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E. coli Nissle 1917 (EcN) zählt durch seine fast hundertjährige Nutzung als Arzneimittel und aufgrund der weitreichenden Forschung während der letzten Jahrzehnte mittlerweile zu einem der am besten untersuchten Probiotika. EcN wird als Medikament zur Remissionserhaltung von Patienten mit Kolitis, bei chronischer Verstopfung und bei Durchfall von Kleinkindern eingesetzt.
Der enteroaggregative – hämorrhagische - E. coli (EAHEC) mit dem Serotyp O104:H4 war 2011 in Deutschland für den bisher größten EHEC-Ausbruch seit Beginn der Aufzeichnungen verantwortlich. Es fehlt bis zum heutigen Tage immer noch an effektiven Möglichkeiten einer Infektionsprophylaxe oder einer Behandlung der Erkrankung. Ein alternatives Therapeutikum wird daher dringend benötigt. In dieser Arbeit wurden die antagonistischen Effekte von EcN auf pathogene E. coli Stämme wie dem EHEC Stamm EDL933 oder klinischen EAHEC O104:H4 Isolaten untersucht. Es wurden die Auswirkungen von EcN auf die Adhäsion an humane Epithelzellen, das Wachstum und die Shiga Toxin Produktion der pathogenen Stämme untersucht. Zusätzlich wurde die Resistenz von EcN gegenüber Shiga Toxin Phagen nachgewiesen.
Zunächst wurde die Adhäsionseffizienz der verschiedenen E. coli Stämme bestimmt. Der am schlechtesten an die humanen Epithelzelllinien Caco-2 und LS-174T adhärierende Stamm war EcN. Dies ist insofern überraschend, da von Probiotika erwartet wird, besser als Pathogene an Epithelzellen zu adhärieren. Dem ungeachtet konnte jedoch gezeigt werden, dass EcN die Adhäsion von zwei EAHEC O104:H4 Isolaten, des nahe verwandten enteroaggregativen E. coli (EAEC) Stammes 55989 und des enterohämorrhagischen (EHEC) E. coli Stammes O157:H7 EDL933 an beide Zelllinen hemmt. Die von EcN produzierten Mikrozine M und H47 konnten hier für einen Teil des beobachteten anti-adhäsiven Effektes von EcN auf die pathogenen E. coli Stämme verantwortlich gemacht werden. Die Mikrozine wurden hier als einzige Substanz, die das Wachstum der pathogenen E. coli Stämme beeinflusst, identifiziert.
Einer der wichtigsten Virulenzfaktoren von EAHEC und EHEC Stämmen ist das Shiga Toxin. In dieser Arbeit konnte gezeigt werden, dass EcN die Shiga Toxin Produktion der am häufigsten auftretenden EHEC Stämme (´Big Five´: O157:H7, O26:H11, O103:H2, O111:H-, O145:H25) und der klinischen Isolate von EAHEC O104:H4 im Zellkulturmedium DMEM hemmt.
Auffällig war, dass die Stx1 Produktion von EHEC O103:H2 und O111:H- nicht nur von EcN, sondern auch von E. coli K-12 Stamm MG1655, gehemmt wurde, im Gegensatz zur EcN-spezifischen Blockierung der Stx2-Produktion in den Serotypen O104:H4, O26:H11, O145:H25. Die Reduktion der Stx-Produktion in EAHEC O104:H4 TY3730 und TY3456, sowie EHEC O26:H11 war zum Teil von der Mikrozinproduktion abhängig. Diese hatte jedoch keinen Einfluss auf die Stx-Produktion in EHEC O157:H7 EDL933 und EHEC O145:H25. Bei Verwendung von LB-Medium zeigte sich im Gegensatz zum DMEM-Medium keine Mikrozin-Abhängigkeit der Toxinproduktion bei den EAHEC Isolaten TY3730 und TY3456. Die Toxinproduktion von EHEC EDL933 wurde ebenfalls nicht durch die Deletion der Mikrozin-Gene in EcN beeinflusst. Studien der Toxinproduktion in SCEM-Medium zeigten ebenfalls eine EcN-Dosisabhängige Reduktion der Stx-Produktion in Co-Kultur. Um den Mechanismus der Hemmung der Stx-Produktion zu untersuchen, wurden Versuche mit der EcN-Mutante EcN::luxS durchgeführt. Diese Deletion des AI-2 ´Quorum sensing´ Moleküls in EcN hatte allerdings keinen Einfluss auf die Hemmung der Stx-Produktion. Der Einsatz von Acetat führte, im Gegensatz zu publizierten Ergebnissen, nicht zu einer Reduktion der Stx-Produktion. Auch eine Beeinflussung der Lyