteristika angepasst), die Peptidstruktur modifiziert (Erhöhung der Spezifität/Wirksamkeit) und die erforderliche Dosis weiter eingegrenzt (Belastungs- und Kostenreduktion). Unter Verwendung einer TAMRA-markierten Wirkstoffvariante konnten der Weg des Peptids in Mäusen nachverfolgt und die Ausscheidung quantifiziert werden.
Aufbauend auf den Ergebnissen von Burkard et al., die die Entstehung einer konstitutiv-aktiven und nukleären Calcineurin-Isoform nach proteolytischer Spaltung durch Calpain nachwiesen, wurde die Rolle von Calcineurin im Zellkern genauer untersucht. Außerdem sollte die Frage beantwortet werden, wie (über Calcineurin?) die Herzmuskelzelle zwischen Calciumschwankungen im Zuge der Exzitations-Kontraktions-Kopplung (ECC) und vergleichsweise schwachen Calciumsignalen zur Transkriptionsteuerung unterscheidet. Mit Hilfe von nukleären Calcineurin-Mutanten, die einen Defekt in der Ca2+-Bindung aufwiesen, konnte die Bedeutung von Calcineurin als Calciumsensor für die NFAT-abhängige Transkription nachgewiesen werden. Im Mausmodell waren unter Hypertrophie-Bedingungen die Ca2+-Transienten in der nukleären Mikrodomäne signifikant stärker als im Zytosol, wodurch die Hypothese, dass die Aktivierung der Calcineurin/NFAT-Signalkaskade unabhängig von zytosolischem Ca2+ erfolgt, gestützt wird. Messungen von nukleären und zytosolischen Ca2+-Transienten in IP3-Sponge-Mäusen zeigten im Vergleich zu Wildtyp-Mäusen keine Erhöhung des Ca2+-Spiegels während der Diastole, was auf eine Rolle von Inositoltrisphosphat (IP3) in der Signalkaskade deutet. Außerdem zeigten isolierte Zellkerne ventrikulärer adulter Kardiomyozyten eine erhöhte Expression des IP3-Rezeptors 2 (IP3R2) nach Ang II-Stimulierung. Diese gesteigerte Expression war abhängig von der Calcineurin/NFAT-Kaskade und bestand sogar
3 Wochen nach Entfernung des Ang II-Stimulus fort. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass nukleäres Calcineurin als ein Ca2+-Sensor agiert, dass die lokale Ca2+-Freisetzung im Kern über IP3-Rezeptoren detektiert wird und dass dies im Zusammenspiel mit NFAT die Transkription von Hypertrophiegenen initiiert.
Die retrovirale Replikation in der eukaryotischen Zelle erfordert den Export Intron-enthaltender Transkripte aus dem Kern ins Cytoplasma. Bei HIV-1 wird dieser nucleocytoplasmatische Transport durch den viralen Transaktivator Rev vermittelt. Rev ist ein Shuttle-Protein, das sowohl ein Kernimportsignal (NLS) als auch ein Leucin-reiches Kernexportsignal (NES) besitzt. Nach der Bindung von Rev an eine spezifische RNA Sekundärstruktur, das sogenannte Rev Response Element (RRE) interagieren zelluläre Faktoren mit dem NES von Rev, wodurch der Kernexport vermittelt wird. Neben dem generellen Exportrezeptor CRM1 konnte auch der eukaryotische Initiationsfaktore 5A (eIF-5A) als ein Bindungspartner von Rev identifiziert werden. In dieser Arbeit konnte nun gezeigt werden, daß eIF-5A ein essentieller Faktor für den Rev-vermittelten RNA Export ist. Mikroinjektionen von eIF-5A-Antikörpern und der eIF-5A-M14 Mutante in Kerne von Xenopus Oocyten, sowie Bindungsstudien in Lösung haben gezeigt, daß eIF-5A als ein Adapterprotein fungiert, das upstream des generellen Exportrezeptors CRM1 wirkt. eIF-5A bindet dabei an das Rev-NES und vermittelt dadurch eine effiziente Bindung dieses NES an CRM1, wodurch der effiziente Export des Rev/RNA-Komplexes stattfinden kann. Da die zelluläre Funktion von eIF-5A noch unbekannt war, wurden Overlay Blot Assays auf Xenopus Oocytenkernhüllen durchgeführt, um Kernproteine zu finden, die mit eIF-5A interagieren. Dies führte zur Identifikation des Transkriptionsfaktors IIIA als einen Bindungspartner von eIF-5A. TFIIIA ist ein Exportfaktor für die Oocyten-Typ 5S rRNA in Amphibien Oocyten und besitzt wie Rev ein Leucin-reiches NES. Aufgrund einer Analyse dieses RNA Exportweges konnte nun gezeigt werden, daß eIF-5A auch in diesem spezifischen Exportweg als Adapter wirkt, der das NES des TFIIIA mit dem Exportrezeptor CRM1 verbindet und dadurch den Export des TFIIIA/5S rRNA-Komplexes vermittelt. Eine weitere zelluläre Funktion von eIF-5A konnte beim Export der CD83 mRNA in Dendritischen Zellen gefunden werden. Es konnte gezeigt werden, daß der Export der CD83 mRNA durch das RNA-bindende Protein HuR und durch den generellen Exportrezeptor CRM1 vermittelt wird. Durch den HuR Lignaden APRIL, der ein Rev-ähnliches, Leucin-reiches NES besitzt, wird dabei die Bindung an CRM1 vermittelt. Des weiteren konnte gezeigt werden, daß eIF-5A an diesem RNA Export beteiligt ist. Wie auch beim Rev-vermittelten RRE RNA Export und dem TFIIIA-vermittelten 5S rRNA Export wirkt eIF-5A als ein Adapter, der das NES des HuR-Liganden APRIL mit CRM1 verbindet, wodurch der Export des CD83 mRNA/HuR/APRIL Komplexes stattfinden kann. Neben TFIIIA und verschiedenen Nucleoporinen, konnte Kernaktin als ein weiterer Bindungspartner von eIF-5A identifiziert werden. In dieser Arbeit durchgeführte Mikroinjektionsexperimente mit Antikörpern gegen Aktin sowie verschiedenen Aktin-bindende Drogen konnten zeigen, daß Kernaktin scheinbar generell in Exportprozesse involviert ist. Mit Hilfe verschiedener Aktin-bindender Proteine (Latrunculin B und Swinholide A) konnte gezeigt werden, daß eine lösliche oder oligomere Form, nicht jedoch Aktinfilamente, funktionell an Kernexportprozessen beteiligt sind. Durch die Analyse Kernaktin-bindender Proteine konnten bereits die beiden Nucleoporine CAN/Nup214 und p62, die beide an Exportprozessen beteiligt sind, als Bindungspartner identifiziert werden. Außerdem ergaben sich höchst interessante Hinweise auf die Beteiligung eines, bis jetzt noch nicht identifizierten, Kernproteins auf eine Beteiligung am Aktin-vermittelten Kernexport.
In dieser Arbeit sollte die Funktion von FGF-Signalen im Herzfeld und in der Entwicklung des Proepikards im Hühnerembryo untersucht werden. Fibroblasten-Wachstumsfaktoren (FGF) sind eine große Gruppe von Signalmolekülen und in eine Vielzahl von Entwicklungsprozessen involviert. Das Proepikard (PE), welches sich asymmetrisch auf dem rechten Sinushorn des Sinus venosus entwickelt, bildet die Grundlage des Koronargefäßsystems des Herzens. FGF-Liganden (FGF2, FGF10, FGF12) werden insbesondere in den epithelialen Zellen des Proepikards exprimiert, sowie an der sinomyokardialen Basis dieser embryonalen Progenitorpopulation. Die FGF-Rezeptoren (FGFR1, FGFR2, FGFR4) weisen ein ähnliches Expressionsmuster auf und deren Inhibition, durch spezifische Antagonisten, war der Ausgangspunkt für die funktionelle Analyse der proepikardialen FGF-Signalaktivität. Die Inhibition von FGF-Signalen in vitro führt zu einem verringerten Wachstum sowie einer erhöhten Apoptoserate in proepikardialen Explantaten, die unter serumfreien Bedingungen kultiviert wurden. Es konnte gezeigt werden, dass sowohl der Ras/MAPK- als auch der PI3-Kinase-Signalweg, beides Bestandteile der FGF-Signaltransduktion, für das Wachstum und Überleben proepikardialer Zellen verantwortlich sind. Dagegen sind FGF-Signale nicht in die Etablierung proepikardialer Identität involviert, wie die Analyse der Expression etablierter proepikardialer Markergene wie TBX18, WT1 und TBX5 nach FGF-Inhibition zeigte. Dies konnte gleichfalls durch in vivo-Experimente gezeigt werden, in denen die rechtsseitige Inhibition von FGF zu einem retardierten Proepikardwachstum führte. Weiterhin konnte gezeigt werden, dass die asymmetrische Apoptose in der sich transient entwickelnden linksseitigen Proepikardanlage auf eine frühe differentielle Expression von Apoptosegenen wie Caspase 2 zurückgeht. Diese asymmetrische Expression wird von FGF8 reguliert, wahrscheinlich als Teil eines frühen rechtsseitigen Signalweges, der Apoptose im rechten Sinushorn des kardialen Einflusstraktes verhindert. Im zweiten Teil der Arbeit wurde die Expression der Hyaluronansynthase 2 (HAS2) in Abhängigkeit von FGF in der Herzfeldregion analysiert. Hyaluronansynthasen produzieren Hyaluronsäure, welches eine essentielle Komponente der extrazellulären Matrix ist. Es wurde in vivo gezeigt, dass die Expression von HAS2 im primären Herzfeld in gleicher Weise von FGF reguliert wird wie die des kardialen Transkriptionsfaktors NKX2.5. Die Ergebnisse dieser Arbeit verdeutlichen, dass FGF während der frühen Entwicklung des Herzens und der Entstehung des Proepikards diverse Funktionen besitzt.
IL-4 und IL-13 sind wichtige Faktoren bei der Entwicklung allergischer Erkrankungen. In dieser Arbeit wird die Rolle von IL-4 und IL-13 in einem Maus-Modell für allergisches Asthma während der allergischen Sensibilisierung und in einer etablierten asthmatischen Erkrankung untersucht. Weiterhin wird die Rolle von IL-4 und IL-13 in frühen Stadien der atopischen Dermatitis in einem Maus-Modell betrachtet. In einem Maus-Modell für allergisches Asthma mit anhaltender IgE-Synthese und einer persistierenden allergischen Atemwegspathologie konnte gezeigt werden, dass die Inhibition des IL-4/IL-13 Systems während der allergischen Sensibilisierung zu einer dosisabhängigen Reduktion der allergen-spezifischen IgE-Titer, zur Inhibition der Atemwegseosinophilie, zur Reduktion der IL-5-Spiegel in der BAL und zu einer gesenkten Anzahl von IL-4 sezernierenden CD4+ T-Zellen. Weiterhin konnte durch die Inhibition des IL-4/IL-13 Systems die Becherzellmetaplasie signifikant gesenkt werden. Die Inhibition des IL-4/IL-13 Systems nach der Entwicklung der allergischen Atemwegspathologie führte hingegen nicht zu einer signifikanten Reduktion der gemessenen Allergie-Parameter. Daraus lässt sich schließen, dass IL-4 und IL-13 nur eine untergeordnete Rolle in einer etablierten Allergie spielt. Diese Ergebnisse sind insbesondere wichtig, wenn man über das Verwendungspotential eines IL-4/IL-13-Inhibitors in der Allergie-Therapie bei asthmatischen Patienten spekuliert. Weiterhin konnte in dieser Arbeit gezeigt werden, dass die NC/Nga-Maus ein Modell für die humane atopische Dermatitis darstellt. NC/Nga Mäuse, die unter konventionellen Bedingungen gehalten wurden, entwickeln makroskopische und histologische Hautpathologien, die der humanen atopischen Dermatitis sehr ähneln. Weiterhin entwickeln unter konventionellen Bedingungen gehaltenen NC/Nga Mäuse hohe IgE-Titer im Serum, die mit einer erhöhten Produktion an Th2-Zytokinen verbunden war. Die Inhibition des IL-4/IL-13-Systems führte in diesem Modell jedoch nicht zu einer Reduktion von Symptomen und Pathologien der humanen atopischen Dermatitis. Deswegen kann man spekulieren, dass die Inhibition des IL-4/IL-13-Systems zu einem zu späten Zeitpunkt erfolgte. Des Weiteren kann eine nicht-standardisierte Sensibilisierung bei Mäusen, die in einer konventionellen Tierhaltung gehalten werden, zu einem sehr unterschiedlichen Ausbruch der Dermatitis führen. Deshalb werden weitere Tierversuche mit einer höheren Anzahl von Tieren, die zwischen den Würfen randomisiert werden, nötig sein, um die Rolle von IL-4 und IL-13 in der atopischen Dermatitis zu klären.
Multiple Sklerose (MS) ist eine Autoimmunkrankheit, welche durch Infiltration autoreaktiver Immunzellen in das Zentrale Nervensystem (ZNS) gekennzeichnet ist. Hierbei gelten insbesondere Th1- und Th17-Zellen als wichtige Mediatoren der ZNS-Entzündungsreaktion. Beide T-Helfer-Zellarten können durch regulatorische T-Zellen (Tregs) in ihrer Funktion supprimiert werden. NFAT(Nuclear Factors of Activated T cells)-Transkriptionsfaktoren werden nach TCR-Antigen-Stimulation induziert und regeln – als pleiotrope Transkriptionsfaktoren – viele funktionelle Prozesse in T-Zellen. Um die Rolle dieser Faktoren bei der Immunpathogenese von MS zu analysieren, wurden unterschiedliche NFAT-defiziente Mausstämme auf den Krankheitsverlauf des Tiermodells Experimentelle Autoimmune Enzephalomyelitis (EAE) hin untersucht. Es konnte gezeigt werden, dass sowohl der einzelne Verlust von NFATc1 und NFATc2 in CD4+ T-Zellen als auch das Fehlen einer spezifischen C-terminalen Proteinmodifikation von NFATc1, die SUMOylierung, sich abmildernd auswirkten. Der verminderte klinische Ausgang der EAE beruhte allerdings je nach knock-out auf unterschiedlichen Mechanismen. Im Fall des T-Zell-spezifischen Verlustes von NFATc1 (Nfatc1fl/fl x Cd4cre+ Mäuse), erwies sich die EAE aufgrund einer stark eingeschränkten Aktivierung und Effektorzellentwicklung von CD4+ T-Zellen als vermindert. Dies konnte durch eine reduzierte Produktion an pathogenen Effektorzytokinen, wie IFNγ, IL-17A, GM-CSF sowie IL-22 und weniger an IL-17A+ IFNγ+ Doppelproduzenten im ZNS gezeigt werden. Der Verlust von NFATc2 resultierte in einer starken Th2-Antwort im ZNS von Nfatc2-/- EAE-Mäusen einhergehend mit protektiven IL-4- und IL-10-Produzenten. Interessanterweise konnten auch mehr nicht-pathogene Th17-Zellen nachgewiesen werden. Nfatc1/CΔSUMO CD4+ T-Zellen sezernierten sowohl nach in vitro als auch nach in vivo Stimulation erhöhte Mengen von IL-2. In vitro Kulturen von Th1- und Th17-Zellen wiesen neben dieser erhöhten IL-2-Sekretion eine verminderte Produktion von IFNγ und IL-17A auf. In Übereinstimmung mit diesen in vitro Befunden zeigte sich auch in der EAE ein reduziertes Krankheitsbild mit weniger Th1- und Th17-Zellen, dafür aber eine IL-2-geförderte Erhöhung der Treg-Population. Anhand der Erkenntnis, dass NFAT-Faktoren die (Auto)-Immunreaktion entscheidend beeinflussen, könnte die Inhibition einzelner NFAT-Faktoren ein neues Ziel für eine MS-Therapie darstellen.
TNF (Tumor Nekrose Faktor) vermittelt seine biologischen Funktionen durch Interaktionen mit TNFR1 (TNFRezeptor 1) und TNFR2 (TNFRezeptor 2). In früheren Arbeiten konnte gezeigt werden, dass der TNFR2 sowohl durch die Induktion von membrangebundenem TNF als auch durch die proteasomale Degradation von TRAF2 (TNFRezeptor-assozierter Faktor 2) die TNFR1-vermittelte Apoptose verstärken kann. Des Weiteren war bekannt, dass TRAF1 (TNFRezeptor-assozierter Faktor 1), ein anderes Mitglied der TRAF-Familie, mit TRAF2 Heterotrimere bilden kann und zudem nach TNF-induzierter NFkappaB- (nuclear factor kappaB) Aktivierung verstärkt exprimiert wird. In der vorliegenden Arbeit konnte nun erstmals gezeigt werden, dass TRAF1 in beide TNFR-Signalkomplexe rekrutiert wird und darin in einem TRAF2/TRAF1-Heterotrimer TRAF2 funktionell ersetzen kann. Darüber hinaus verhindert TRAF1 die Rekrutierung von TRAF2 in lipid rafts sowie dessen anschließende proteasomale Degradation. Auf diese Weise kann TRAF1 die TNFR2-abhängige Verstärkung der TNFR1-induzierten Apoptose verhindern. Im zweiten Teil der vorliegenden Arbeit wurde die TNF-vermittelte Aktivierung der JNK (c-Jun N-terminale Kinase), dessen Regulation durch ROS (reactive oxygen species), Caspasen (Cysteinyl-Aspartat-spezifische Proteasen) sowie NFkappaB-induzierte Faktoren untersucht. TNF induziert in den meisten Zellen zunächst nach zehn bis 30 Minuten eine transiente JNK-Aktivierung, woraufhin bei NFkB-inhibierten Zellen eine zweite andauernde JNK-Aktivierung folgt. Die meisten in der Literatur beschriebenen Studien gehen dabei von einem ROS-abhängigen, Caspase-unabhängigen Mechanismus der persistierenden JNK-Aktivierung aus. Des Weiteren wurde in den vor allem bei embryonale Mausfibroblasten durchgeführten Untersuchungen davon ausgegangen, dass bestimmte NFkappaB-induzierte Radikalfänger die andauernde Aktivierung der JNK verhindern. In dieser Arbeit konnte gezeigt werden, dass in den humanen Zelllinien KB, Jurkat und HaCaT die andauernde Aktivierung der JNK, im Gegensatz zur transienten JNK-Aktivierung, Caspase-abhängig verläuft. Es ergab sich überdies, dass die inhibierende Wirkung des NFkB-Signalweges auf die persistierende JNK-Aktivierung in diesen Zelllinien in erster Linie auf die indirekte Verhinderung der Apoptose durch die Induktion von antiapoptotischen Proteinen wie Flip-L (FLICE-inhibitory protein long) und IAPs (inhibitor of apoptosis) zurückzuführen ist, als auf die direkte Expression von Radikalfängern. Zudem wurde in den untersuchten Zelllinien die Caspase-vermittelte Spaltung von MEKK-1 (MAP/ERK kinase kinase-1) und p21WAF/Cip 1 nachgewiesen, von denen bekannt ist, dass die Spaltprodukte eine JNK-stimulierende Wirkung haben. Dennoch müssen künftige Studien zeigen, ob die Spaltung von p21WAF/Cip 1 und MEKK-1 in Fragmente mit JNK–stimulierender Aktivität oder andere Caspasesubstrate für die Caspase-vermittelte andauernde Aktivierung der JNK verantwortlich sind.
Synapsen als Stellen der Kommunikation zwischen Neuronen besitzen spezialisierte Bereiche – Aktive Zonen (AZs) genannt –, die aus einem hoch komplexen Netzwerk von Proteinen aufgebaut sind und die Maschinerie für den Prozess der Neurotransmitter-Ausschüttung und das Vesikel-Recycling beinhalten. In Drosophila ist das Protein Bruchpilot (BRP) ein wichtiger Baustein für die T-förmigen Bänder („T-Bars“) der präsynaptischen Aktiven Zonen. BRP ist notwendig für eine intakte Struktur der Aktiven Zone und eine normale Exocytose von Neurotransmitter-Vesikeln. Auf der Suche nach Mutationen, welche die Verteilung von Bruchpilot im Gewebe beeinträchtigen, wurde eine P-Element-Insertion im Gen CG11489 an der Position 79D identifiziert, welches eine Kinase kodiert, die einen hohen Grad an Homologie zur Familie der SR Proteinkinasen (SRPKs) von Säugern aufweist. Die Mitglieder dieser Familie zeichnen sich durch eine evolutionär hoch konservierte zweigeteilte Kinasedomäne aus, die durch eine nicht konservierte Spacer-Sequenz unterbrochen ist. SRPKs phosphorylieren SR-Proteine, die zu einer evolutionär hoch konservierten Familie Serin/Arginin-reicher Spleißfaktoren gehören und konstitutive sowie alternative Spleißprozesse steuern und damit auf post-transkriptioneller Ebene die Genexpression regulieren. Mutation des Srpk79D-Gens durch die P-Element-Insertion (Srpk79DP1) oder eine Deletion im Gen (Srpk79DVN Nullmutante) führt zu auffälligen BRP-Akkumulationen in larvalen und adulten Nerven. In der vorliegenden Arbeit wird gezeigt, dass diese BRP-Akkumulationen auf Ultrastruktur-Ebene ausgedehnten axonalen Agglomeraten elektronendichter Bänder entsprechen und von klaren Vesikeln umgeben sind. Charakterisierung durch Immuno-Elektronenmikroskopie ergab, dass diese Strukturen BRP-immunoreaktiv sind. Um die Bildung BRP-enthaltender Agglomerate in Axonen zu verhindern und damit eine intakte Gehirnfunktion zu gewährleisten, scheint die SRPK79D nur auf niedrigem Niveau exprimiert zu werden, da die endogene Kinase mit verschiedenen Antikörpern nicht nachweisbar war. Wie in anderen Arbeiten gezeigt werden konnte, ist die Expression der PB-, PC- oder PF-Isoform der vier möglichen SRPK79D-Varianten, die durch alternativen Transkriptionsstart in Exon eins beziehungsweise drei und alternatives Spleißen von Exon sieben zustande kommen, zur Rettung des Phänotyps der BRP-Akkumulation im Srpk79DVN Nullmutanten-Hintergrund ausreichend. Zur Charakterisierung der Rescue-Eigenschaften der SRPK79D-PE-Isoform wurde mit der Klonierung der cDNA in einen UAS-Vektor begonnen. Offenbar beruht die Bildung der axonalen BRP-Agglomerate nicht auf einer Überexpression von BRP in den betroffenen Neuronen, denn auch bei reduzierter Expression des BRP-Proteins im Srpk79DVN Nullmutanten-Hintergrund entstehen die BRP-Agglomerate. In Köpfen der Srpk79DVN Nullmutante ist die Gesamtmenge an Bruchpilot-Protein im Vergleich zum Wildtyp nicht deutlich verändert. Auch die auf Protein-Ebene untersuchte Expression der verschiedenen Isoformen der präsynaptischen Proteine Synapsin, Sap47 und CSP weicht in der Srpk79DVN Nullmutante nicht wesentlich von der Wildtyp-Situation ab, sodass sich keine Hinweise auf verändertes Spleißen der entsprechenden prä-mRNAs ergeben. Jedes der sieben bekannten SR-Proteine von Drosophila ist ein potentielles Zielprotein der SRPK79D. Knock-down-Experimente für die drei hier untersuchten SR-Proteine SC35, X16/9G8 und B52/SRp55 im gesamten Nervensystem durch RNA-Interferenz zeigten allerdings keinen Effekt auf die Verteilung von BRP im Gewebe. Hinsichtlich der Flugfähigkeit der Tiere hat die Srpk79DVN Nullmutation keinen additiven Effekt zum Knock-down des BRP-Proteins, denn die Doppelmutanten zeigten bei der Bestimmung des Anteils an flugunfähigen Tieren vergleichbare Werte wie die Einzelmutanten, die entweder die Nullmutation im Srpk79D-Gen trugen, oder BRP reduziert exprimierten. Vermutlich sind Bruchpilot und die SR Proteinkinase 79D somit Teil desselben Signalwegs. Durch Doppelfärbungen mit Antikörpern gegen BRP und CAPA-Peptide wurde abschließend entdeckt, dass Bruchpilot auch im Median- und Transvers-Nervensystem (MeN/TVN) von Drosophila zu finden ist, welche die Neurohämal-Organe beherbergen. Aufgabe dieser Organe ist die Speicherung und Ausschüttung von Neuropeptid-Hormonen. Daher ist zu vermuten, dass das BRP-Protein neben Funktionen bei der Neurotransmitter-Exocytose möglicherweise eine Rolle bei der Ausschüttung von Neuropeptiden spielt. Anders als in den Axonen der larvalen Segmental- und Intersegmentalnerven der Srpk79DVN Nullmutante, die charakteristische BRP-Agglomerate aufweisen, hat die Mutation des Srpk79D-Gens in den Axonen der Va-Neurone, die das MeN/TVN-System bilden, keinen sichtbaren Effekt auf die Verteilung von Brp, denn das Muster bei Färbung gegen BRP weist keine deutlichen Veränderungen zum Wildtyp auf.
Simkania negevensis (Sn) repliziert als Chlamydia-ähnliches obligat intrazelluläres Bakterium auch in einer membranumschlossenen Vakuole, die als SCV (engl. Simkania-containing vacuole) bezeichnet wird. Die SCV ist ein bis jetzt einzigartiges Kompartiment, das stark mit ER-Membranen assoziiert ist, wobei ER-Stress von den Bakterien blockiert wird. Die Morphologie der SCV scheint dabei in Epithelzellen (HeLa229, A549, HEp-2) als auch in Makrophagen (THP1) gleich zu sein. Die SCV stellt die erste intrazelluläre Berührungsfläche dar, an der Interaktionen zwischen Wirt und Pathogen erfolgen, und dient gleichzeitig als Replikationsnische. Mithilfe der Identifizierung von humanen und bakteriellen Faktoren, die mit der ER-SCV-Membran assoziiert sind, sollten die Zusammensetzung der SCV sowie mögliche Interaktionen mit dem ER oder zellulären Transportwegen ermittelt werden. Vergleichsstudien von SCV-assoziierten Proteinen sollten Ähnlichkeiten zur chlamydialen Inklusion aufzeigen, für die bereits einige interagierende Wirtszellfaktoren beschrieben wurden. In dieser Arbeit wurde ein Aufreinigungsprotokoll etabliert, das sowohl für ER-SCVMembranen aus HeLa229 als auch THP1 geeignet war und für spätere Proteom- oder Lipidomanalysen diente. Über markierungsfreie massenspektrometrische Messungen konnten 302 bakterielle und 1178 humane Proteine in ER-(SCV-) Membranen und 885 bakterielle Proteine in aufgereinigten Sn identifiziert werden. In ER-(SCV-) Membranen von nicht und Sn-infizierten HeLa229 Zellen befanden sich 51 unterschiedlich verteilte und 57 transportassoziierte humane Proteine, die auf infektionsinduzierte Unterschiede beim intrazellulären Proteintransport hindeuteten. Eine entgegengesetzte Regulation von retro- und anterograd transportierten Proteinen konnte mithilfe von RNA-Interferenz und dem Einsatz geeigneter Inhibitoren bestätigt werden, wobei sich zeigte, dass Clathrin-assoziierte und COPI-Vesikel eine zentrale Rolle spielen. Retro-Inhibitoren, die den retrograden Transport zwischen Endosomen zum Golgi oder zwischen frühen und späten Endosomen inhibieren, sowie Bafilomycin A1 (retrograd, späte Endosomen und Lysosomen) und Brefeldin A (anterograd, ER und Golgi), beeinflussten massiv die SCV-Ausbildung, SCV-Morphologie und den intrazellulären Lipidtransport. Über markierungsfreie massenspektrometrische und dünnschichtchromatographische Analysen konnten erste Unterschiede im Lipidvorkommen in Sn-infizierten Zellen, an ER-SCVMembranen und in aufgereinigten Sn im Vergleich zu nicht infizierten Zellen ermittelt werden. Dabei konnten neben An- und Abreicherungen in Gesamtzellextrakten sowie ER-SCVMembranen zwei infektionsspezifische Lipide, Cholesterol-ß-D-Glykosid und PE 30:0, identifiziert werden. Weiterführende umfangreiche RNA-Interferenzstudien weisen darauf hin, dass die Sn-Infektion vom Endosomen-zum-Golgi-Transport und vom Clathrin-assoziierten Vesikeltransport abhängig ist. Zusammenfassend konnten erste mögliche SCV-assoziierte Proteine und Lipide identifiziert werden, die mit der bakteriellen Infektion verbunden waren. Des Weiteren hängen eine stabile SCV-Ausbildung und Sn-Infektivität von verschiedenen retrograden Transportwegen und damit von dem Erwerb von Nährstoffen wie bspw. Lipiden ab.
Die Identifikation der Bindungsspezifitäten von Proteininteraktionsdomänen und damit letztlich auch die Fähigkeit potentielle Bindungspartner dieser in vivo vorherzusagen bildet ein grundlegendes Element für das Verständnis der biologischen Funktionen dieser Domänen. In dieser Arbeit wurde untersucht, inwieweit solche Vorhersagen bezüglich der SH3-Domäne – als Beispiel für eine Proteininteraktionsdomäne – mithilfe von Support-Vector-Machines (SVMs) möglich sind, wenn diesen als Informationsquelle ausschließlich die innerhalb der Aminosäuresequenz der Domäne konservierten Informationen zur Verfügung stehen. Um den SVM-basierten Klassifikator zu trainieren und zu validieren, wurde ein Satz aus 51 SH3-Domänen verwendet, die zuvor entsprechend ihrer Ligandenpräferenz in ein System aus acht verschiedenen Klassen eingeteilt worden waren. Da die innerhalb der Aminosäuresequenzen konservierten Informationen in abstrakte Zahlenwerte konvertiert werden mussten (Voraussetzung für mathematisch basierte Klassifikatoren wie SVMs), wurde jede Aminosäuresequenz durch ihren jeweiligen Fisher-Score-Vektor ausgedrückt. Die Ergebnisse erbrachten einen Klassifikationserror, welcher weit unterhalb des Zufallsniveaus lag, was darauf hindeutet, dass sich die Bindungsspezifität (Klasse) einer SH3-Domäne in der Tat von seiner Aminosäuresequenz ableiten lassen dürfte. Mithilfe klassenspezifisch emittierter, artifizieller Sequenzen, implementiert in den Trainingsprozess des Klassifikators, um etwaigen nachteiligen Auswirkungen von Overfitting zu entgegenzuwirken, sowie durch Berücksichtigung taxonomischer Informationen des Klassensystems während Training und Validierung, ließ sich der Klassifikationserror sogar noch weiter senken und lag schließlich bei lediglich 35,29% (vergleiche Zufall: 7/8 = 87.50%). Auch die Nutzung von Feature Selections zur Abmilderung Overfitting-bedingter, negativer Effekte lieferte recht vielversprechende Ergebnisse, wenngleich ihr volles Potential aufgrund von Software-Beschränkungen nicht ausgenutzt werden konnte.
Die Analyse der Positionen im Sequence-Alignment, welche für den SVM- basierten Klassifikator am relevantesten waren, zeigte, dass diese häufig mit Positionen korrelierten, von denen angenommen wird auch in vivo eine Schlüsselrolle bei der Determination der Bindungsspezifität (Klasse) zu spielen. Dies unterstreicht nicht nur die Reliabilität des präsentierten Klassifikators, es gibt auch Grund zur Annahme, dass das Verfahren möglicherweise auch als Supplement anderer Ansätze genutzt werden könnte, welche zum Ziel haben die Positionen zu identifizieren, die die Ligandenpräferenz in vivo determinieren. Informationen, die nicht nur für ein besseres Verständnis der SH3-Domäne (und möglicherweise auch anderer Proteininteraktionsdomänen) von grundlegender Bedeutung sind, sondern auch aus pharmakologischer Sicht von großem Interesse sein dürften.
Das DNA-Mismatch-Reparatur-(MMR-) System ist das einzig bekannte postreplikativ arbeitende DNA-Reparatur-System. Es wurde gezeigt, dass die MMR-Aktivität für den Erhalt der genomischen Stabilität in Prokaryoten und Eukaryoten notwendig ist. Defekte in Genen des MMR-Systems (wie beispielsweise MLH1 oder MSH2) wurden als Ursache für die Entstehung des hereditären nicht-polypösen kolorektalen Karzinoms (HNPCC) und anderen Tumorarten beschrieben. In der vorliegenden Arbeit wurde die Tumorgenese in Mlh1 defizienten Mäusen (Mlh1-/-) untersucht und eine umfassende Charakterisierung der hier auftretenen Lymphome vorgenommen und die Bedeutung des Immunsystems für die Tumorgenese in Mlh1 defizienten Mäusen durch Einkreuzen zusätzlicher Immundefizienzen erruiert. Die auf einen reinen genetischen Hintergrund zurückgekreuzten Mlh1-/--Mäuse zeigten eine in zwei Wellen ablaufende Tumorgenese: Eine frühe Phase, in der Mäuse lymphoide Tumoren entwickelten und eine spätere Phase, in der die Mlh1-/--Tiere vorwiegend an Gastrointestinaltumoren erkrankten. Wir konnten zeigen, dass die Mlh1 defizienten Mäuse ein breiteres Lymphomspektrum, als beispielsweise Msh2 defiziente Tiere aufweisen. Eine Vielzahl der untersuchten Lymphome Mlh1 defizienter Mäuse war mikrosatelliteninstabil (MSI). Die Tatsache, dass mikrosatellitenstabile (MSS) Lymphome in den Mlh1-/--Tieren vorkamen, impliziert aber auch, das MMR-Defizienz nicht zwingend durch Mikrosatelliteninstabilität gekennzeichnet sein muss. Es ist möglich, dass sich eine Mikrosatelliteninstabilität erst zu einem späteren Zeitpunkt der Tumorentwicklung in MMR-defizienten Zellen manifestiert. Darauf deuten auch die MSI-Analysen der in den Rag-/-/Mlh1-/--Mäusen frühzeitiger als in Mlh1-/--Mäusen auftretenden Gastrointestinaltumoren hin. Einige dieser untersuchten Gastrointestinaltumoren in den Rag-/-/Mlh1-/--Mäusen waren mikrosatellitenstabil, wohingegen sämtliche Gastrointestinaltumoren der Mlh1 defizienten Mauspopulation Mikrosatelliteninstabilität aufwiesen. In einigen der untersuchten Lymphome fehlte die MHC Klasse I-Molekülexpression, was auf deutet den Einfluss des Immunsystems auf die Erkennung und Eliminierung von (durch MMR-Defizienz entstandenen) Tumoren hindeutet. Um die Art der Immunantwort und die verantwortlichen Komponenten des Immunsystems für die Abwehr MMR-defizienter Tumoren einzugrenzen, wurden verschiedene immunkompromitierte oder immundefiziente Mauslinien in Mlh1 defiziente Mäuse eingekreuzt. Dieses waren Mauslinien mit beta2Mikroglobulin- (b2m-/--), Perforin- (pfp-/--), beta2Mikroglobulin/Perforin- (b2m-/-/pfp-/--) und Recombination activation gene- (Rag-/--) Defizienz. Häufig wurde in diesen Tieren eine Verschiebung im Tumorspektrum und ein beschleunigtes zeitliches Auftreten der Tumoren beobachtet. Anhand dieser Modelle konnten wir demonstrieren, dass insbesondere die Regulierung der MHC Klasse I-Molekülexpression ein bedeutsamer Schritt für die Ausprägung verschiedener Lymphomarten ist, welcher das „Überleben“ der Tumorzellen gewährleistet. Auch die Notwendigkeit einer balancierten Expression von NK-Zell-stimulatorischen und –inhibitorischen Liganden auf der Tumorzelloberfläche, welche die Erkennung und Eliminierung von Tumorzellen durch Nicht-MHC Klasse I-abhängige Immunzellen (wie z.B. den Natürliche Killerzellen) reguliert, liess sich mit Hilfe der beta2Mikroglobulin- und Perforin-Mausmodelle aufzeigen. Offensichtlich sind für die in Mlh1 defizienten Mäusen vorkommenden verschiedenen Tumorarten unterschiedliche zelluläre Komponenten und Abwehrmechanismen des Immunsystems für die Erkennung und Eliminierung verantwortlich. So beeinflussen insbesondere cytotoxische T-Zellen (CTLs) die Entstehung von Gastrointestinaltumoren in Mlh1 defizienten Mäusen. Für die lymphoiden Tumoren ergab sich ein divergentes Bild. Hier beschränkte sich der Einfluss der CTLs bei der Lymphomabwehr auf die Erkennung und Eliminierung disseminierter T- und B-Zell-Lymphome. Die in den Mlh1-/--Mäusen nachgewiesenen thymischen T-Zell Lymphome dagegen unterlagen der perforin-vermittelten Zellabwehr durch Nicht-MHC Klasse I-beschränkte Immunzellen (z.B. Natürlichen Killerzellen). Die Relevanz der vorliegenden Mausmodelle wird deutlich, wenn man sich die Situation von immunsupprimierten Posttransplantationspatienten und immundefizienten HIV-Patienten vor Augen führt. Häufig beobachtet man in diesen Patientengruppen das Auftreten lymphoider Tumoren. Diese sind oftmals Mikrosatelliteninstabil, was auf eine vorliegende MMR-Defizienz hindeutet. Zudem zeigen diese Lymphome ähnliche Merkmale, wie die durch Mlh1-Defizienz entstandenen lymphoiden Tumoren. Insbesondere für Studien solcher Lymphome stellt die Mlh1-defiziente Maus mit den verschiedenen eingekreuzten Immundefizienzen ein geeignetes in vivo Model dar.
Im Rahmen dieser Arbeit wurden offene Fragen zur Objektwahl, zur Objektbeibehaltung und zur Aufgabe von Zielobjekten bei laufenden Taufliegen (Drosophila melanogaster) untersucht. Die Erkenntnisse zur Objektwahl wurden als kybernetisches Modell formuliert, auf einem eigens dafür konstruierten, autonom navigierenden Roboter mit Kameraauge implementiert und dessen Verhalten bei verschiedenen Landmarkenkonstellationen quantitativ mit dem Orientierungsverhalten laufender Fliegen verglichen. Es war bekannt, dass Drosophila in einer Wahlsituation zwischen unterschiedlich weit entfernten Objekten eine ausgeprägte Präferenz für nahe Objekte zeigt, wobei die Entfernung über das Ausmaß der retinalen Bildverschiebung auf dem Auge (Parallaxe) erfasst wird. In der vorliegenden Arbeit wurde analysiert, ob die Parallaxe streng aus der Eigenbewegung der Fliege resultieren muss oder ob Eigenbewegung der Objekte Nähe vortäuschen und deren Attraktivität erhöhen kann. Es wurde gezeigt, dass die Präferenz für ein Objekt bei Drosophila umso größer wird, je mehr Bewegung dessen Abbild auf der Retina erzeugt; die relative Verschiebung des Objektabbildes muss dabei nicht mit der Eigenbewegung der Fliege gekoppelt sein. Überraschenderweise verschwand die Präferenz für nahe Objekte, wenn eine zusammenstehende Gruppe aus einer nahen und mehreren fernen Objekten präsentiert wurden, solange sie zusammen einen Sehwinkel von weniger als etwa 90° einnahmen. Diese Beobachtung ist konform mit einer Vorstellung, wonach Bewegung über größere Augenbereiche integriert und nicht einzelnen Objekten zugeordnet wird. Obwohl Drosophila bei gleichem Präsentationsort auf der Retina die größere parallaktische Bewegung bevorzugte, wurden bei gleicher Entfernung dennoch frontalere gegenüber lateraleren Objekten bevorzugt. Es wird postuliert, dass der frontale und der caudale Sehbereich eine Verstärkung erfahren, die die physikalisch bedingt geringere Parallaxe überkompensiert. Laufende Fliegen reagieren verzögert auf die Präsentation eines Objekts; dies wird im Sinne einer zeitlichen Bewegungsintegration interpretiert. Die darauf folgende Richtungsänderung hängt vom Präsentationswinkel des Objektes ab. Erscheint das Objekt frontolateral, findet eine Hinwendung statt, erscheint es caudolateral, kommt es bevorzugt zur Abwendung. Eine weitere wichtige kognitive Leistung der Fliege ist das Aufgeben eines zuvor ausgewählten Ziels, wenn sich dieses Ziel während des Anlaufs als unerreichbar herausstellt. In der vorliegenden Arbeit wurde gezeigt, dass Fliegen mit stark reduzierten Pilzkörpern erheblich mehr Zeit benötigen als wildtypische Fliegen, um vom gewählten Zielobjekt abzulassen. Dieser dem Perseveranzverhalten bei Parkinson-kranken Menschen ähnliche Phänotyp wurde unabhängig von der Methode der Ausschaltung der Pilzkörper gefunden. Die Dauer der Perseveranz nahm mit zunehmender Attraktivität des Zielobjekts, d. h. mit abnehmender Distanz, zu. Es wird vorgeschlagen, dass die Pilzkörper für die Evaluierung von eingehender sensorischer Information oder für Entscheidungsfindungen im Allgemeinen benötig werden. Basierend auf diesen Ergebnissen wurde ein Minimalmodell für die visuelle Orientierung nach Landmarken entwickelt. Das Modell beinhaltet eine zeitliche Integration des optischen Flusses in einem frontolateralen und einem caudolateralen Kompartiment pro Auge. Je nachdem, in welchem Kompartiment eine festgesetzte Schwelle zuerst erreicht wird, kommt es entweder zu einer Hin- (frontolateral) oder zu einer Abwendungsreaktion (caudolateral). Eine Gewichtungsfunktion kompensiert die geringe parallaktische Verschiebung in diesen Sehregionen. Das Modell wurde in einem mobilen Roboter mit Kameraauge implementiert und mit dem visuellen Orientierungsverhalten der Fliege quantitativ verglichen. Der Roboter war in der Lage, viele Aspekte der Landmarkenwahl von laufenden Fliegen erfolgreich zu reproduzieren und fliegenähnliches, autonomes Orientierungsverhalten unter verschiedenen Landmarkenkonfigurationen zu zeigen.
Die Evolution der Primaten zeigt eine Verbindung zwischen der zunehmenden Komplexität des sozialen Verhaltens und der Vergrößerung des humanen Gehirns, insbesondere des präfrontalen Cortex. Deshalb stellt der präfrontale Cortex bezüglich der Evolution des Menschen eine der interessantesten Strukturen im humanen Gehirn dar. Es wird angenommen, dass nicht allein die Größe, sondern auch die Funktion, vor allem das Zusammenspiel von Neuronen und nicht-neuronalen Zellen, wie z.B. Gliazellen, zur Differenzierung des menschlichen Gehirns von dem rezenter Primaten geführt hat. Daraus lässt sich schließen, dass die Gehirnfunktionen über eine ausgeglichene und gut aufeinander abgestimmte transkriptionelle Landschaft kontrolliert werden, die durch ein zugrundeliegendes genetisches und epigentisches Rückgrat organisiert ist. In dieser Studie wurden das Methylierungsprofil neuronaler und nicht-neuronaler Zellen des präfrontalen Cortex (Brodmann-Areal 10) von drei Menschen und drei Schimpansen miteinander verglichen. Die intra- und interspezifischen differenziell methylierten Regionen (DMRs) waren in bestimmten genomischen Regionen angereichert. Intraspezifische Methylierungsunterschiede zwischen neuronalen und nicht-neuronalen Zellen konnten dreimal häufiger beobachtet werden als interspezifische Unterschiede in den einzelnen Zelltypen. Rund 90% der humanen intraspezifischen DMRs wiesen eine Hypomethylierung in den neuronalen Zellen im Vergleich zu den nicht-neuronalen Zellen auf. In den intraspezifischen DMRs (Mensch und Schimpanse) waren Gene angereichert, die mit verschiedenen neuropsychiatrischen Erkrankungen assoziiert sind. Der Vergleich zwischen Menschen und Schimpanse in den neuronalen und nicht-neuronalen Zelltypen zeigte eine Anreicherung von Genen mit human-spezifischer Histonsignatur. In den nicht-neuronalen Zellen konnten mehr interspezifische DMRs (n=666) detektiert werden als in den neuronalen Zellen (n=96). Ungefähr 95% der nicht-neuronalen interspezifischen DMRs waren im Menschen, im Vergleich zum Schimpansen, hypermethyliert. Daraus ergibt sich der Eindruck, dass mehrere hundert der nicht-neuronalen Gene während der humanen Gehirnevolution einer Methylierungswelle unterlagen. Dies führt zu der Annahme, dass der Einfluss dieser Veränderungen in den nicht-neuronalen Zellen auf die Vergößerung des menschlichen Gehirns bisher stark unterschätzt wurde.
Die bekannteste genetische Ursache für erblichen Brust- und Eierstockkrebs sind Mutationen in den Tumorsuppressorgenen (TSG) BRCA1 und BRCA2. Dennoch können nur rund 20-25% der familiären Brustkrebserkrankungen über Keimbahnmutationen in BRCA1/BRCA2 erklärt werden, besonders bei Frauen, deren Erkrankung vor dem vierzigsten Lebensjahr auftritt. Epigenetische Veränderungen, die zu einer aberranten Genexpression führen, spielen ebenfalls eine wichtige Rolle bei der Karzinogenese und der Entwicklung einer Brustkrebserkrankung. Es ist bekannt, dass TSG nicht nur durch den Verlust der Heterozygotie (engl. loss of heterozygosity, LOH) oder homozygote Deletionen, sondern auch durch transkriptionelle Stilllegung via DNA-Methylierung inaktiviert werden können. Im Rahmen dieser Arbeit wurde überprüft, welchen Einfluss aberrante Methylierungsmuster im Promotorbereich von TSG auf die Brustkrebskarzinogenese und die Expression der Gene haben. Für die Quantifizierung der Epimutationen wurden die Promotorbereiche von acht TSG (BRCA1, BRCA2, RAD51C, ATM, PTEN, TP53, MLH1, RB1) und des estrogene receptor (ESR1) Gens, welches eine Rolle in der Tumorprogression spielt, mittels Deep Bisulfite Amplicon Sequencing (DBAS) analysiert. Es wurden Blutproben von zwei unabhängigen BRCA1/BRCA2-mutationsnegativen Brustkrebs (BC)-Patientenkohorten, sowie von zwei unabhängigen alters-gematchten, gesunden Kontrollkohorten untersucht. BC-Kohorte 1 beinhaltet early-onset (EO) BC-Patientinnen. Kohorte 2 enthält BC-Patientinnen mit einem Risiko von >95% eine heterozygote Mutation in BRCA1/BRCA2 (high-risk, HR) zu tragen. Allele mit >50% methylierten CpGs werden als funktionell relevante Epimutationen erachtet, da bekannt ist, dass TSG über eine Methylierung im Promotorbereich transkriptionell stillgelegt werden. Im Vergleich zu ESR1 (Ø Methylierung, 3%), welches die Methylierungslevel eines durchschnittlichen Promotors wiederspiegelt, zeigten die TSG sehr geringe durchschnittliche Methylierungswerte von weniger als 1%. Zudem waren die durchschnittlichen Epimutationsraten (EMR; <0,0001-0,1%) der TSG sehr gering. Mit der Ausnahme von BRCA1, welches eine erhöhte EMR in der BC-Kohorte verglichen zu den Kontrollen (0,31% gegen 0,06%) zeigte, gab es keine signifikanten Gruppenunterschiede zwischen BC-Patientinnen und Kontrollen. Eine von 36 HR BC-Patientinnen zeigte im Vergleich zu den restlichen Proben eine stark erhöhte EMR von 14,7% in BRCA1. Rund ein Drittel (15/44) der EO BC-Patientinnen wiesen eine erhöhte Rate an Einzel-CpG Fehlern in mehreren TSG auf. Die nachfolgenden Expressionsanalysen ergaben eine erniedrigte Expression vieler TSG je analysierter Patientin. Diese Ergebnisse führen zu der Annahme, dass epigenetische Veränderungen in normalen Körperzellen als ein möglicher Indikator für einen gestörten Mechanismus, der für die Aufrechterhaltung des unmethylierten Status und der daraus resultierenden normalen Genexpression zuständig ist, angesehen werden können. Dies kann mit einem erhöhten BC-Risiko assoziiert werden.
Das Nijmegen Breakage Syndrom ist eine seltene autosomal- rezessive Erkrankung, die durch ein typisches Erscheinungsbild mit Mikrozephalie, Wachstumsretardierung, Immundefizienz sowie durch eine erhöhte Empfindlichkeit gegenüber ionisierender Strahlung und eine erhöhte Prädisposition gegenüber malignen Tumoren charakterisiert wird. Die Erkrankung wird durch Mutationen im NBS1-Gen verursacht, welches auf Chromosom 8q21 lokalisiert werden konnte. Das NBS1-Gen Produkt, Nibrin, ist Teil des MRE11-RAD50-Nibrin Proteinkomplexes, welcher eine zentrale Rolle bei der Erkennung und der Reparatur von DNA-Doppelstrangbrüchen spielt. Das Fehlen von Nibrin führt zu einer fehlerhaften DNA-Reparatur und erklärt die verschiedenen klinischen und zellulären Symptome bei NBS-Patienten. Im Rahmen dieser Arbeit wurden die Daten von 40 Patienten ausgewertet, die im Rahmen der Verdachtsdiagnose eines Nijmegen Breakage Syndroms mit der Durchflusszytometrie untersucht wurden. Für die Unterscheidung zwischen NBS-positiven und NBS-negativen Fällen sind folgende Parameter von diagnostischer Relevanz: 1) der Anteil nichtproliferierender Zellen (G0/G1-Phase-Zelle), welcher bei NBS-Patienten meist deutlich höher sind als bei gesunden Kontrollen. Sie spiegeln bei erhöhten Werten die herabgesetzte Mitogenantwort wider. 2) die G2/GF-Ratio als Maß für Strahlensensitivität, welche bei NBS-Patienten charakteristischerweise erhöht ist. Die Auswertung der Daten erlaubte es in 22 Fällen die Verdachtsdiagnose NBS auszuschließen, da diese für beide Parameter Werte im Normalbereich zeigten. In 16 Fällen ergab sich ein positives Ergebnis mit erhöhtem Anteil nichtproliferierender Zellen und erhöhter Strahlensensitivität. Unter den positiven Fällen konnte bei 9 Patienten die Diagnose des Nijmegen Breakage Syndroms mittels Mutationsanalyse bestätigt werden. Bei 7 Patienten konnte jedoch trotz erhöhter Strahlensensitivität keine Mutation im NBS1-Gen nachgewiesen werden. Zusammenfassend zeigen die Ergebnisse, dass die Durchflusszytometrie das Vorliegen einer erhöhten Strahlensensitivität eindeutig nachweisen kann. Eine erhöhte Strahlensensitivität ist wiederum ein charakteristisches Merkmal des Nijmegen Breakage Syndroms, da es in direkten Zusammenhang mit dem verursachenden Gendefekt steht. Die Durchflusszytometrie kann daher als ein sinnvolles diagnostisches Verfahren von hoher Sensitivität bei Patienten mit der Verdachtsdiagnose NBS angesehen und erfolgreich eingesetzt werden. Allerdings ist die Spezifität des Verfahrens sehr viel geringer. Die Methode der Wahl für die Primärdiagnostik des Nijmegen Breakage Syndroms wird in Zukunft daher die Mutationsanalyse sein.
HMG-Proteine sind Architekturelemente des Chromatins und regulieren durch ihre Bindung an das Chromatin auf verschiedene Weise DNA-abhängige Prozesse wie Replikation, Transkription und DNA-Reparatur. Um zu verstehen, wie HMG-Proteine ihre vielfältigen Funktionen erfüllen können, wurde mit Hilfe von EGFP- und DsRed2-Fusionsproteinen ihre Funktion in vivo untersucht. Im Wesentlichen wurde dabei mit Hilfe von Bleichtechniken ihr dynamisches Verhalten charakterisiert. Daneben wurde für die HMGN-Proteine ihr bislang unbekanntes Expressionsverhalten in Tumorzellen bestimmt. So konnte für die HMGN-Proteine gezeigt werden, dass bestimmte Tumorzelllinien (HT-29, FTC-133, MCF-7, RPMI 8226, 697, Ishikawa, LNCap) eine relativ erhöhte Expression von HMGN2 aufweisen, die mit der Tumordifferenzierung korreliert. Eine relativ verringerte Expression von HMGN1 steht dagegen in Mammakarzinomen und Non-Hodgkin-Lymphomen in direktem Zusammenhang mit der Aggressivität der Tumore. Somit kann die HMGN-Expression bei diesen Tumoren als diagnostischer Marker verwendet werden. FRAP-Analysen mit EGFP-Fusionsproteinen führten zu der Erkenntnis, dass HMGN1, HMGN2, HMGA1a, HMGA1b und HMGB1 sich sehr schnell durch den Zellkern bewegen und nur transient an das Chromatin gebunden sind. Es konnte gezeigt werden, dass die spezifischen DNA/Chromatin-Bindungsmotive im Wesentlichen entscheiden, wo die Bindung der HMG-Proteine in vivo erfolgt, ihre Verweildauer im Euchromatin, Heterochromatin und zellzyklusabhängig dann aber durch Modifikationen (Phosphorylierungen, Acetylierungen) reguliert wird. Dies wurde beispielhaft durch punktmutierte und deletierte Fusionsproteine, sowie durch Inkubation der Zellen mit spezifischen Drogen für die HMGA1a-Proteine gezeigt. FRAP-Analysen haben außerdem gezeigt, dass die Spleißvarianten hHMGA1a und hHMGA1b unterschiedliche kinetische Parameter besitzen. Dies zeigt, dass beiden Varianten unterschiedliche Funktionen zugesprochen werden können. Die gefundenen spezifischen, transienten Verweildauern der einzelnen HMG-Proteine führen zu einem Modell eines dynamischen Chromatin-Netzwerkes, wobei alle HMG-Proteine in Wechselwirkungen innerhalb eines dynamischen Chromatinprotein-Cocktails DNA-abhängige Prozesse regulieren können. Die jeweiligen, wie hier gezeigt, durch Modifikationen regulierten Verweildauern der HMG-Proteine bestimmen darüber, welche anderen Chromatinproteine wie lange am Chromatin verbleiben und bestimmte Funktionen, wie beispielsweise die Modifikation der Core-Histone, übernehmen können. Die dynamischen Parameter einzelner HMG-Proteine erklären so, wie diese Proteine ihre vielfältigen Funktionen als Architekturelemente und bei der Regulation DNA-abhängiger Prozesse erfüllen können. Einige Vertreter, wie die HMGB1-Proteine, bewegen sich so schnell durch den Zellkern, dass ihre kinetischen Parameter durch das beschränkte zeitliche Auflösungsvermögen konfokaler Mikroskope der älteren Generation nicht erfassbar sind. Die Bestimmung von Dosis-Wirkungs-Beziehungen von Drogen, welche die kinetischen Parameter von HMGB1-Proteinen beeinflussen können, ist inzwischen mit Mikroskopen der neuen Generation möglich. Im Verlaufe der Arbeit zeigte sich, dass andere verwendete Fluorophore wie DsRed2 die kinetischen Eigenschaften von HMG-Fusionsproteinen beeinflussen können. Durch eine erhöhte Verweildauer können auch sehr transiente Interaktionen sichtbar gemacht werden. Wie gezeigt wurde, kann eine erhöhte Verweildauer aber auch zur Verdrängung anderer Proteine führen, die die gleichen Bindungsstellen benutzen und so eine Modulation des Chromatins bewirken. Die Nutzung von DsRed-Fluorophoren ermöglicht interessante neue Erkenntnisse. Diese müssen aber stets vor dem Hintergrund eines veränderten dynamischen Verhaltens der Fusionsproteine interpretiert werden. Zusammengenommen liefern die hier vorgestellten Ergebnisse zur Dynamik der HMG-Proteine grundlegende Informationen, die zur Klärung ihrer Funktion bei Chromatinmodulationen, etwa bei Differenzierungsprozessen oder der Entstehung von Tumorzellen entscheidend beitragen. Die Erkenntnis, dass diese Proteine lediglich transiente Interaktionen mit ihren Bindungspartnern eingehen können, sind im Hinblick auf die Behandlung von Tumoren, bei denen HMG-Proteine im Vergleich zu Normalgewebe häufig überexprimiert sind, von großer Bedeutung.
Die PrfA-Aktivität im L. monocytogenes Stamm EGD sowie dessen prfA Deletionsmutante mit dem prfA- bzw. prfA*-Gen unter Kontrolle des prfA-Promotors auf dem High-Copy Plasmid pERL3 wurde nach Wachstum in BHI, LB (Luria-Bertani Medium) und definiertem MM untersucht. Die Medien waren versetzt mit 50 mM der PTS-Kohlenstoffquellen Glucose, Mannose oder Cellobiose oder mit der Nicht-PTS-Kohlenstoffquelle Glycerin. Mit dem Wildtyp EGD konnte in BHI und LB mit allen genannten Kohlenstoffquellen nur eine geringe PrfA-Aktivität beobachtet werden. In MM dagegen war die PrfA-Aktivität in Anwesenheit von Glycerin stark erhöht und mit Cellobiose als einziger Kohlenstoffquelle stark reprimiert. Mit dem PrfA*-überexprimierenden Stamm wurden unter allen Bedingungen hohe PrfA-Aktivität gefunden. EGDΔprfApPrfA zeigte dagegen trotz gleicher PrfA-Menge wie EGDΔprfApPrfA* nur in BHI eine hohe PrfA-Aktivität. Die Zugabe des Amberlites XAD4 in LB erhöht die reduzierte PrfA-Aktivität in EGDΔprfApPrfA und in MM verstärkt XAD4-Zugabe die PrfA-Aktivität des Wildtyps. Eine ptsH-Mutante ist in LB und MM unabhängig von der Zugabe einer der vier Kohlenstoffquellen nicht in der Lage zu wachsen (Stoll et al., 2008), was darauf hin deutet, dass die Aufnahme der verwendeten Kohlenstoffquelle und auch der Glycerinstoffwechsel von einem intakten PTS-Weg abhängig sind. In BHI stehen dagegen offensichtlich noch PTS-unabhängige Kohlenstoffquellen zur Verfügung, da die ptsH-Mutante in BHI noch wachsen kann. Dies unterstützt auch die Beobachtung, dass die Generationszeiten von L. monocytogenes in LB und vor allem MM im Vergleich zu BHI wesentlich länger sind. Expressionsdaten der PTS-Gene wurden von allen drei Stämmen unter verschiedenen Wachstumsbedingungen erstellt. Die Daten deuten darauf hin, dass die PrfA-Aktivität mit der Expressionsstärke und dem Phosphorylierungsstatus bestimmter PTS-Permeasen zusammenhängt. PTS-Permeasen bestehen immer aus mindestens drei Domänen, der Membran überspannenden Zucker transportierenden Domäne EIIC (und EIID im Falle von Mannose spezifischen PTS) und den zwei im Zytosol löslichen Komponenten EIIA und EIIB. EIIA wird direkt von HPr-His-P phosphoryliert, welches sein Phosphat von dem von PEP phosphorylierten EI empfängt. Das PTS spielt neben der Zuckeraufnahme eine Rolle in vielen regulatorischen Vorgängen in der Bakterienzelle, unter anderem in der Pathogenese (Barabote and Saier, 2005; Deutscher et al., 2006; Postma et al., 1993). Listerien codieren für alle sieben bekannten PTS-Familien, 86 Gene codieren für 29 komplette und einige unvollständige PTS. Trotz der großen Anzahl an PTS-Genen besitzt L. monocytogenes kein vollständiges PtsG, welches homolog zu E. coli oder B. subtilis ist, sondern nur ein EIIAGlc. Um die an der Glucoseaufnahme involvierten PTS-Permeasen zu identifizieren und einen möglichen Zusammenhang zwischen diesen PTS-Permeasen und der PrfA-Aktivität zu untersuchen, wurden in dieser Arbeit systematisch PTS-Permeasen deletiert, welche für putative Beta-Glucosid-PTS (PTSGlc), Mannose-PTS (PTSMan) und Cellobiose-PTS (PTSLac) codieren. Diese Deletionsmutanten wurden bezüglich ihres Wachstumes in Gegenwart der entsprechenden PTS-Zucker und die PrfA-Aktivität untersucht. Deletionen von in L. monocytogenes EGD-e nur schwach exprimierten PTSGlc haben keinen Einfluss auf das Wachstum in MM mit 10 mM Glucose oder Cellobiose. Von den vier exprimierten PTSMan sind zumindest zwei eindeutig in der Lage, Glucose zu transportieren, und die Deletion dieser PTS-Permeasen, codiert von lmo0096-0098 und lmo0781-0784, erhöht sehr deutlich die Expression des im Wildtyp wenig exprimierten Gens für die PTS-Permease PTSGlc(lmo0027). Für den Cellobiose-Transport scheint von den sechs vollständigen PTSLac-Permeasen vor allem PTSLac(lmo2683-2685) und nach Deletion dieses Operons, ebenfalls die PTSGlc(lmo0027)-Permease wichtig zu sein. Obwohl die multiple Deletion dieser für die Glucose/Mannose- bzw. Cellobiose-Aufnahme in L. monocytogenes wichtigen PTS-Permeasen das Wachstum in definiertem MM drastisch reduziert, haben diese Deletionen offensichtlich keine Auswirkung auf das intrazelluläre Wachstum, da die Infektionsrate so effizient ist wie die des Wildtyps. Auf PrfA hat die schrittweise Deletion der Glucose/Mannose-spezifischen PTS-Permeasen nach Wachstum in MM mit Glucose als einziger Kohlenstoffquelle eine aktivierende Wirkung, jedoch keine Auswirkung nach Wachstum in Cellobiose-haltigem MM. Umgekehrt verhält es sich mit den PTSLac-Deletionsmutanten. In vitro Transkriptionsstudien mit (teilweise phosphoryliert) aufgereinigten Lmo0096 (EIIABMan) und Lmo1017 (EIIAGlc) -Proteinen deuten auf eine direkte Interaktion zwischen PrfA und bestimmten EII-Proteinen hin. Dies konnte für Lmo0096 auch in Immunpräzipitationsassays gezeigt werden. Eine Überexpression von Lmo0096 führte zudem zu einer sehr deutlichen Reduktion der PrfA-Aktivität nach Wachstum in MM mit Glucose.
Listeria monocytogenes gehört zu den Gram-positiven fakultativ intrazellulären Bakterien, ist aber auch zu einem saprophytischen Leben in freier Natur fähig. Zahlreiche, umfassend charakterisierte Virulenzfaktoren sind für die verschiedenen Schritte im Infektionszyklus von L. monocytogenes erforderlich: InlA und InlB induzieren die Aufnahme von L. monocytogenes in nicht-phagozytische Zellen, LLO und PlcA sind für die Freisetzung aus dem primären Phagosom, ActA für die Zell-zu-Zell-Ausbreitung und LLO zusammen mit PlcA und vor allem PlcB für die Freisetzung der Listerien aus dem sekundären Phagosom erforderlich. Der Hexose-Phosphat-Transporter UhpT ist teilweise für die Vermehrung von L. monocytogenes im Zytosol der infizierten Wirtszelle verantwortlich. Die Gene, die für diese Virulenzfaktoren kodieren, sind größtenteils in dem 9,6 kb-großen Virulenzgencluster LIPI-1 zusammengefasst oder liegen verteilt auf dem Chromosom. Alle diese Virulenzgene werden durch den positiven Regulationsfaktor PrfA (PrfA = positive regulatory factor A) in ihrer Transkription kontrolliert. Das prfA-Gen, kodierend für PrfA, ist benfalls Bestandteil des Virulenzgenclusters (LIPI-1). In bisherigen Studien konnte gezeigt werden, dass die Verwertung der Kohlenstoffquellen Glukose, Mannose und Cellobiose zur Hemmung der PrfA-Aktivität in L. monocytogenes führt. Basierend auf Literaturdaten und eigenen Ergebnissen wurde die Hypothese aufgestellt, dass Komponenten der globalen Kohlenstoff-Katabolitrepression (KKR) oder des PTS (Phosphoenolpyruvat-Phosphotransferase-System)-abhängigen Zuckertransports an der Modulation der PrfA-Aktivität beteiligt sind. Um zu überprüfen, ob über die KKR die Aktivität von PrfA gesteuert wird und dadurch auch die Regulation der PrfA-abhängigen Virulenzgenexpression, wurden in dieser Arbeit pLSV101-Insertionsmutanten für die Gene ccpA (kodierend für CcpA = catabolite control protein A), hprK (kodierend für die HPr-Kinase/Phosphorylase, die HPr am Ser46 phophoryliert) und ptsH (kodierend für das hitzestabile HPr) charakterisiert. Die Insertionsmutanten ::ccpA und ::hprK zeigten sowohl in BHI (undefiniertes nährstoffreiches Medium) als auch in definiertem Minimalmedium (MM) mit 50 mM Glukose ein verlangsamtes Wachstum und eine verringerte [14C]-Glukose-Aufnahme im Vergleich zum Wildtyp (WT). Die ::ptsH-Insertionsmutante war nur zu einem Wachstum in BHI fähig und zeigte erwartungsgemäß (fehlendes HPr) kein Wachstum in definiertem MM mit Glukose als einziger Kohlenstoffquelle. Die ::hprK- und (unter bestimmten Wachstumsbedingungen) auch die ::ptsH–Mutante wiesen sowohl auf Transkriptions- als auch auf Translationsebene eine gesteigerte Expression PrfA-abhängiger Virulenzgene auf. Cellobiose-Verwertung führte auch in der ::hprK-Insertionsmutante zu einer Hemmung der PrfA-Aktivität. Dagegen wurde in der ::ccpA-Insertionsmutante eine geringere Expression aller PrfA-abhängigen Virulenzgene im Vergleich zum WT festgestellt. Die Revertanten RccpA, RhprK und RptsH wiesen im Wachstumsverhalten und in der PrfA-abhängigen Virulenzgenexpression wieder einen wildtypischen Phänotyp auf. Trotz der etwas gesteigerten Virulenzgenexpression zeigte die ::ptsH-Mutante eine deutlich verringerte Replikationsrate in J744 Makrophagen gegenüber dem WT. Die Transkriptomprofile der ::ccpA- und ::hprK-Insertionsmutanten zeigten im Vergleich zum WT viele hochregulierte Gene. Diese umfassen Gene, die v.a. für den PTS-abhängigen Zuckertransport, ABC-Transporter und Enzyme des C- und N-Metabolismus kodieren und im WT wahrscheinlich unter den gegebenen Wachstumsbedingungen unter KKR-Kontrolle stehen. Die erhöhte PrfA-abhängige Virulenzgenexpression in der ::hprK-Mutante korreliert mit der Herunterregulation einiger Gene, die in ihrer Transkription durch einen aktiven PTSvermittelten Glukose-Transport kontrolliert werden. Die gesteigerte PrfA-Aktivität und die Abwesenheit von HPr-Ser46~P (neben CcpA eine wichtige Komponente der KKR) in den ::hprK- und ::ptsH-Insertionsmutanten führten zu der Annahme, dass eine Korrelation zwischen der Menge an HPr-Ser46~P und der PrfA-Aktivität bestehen könnte. Die Untersuchung der PrfA-Aktivität und parallel dazu die Mengenbestimmung von HPr-Ser46~P in MM mit Glukose, Cellobiose und Glyzerin zeigte jedoch, dass weder HPr-Ser46~P noch HPr-His15~P direkte Modulatoren der PrfA-Aktivität sind. Eine direkte Interaktion zwischen HPr-Ser46~P und PrfA konnte mittels Biacor-Analyse ebenfalls nicht nachgewiesen werden. Auch in vitro Transkriptions-Studien zeigten keinen inhibitorischen Effekt von HPr-Ser46~P auf die Initiation der Transkription bei PrfA-abhängigen Promotoren (S. Müller-Altrock, persönliche Mitteilung). Interessanterweise war bei einem aktiven Glukose-Transport, bei Bedingungen also, wo die EIIA-Komponenten aller aktiven Glukose-spezifischen PTS im unphosphoryliertem Zustand vorliegen (EIIA-Komponenten übertragen über EIIB das aktive Phosphat auf die über EIIC in die Bakterienzelle transportierte Glukose), die PrfA-Aktivität gering. Erst in der spätlogarithmischen bis stationären Wachstumsphasen, wenn Glukose nur noch in geringem Umfang von der Bakterienzelle aufgenommen wird und die Glukose-spezifischen EIIA-Komponenten in phosphorylierter Form vorliegen, steigt die PrfA-Aktivität. Die Verwertung der PTS-unabhängigen Kohlenstoffquelle Glyzerin zeigte gegenüber den PTS Zuckern Glukose und Cellobiose schon in der frühen Wachstumsphase eine erhöhte PrfA-Aktivität. Demnach scheint sich die Expression spezifischer PTS und der Phosphorylierungszustand von EIIA dieser PTS regulatorisch auf die PrfA-Aktivität auszuwirken. Die Glukose-Aufnahme in L. monocytogenes ist noch nicht vollständig aufgeklärt (R. Stoll, unveröffentlichte Ergebnisse). Doch kann aufgrund des Wachstumsverlustes der ::ptsH-Insertionsmutante in Glukose-haltigem MM davon ausgegangen werden, dass die Glukose-Aufnahme in L. monocytogenes ausschließlich PTS-abhängig erfolgt. Ein Glukose-spezifisches PtsG, das in B. subtilis und anderen Bakterien als wichtiger Glukose-Transporter beschrieben wurde, existiert in L. monocytogenes nicht. Hier konnte nur eine PtsG-spezifische EIIA-Komponente (kodiert von lmo1017) identifiziert werden. Wachstumsuntersuchungen in definiertem MM mit den Kohlenstoffquellen Glukose, Mannose, Cellobiose und Glyzerin ergaben keinen Wachstumsunterschied zwischen der in dieser Komponente defekten ΔeIIAGlc-Mutante und dem WT. Die PrfA-Aktivität dieser Mutante war leicht erhöht, was sich in einer etwas gesteigerten ActA- bzw. PrfA-Expression und einer höheren LLO-Aktivität gegenüber dem WT ausprägte. Es konnte jedoch keine eindeutige Interaktion zwischen dieser gereinigten EIIAGlc-Komponente und dem PrfA-Protein mittels Biacor-Analyse nachgewiesen werden (S. Müller-Altrock und G. Seidel, persönliche Mitteilung). Welche EIIA-Komponenten spezifischer PTS an der Modulation der PrfA-Aktivität beteiligt sind, konnte in dieser Arbeit damit nicht abschließend geklärt werden. Der Transport von phosphorylierten Zuckern, wie Glukose-1-, Glukose-6- oder Mannose-6- Phosphat, erfolgt in L. monocytogenes über den Hexose-Phosphat-Transporter UhpT, der von dem strikt PrfA-abhängig uhpT-Gen kodiert wird. Durch die Zugabe von Amberlite XAD-4 zu LB-Medium oder durch vorherigen Anzucht in Glyzerin-haltigem MM, Bedingungen, die sich stimulierend auf die PrfA-Aktivität auswirken, konnte ein effizientes Wachstum von L. monocytogenes in Glukose-6-Phosphat-haltigem Medium erreicht werden. Obwohl die Kohlenstoff-Verbindungen (Glukose, Cellobiose und Glukose-6-Phosphat) in die Glykolyse eingeschleust werden, führte die Verwertung von Glukose-6-Phosphat zur Aufhebung der KKR. Dies konnte durch vergleichende Gesamtgenom-Transkriptom-Analysen und an der Bestimmung der HPr-Ser46~P Meng gezeigt werden. Die PTS-unabhängige Glukose-6-Phosphat-Aufnahme führt, ähnlich wie die von Glyzerin, zu einer erhöhten Aktivität von PrfA. Neben Glyzerin können auch Dihydroxyaceton (Dha) und Pyruvat (letztere allerdings mit niedriger Wachstumseffizienz), nicht aber Glyzerin-3-Phosphat in vitro als C3-Quellen dienen. Da die ::ptsH-Insertionsmutante kein Wachstum in Glyzerin- oder Dha-haltigem Medium zeigte, lässt sich vermuten, dass die listeriellen Glyzerin-Kinase(n) (GlpK), ähnlich wie die von B. subtilis, durch HPr-His15~P aktiviert werden muss und die Dha-Kinase(n) (DhaK) von L. monocytogenes ebenfalls HPr-His15~P als Kofaktor für die Phosphorylierung von Dha verwendet. Der Glyzerin-Metabolismus in L. monocytogenes wurde vor allem über Gesamtgenom-Transkriptom-Analysen und Real-time RT-PCR Untersuchungen näher charakterisiert. Es konnte gezeigt werden, dass L. monocytogenes mehrere Gene besitzt, die in Glyzerin-haltigem Medium verstärkt exprimiert werden und vermutlich am Glyzerin- bzw. Dha-Metabolismus beteiligt sind. L. monocytogenes besitzt zwei Dha-Kinasen (kodiert von lmo0347-48 und lmo2695-96), die beide eine hohe Homologie zur DhaK aus E. coli besitzen. Eine Deletion beider Dha-Kinasen (ΔdhaK = Δlmo0347-48/lmo2695-96) führte zu einer starken Wachstumshemmung in Glyzerin-haltigem MM und zur weitgehenden Inaktivierung von PrfA. Die ΔdhaK- und die ΔglpD/dhaK-Mutante wiesen in J744 Makrophagen eine verringerte Replikationsrate im Vergleich zum WT auf, was für eine Verwertung von Glyzerin und/oder Dha durch L. monocytogenes im Zytoplasma von Wirtszellen spricht. Da diese Mutanten aber noch –wenn auch mit verringerter Effizienz – in diesem Zellkompartiment der Makrophagen wachsen können, muss L. monocytogenes wohl auch in der Lage sein, weitere Kohlenstoffquellen dieser Wirtszelle verwerten zu können.
Netzhauterkrankungen, wie Retinitis pigmentosa, sind in der Bevölkerung weit verbreitet (1,5 Millionen weltweit). Gewöhnlich berichten die Betroffenen über Nachtblindheit und periphere Gesichtsfeldausfälle. Häufig führt diese Erkrankung, die durch eine fortschreitende Degeneration von Photorezeptoren verursacht wird, zur vollständigen Erblindung. Bisher beschrieb man den pathologischen Prozess vor allem an rd-Mäusen. Allerdings setzt bei diesen die Degeneration sehr früh ein. Somit ist die Übertragbarkeit auf den Menschen erschwert, da abgesehen von wenigen Ausnahmen, der Verlust von Photorezeptoren hier erst im zweiten Lebensabschnitt beginnt. Deshalb war es interessant, im Rahmen dieser Arbeit anhand der CNGA3-/-Rho-/- Maus ein Modell zu untersuchen, das ähnlich dem menschlichen System, zunächst eine intakte Morphologie zeigt. Dadurch war es möglich eine genaue zeitliche Abfolge der Degeneration zu dokumentieren. Dies kann medizinisch zur Entwicklung eines Therapieansatzes genutzt werden, der bereits zu Beginn der Degeneration greift, und damit den fortlaufenden Prozess zum Stillstand bringen kann. Die CNGA3-/-Rho-/- Maus repräsentiert ein System funktionsloser Photorezeptoren, bei dem der zyklische Nukleotid-Kanal (CNGA3) der Zapfenaußensegmente und das Rhodopsin (Rho) der Stäbchenaußensegmente ausgeschaltet wurde. Bestätigt wurde dies durch ein Elektroretinogramm mit einer negativen Photoantwort bezüglich Zapfen und Stäbchen. Die Degeneration führt zu einem vollständigen Verlust aller Photorezeptoren nach drei Monaten (Pm3). Zum Zeitpunkt Pw4 konnte, vergleichbar dem Wildtyp, eine intakte äußere Retina nachgewiesen werden, bei der lediglich die äußeren Stäbchensegmente fehlen. Die synaptischen Kontakte zwischen den Terminalien der Photorezeptoren, der Horizontalzellen und Bipolarzelldendriten waren normal entwickelt und Stäbchenendigungen als auch Zapfenendfüßchen bildeten funktionelle Triaden aus. Bei den Stäbchenendigungen konnte mit zunehmender Degeneration (Pw5, Pw6) eine Akkumulation synaptischer Bänder und postsynaptischer Elemente beobachtet werden. Im Zeitraum Pw4-7 zeigten sowohl die Zapfen, als auch die Horizontalzellen und Stäbchen-Bipolarzellen, eine bemerkenswerte strukturelle Plastizität. Obwohl durch die Photorezeptoren kein Lichtsignal vermittelt wurde, konnten präsynaptische Marker (bassoon) und postsynaptische Glutamatrezeptoren (GluR1, mGluR6) an den Photorezeptorterminalien nachgewiesen werden. Dies lässt die Vermutung zu, dass eine Transmitterfreisetzung theoretisch möglich wäre. Darüber hinaus konnte im Zeitraum von 12 Monaten keine nennenswerte Auswirkung auf die IPL beobachtet werden: Amakrin- und Zapfen-Bipolarzellen waren normal stratifiziert und die Expression der Transmitter-Rezeptoren zeigte ein charakteristisches Verteilungsmuster. Außerdem war die Ultrastruktur von konventionellen und Bandsynapsen der des Wildtyps vergleichbar. Darüber hinaus bildeten sowohl Amakrinzellen, als auch Bipolar- und Ganglienzellen, Fortsätze in die INL hinein. Allgemein zeigt die immunhistochemisch und ultrastrukturell untersuchte CNGA3-/-Rho-/- Maus, dass weder funktionell aktive Photorezeptoren noch Licht eine stimulierende Wirkung auf die Ausbildung synaptischer Strukturen und die Expression verschiedener Rezeptoren haben.
Im Genom von Listeria monocytogenes konnten zwei Gene identifiziert werden, die mutmaßlich für niedermolekulare Protein-Tyrosin Phosphatasen (LMW-PTPs) kodieren, Lmo0938/Ptp-1 und Lmo2540/Ptp-2, beide ähneln LMW-PTPs von B. subtilis. Einzel- und Doppeldeletionen der ptp-Gene beeinflussten die Transkription zahlreicher Gene, wie anhand von Gesamtgenom-DNA-Microarray-Analysen und quantitativer RT-PCR gezeigt werden konnten. Insbesondere waren die Gene für i) die Internaline A und B, ii) den Osmoprotektanten-Transporter OpuC, iii) MCP, notwendig zur Flagellen-Bewegung und iv) eine Anzahl von den Proteinen, die in die Nährstoffaufnahme sowie den intrazellulären Metabolismus involviert sind, in vitro herunterreguliert. Die PrfA-regulierten Virulenzgene wurden in den Mutanten verstärkt exprimiert. Im Wesentlichen konnte das gleiche Transkriptionsmuster in infizierten Caco-2-Enterocyten beobachtet werden. Die verringerte Invasivität (abhängig von InlA) und die Unbeweglichkeit der Mutanten passt zu den Transkriptionsergebnissen. Jedoch wurden weder die intrazelluläre Replikation innerhalb eukaryontischer Wirtszellen noch die Resistenz gegen Stressbedingungen durch die Deletion beeinträchtigt. Die Proteome des Wildtyps und der ptp-Mutanten wurden durch 2-dimensionale Gelelektrophorese verglichen und es zeigte sich, dass die Transkriptionsergebnisse nicht vollständig im Proteom reflektiert wurden. Die Ergebnisse zeigen, dass die Ptps in die Regulationsnetzwerke des alternativen Stress-Sigmafaktor SigB und von PrfA eingreifen. Der ähnliche Effekt beider Ptps auf die Transkription oder auf den Proteinlevel deutet eine Interaktion oder Kooperation der beiden Enzyme an.
Im Zuge der Bemühungen um neue, tumorspezifische Therapieansätze für die Myelomerkrankung hat sich der C-X-C-Chemokinrezeptor 4 (CXCR4) aufgrund seiner zentralen Rolle in der Tumorgenese als vielversprechender Angriffspunkt hervorgetan. Im Sinne eines theranostischen Konzepts wird der Rezeptor mithilfe eines radioaktiv markierten Liganden quantifiziert und anschließend von rezeptorspezifischen Radiotherapeutika als Zielstruktur genutzt. Die CXCR4-Expression ist allerdings ein höchst dynamischer Prozess mit großer inter- und intraindividueller Heterogenität, der u.a. durch eine begleitende Chemotherapie beeinflusst werden kann. Ob sich therapieinduzierte Veränderungen der Rezeptorexpression gezielt nutzen lassen, um die CXCR4-Expression zu optimieren und so die Effektivität der CXCR4-gerichteten Strategien zu steigern, wurde bislang nicht untersucht.
Vor diesem Hintergrund wurden in der vorliegenden Arbeit verschiedene, in der Myelomtherapie etablierte Substanzen sowohl einzeln als auch in Kombination hinsichtlich ihres Einflusses auf die CXCR4-Expression von MM-Zelllinien und primären MM-Zellen unter in vitro Bedingungen analysiert.
In den durchgeführten Experimenten zeigte sich eine hohe Variabilität der CXCR4-Expression der MM-Zellen nach Therapieinduktion, die sich als substanz-, dosis- und zeitabhängig herausstellte. Die Ergebnisse bestätigten das große Potenzial der therapieinduzierten Modulation der CXCR4-Expression. Im weiteren Verlauf sind translationale Forschungsansätze gerechtfertigt, die die Übertragbarkeit der in vitro gewonnenen Ergebnisse auf die komplexen Vorgänge im lebenden Organismus überprüfen. Langfristiges Ziel ist der Entwurf eines patientenzentrierten, multimodalen Therapiekonzepts, welches das CXCR4-gerichtete theranostische Konzept mit einer individuell angepassten, medikamentösen MM-Therapie kombiniert.
Mutationen im humanen DNA Mismatch-Reparatur (MMR) Gens Mlh1 sind mit dem erblichen, nicht-polypösen Kolonkarzinom (Lynch Syndrom, HNPCC) und einem signifikanten Anteil sporadischer kolorektaler Tumore assoziiert. Zudem konnten MMR Defekte in sporadischen und erblichen Lymphom Erkrankungen beschrieben werden. In Zellen resultiert die Inaktivierung des Mlh1 Gens in der Akkumulation von somatischen Mutationen im Genom und einer erhöhten Resistenz gegenüber den genotoxischen Effekten einer Vielzahl von DNA schädigenden Agenzien. Mäuse, die ein Null Allel für das MMR Gen Mlh1 tragen zeigen einen starken Tumorprädispositions Phänotyp. Sie entwickeln vorrangig B- und T-Zell Lymphome und mit geringerer Haufigkeit gastrointestinale Tumore. Zusätzlich sind Mlh1-/- Mäuse durch einen meiotischen Phänotyp charakterisiert, der zu Sterilitäten in beiden Geschlechtern führt. Um die Effekte von Mlh1 missense Mutationen auf die Tumoranfälligkeit zu untersuchen, erzeugten wir eine Mauslinie, die die häufig in HNPCC Patienten beschriebene MLH1G67R Mutation tragen, die in einer der ATP Bindungs-Domänen von MLH1 lokalisiert ist. Auch wenn die MLH1G67R Mutation in homozygot mutanten Mäusen in einer DNA Reparatur Defizienz resultierte hatte sie keinen Effekt auf die MMR vermittelte zelluläre Antwort auf DNA Schäden. Hierzu gehörte die apoptotische Antwort von Epithelzellen der intestinalen Mucosa auf Cisplatin, die in Mlh1-/- Mäusen defektiv jedoch in Mlh1G67R/G67R Mäusen normal ausfiel. Mlh1G67R/G67R mutante Mäuse zeigten wie Mlh1-/- Tiere einen starken Tumorprädispositions Phänotyp. Sie entwickelten jedoch im Vergleich zu Mlh1-/- Tieren signifikant weniger gastrointestinale Tumore, was darauf hinweist, dass Mlh1 missense Mutationen die Tumor supprimierende MMR Funktion in einer Gewebs-spezifischen Weise beeinflussen können. Darüber hinaus sind Mlh1G67R/G67R Mäuse, aufgrund der fehlenden Bindungsfähigkeit des MLH1G67R Proteins an die meiotischen Chromosomen im Pachytän Stadium, steril. Dies zeigt, dass die ATPase Aktivität von MLH1 für die Fertilität in Säugern essentiell ist. Diese Untersuchungen belegen, dass die Mlh1G67R Mutation die biologischen MLH1 Funktionen differentiell mit einem eindeutigen Phänotyp beeinflusst. Um die Rolle von MLH1 für die Lymphomagenese detaillierter untersuchen zu können, generierten wir ein neues Mausmodell mit einem konditionellen Mlh1 Allel (Mlh1flox/flox). Das Einkreuzen von transgenen EIIa-Cre Mausen in die Mlh1flox/flox Mauslinie führte zur konstitutiven Inaktivierung von MLH1. Die resultierende Mlh1Δex4/Δex4 Mauslinie zeichnete sich durch MMR Defizienz und einen zu Mlh1-/- Tieren vergleichbaren Tumorprädispositions Phänotyp aus. Zur T-Zell spezifischen MMR Inaktivierung kombinierten wir das Mlh1flox/flox Allel mit dem Lck-Cre Transgen. In den resultierenden Mlh1TΔex4/TΔex4 Mäusen ist die MLH1 Inaktivierung auf doppelt positive und einzel positive Thymozyten und naïve periphere TZellen beschränkt. Die Entwicklung von T-Zell Lymphomen in Mlh1TΔex4/TΔex4 Mäusen ist im Vergleich zu Mlh1-/- Mäusen signifikant reduziert, was eine wichtige, Lymphom supprimierende MMR Funktion in frühen Stadien der T-Zell Entwicklung oder in lymphoiden Vorläuferzellen impliziert.
HMG-Proteine sind nach den Histonen die zweithäufigste Superfamilie nukleärer Proteine. Sie binden an DNA und Nukleosomen und induzieren strukturelle Veränderungen im Chromatin. Sie spielen eine wichtige Rolle in der Dynamik des Chromatins und beeinflussen dadurch DNA-abhängige Prozesse, wie Transkription und Replikation. Proteine der HMGA-Familie sind charakterisiert durch konservierte DNA-Bindungsmotive, den AT-Hooks, welche eine Bindung an AT-reiche DNA-Sequenzen vermitteln und durch einen sauren C-Terminus. HMGA-Proteine sind verstärkt im Heterochromatin konzentriert und stehen in Verbindung mit der Expressionsregulation spezifischer Gene aufgrund der Stabilisierung von Nukleoproteinkomplexen, so genannten Enhanceosomen. HMGA-Proteine spielen des Weiteren eine entscheidende Rolle in verschiedenen Entwicklungsprozessen und bei der Tumorprogression . Um den Einfluss von HMGA1 auf die zelluläre Differenzierung und die Chromatinmodulation zu untersuchen, wurden C2C12 Maus-Myoblastenzellen verwendet. Die Induktion der Myogenese in diesen Zellen geht mit der Herunterregulierung von HMGA1 einher. Durch die Etablierung einer C2C12-Zelllinie, welche ein EGFP-markiertes HMGA1a stabil exprimierte, konnte gezeigt werden, dass eine anhaltende HMGA1-Expression spezifisch die Myogeneseprozess inhibierte, während die Osteogenese davon unbeeinflusst zu bleiben schien. Dieser hemmende Effekt kann durch die HMGA1-abhängige Fehlexpression verschiedener Gene, welche für eine einwandfreie Muskeldifferenzierung nötig sind und in die Zellzyklusregulation eingreifen, erklärt werden. Unter der Verwendung von RNAi konnte gezeigt werden, dass die Herunterregulierung von HMGA1-Proteinen für eine korrekte Genexpression und den Muskeldifferenzierungsprozess notwendig ist. Während der terminalen Differenzierung wird die Umorganisation des Chromatins durch die Fusion der Chromozentren offensichtlich. Fotobleichtechniken, wie „fluorescence recovery after photobleaching“ (FRAP) zeigten, dass HMGA1-Proteine mit dem Methyl-CpG-bindenden Protein 2 (MeCP2), welches eine wichtige Rolle in der Chromozentrenfusion spielt, um DNA-Bindungsstellen konkurriert und dieses vom Chromatin verdrängt. Diese dynamische Konkurrenz zwischen einem anhaltend exprimierten HMGA1 und MeCP2 trägt somit zur Inhibition der differenzierungsabhängigen Modulation des Chromatins während der späten Myogenese bei. Die Untersuchungen in C2A1a-Zellen lieferten weitere Hinweise dafür, dass der wesentlichste Umbau des Chromatins in einem Zeitfenster um den dritten Tag nach Induktion der Myogenese stattfindet, an welchem HMGA1 natürlicherweise nahezu vollständig herunterreguliert sind. In diesem Zeitraum kommt es zur Dissoziation der Chromozentren, zu veränderten Expressionsmustern in bestimmten Genen, zu Modulationen in Histonmodifikationen (H3K4me2, H3K4me3, H3K27me3), zur Replikations-unabhängigen Akkumulation von Histon H3 in den Chromozentren über ungefähr einen Zellzyklus hinweg und zu eine signifikanten Erhöhung der HP1-Dynamik. Durch den Einsatz von Bimolekularer Fluoreszenzkomplementierung (BiFC), die es erlaubt Protein-Protein-Interaktionen in vivo zu visualisieren, konnte gezeigt werden, dass der saure C-Terminus des HMGA mit der Chromodomäne (CD) des HP1 interagiert. Zusätzlich ist für diese Interaktion die korrekte DNA-Bindung des HMGA nötig. FRAP-Messungen mit HP1-EGFP-Fusionsproteinen in Zellen die wildtypisches oder ein mutiertes HMGA koexprimierten, bestätigten diese Daten und wiesen darauf hin, dass die HP1-Verweildauer im Heterochromatin maßgeblich von der Gegenwart eines funktionellen HMGA1 abhängig ist. Des Weiteren zeigten C2C12-Myoblasten, die HMGA1 natürlicherweise exprimieren, eine hohe HP1-Verweildauer, die nach HMGA1-knock down drastisch verringert ist. Umgekehrt ist die HP1-Verweildauer nach einer Herunterregulierung von HMGA1 an Tag 3 der Myogenese gering und steigt durch die Koexpression von HMGA1 auf das in Myoblasten gemessene Niveau an. Zusammengenommen zeigen diese Daten, dass die differenzielle Expression von HMGA1 und ihre Fähigkeit mit HP1 zu interagieren, sowie ihre Konkurrenz mit MeCP2 um DNA-Bindungsstellen einen entscheidende Rolle in der Regulation der Aufrechterhaltung und Plastizität des Heterochromatins während der Differenzierung spielen. Daher ist eine zeitlich festgelegte Herunterregulierung von HMGA1 notwendig, um die Modulation des Chromatins und dadurch den Differenzierungsprozess zu ermöglichen
In dieser Arbeit sollte die Funktion von RSK in Motoneuronen von Drosophila untersucht
werden. Mutationen im RSK2-Gen verursachen das Coffin-Lowry-Syndrom (CLS), das durch
mentale Retardierung charakterisiert ist. RSK2 ist hauptsächlich in Regionen des Gehirns
exprimiert, in denen Lernen und Gedächtnisbildung stattfinden. In Mäusen und Drosophila, die
als Modellorganismen für CLS dienen, konnten auf makroskopischer Ebene keine
Veränderungen in den Hirnstrukturen gefunden werden, dennoch wurden in verschiedenen
Verhaltensstudien Defekte im Lernen und der Gedächtnisbildung beobachtet.
Die synaptische Plastizität und die einhergehenden Veränderungen in den Eigenschaften der
Synapse sind fundamental für adaptives Verhalten. Zur Analyse der synaptischen Plastizität
eignet sich das neuromuskuläre System von Drosophila als Modell wegen des stereotypen
Innervierungsmusters und der Verwendung ionotroper Glutamatrezeptoren, deren
Untereinheiten homolog sind zu den Untereinheiten der Glutamatrezeptoren des AMPA-Typs
aus Säugern, die wesentlich für die Bildung von LTP im Hippocampus sind.
Zunächst konnte gezeigt werden, dass RSK in den Motoneuronen von Drosophila an der
präsynaptischen Seite lokalisiert ist, wodurch RSK eine Synapsen-spezifische Funktion
ausüben könnte. Morphologische Untersuchungen der Struktur der neuromuskulären Synapsen
konnten aufzeigen, dass durch den Verlust von RSK die Größe der neuromuskulären Synapse,
der Boutons sowie der Aktiven Zonen und Glutamatrezeptorfelder reduziert ist. Obwohl mehr
Boutons gebildet werden, sind weniger Aktive Zonen und Glutamatrezeptorfelder in der
neuromuskulären Synapse enthalten. RSK reguliert die synaptische Transmission, indem es die
postsynaptische Sensitivität, nicht aber die Freisetzung der Neurotransmitter an der
präsynaptischen Seite beeinflusst, obwohl in immunhistochemischen Analysen eine
postsynaptische Lokalisierung von RSK nicht nachgewiesen werden konnte. RSK ist demnach
an der Regulation der synaptischen Plastizität glutamaterger Synapsen beteiligt.
Durch immunhistochemische Untersuchungen konnte erstmals gezeigt werden, dass aktiviertes
ERK an der präsynaptischen Seite lokalisiert ist und diese synaptische Lokalisierung von RSK
reguliert wird. Darüber hinaus konnte in dieser Arbeit nachgewiesen werden, dass durch den
Verlust von RSK hyperaktiviertes ERK in den Zellkörpern der Motoneurone vorliegt. RSK
wird durch den ERK/MAPK-Signalweg aktiviert und übernimmt eine Funktion sowohl als
Effektorkinase als auch in der Negativregulation des Signalwegs. Demnach dient RSK in den
Zellkörpern der Motoneurone als Negativregulator des ERK/MAPK-Signalwegs. Darüber
hinaus könnte RSK die Verteilung von aktivem ERK in den Subkompartimenten der
Motoneurone regulieren.
Da in vorangegangenen Studien gezeigt werden konnte, dass ERK an der Regulation der
synaptischen Plastizität beteiligt ist, indem es die Insertion der AMPA-Rezeptoren zur Bildung
der LTP reguliert, sollte in dieser Arbeit aufgeklärt werden, ob der Einfluss von RSK auf die
synaptische Plastizität durch seine Funktion als Negativregulator von ERK zustande kommt.
Untersuchungen der genetischen Interaktion von rsk und rolled, dem Homolog von ERK in
Drosophila, zeigten, dass die durch den Verlust von RSK beobachtete reduzierte Gesamtzahl
der Aktiven Zonen und Glutamatrezeptorfelder der neuromuskulären Synapse auf die Funktion
von RSK als Negativregulator von ERK zurückzuführen ist. Die Größe der neuromuskulären
Synapse sowie die Größe der Aktiven Zonen und Glutamatrezeptorfelder beeinflusst RSK
allerdings durch seine Funktion als Effektorkinase des ERK/MAPK-Signalwegs.
Studien des axonalen Transports von Mitochondrien zeigten, dass dieser in vielen
neuropathologischen Erkrankungen beeinträchtigt ist. Die durchgeführten Untersuchungen des
axonalen Transports in Motoneuronen konnten eine neue Funktion von RSK in der Regulation
des axonalen Transports aufdecken. In den Axonen der Motoneurone von RSK-Nullmutanten
wurden BRP- und CSP-Agglomerate nachgewiesen. RSK könnte an der Regulation des
axonalen Transports von präsynaptischem Material beteiligt sein. Durch den Verlust von RSK
wurden weniger Mitochondrien in anterograder Richtung entlang dem Axon transportiert, dafür verweilten mehr Mitochondrien in stationären Phasen. Diese Ergebnisse zeigen, dass
auch der anterograde Transport von Mitochondrien durch den Verlust von RSK beeinträchtigt
ist.
Einflüsse der Photophysik und Photochemie von Cyaninfarbstoffen auf die Lokalisationsmikroskopie
(2023)
In den letzten Jahren haben sich hochauflösende Fluoreszenzmikroskopiemethoden, basierend auf der Lokalisation einzelner Fluorophore, zu einem leistungsstarken Werkzeug etabliert, um Fluoreszenzbilder weit unterhalb der Auflösungsgrenze zu generieren. Hiermit können räumliche Auflösungen von ~ 20 nm erzielt werden, was weit unterhalb der Beugungsgrenze liegt. Dabei haben zahlreiche Optimierungen und Entwicklungen neuer Methoden in der Einzelmolekül-Lokalisationsmikroskopie die Genauigkeit der orstspezifischen Bestimmung einzelner Fluorophore auf bis zu ~ 1 – 3 nm erhöht. Eine Auflösung im molekularen Bereich, weit unterhalb von ~ 10 nm bleibt allerdings herausfordernd, da die Lokalisationsgenauigkeit nur ein Kriterium hierfür ist. Allerdings wurde sich in den letzten Jahren überwiegend auf die Verbesserung dieses Parameters konzentriert. Weitere Kriterien für die fluoreszenzmikroskopische Auflösung sind dabei unter anderem die Markierungsdichte und die Kopplungseffizienz der Zielstruktur, sowie der Kopplungsfehler (Abstand zur Zielstruktur nach Farbstoffkopplung), die sich herausfordernd für eine molekulare Auflösung darstellen. Auch wenn die Kopplungseffizienz und -dichte hoch und der Kopplungsfehler gering ist, steigt bei Interfluorophordistanzen < 5nm, abhängig von den Farbstoffen, die Wahrscheinlichkeit von starken und schwachen Farbstoffwechselwirkungen und damit von Energieübertragungsprozessen zwischen den Farbstoffen, stark an. Daneben sollten Farbstoffe, abhänging von der Lokalisationsmikroskopiemethode, spezifische Kriterien, wie beispielsweise die Photoschaltbarkeit bei dSTORM, erfüllen, was dazu führt, dass diese Methoden häufig nur auf einzelne Farbstoffe beschränkt sind. In dieser Arbeit konnte mithilfe von definierten DNA-Origami Konstrukten gezeigt werden, dass das Blinkverhalten von Cyaninfarbstoffen unter dSTORM-Bedingungen einer Abstandsabhängigkeit aufgrund von spezifischen Energieübertragungsprozessen folgt, womit Farbstoffabstände im sub-10 nm Bereich charakterisiert werden konnten. Darüber hinaus konnte diese Abstandsabhängigkeit an biologischen Proben gezeigt werden. Hierbei konnten verschiedene zelluläre Rezeptoren effizient und mit geringem Abstandsfehler zur Zielstruktur mit Cyaninfarbstoffen gekoppelt werden. Diese abstandsabhänigen Prozesse und damit Charakterisierungen könnten dabei nicht nur spezifisch für die häufig unter dSTORM-Bedingungen verwendeten Cyaninfarbstoffen gültig sein, sondern auch auf andere Farbstoffklassen, die einen Auszustand zeigen, übertragbar sein. Darüber hinaus konnte gezeigt werden, dass hochauflösende dSTORM Aufnahmen unabhängig vom Farbstoffkopplungsgrad der Antikörpern sind, welche häufig für Standardfärbungen von zellulären Strukturen verwendet werden. Dabei konnte durch Photonenkoinzidenzmessungen dargelegt werden, dass aufgrund komplexer Farbstoffwechselwirkungen im Mittel nur ein Farbstoff aktiv ist, wobei höhere Kopplungsgrade ein komplexes Blinkverhalten zu Beginn der Messung zeigen. Durch die undefinierten Farbstoffabstände an Antikörpern konnte hier kein eindeutiger Energieübertragungsmechanismus entschlüsselt werden. Dennoch konnte gezeigt werden, dass Farbstoffaggregate bzw. H-Dimere unter dSTORM-Bedingungen destabilisiert werden. Durch die zuvor erwähnten DNA-Origami Konstrukte definierter Interfluorophordistanzen konnten Energieübertragungsmechanismen entschlüsselt werden, die auch für die Antikörper diverser Kopplungsgrade gültig sind. Des Weiteren konnten, ausgelöst durch komplexe Energieübertragungsprozesse höherer Kopplungsgrade am Antikörper, Mehrfarbenaufnahmen zellulärer Strukturen generiert werden, die über die spezifische Fluoreszenzlebenszeit separiert werden konnten. Dies stellt hier eine weitere Möglichkeit dar, unter einfachen Bedingungen, schnelle Mehrfarbenaufnahmen zellulärer Strukturen zu generieren. Durch die Verwendung des selben Farbstoffes unterschiedlicher Kopplungsgrade kann hier nur mit einer Anregungswellenlänge und frei von chromatischer Aberration gearbeitet werden. Neben den photophysikalischen Untersuchungen der Cyaninfarbstoffe Cy5 und Alexa Fluor 647 wurden diese ebenso photochemisch näher betrachtet. Dabei konnte ein neuartiger chemischer Mechanismus entschlüsselt werden. Dieser Mechanismus führt, ausgelöst durch Singulett-Sauerstoff (1O2), zu einer Photozerschneidung des konjugierten Doppelbindungssystems um zwei Kohlenstoffatome, was zu strukturellen und spektroskopischen Veränderungen dieser Farbstoffe führt. Auf Grundlage dieses Mechanismus konnte eine neue DNA-PAINT Methode entwickelt werden, die zu einer Beschleunigung der Aufnahmezeit führt.
Die verfügbaren in vitro Genotoxizitätstests weisen hinsichtlich ihrer Spezifität und ihres Informationsgehalts zum vorliegenden Wirkmechanismus (Mode of Action, MoA) Einschränkungen auf. Um diese Mängel zu überwinden, wurden in dieser Arbeit zwei Ziele verfolgt, die zu der Entwicklung und Etablierung neuer in vitro Methoden zur Prüfung auf Genotoxizität in der Arzneimittelentwicklung beitragen.
1. Etablierung und Bewertung einer neuen in vitro Genotoxizitätsmethode (MultiFlow Methode)
Die MultiFlow Methode basiert auf DNA-schadensassoziierten Proteinantworten von γH2AX (DNA-Doppelstrangbrüche), phosphorylierten H3 (S10) (mitotische Zellen), nukleären Protein p53 (Genotoxizität) und cleaved PARP1 (Apoptose) in TK6-Zellen. Insgesamt wurden 31 Modellsubstanzen mit dem MultiFlow Assay und ergänzend mit dem etablierten Mikrokerntest (MicroFlow MNT), auf ihre Fähigkeit verschiedene MoA-Gruppen (Aneugene/Klastogene/Nicht-Genotoxine) zu differenzieren, untersucht. Die Performance der „neuen“ gegenüber der „alten“ Methode führte zu einer verbesserten Sensitivität von 95% gegenüber 90%, Spezifität von 90% gegenüber 72% und einer MoA-Klassifizierungsrate von 85% gegenüber 45% (Aneugen vs. Klastogen).
2. Identifizierung mechanistischer Biomarker zur Klassifizierung genotoxischer Substanzen
Die Analyse 67 ausgewählter DNA-schadensassoziierter Gene in der QuantiGene Plex Methode zeigte, dass mehrere Gene gleichzeitig zur MoA-Klassifizierung beitragen können. Die Kombination der höchstrangierten Marker BIK, KIF20A, TP53I3, DDB2 und OGG1 ermöglichte die beste Identifizierungsrate der Modellsubstanzen. Das synergetische Modell kategorisierte 16 von 16 Substanzen korrekt in Aneugene, Klastogene und Nicht-Genotoxine. Unter Verwendung der Leave-One-Out-Kreuzvalidierung wurde das Modell evaluiert und erreichte eine Sensitivität, Spezifität und Prädiktivität von 86%, 83% und 85%. Ergebnisse der traditionellen qPCR Methode zeigten, dass Genotoxizität mit TP53I3, Klastogenität mit ATR und RAD17 und oxidativer Stress mit NFE2L2 detektiert werden kann.
Durch die Untersuchungen von posttranslationalen Modifikationen unter Verwendung der High-Content-Imaging-Technologie wurden mechanistische Assoziationen für BubR1 (S670) und pH3 (S28) mit Aneugenität, 53BP1 (S1778) und FANCD2 (S1404) mit Klastogenität, p53 (K373) mit Genotoxizität und Nrf2 (S40) mit oxidativem Stress identifiziert.
Diese Arbeit zeigt, dass (Geno)toxine unterschiedliche Gen- und Proteinveränderungen in TK6-Zellen induzieren, die zur Erfassung mechanistischer Aktivitäten und Einteilung (geno)toxischer MoA-Gruppen (Aneugen/Klastogen/ Reaktive Sauerstoffspezies) eingesetzt werden können und daher eine bessere Risikobewertung von Wirkstoffkandidaten ermöglichen.
Die kombinierte Mikroperfusions-/Ladungspulstechnik an einzelligen marinen Riesenalgen ermöglicht die getrennte Darstellung der elektrischen Eigenschaften von Plasmalemma und Tonoplast durch gezielte Manipulation des vakuolären und externen Mediums. Dabei kann der für die Physiologie der Zellen wichtige hydrostatische Innendruck (Turgor) ständig kontrolliert werden. Die Applikation eines Ladungspulses resultierte bei Valonia utricularis und Ventricaria ventricosa in einer biphasischen Relaxation des Gesamt-membranpotentials, die durch die Summe zweier Exponentialfunktionen beschrieben werden konnte. Die Zeitkonstanten dieser beiden Relaxationen lagen dabei im Bereich von 0.1 ms und 1 ms (V. utricularis), bzw. 0.1 ms und 10 ms (V. ventricosa). Addition von Nystatin (einem membranimpermeablen und porenbildenden Antibiotikum) zu der vakuolären Perfusionslösung führte bei beiden Spezies zu einem Verschwinden der langsamen Relaxation des Spektrums, während über das Badmedium (extern) dotiertes Nystatin die Zeitkonstante der schnellen Komponente dramatisch verringerte. Die jeweils andere Relaxation blieb dabei unbeeinflusst. Folglich muss die schnelle Relaxation den RC-Eigenschaften des Plasmalemmas und die langsame den Eigenschaften des Tonoplasten zugeordnet werden. Dies ist ein klarer Beweis für das sog. "Zwei-Membranen Modell". In Übereinstimmung damit beeinflussten externe Ionentauschexperimente sowie externe Zugabe von Kanal/Carrier-Inhibitoren wie TEA (Tetraethylammonium), Ba2+ und DIDS (4,4'-Diisothiocyanatostilben-2,2'-Disulfonsäure), nur die schnelle Relaxation des Ladungspulsspektrums, nicht aber die langsame. Dagegen hatte die Zugabe dieser Inhibitoren zu der vakuolären Perfusionslösung keinen signifikanten Einfluss auf das Relaxationspektrum der marinen Algen. Bei der Berechnung der passiven Membranparameter fiel eine ungewöhnlich hohe flächenspezifische Kapazität des Tonoplasten auf, die nach elektronenmikroskopischen Untersuchungen mit einer etwa 9-fachen Oberflächenvergrößerung erklärt werden konnte. Diese resultierte aus tubulären Ausstülpungen des Tonoplasten, die in das Zytosol hineinreichen. Es konnte darüber hinaus gezeigt werden, dass - entgegen der Lehrmeinung - der Widerstand des Tonoplasten mariner Algen hoch ist (0.3 bis 1.1 Ohm m²) und somit Werte aufweist, die mit Messungen an Vakuolen höherer Pflanzen vergleichbar sind. Darüber hinaus ergaben Nystatin-Experimente, dass das Zytoplasma von V. ventricosa stark negativ geladen ist (bis zu -70 mV). Neben vielen Gemeinsamkeiten existieren auch klare Unterschiede in der Physiologie dieser Algen. Während bei V. ventricosa die Plasmalemmaleitfähigkeit durch Kalium dominiert wurde, war das Plasmalemma von V. utricularis deutlich permeabler für Chlorid als für Kalium. Variation des externen pH-Wertes wirkte sich nur bei V. utricularis, nicht aber bei V. ventricosa, im Relaxationsspektrum in einer drastischen Erhöhung der schnellen Zeitkonstante aus. Für die Analyse turgorgesteuerter Membrantransportprozesse an marinen Algen bedeuten diese Arbeiten einen methodischen Durchbruch, so dass die vollständige Aufklärung der biophysikalischen Prozesse, die mit der Turgorregulation assoziiert werden, unmittelbar bevorsteht.
Ziel der Arbeit war es, die wissenschaftlichen und technischen Voraussetzungen zu schaffen, um eine effiziente Elektroporation von großen aber auch kleinen Zellzahlen zu erreichen. Ein großer Teil der Arbeit diente der Entwicklung eines neuen Elektroporationsgerätes, des Multiporators. Die synergetischen Effekte dieser Technik tragen dazu bei, dass sehr hohe Ausbeuten bei der Elektrotransfektion von Zellen erzielt werden. Damit konnte zum ersten Mal der Gentransfer durch künstliche Säugerzell-Chromosomen (MACs) nachgewiesen werden. Eine weitere Anwendung der Elektroporation liegt in der Transfektion von primären Zellen. Dabei ist der entscheidende Punkt für eine hohe Transfektionseffizienz der Zellzyklus. Des Weiteren wurde in dieser Arbeit ein Konzept entwickelt, das als Basis für ein neues Elektroporationssystem benutzt werden kann.
Von TRAIL, FasL und APRIL, drei Mitgliedern der TNF-Liganden-Familie, ist bekannt, dass Trimerstabilität und Oligomerisierungsstatus maßgeblich das Rezeptoraktivierungspotential dieser Liganden beeinflussen. Für die immunstimulatorischen TNF-Liganden CD27L, CD40L, OX40L, 41BBL und GITRL war hingegen vor der Durchführung dieser Arbeit praktisch nicht bekannt, inwieweit Trimerbildung, Stabilisierung und Oligomerisierung wichtig für deren Aktitvität sind. Dies wurde in dieser Arbeit systematisch untersucht. CD40L besaß bereits als trimeres Molekül eine hohe Aktivität, die durch sekundäre Oligomerisierung nur wenig gesteigert wurde. Die spezifische Aktivität konnte durch Stabilisierung mit Hilfe der Tenascin-C (TNC)-Trimerisierungsdomäne nur geringfügig gesteigert werden. CD27L war als lösliches Flag-markiertes sowie als hexameres Fc-Protein selbst nach Quervernetzen nicht in der Lage, seinen Rezeptor CD27 zu binden und zu aktivieren. Die TNC-stabilisierte trimere Form des CD27L hingegen induzierte nach Oligomerisierung mit einem anti-Flag-Antikörper ein starkes Signal. Trimerer OX40L und trimerer 41BBL konnten nur in oligomerisierter Form ihre Rezeptoren aktivieren, wobei die Aktivität der TNC-stabilisierten Form signifikant stärker ausgeprägt war. GITRL aktivierte seinen Rezeptor bereits als stabilisiertes Trimer und Hexamer, die Aktivität konnte durch Quervernetzen nur gering gesteigert werden. Zusammenfassend kann man sagen, dass CD27L, OX40L und 41BBL zu der Untergruppe der TNF-Ligandenfamilie gehört, für die eine Stabilisierung des trimeren Moleküls und dessen Oligomerisierung nötig sind, um eine starke Rezeptoraktivierung zu ermöglichen. Im Gegensatz dazu zeigten CD40L und GITRL bereits oligomerisierungsunabhängig eine hohe Aktivität. GITRL benötigte allerdings die Stabilisierung des trimeren Moleküls durch die TNC-Domäne, um gute Aktivität zu zeigen. Im Weiteren wurden Antikörperfragment (scFv-)-TNF-Ligand-Fusionsproteine konstruiert und untersucht, die ein Zelloberflächenantigen binden. Eine starke Zelloberflächenantigen-spezifische Aktivierung des jeweiligen Rezeptors konnte für scFv-41BBL und für scFv-OX40L gezeigt werden, wohingegen scFv-CD40L und scFv-GITRL bereits auf antigennegativen Zellen stark aktiv waren. scFv-CD27L war selbst auf antigenpositiven Zellen inaktiv. Verwendet man an Stelle des Antikörperfragments eine extrazelluläre Proteinbindedomäne, z.B. die eines TNF-Rezeptors, erhält man Fusionsproteine, die zum einen eine selektive Aktivierung der TNF-Ligandendomäne und somit die Aktivierung des korrespondierenden Rezeptors auf der Zielzelle ermöglichen, zum anderen aber durch die Bindung an den membranständigen Liganden dessen Aktitvät neutralisieren können. Für CD40-, RANK- und B7-2-FasL konnte der immobilisationabhängige Aktivierungseffekt auf entsprechenden Zelloberflächenmolekül-exprimierenden Zellen gezeigt werden. Anhand von T47D-Zellen, die durch eine autokrine CD40L-CD40-Signalschleife vor Apoptose geschützt sind, konnte gezeigt werden, dass durch die Bindung von CD40-FasL an membranständigen CD40L die CD40L-CD40-Interaktion gestört und gleichzeitig Apoptose verstärkt induziert werden kann. Das Prinzip der antigenabhängigen Aktivierung von TNF-Liganden könnte Anwendung in der Tumortherapie finden, da bei Verwendung entsprechender selektiv exprimierter Marker eine lokale Rezeptoraktivierung erreicht und so Nebenwirkungen minimiert werden können.
1) Wenn der Erhalt der biologischen Vielfalt gesellschaftliche Zielvorgabe ist und dafür landwirtschaftlich genutzte Flächen einbezogen werden sollen, sind Maßnahmen zu präferieren, deren Opportunitätskosten gering sind. Diese Arbeit stellt den Versuch dar, solche Maßnahmen am Beispielsystem „Weinbau“ zu entwickeln. 2) Die Anbauform „Weinbau“ ist für diese Studie aus folgenden Gründen besonders geeignet: Rebflächen sind an Standorte mit besonderen klimatischen Bedingungen gebunden, die ebenfalls für Lebensgemeinschaften von Bedeutung sind, die in Deutschland als besonders gefährdet gelten (thermophile und xerothermophile Gemeinschaften). Auch die speziellen, früher artenreichen „Weinbergsgesellschaften“ (Flora und Fauna) verdienen besondere Beachtung; zudem ist in Unterfranken eine starke räumliche Beziehung zwischen Naturschutzgebieten, die thermophile und xerothermophile Artengemeinschaften schützen sollen, und umgebenden Rebflächen gegeben. Weiterhin erscheinen Rebflächen durch die Trennung der Anbaufläche in die Bereiche „Zeile“ (die den linienförmig angepflanzten Reben entspricht) und „Gasse“ (ein etwa zwei Meter breiter Streifen zwischen den Zeilen) hervorragend geeignet, landwirtschaftliche Produktion und biodiversitäts-orientierte Maßnahmen zu verbinden. 3) In der Region „Mainfranken“ (Deutschland, Bayern) wurden drei Vergleichsflächenpaare in Ertragsrebflächen ausgewählt, die einerseits praxisüblich, andererseits nach den Vorschriften des „ökologischen Landbaus“ i.S. des BML wirtschaften. 4) In der naturschutzfachlichen Analyse wurden folgende Gesellschaften der Vergleichsflächen faunistisch untersucht: bodenaktive (epigäische) Spinnen (Araneae), Laufkäfer (Carabidae), Zikaden (Auchenorrhyncha) und Heuschrecken (Saltatoria). Im betriebswirtschaftlichen Teil wurde nach Literaturdaten und Arbeitstagebüchern die Außenwirtschaft der Weinbaubetriebe analysiert. Beide Datengruppen wurden zusammengeführt, um die Auswirkungen betrieblicher Maßnahmen der Außenwirtschaft sowohl im Hinblick auf ihre naturschutzfachliche als auch betriebswirtschaftliche Wirksamkeit zu ermitteln und hieraus Umstellungsstrategien im Weinbau abzuleiten. Zudem wurden die monetären Differenzen quantifiziert, um die Höhe etwaiger Ausgleichszahlungen bestimmen zu können. 5) Die naturschutzfachliche Analyse zeigte, dass mit Ausnahme der Heuschrecken alle Gruppen eine starke Förderung durch den ökologischen Anbau erfuhren; die Förderung betraf sowohl die allgemeine Diversität wie naturschutzfachlich bedeutsame Arten. Diese Effekte konnten vor allem auf den Faktor „Einführung einer struktur- und artenreichen Dauerbegrünung“ sowie auf die Etablierung ungestörter Rückzugsbereiche zurückgeführt werden. Die Veränderungen des Pflanzenschutzes wurden als nicht wirksam eingestuft, die Kupferbehandlungen im ökologischen Weinbau werden sogar als problematisch angesehen. Weiterhin wurde die Maßnahme „Mulchen“ des ökologischen Weinbaus als problematische Maßnahme der Begrünungspflege identifiziert. 6) Die betriebswirtschaftliche Analyse zeigte, dass für die Ertragssituation der Betriebe vor allem der Pflanzenschutz bedeutsam ist. Von der Einführung einer Dauerbegrünung gehen moderate Effekte aus, die zudem oftmals auf eine „Umstellungsphase“ befristet sind. 7) In der Zusammenführung beider Analysen wird ein Anbauschema vorgeschlagen, dass ein modifiziertes Begrünungsmodell nach ökologischer Wirtschaftsweise mit einem modifizierten Pflanzenschutzsystem nach praxisüblicher Wirtschaftsweise kombiniert. Die Kalkulation eines solchen Systems zeigt, dass auf Ausgleichszahlungen verzichtet werden könnte, bzw. geleistete Zahlungen nicht als Kompensation i.e.S., sondern als Anreizzahlungen zu verstehen wären. 8) Die Notwendigkeit einer Überprüfung des entwickelten Schemas in einem Konversionsexperiment wird dargelegt.
Virulenz-attenuierte Bakterien sind geeignete Vektoren für den Transport von Vakzine-DNA in das Zytosol von Antigen-präsentierenden Zellen ("DNA delivery"). In dieser Arbeit wurde dazu das intrazelluläre Bakterium Listeria monocytogenes verwendet, welches sich im Zytosol von Zellen vermehrt und fortbewegt. Ausgestattet mit einer intrazellulären Lysis-Kassette kann Listeria in vitro effektiv Plasmid-DNA in das Zytosol verschiedener Zelltypen freisetzen. Zur Virulenz-Attenuierung wurde das Gen iap im Chromosom des Bakteriums deletiert. Der daraus resultierte Stamm, in Folgenden als iap bezeichnet, erwies sich als hoch attenuiert im Modell der murinen Listeriose. Diese Attenuation konnte auf einen Defekt in der Beweglichkeit der Bakterien innerhalb von Wirtszellen zurückgeführt werden, da sich bei diesem Stamm das Protein ActA, das essentiell für die Aktin-basierte Motilität von L. monocytogenes ist, fehlerhaft auf der Oberfläche der Bakterien anordnet. Zusätzlich konnte demonstriert werden, dass iap in der Zellteilung beeinträchtigt ist und deshalb eine veränderte Morphologie aufweist. Im Rahmen dieser Arbeit wurde ein so genanntes "Balanced-lethal" System etabliert. Dazu wurde das essentielle Gens trpS im Chromosom deletiert, während gleichzeitig eine trpS-Expressions-Kassette auf einem Vakzine-Plasmid inseriert wurde. Dieses System gewährleistet, dass das Trägerbakterium dieses Plasmid weder in vitro noch in vivo verliert. Dies ist besonders wichtig im Hinblick auf eine bakteriolytische Lysis-Kassette, welche ebenfalls auf diesem Plasmid kodiert ist. Es wurden verschiedene Lysis-Kassetten, die alle aus einem Listeria-spezifischen Phagenlysin und einem vorangestellten zytosolischen listeriellen Promotor zusammengesetzt waren, miteinander verglichen. Dabei wurde beobachtet, dass die für die Übertragung von Plasmid-DNA in das Zytosol von Wirtszellen wirksamste Phagenlysin-Kassette (PactA-ply118) die Bakterien in vitro nur partial abtötet, während sie in vivo zu einer besonders hohen Attenuation der Bakterien führt. Unter Verwendung dieses "DNA delivery" Systems wurden Mäuse oral mit Listerien infiziert, die ein DNA-Vakzine-Plasmid zur Expression des Leishmania Antigens KMP-11 trugen. Dabei konnte bei 27 % aller Tiere, die zweimal mit diesen Listerien infiziert worden sind, eine KMP-11 spezifische, proliferative Immunantwort gemessen werden. Listerien, die einen Defekt in ihrer Motilität besitzen (delta-iap, delta-actA), erwiesen sich darin beeinträchtigt, Plasmid-DNA im Zytosol von Zellen freizusetzen. Anhand dieser Stämme konnte gezeigt werden, dass die Fähigkeit von L. monocytogenes, sich innerhalb von Zellen zu bewegen und in benachbarte Zellen einzudringen eine wichtige Voraussetzung für einen effizienten Transfer von Plasmid-DNA in vitro darstellt.
Listeria monocytogenes ist ein fakultativ humanpathogenes Bakterium und aufgrund seiner Fähigkeit, in Zellen des Wirtes einzudringen und sich im Zytoplasma der befallenen Wirtszelle zu vermehren, ein attraktiver Träger, um heterolog exprimierte Antigene in den MHC-I- und -II-Präsentationsweg antigenpräsentierender Zellen (APC) einzuschleusen und so eine effektive zelluläre Immunreaktion zu erzeugen. Dabei hat die Art und Weise der Antigenexpression einen wesentlichen Einfluss auf die Erzeugung der antigenspezifischen Immunität. So konnte unter Verwendung extrazellulärer Trägerbakterien gezeigt werden, dass insbesondere die Verankerung von Antigenen auf der Zelloberfläche der Bakterien zu einer effektiven Induktion einer humoralen Immunantwort führt. Mit dem Ziel, mit einem derartigen Ansatz auch eine zelluläre Immunität zu erzeugen, wurde ein Plasmidsystem für die Expression von heterologen Proteinen in der Zellwand von L. monocytogenes entwickelt. Dabei gelang die Verankerung zahlreicher Proteine eukaryontischer wie auch prokaryontischer Herkunft über das LPXTG-Ankermotiv von Internalin A. Die so erzielte starke Expression in der Zellwand setzte aber sowohl die Fitness der Bakterien als auch deren Invasivität in vitro deutlich herab und verhinderte damit eine effektive MHC-I-Präsentation des verwendeten Modellantigens. Alternativ wurde L. monocytogenes bereits erfolgreich zur Übertragung von DNA-Vakzinen eingesetzt, um so auch die Synthese gegebenenfalls posttranslationell modifizierter Antigene in ihrer korrekten Konformation durch die infizierte Wirtszelle zu erzielen. Allerdings erfolgte die Expression des als Reporterprotein verwendeten EGFP insbesondere in APC sehr langsam und war von geringer Effizienz. Dabei konnte in der vorliegenden Arbeit erstmals gezeigt werden, dass nach bakterieller Übertragung von DNA-Vakzinen der Import der Plasmidmoleküle in den Kern insbesondere sich nicht teilender Zellen einen der wichtigsten Engpässe für eine möglichst frühzeitige und effektive Reportergenexpression darstellt. Einen Ausweg bietet die bakterielle Übertragung codierender mRNA, die unmittelbar nach der Freisetzung aus der Bakterienzelle im Zytoplasma der infizierten Wirtszelle zur Translation zu Verfügung steht. Dazu wurde das 5’-Ende der EGFP-codierenden Sequenz mit dem IRES-Element des Encephalomyocarditisvirus genetisch fusioniert. Um eine möglichst hohe Syntheserate zu erzielen und damit dem Abbau der mRNA in der Bakterienzelle entgegenzuwirken, erfolgte die Synthese der mRNA in L. monocytogenes mit Hilfe eines T7-RNA-Polymerase-basierten Transkriptionssystems. Im Gegensatz zur bakteriellen Übertragung von Plasmid-DNA konnte so bereits 4 h nach Infektion sowohl in epithelialen als auch in APC wie Makrophagen und humanen dendritischen Zellen eine deutliche EGFP-Expression nachgewiesen werden sowie bei Verwendung von Ovalbumin als Reporterprotein eine effektive MHC-I-Präsentation in vitro. Damit stellt die bakterielle Übertragung von mRNA einen vielversprechenden neuartigen Ansatz dar zur Erzeugung einer zellulären und gegebenenfalls auch humoralen Immunantwort gegen posttranslational modifizierte Antigene.
Zusammenfassung
In der Regenerativen Medizin sind polymerbasierte Biomaterialien von großer Bedeutung für
die Entwicklung und Anwendung verbesserter bzw. neuer Therapien. Die Erforschung der
Oberflächeneigenschaften von Biomaterialien, welche als Implantate eingesetzt werden, ist
eine grundlegende Voraussetzung für deren erfolgreichen Einsatz. Die Protein-Oberflächen-
Interaktion geschieht initial, sobald ein Implantat mit Körperflüssigkeiten oder mit Gewebe
in Kontakt kommt, und trägt maßgeblich zur direkten Wechselwirkung von Implantat und
umgebenden Zellen bei. Dieser Prozess wird in der vorliegenden Arbeit an Gelatine untersucht.
Daher bestand ein Ziel darin, stabile, nanometerdünne Gelatineoberflächen herzustellen
und darauf die Adsorption von humanen Plasmaproteinen und bakteriellen Proteinen zu
analysieren.
Die Abscheidung der Gelatinefilme in variabler Schichtdicke auf zuvor mit PPX-Amin modifizierten
Oberflächen wurde unter Verwendung eines Rotationsbeschichters durchgeführt.
Um stabile Hydrogelfilme zu erhalten, wurden die Amingruppen der disaggregierten Gelatinefibrillen
untereinander und mit denen der Amin-Modifizierung durch ein biokompatibles
Diisocyanat quervernetzt. Dieser Prozess lieferte einen reproduzierbaren und chemisch stabilen
Gelatinefilm, welcher durch die substratunabhängige Amin-Modifizierung kovalent auf
unterschiedlichste Oberflächen aufgebracht werden konnte. Die durch den Herstellungsprozess
präzise eingestellte Schichtdicke (Nano- bzw. Mikrometermaßstab) wurde mittels Ellipsometrie
und Rasterkraftmikroskopie ermittelt. Die ebenso bestimmte Rauheit war unabhängig
von der Schichtdicke sehr gering. Gelatinefilme, die auf funktionalisierte und strukturierte
Proben aufgebracht wurden, konnten durch Elektronenmikroskopie dargestellt werden. Mit
Hilfe der Infrarot-Reflexions-Absorptions-Spektroskopie wurden die Gelatinefilme im Hinblick
auf ihre Stabilität chemisch charakterisiert. Zur Quantifizierung der Adsorption humaner
Plasmaproteine (Einzelproteinlösungen) und komplexer Proteingemische aus steril filtrierten
Kulturüberständen des humanpathogenen Bakteriums Pseudomonas aeruginosa wurde die
Quarzkristall-Mikrowaage mit Dissipationsüberwachung eingesetzt. Hiermit konnte nicht
nur die adsorbierte Menge an Proteinen auf dem Gelatinehydrogel bzw. Referenzoberflächen
(Gold, PPX-Amin, Titan), sondern auch die viskoelastischen Eigenschaften des adsorbierten
Proteinfilms bestimmt werden. Allgemein adsorbierte auf dem Gelatinehydrogel eine geringere
Proteinmasse im Vergleich zu den Referenzoberflächen. Circa ein Viertel der adsorbierten
Proteine migrierte in die Poren des gequollenen Gels und veränderte dessen viskoelastische
Eigenschaften. Durch anschließende MALDI-ToF/MS- und MS/MS-Analyse konnten die bakteriellen
Proteine auf den untersuchten Oberflächen identifiziert und untereinander verglichen
werden. Hierbei zeigten sich nur geringfügige Unterschiede in der Proteinzusammensetzung.
Zudem wurde eine Sekundärionenmassenspektrometrie mit Flugzeitanalyse an reinen Gelatinefilmen
und an mit humanen Plasmaproteinen beladenen Gelatinefilmen durchgeführt.
Durch eine anschließende multivariante Datenanalyse konnte zwischen den untersuchten
Proben eindeutig differenziert werden. Dieser Ansatz ermöglicht es, die Adsorption von
unterschiedlichen Proteinen auf proteinbasierten Oberflächen markierungsfrei zu untersuchen
und kann zur Aufklärung der in vivo-Situation beitragen. Darüber hinaus bietet dieser
Untersuchungsansatz neue Perspektiven für die Gestaltung und das schnelle und effiziente
Screening von unterschiedlichen Proteinzusammensetzungen.
Biomaterialien können jedoch nicht nur als Implantate oder Implantatbeschichtungen eingesetzt
werden. Im Bereich des drug delivery und der Depotarzneimittel sind biologisch
abbaubare Polymere, aufgrund ihrer variablen Eigenschaften, von großem Interesse. Die
Behandlung von bakteriellen und fungalen Pneumonien stellt insbesondere bei Menschen mit
Vorerkrankungen wie Cystische Fibrose oder primäre Ziliendyskinesie eine große Herausforderung
dar. Oral oder intravenös applizierte Wirkstoffe erreichen die Erreger aufgrund der
erhöhten Zähigkeit des Bronchialsekretes oft nicht in ausreichender Konzentration. Daher
besteht ein weiteres Ziel der vorliegenden Arbeit darin, mittels electrohydrodynamic cojetting
mikrometergroße, inhalierbare, wirkstoffbeladene Partikel mit zwei Kompartimenten
(Janus-Partikel) herzustellen und deren Eignung für die therapeutische Anwendung bei
Lungeninfektionen zu untersuchen.
Durch das in dieser Arbeit entwickelte Lösungsmittelsystem können Janus-Partikel aus
biologisch abbaubaren Co-Polymeren der Polymilchsäure (Poly(lactid-co-glycolid), PLGA)
hergestellt und mit verschiedenen Wirkstoffen beladen werden. Darunter befinden sich ein
Antibiotikum (Aztreonam, AZT), ein Antimykotikum (Itraconazol, ICZ), ein Mukolytikum
(Acetylcystein, ACC) und ein Antiphlogistikum (Ibuprofen, IBU). Die Freisetzung der eingelagerten
Wirkstoffe, mit Ausnahme von ICZ, konnte unter physiologischen Bedingungen
mittels Dialyse und anschließender Hochleistungsflüssigkeitschromatographie gemessen werden.
Die Freisetzungsrate wird von der Kettenlänge des Polymers beeinflusst, wobei eine
kürzere Kettenlänge zu einer schnelleren Freisetzung führt. Das in die Partikel eingelagerte
Antimykotikum zeigte in vitro eine gute Wirksamkeit gegen Aspergillus nidulans. Durch das
Einlagern von ICZ in die Partikel ist es möglich diesen schlecht wasserlöslichen Wirkstoff in
eine für Patienten zugängliche und wirksame Applikationsform zu bringen. In Interaktion mit
P. aeruginosa erzielten die mit Antibiotikum beladenen Partikel in vitro bessere Ergebnisse
als der Wirkstoff in Lösung, was sich in einem in vivo-Infektionsmodell mit der Wachsmotte
Galleria mellonella bestätigte. AZT-beladene Partikel hatten gegenüber einer identischen
Wirkstoffmenge in Lösung eine 27,5% bessere Überlebensrate der Wachsmotten zur Folge.
Des Weiteren hatten die Partikel keinen messbaren negativen Einfluss auf die Wachsmotten.
Dreidimensionale Atemwegsschleimhautmodelle, hergestellt mit Methoden des Tissue Engineerings,
bildeten die Basis für Untersuchungen der Partikel in Interaktion mit humanen
Atemwegszellen. Die Untersuchung von Apoptose- und Entzündungsmarkern im Überstand
der 3D-Modelle zeigte diesbezüglich keinen negativen Einfluss der Partikel auf die humanen
Zellen. Diese gut charakterisierten und standardisierten in vitro-Testsysteme machen es
möglich, Medikamentenuntersuchungen an menschlichen Zellen durchzuführen. Hinsichtlich
der histologischen Architektur und funktionellen Eigenschaften der 3D-Modelle konnte eine
hohe in vitro-/in vivo-Korrelation zu menschlichem Gewebe festgestellt werden. Humane
Mucine auf den 3D-Modellen dienten zur Untersuchung der schleimlösenden Wirkung von
ACC-beladenen Partikeln. Standen diese in räumlichem Kontakt zu den Mucinen, wurde deren
Zähigkeit durch das freigesetzte ACC herabgesetzt, was qualitativ mittels histologischen
Methoden bestätigt werden konnte.
Die in dieser Arbeit entwickelten Herstellungsprotokolle dienen als Grundlage und können
für die Synthese ähnlicher Systeme, basierend auf anderen Polymeren und Wirkstoffen,
modifiziert werden. Gelatine und PLGA erwiesen sich als vielseitig einsetzbare Werkstoffe
und bieten eine breite Anwendungsvielfalt in der Regenerativen Medizin, was die erzielten
Resultate bekräftigen.
Untersuchungen der Transkriptionsebene individueller präimplantatorischer Embryonalstadien können wertvolle Informationen über den physiologischen Status der betrachteten Embryonen, die z.B. zur Verbesserung der Systeme zur In vitro-Produktion von Embryonen genutzt werden können, liefern. Bisher fehlte es jedoch an einer geeigneten Technologie, um eine große Anzahl von Transkripten in einzelnen Embryonen zu erfassen. Zielsetzung der vorliegenden Arbeit war es, ein Verfahren zur globalen Amplifikation embryonaler mRNA-Präparationen zu entwickeln, das die Analyse der Transkriptionsebene einzelner präimplantatorischer Embryonalstadien über die cDNA-Array-Technologie ermöglicht. Dazu wurde die Strategie gewählt, zwei bereits etablierte Amplifikationsverfahren, Polymerasekettenreaktion und In vitro-Transkription, zu kombinieren, um so synergistische Effekte beider Verfahren zu nutzen. Die Evaluierung des entwickelten Verfahrens zeigte eine hohe Reproduzierbarkeit der erhaltenen Genexpressionsdaten und belegte, dass die relativen Mengenverhältnisse einzelner mRNA-Spezies zueinander während der globalen mRNA-Amplifikation nur unwesentlich verändert wurden. Die entwickelte Methodik ist somit geeignet, komplexe Genexpressionsprofile einzelner Blastozysten zu erstellen und Unterschiede in der Expressionsstärke einzelner Transkripte zu detektieren. Es konnte weiterhin gezeigt werden, dass es möglich ist, über heterologe Hybridisierung Genexpressionsprofile boviner Blastozysten mit cDNA-Arrays, die murine Probensequenzen enthalten, reproduzierbar darzustellen. Neben der Detektion individueller Unterschiede in den Genexpressionsprofilen diverser muriner Embryonalstadien und boviner Blastozysten lag ein Schwerpunkt dieser Arbeit in der Untersuchung der Auswirkungen verschiedener in vitro-Produktionssysteme auf die embryonale Genexpression. Die erhaltenen cDNA-Array Expressionsdaten muriner Oozyten, Zweizeller und Blastozysten befanden sich dabei in Übereinstimmung mit Daten früherer Publikationen anderer Arbeitsgruppen. Genexpressionsprofile in vitro fertilisierter boviner Blastozysten ließen eine Beurteilung der Auswirkungen unterschiedlicher Proteinsupplemente des Kulturmediums auf die embryonale Genexpression zu. Im Rahmen dieser Arbeit wurden zum ersten Mal Genexpressionsprofile einzelner präimplantatorischer Säugerembryonen über cDNA-Array-Analyse erstellt. Die entwickelte Technologie ermöglicht es -bei Verwendung entsprechender cDNA-Array-Systeme-, eine theoretisch unbegrenzte Zahl von Transkripten in individuellen Säugerembryonen semiquantitativ zu erfassen. Dies ist ein wichtiger Schritt hin zu einem besseren Verständnis komplexer Regulationsabläufe während der frühen Embryonalentwicklung und einer besseren Beurteilung der Lebensfähigkeit und Entwicklungskompetenz in vitro produzierter Embryonen, was für die Verbesserung von In vitro-Produktionssystemen für Embryonen sowohl bei Tieren als auch beim Menschen unerlässlich ist.
In dieser Arbeit wurden neue Methoden zur Analyse des Proteoms von Listeria monocytogenes in infizierten Wirtszellen entwickelt und evaluiert. Proteomische Analysen können im Vergleich zu transkriptomischen Analysen durch Erfassung von Proteinmengen und eventuell auch posttranslationalen Modifikationen, sowie von Abbauprozessen ein genaueres Abbild des Funktionszustands einer Zelle unter unterschiedlichen Umweltbedingungen darstellen. Das Hauptproblem bei proteomischen Untersuchungen an in eukaryontischen Wirtszellen gewachsenen Bakterien, nämlich die Überlagerung des bakteriellen Proteinmusters durch die im Überschuss vorhandenen Wirtszellproteine, musste in dieser Arbeit überwunden werden. Es wurde eine Methode etabliert, intrazellulär gewachsene Bakterien über Bindung an paramagnetische Partikel („Beads“) und anschließende Magnetseparation selektiv von Wirtszellkomponenten abzutrennen. Dabei wurden drei Beads-Varianten mit unterschiedlicher Beschichtung gewählt: Dynabeads anti Listeria (Dynal, Oslo), Kieselgel  Magnetit Beads (MERCK in Entwicklung), Dynabeads M-270 Epoxy – CBD Beads (Beschichtung mit Phagenlysin Ply 118). Hierbei konnte nur für die Kieselgel + Magnetit Beads eine hinreichende Isolierungsrate für die Methode der 2-D-Gelelektrophorese von 6-7* 10**7 Listerien/ Zellkulturflasche erreicht werden. Im 2-D-Proteingel zeigte sich jedoch eine starke Streifenbildung, wodurch sich dieser Ansatz als nicht auswertbar erwies. In einem alternativen Ansatz gelang es, aus Infektionen an J774-Makrophagen, die Listerien mittels konsekutiver Waschschritte von Wirtszellproteinen aufzureinigen. Es konnten aus den Infektionen 30-50 µg listerielles Protein isoliert und zweidimensional aufgetrennt werden, wobei das Proteinpattern qualitativ eindeutig dem von in vitro gewachsenen Listeria monocytogenes entsprach. Auf diese Weise konnten 38 Proteine von Listeria monocytogenes, welche von Listerien während der Infektion in Makrophagen induziert oder reprimiert werden anhand der Deta-2-D Software identifiziert, quantifiziert und statistisch ausgewertet werden. Für einige der hier mittels der neu entwickelten Methode identifizierten Proteine konnte anhand der der vorliegenden Literatur (zu Transkriptom, Sekretom, Virulenz von Listeria) bereits eine Beteiligung am Virulenzgeschehen nachgewiesen werden. Zum jetzigen Zeitpunkt unterliegt die proteomische Analyse einigen Limitierungen, z.B. beim Nachweis von schwach exprimierten, stark alkalischen, stark hydrophoben, hochmolekularen und niedermolekularen Proteinen, so dass die derzeitige Methodik noch nicht das gesamte Proteom abdecken kann. Dass die „klassischen“ Virulenzfaktoren pathogener Listerien, Listeriolysin O (LLO), die Phospholipasen PlcA und PlcB, sowie ActA hier nicht erfasst wurden, ist darin begründet, dass es sich um sekretierte Proteine handelt. Besondere Bedeutung kommt der Beobachtung zu, dass nur in ganz wenigen Fällen (z.B. Pgm, ClpP, Pgi, TrxB, MurC) die nachgewiesenen intrazellulären Veränderungen der Proteinmenge mit den von anderen publizierten Transkriptionsdaten übereinstimmen. Diese Diskrepanzen stellen keine Artefakte dar, sondern sind durch intrazelluläre posttranskriptionelle Mechanismen begründet. Insgesamt zeigte auch diese Proteinanalyse , dass bei Replikation von Listeria monocytogenes im Cytosol eukaryontischer Wirtszellen zahlreiche komplexe Anpassungen von teils zentralen aber auch peripheren Stoffwechselwegen und Biosynthesen der Bakterien an dieses spezielle Milieu ablaufen.
Obwohl Protein-Mikroarrays ursprünglich aus dem gut entwickelten und fest etablierten DNA-Pendant entstanden sind, repräsentierte jedoch die Umstellung der Mikroarray-Technik von der DNA- auf die Proteinanalyse aufgrund der enormen physikalisch-chemischen Variabilität der Proteine, deren relativ niedrigen Stabilität und der komplexen Mikrospot-Kinetik eine große technologische Herausforderung. Deshalb setzt das Vorhaben, die Technik der Antikörper–Mikroarrays von ihrem konzeptuellen Zustand ausgehend zu einem robusten, real funktionierenden Werkzeug zu etablieren, nicht nur eine Vielzahl an technologischen Lösungen, sondern auch eine systematische und physikalisch begründete Herangehensweise in dieser technologischen Entwicklung voraus. Das waren im Wesentlichen die zwei wichtigsten, der eigentlichen Entwicklung der Antikörper-Mikroarrays untergeordneten Ziele der Arbeit. Mit dem Ziel, Antikörper-Mikroarrays prinzipiell zu etablieren und eine optimale Immobilisierungschemie für deren Herstellung zu finden, wurden im ersten Teil dieser Arbeit mehrere chemische Beschichtungen von Glasslides optimiert, unterschiedliche Spotting-Bedingungen von Antikörpern für verschiedene Oberflächen getestet und verschiedene Blockierungsverfahren und Strategien zur Aufbewahrung von Slides analysiert. Anschließend wurde eine Reihe von kommerziellen und selbst hergestellten chemisch beschichteten Slides unter den optimierten Bedingungen miteinander verglichen. Als Hauptergebnis dieser Untersuchung wurde die Herstellung der Antikörper-Microarrays etabliert. Unter anderem konnte im Zuge dieser systematischen Analyse gezeigt werden, dass Epoxysilan-modifizierte Oberflächen am besten geeignet sind. Diese Oberfläche ist heutzutage auf dem Gebiet der Protein-Microarrays am weitesten verbreitet und wurde für alle weiteren Studien innerhalb dieser Dissertation verwendet. Die Entwicklung der Antikörper-Mikroarrays in den letzten Jahren demonstrierte erhebliche Schwierigkeiten im Erreichen der nötigen Sensitivität und Reproduzierbarkeit. Um dieser Problematik auf den Grund zu gehen, und die Mikrospot-Kinetik experimentell untersuchen zu können, wurde im Rahmen dieser Arbeit eine modifizierte und für den Fall der Mikrorrays angepasste Variante des Two-Compartment Modells (TCM) entwickelt. TCM ermöglicht auf eine phänomenologische Weise, d.h., dass Diffusionskoeffizienten, Mischintensität oder Dichte der Bindungsstellen nicht bekannt sein müssen, eine quantitative experimentelle Analyse der Mikrospot-Kinetik unter Berücksichtigung von Effekten des Massentransports. Um die phänomenologischen TCM-Werte interpretieren zu können und um den Mechanismus der Mikrospot-Reaktion zu untersuchen, wurden auch andere, für die Mikrospot-Kinetik relevante, klassische Theorien an die Bedingungen der Mikrospot-Reaktion angepasst und mit dem modifizierten TCM mathematisch verbunden. Als das erste in der Mikroarray-Technologie mathematisch-physikalische Werkzeug dieser Art hat die hier entwickelte Theorie ein großes Potential, auch in den anderen verwandten Techniken wie DNA- oder Peptid-Mikroarrays Verwendung zu finden. Außerdem wurde innerhalb dieser Arbeit ein anderes einheitliches theoretisches Modell entwickelt, das eine kinetische Simulation von verschiedenen Reaktionsphasen sowohl für konventionelle als auch für Mikrospot-Immunoassays ermöglicht. Im Rahmen dieser Arbeit konnte für einen typischen Standard-Antikörper-Mikroarray theoretisch und experimentell eine lang andauernde, stark massentransportabhängige Mikrospot-Kinetik beschrieben werden. Es konnte gezeigt werden, dass das Erreichen eines thermodynamischen Gleichgewichts in Mikroarrays wegen eines relativ langsamen Ligandentransports zum Spot eine lange Zeit dauert, je nach Bindungskonstante, Diffusionsgeschwindigkeit und Ligandenkonzentration mehrere Stunden bis hin zu Wochen. In dieser Arbeit wurde ein neues physikalisches Konzept, das dem heutzutage dominierenden Blickwinkel, der sogenannten ambient analyte Theorie, opponierend gegenübersteht, formuliert. Auch konnten viele Konsequenzen fürs Design und die zukünftige Entwicklung dieser relativ neuen Technologie gezogen werden. Als eine logische Folge der massentransportlimitierten Reaktionen ist das Design eines Antikörper-Mikroarray ein kritischer Punkt für die Leistung des Verfahrens. Im Laufe der experimentellen und/oder theoretischen Betrachtungen konnte gezeigt werden, dass eine Reihe allgemeiner Parameter wie Größe eines Spots, Spotting-Muster, Inkubationsgeometrie, Volumen und Konzentration einer Probe, Viskosität des Inkubationspuffers und Mischintensität die Reaktionsraten auf den Spots insgesamt um mehrere Größenordnungen beeinflusst. Ist die maximale Rate des Massentransports in einem Mikroarray-Verfahren gewährleistet, kann dann auch die maximale Bindungsleistung der Spots, die durch die Dichte der Bindungsstellen, Bindungsaffinität, Inkubationszeit und andere relevante Parameter eingestellt wird, erreicht werden. Aber nicht nur in der Inkubationsphase, sondern auch bei den Wasch- und Detektionsschritten sollte die gleiche Liste der Parameter berücksichtigt werden. Durch die Optimierung all dieser Parametern konnte eine deutliche Verbesserung der Sensitivität von Antikörper-Mikroarrays in der Protein-Expressionsanalyse von klinischen Blutproben erzielt werden In einer weiteren Studie zur Analyse von unterschiedlichen Detektionsverfahren konnte die Sensitivität und Reproduzierbarkeit der etablierten Antikörper-Mikroarrays weiter verbessert werden. Eine Reihe unterschiedlicher Markierungssubstanzen mit NHS (N-hydroxysuccinimide) und ULS (universal linkage system) reaktiven Gruppen wurden innerhalb drei Detektionsverfahren untersucht: 1) eine direkte Probenmarkierung mit Fluoreszenzfarbstoffen, 2) Markierung der Probe mit Biotin-Substanzen und nachfolgender Detektion mittels fluoreszenzmarkierten Extravidin und 3) Markierung der Probe mit Fluorescein-Substanzen mit Anti-Fluorescein-Detektion. Aus den Erfahrungen der vorherigen kinetischen Untersuchungen wurde hier vorerst das kinetische Verhalten des Testsystems analysiert und optimale Inkubationsbedingungen festgelegt. Anschließend wurden optimale Konzentrationen all dieser Substanzen für die Markierung von Blutplasma bestimmt. Im Vergleich zur direkten Fluoreszenzmarkierung resultierten sich die indirekten Detektionsverfahren mit Biotin- und Fluorescein-Substanzen in wesentlich besseren Signal-zu-Hintergrund-Verhältnissen. In einer anschließenden Vergleichsanalyse zeigten sich einige Substanzen wie Biotin-ULS oder Fluoresceine-NHS als am besten geeignet für eine Protein-Expressionsanalyse von Blutplasma. Sensitivitäten im femtomolaren Bereich konnten mittels der etablierten Antikörper-Mikroarrays sowohl für eine markierte Antigenmischung als auch für komplexe klinische Proben innerhalb dieser Dissertation erzielt werden. Viele niedrig konzentrierte Proteine wie beispielsweise Zytokine, die normalerweise in einer piko-oder femtomolaren Konzentration im Blut vorliegen, wurden in dieser Arbeit mit sehr hohen Signal-zu-Hintergrund-Verhältnissen detektiert. Das hier beschriebene Verfahren öffnet zusätzliche Möglichkeiten für schnelle, kostengünstige und unbeschränkt erweiterungsfähige Mikrospot-Immunoassays.
1. Zusammenfassung Lösliche humane TRAIL-Varianten (hTRAIL), die nur die “TNF homology domain” (THD) beinhalten, binden sowohl den TRAILR1 aus auch den TRAILR2, stimulieren jedoch nur den TRAILR1. Nach sekundärem Quervernetzen des Liganden wird dann aber auch der TRAILR2 effektiv aktiviert. Entsprechende murine TRAIL-Varianten (mTRAIL) dagegen zeigen nur eine schwache Rezeptorbindung und sind selbst nach sekundärem Quervernetzen nur wenig aktiv. Interessanterweise kann ein Fusionsprotein aus der THD von mTRAIL und der Trimerisierungsdomäne von Tenascin-C (TNC), das wie mTRAIL selbst auch als Trimer vorligt, effizient an TRAIL-Rezeptoren binden und nach sekundärem Quervernetzen den TRAILR2 gut stimulieren. Weiterhin kann eine mTRAIL-Variante, die neben der THD auch die Stammregion des Moleküls enthält, die die THD von der Transmembrandomäne trennt, nach sekundärem Quervernetzen Apoptose induzieren, jedoch nicht so effektiv wie das TNC-mTRAILFusionsprotein. Die spezifische Bioaktivität der humanen TRAIL-Varianten wird gleichfalls, wenn auch weniger stark, durch Fusion mit der Tenascin-C-Trimerisierungsdomäne gesteigert. Die Fixierung des N-Terminus der THD, die hier durch die TNCDomäne sonst jedoch durch die Stamm- oder Transmembrandomäne gewährleistet wird, könnte demnach für mTRAIL für eine gute Rezeptorbindung und effektive Apoptoseinduktion nötig sein. Dies deutet auf eine bisher nicht erkannte Rolle der Stammregion für die Aktivität dieser Liganden hin und bietet die Möglichkeit, rekombinante lösliche Liganden der TNF-Familie mit erhöhter Aktivität zu generieren. Die TRAIL-induzierte Apoptose kann für die Behandlung von Tumorzellen nützlich sein. Es wurde jedoch kürzlich gezeigt, dass TRAIL neben Apoptose auch proinflammatorische, d. h. potentiell tumorfördernde Signalwege, insbesondere in apoptoseresistenten Zellen induzieren kann. Im Folgenden sollte untersucht werden, inwiefern TRAIL solche Signalwege in Myelomzellen stimuliert. Oligomerisiertes TRAIL kann bei allen analysierten Zelllinien Caspasen aktivieren und Apoptose induzieren. Werden die Zelllinien mit dem pan-Caspaseinhibitor ZVAD behandelt, kann die Caspase- Aktivierung bei allen Zellen blockiert werden, die Apoptoseinduktion jedoch nur bei zwei Zelllinien. Im Gegensatz dazu schützt ZVAD drei andere Myelomzelllinien nur partiell vor der TRAIL-induzierten Apoptose. Dies zeigt, dass TRAIL in Myelomzellen auch caspaseunabhängigen Zelltod induzieren kann. TRAIL induziert in den Myelomzellen auch proinflammatorische Signalwege wie den NFкB-, den JNK-, den p38- und den p42/44-Signalweg. Die Stimulation des JNK- und des p38-Signalwegs erwies sich hierbei in zelltypspezifischer Weise caspaseabhängig, die Aktivierung des NFкB- und p42/44-Signalwegs immer als caspaseunabhängig. Zusammenfassend geht aus diesen Ergebnissen hervor, dass zur Behandlung des multiplen Myeloms, TRAIL in Kombination mit anti-inflammatorisch wirkenden Mitteln eingesetzt werden sollte, insbesondere um mögliche proinflammatorische Nebenwirkungen durch TRAIL zu minimieren.
Die Gelbbauchunke Bombina variegata gilt als eine typische Pionierart, die bevorzugt vegetationslose, ephemere Gewässer mit hohem Austrocknungsrisiko als Laichgewässer nutzt. Kleinstgewässer dieser Art zeichnen sich durch hohe Fluktuationen abiotischer (Temperatur, Ionenkonzentration, Wasserstand), aber auch biotischer Faktoren (Dichte, Räuberdruck) aus. In Anpassung an das zeitlich und räumlich unvorhersehbare Auftreten dieser Gewässer hat die Gelbbauchunke eine für eine temperate Art außergewöhnlich lange Fortpflanzungsperiode (April - August). Die Weibchen zeigten während der Saison eine kontinuierliche Eientwicklung, die es ihnen erlaubt, opportunistisch mehrfach abzulaichen und damit eine zeitliche Risikostreuung der Gelege zu betreiben. Darüber hinaus nutzt Bombina variegata alle Möglichkeiten der räumlichen Risikostreuung, indem sie ihre Gelege in kleinen Portionen innerhalb von Pfützen, aber auch auf verschiedene Pfützen verteilt. Die hohe Variabilität in den produzierten Eigrößen, besonders zwischen den Gelegen verschiedener Weibchen, ließ auf den ersten Blick eine weitere Strategie zur Risikostreuung vermuten; allerdings war die Eigröße von der Kondition der Weibchen abhängig: während gut konditionierte Weibchen in der Lage waren, sowohl größere Eier als auch größere Gelege zu produzieren, gingen schlechter konditionierte Weibchen einen „trade-off“ zugunsten einer möglichst hohen Fekundität ein. Unter günstigen Bedingungen greift diese Strategie, während die Produktion überdurchschnittlich großer Eier unter Austrocknungsbedingungen von Vorteil ist: Kaulquappen großer Eier hatten eine entsprechend größere Schlupfgröße und zeigten gegenüber Quappen kleinerer Eier eine beschleunigte Entwicklung. Auch bei den Labor- und Freilanduntersuchungen, die sich mit der Frage be-schäftigten, wie Bombina variegata auf kritische Veränderungen des Wasservo-lumens reagiert, war eine enorme Variabilität in den Wachstums- und Entwicklungsverläufen der Kaulquappen der verschiedenen Ansätze zu beobachten, die sich nur bedingt auf abweichende Versuchsbedingungen zurückführen ließ; vielmehr dürfte die qualitative Ausstattung der Quappen eine wesentliche Rolle gespielt haben. Dabei kristallisierten sich in den verschiedenen Versuchen zwei unterschiedliche Entwicklungsstrategien heraus: Kaulquappen, die eine insgesamt relativ lange Entwicklungszeit benötigten, zeigten eine hohe phänotypische Plastizität und reagierten adaptiv auf abnehmende Wasserstände, indem sie ihre Entwicklung auf Kosten ihres Wachstums beschleunigten. Bei Quappen, die im Durchschnitt eine wesentlich schnellere Entwicklungszeit besaßen, war diese per se günstige hohe Entwicklungsrate dagegen fixiert, unabhängig davon, während welcher Entwicklungsphase die Quappen auf veränderte Bedingungen umgestellt wurden. Unter verschlechterten Bedingungen zeigten sie lediglich Wachstumseinbußen. Ähnlich reagierten Kaulquappen auf zunehmende Ionenkonzentrationen bzw. sinkende Wasserstände. Dagegen wirkte sich Ammoniak, Exkretionsprodukt von Amphibienlarven, in erhöhten Konzentrationen stark negativ aus und beeinträchtigte sowohl das Wachstum als auch die Entwicklung der Quappen. Auf Räuber, die im Vergleich zum Austrocknungsrisiko temporärer Gewässer eine eher untergeordnete Rolle spielen, reagierten Bombina variegata-Quappen nur bedingt. Erst nach Fütterung der Libellenlarven mit Unkenquappen schränkten sie vorübergehend ihre Aktivität ein und mieden den räubernahen Bereich, ohne dass dadurch die Entwicklungsgeschwindigkeit oder das Wachstum der Quappen beeinträchtigt wurde; allerdings war eine erhöhte Mortalität zu beobachten.
Assistierte Reproduktionstechniken (ARTs) zur Behandlung von Infertilität werden mit einer erhöhten Häufigkeit von epigenetischen Aberrationen während der Gametogenese und der frühen Embryonalentwicklung in Verbindung gebracht, speziell durch eine Beeinträchtigung von geprägten Genen. Die in vitro-Maturation (IVM) von Eizellen ist eine ART, die bereits routinemäßig zur Reproduktion von ökonomisch wertvollen Zuchttieren wie dem Hausrind (Bos taurus) eingesetzt wird. IVM-Oozyten weisen jedoch eine verringerte Entwicklungs-kompetenz zum Blastozystenstadium dar, welche möglicherweise auf eine beeinträchtigte epigenetische Regulation zurückzuführen ist.
Von allen bekannten epigenetischen Mechanismen ist die DNA-Methylierung die meist untersuchte DNA-Modifikation. In dieser Arbeit wurden zur Klärung der Frage nach den Auswirkungen der IVM auf die DNA-Methylierung geprägter als auch nicht geprägter Gene Oozyten des Hausrinds analysiert. Diese Tierart weist eine ähnliche Präimplantations-entwicklung und Tragezeit wie der Mensch auf und wird daher zunehmend als Modell zum Studium der humanen Keimzell- und Embryonalentwicklung herangezogen. Im Gegensatz zu Mensch und Maus gibt es bislang nur wenig Information über bovine geprägte Gene. Das erste Ziel der hier dargestellten Forschungsarbeiten war daher die Identifizierung und Charakterisierung der bovinen differenziell methylierten Regionen (DMRs) der drei geprägten Genorte von IGF2/H19, SNRPN und PEG3, welche mit Imprintingdefekten des Menschen und/oder im Mausmodell assoziiert werden. Die hier erstmalig erfolgte Beschreibung von mehreren intergenischen DMRs mittels Bisulfitsequenzierung und Pyrosequenzierung belegt die Existenz und evolutionäre Konservierung der IGF2/H19-Imprintingkontrollregion (ICR) beim Rind. Der geprägte Zustand der IGF2/H19-ICR sowie der bovinen Gene SNRPN und PEG3 wurde durch den Nachweis differenzieller Methylierung in plazentalen und somatischen Geweben sowie in Spermien und parthenogenetischen Embryonen bestätigt. Die beobachteten Methylierungsprofile waren typisch für genomische Prägung.
Die direkte Bisulfitsequenzierung nach vorangegangener Limiting Dilution (LD) erlaubt die Analyse von Methylierungsmustern einzelner Allele (DNA-Moleküle) von einigen wenigen oder auch nur einer einzigen Zelle (El Hajj et al., 2011). In einem ersten LD-Versuch an bovinen Oozyten wurden die drei vorab charakterisierten und geprägten Gene hinsichtlich möglicher epigenetischer Veränderungen untersucht, welche durch verschiedene IVM-Bedingungen und -Medien (TCM und mSOF) hervorgerufen werden könnten. Die Gesamtrate von Methylierungsfehlern einzelner CpG-Stellen sowie die von ganzen Allelen (Imprintingfehlern) unterschied sich nicht wesentlich zwischen den beiden IVM-Gruppen und der in vivo-Gruppe. Dieses Ergebnis weist darauf hin, dass die gängigen IVM-Protokolle keinen oder nur einen geringfügigen Einfluss auf diese entscheidenden epigenetischen Markierungen haben.
IVM-Oozyten präpuberaler Kälber weisen eine herabgesetzte Entwicklungskompetenz im Vergleich zu IVM-Oozyten aus adulten Tieren auf. Aus diesem Grund wurde in einem zweiten LD-Versuchsansatz die Promotormethylierung von drei entwicklungsrelevanten, nicht geprägten Genen (SLC2A1, PRDX1, ZAR1) nach ovarieller Stimulation mit FSH und/oder IGF1 untersucht. Sowohl ungereifte als auch in vitro-gereifte Oozyten präpuberaler und adulter Kühe zeigten eine deutliche, unbeeinträchtige Hypomethylierung der drei Genpromotoren ohne jegliche Unterschiede zwischen den verschiedenen Alterstypen der Spendertiere oder deren Behandlung. Weder das Alter, die hormonelle Stimulation noch die IVM scheinen somit einen Einfluss auf den Methylierungsstatus dieser drei Gene zu haben.
Zusammenfassend spiegelte sich die reduzierte Entwicklungsfähigkeit von IVM-Eizellen aus adulten und präpuberalen Kühen nicht in abnormalen Methylierungsmustern der untersuchten geprägten und ungeprägten Gene wider. Dies lässt auf eine generelle Stabilität der etablierten DNA-Methylierungsprofile in Oozyten schließen. Aus diesem Grund müssen andere epigenetische Mechanismen als die DNA-Methylierung wie beispielsweise ncRNAs oder Histonmodifikationen zur Reduktion der Entwicklungskompetenz von präpuberalen und IVM-Oozyten beitragen. Diese Veränderungen behindern mutmaßlich die zytoplasmatische Reifung der Eizelle, welche wiederum zu einer späteren Beeinträchtigung der Entwicklung der Zygote und des Embryos führt.
Infertilität stellt in unserer heutigen Gesellschaft ein zunehmendes Problem dar. Bei der Suche nach den der Infertilität zugrunde liegenden Ursachen gerät immer mehr die Epigenetik in den Fokus. Epigenetische Prozesse sind nicht nur in die Embryo-nalentwicklung und Wachstumsprozesse des Kindes involviert, sondern auch in korrekte Funktionsweisen von Gameten. Störungen können die Fertilität beeinträch-tigen. Eine besondere Rolle spielen geprägte Gene, die auf einem ihrer Allele, je nach parentaler Herkunft, ein Imprint in Form von DNA-Methylierung tragen. Fehl-regulationen solcher geprägter Gene können zu Imprinting-Erkrankungen führen.
Seit Einführung der In-vitro-Fertilisation (IVF) wurden verschiedene assistierte Re-produktionstechniken (ART) entwickelt, um infertilen Paaren zu helfen. Die Sicher-heit dieser Techniken ist nicht abschließend geklärt. Immer wieder wird von nach ART-Behandlung gehäuft auftretenden Imprinting-Erkrankungen berichtet. Diese Erkrankungen stehen jedoch eher in Zusammenhang mit der zugrunde liegenden Infertilität, als mit ART selbst. Dennoch ist es notwendig zu untersuchen inwieweit sich ART eventuell auf den Gesundheitszustand dieser Kinder auswirken könnte.
In der hier vorgelegten Arbeit wurde der Zusammenhang von Epigenetik, Infertilität und ART von verschiedenen Standpunkten aus beleuchtet.
In humanen Spermien wurde die DNA-Methylierung verschiedener geprägter Gene hinsichtlich Epimutationen untersucht. ICSI (intracytoplasmatic sperm injection) und IMSI (intracytoplasmic morphologically selected sperm injection) sind verschiedene Techniken zur Selektion von Spermien für eine ART-Behandlung. Hier wurde un-tersucht, ob IMSI epigenetisch bessere Spermien selektiert als die konventionelle ICSI-Methode. Außerdem ist bekannt, dass in Spermienköpfen fertiler und infertiler Männer Vakuolen vorkommen können, deren epigenetische Bedeutung jedoch un-bekannt ist. Ob diese Vakuolen in Zusammenhang mit Epimutationen stehen könn-ten, wurde ebenfalls überprüft. Dazu wurde bisulfitkonvertierte DNA weniger Sper-mien (11 je Probe) mithilfe der Limiting Dilution (LD)–Technik und Pyrosequenzie-rung analysiert. Insgesamt standen 880 Spermien für diese Untersuchung zur Ver-fügung. Es konnte kein Unterschied zwischen IMSI- und ICSI-selektierten Spermien gefunden werden. Vorhandene Vakuolen im Spermienkopf beeinträchtigten nicht die DNA-Methylierung der Gene hGTL2, hLIT1 und hPEG3.
Ein weiteres Projekt befasste sich mit der Frage, inwieweit die Technik der In-vitro-Maturation (IVM) DNA-Methylierung in humanen Oocyten beeinflussen könnte. Bisulfitkonvertierte DNA einzelner humaner Oocyten wurde mit LD und Pyrose-quenzierung analysiert. Verglichen wurden IVM und in vivo gereifte Oocyten. Hier-für standen 139 Oocyten zur Verfügung, wovon 90 mittels IVM und 49 in vivo gereift waren. Untersucht wurden vier geprägte Gene (hGTL2, hLIT1, hPEG3 und hSNRPN) und drei nicht geprägte Gene (hDNMT3Lo, hNANOG und hOCT4). Es konnten keine IVM-bedingten Epimutationen gefunden werden.
Im dritten Projekt wurde untersucht, ob sich die DNA-Methylierung normaler Sper-mien von Spermien aus Oligozoospermie-Asthenozoospermie-Teratozoospermie (OAT)–Syndrom-Patienten unterscheidet. Eine weitere Frage war, ob Epimutationen einen Einfluss auf den ART-Ausgang haben. Untersucht wurden 54 Spermienpro-ben von Paaren in ART-Behandlung. Zur Untersuchung der DNA-Methylierungsmuster der geprägten Gene hGTL2 und hPEG3 sowie der beiden nicht geprägten Pluripotenzgene hNANOG und hOCT4 wurde die Methode Deep Bisulfite Sequencing (DBS) verwendet. Dies ist eine Next Generation Sequencing (NGS)–Technik, angewandt an bisulfitkonvertierter DNA. Diese Technik ermöglicht es mehrere Proben sowie Gene gleichzeitig zu analysieren. Es zeigte sich, dass OAT-Spermien, die zu einer Lebendgeburt geführt hatten, sich epigenetisch nicht von normalen Spermien unterschieden. Besonders viele Epimutationen konnten hingegen in OAT-Spermien gefunden werden, die zu keiner Schwangerschaft ge-führt hatten. Zwischen Spermien die zu einer Lebendgeburt oder keiner Schwan-gerschaft geführt hatten, zeigten sich Unterschiede in der Häufigkeit von hGTL2-Epimutationen. Über die Häufigkeit von Epimutationen konnte eine prädiktive Aus-sage zum ART-Ausgang getroffen werden.
Zusammenfassend konnte in dieser Arbeit festgestellt werden, dass sich eine Häu-fung von Epimutationen darauf auswirkt, ob eine Schwangerschaft erreicht werden kann oder nicht. Diese Epimutationen liegen bereits im parentalen Genom vor. Sie werden nicht durch ART verursacht. Allerdings muss man Techniken finden, mit denen man Gameten mit möglichst wenig Epimutationen selektiert, um eine Über-tragung solcher auf das Kind zu verhindern.
Im ersten Teil dieser Arbeit wurden Antikörper-bindende Epitope von humaner Proteinase 3 (hPR3), dem Autoantigen der Wegenerschen Granulomatose (WG), charakterisiert. WG ist eine Autoimmunerkrankung, die durch chronische Entzündung des oberen und unteren respiratorischen Trakts, Vaskulitis und Glomerulonephritis gekennzeichnet ist. WG ist mit Anti-Neutrophilen zytoplasmatischen- Antikörpern (ANCA) assoziiert, die spezifisch gegen konformationelle Epitope auf der Oberfläche der Serinprotease hPR3 aus azurophilen Granula neutrophiler Granulozyten gerichtet sind. Die Charakterisierung von ANCA-bindenden Epitopen ist für ein besseres Krankheitsverständis Unverzichtbar. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurde nach einem geeigneten PR3-Homolog gesucht, welches sich durch den gezielten Austausch von Oberflächen- Loops für die Kartierung von ANCA-Epitopen eignet. Zunächst wurde die PR3 Aminosäuresequenz der Primaten Pan troglodytes versus (Schimpanse), Macacca mulatta (Makakke) und Hylobates pileatus (Gibbon) analysiert und die Reaktivität gegenüber ANCA mit dem humanen Homolog verglichen. Sowohl Aminosäuresequenz als auch ANCA-Kreuzreaktivität korrelierten mit der phylogenetischen Distanz zu hPR3. Aufgrund der Bindungseigenschaften von Gibbon-PR3 (gibPR3) wurde dieses Homolog für Epitopstudien herangezogen, da die Aminosäuresequenz nur geringfügig von hPR3 abweicht und die Bindung von monoklonalen Anti-hPR3-Antikörpern und WG-Patientenseren im Immunoblot ein deutlich abgeschwächtes Signal lieferte oder keine Reaktivität mehr aufwies. Für die Epitop-Charakterisierung wurden drei hPR3/gibPR3-Mutanten generiert. Die rekombinante Expression von proPR3 erfolgte in Flp-in HEK 293 Zellen und wurde von dort aus dem Zellkultur-Überstand gereinigt und mittels Enterokinase konvertiert. Um das Epitopspektrum genau zu analysieren, wurde ein ELISA entwickelt, bei dem PR3 über den C-terminal gelegenen His6-Tag an Nickel-beschichtete Mikrotiterplatten gebunden wurde. Für den monoklonalen Anti-hPR3-Antikörper MCPR3-2 konnte die Region auf die Aminosäuren Arg60, Gln63A und Leu90 (Chymotrypsinogen-Nummerierung), das für 12.8 auf Met35, Asn38A, Pro38B und Arg74 der N-terminalen PR3-Domäne eingegrenzt werden. Letztere wurde von der Mehrheit der getesteten ANCA der WG-Patienten erkannt und zeigt somit, dass es sich hierbei um ein krankheitsrelevantes Epitop handelt. Diese Region schließt dabei auch den Bindungsbereich von α1-PI ein. Im weiteren konnte gezeigt werden, dass eine Bindung des Antikörpers bei gleichzeitiger Anwesenheit von α1-PI stark von dessen Konzentration abhängig ist. Bereits bei einer α1-PI-Konzentration von 1 mg/ml, konnte eine partielle Antikörperbindung beobachtet werden. Sinkt die Konzentration deutlich, so besitzen Anti-hPR3-Antikörper die Möglichkeit an diese zu binden. Somit konkurrieren Antikörper und Inhibitor um die PR3-Bindungsstellen. Ein ausgewogenes Protease-Inhibitor-Gleichgewicht ist allerdings für eine kontrollierte Protease-Aktivität notwendig. Ist dieses gestört, so kann es zur Bindung von ANCA an hPR3 auf der Membran von Neutrophilen und deren Aktivierung kommen. Dies hat zur Folge, dass vermehrt proteolytische Enzyme freigesetzt werden, welche durch unkontrollierte enzymatische Aktivität Entzündungsreaktionen und Gewebeschädigung hervorrufen. Der zweite Teil dieser Arbeit beschäftigte sich mit der Charakterisierung einer autosomal-dominant vererbten myofibrillären Myopathie (MFM) in Kombination mit familiärer arrhythmogener rechtsventrikulärer Kardiomyopathie 7 (ARVD7) einer schwedischen Familie. Durch genomweite Kartierung mittels SNP (single nucleotide polymorphism)-Typisierung (Affymetrix Human Mapping 10K Array) wurde der Locus auf 10q22.3 bestätigt. Die Region wurde anschließend bis auf 4.1 Mbp zwischen den Markern D10S1645 und D10S1786 eingegrenzt. In diesem Intervall befinden sich 18 Kandidatengene. Nachdem die Protein-kodierenden Exons aller Gene im Krankheitsintervall sequenziert und dennoch keine signifikanten Abweichungen zwischen Patient und der Normalpopulation aufgefallen waren, wurde gezielt nach einer intragenische Deletion gesucht. Hierzu wurde von einem der Patienten zwei Maus-Hybridlinien generiert, die jeweils nur eines der beiden 10-er Homologe des Patienten enthalten. Doch auch hier waren die kodierenden Exons der 18 Gene aus beiden Hybridlinien durch PCR mit gleicher Effizienz und Größe amplifizierbar, so dass eine intragenische Deletionen mit großer Sicherheit bei allen Genen ausgeschlossen werden konnte. Des weiteren wurde nach SNPs in der transkribierten Sequenz der Kandidatengene gesucht, und die Expression beider Allele für 10 von 18 Kandidatengenen in Muskel-cDNA nachgewiesen. Kleine Veränderungen in nicht-kodierenden Bereichen, Introns, Promotor-Regionen, genomische Veränderungen oder de novo Insertionen sind mögliche pathogene Mechanismen, die im weiteren untersucht werden müssen.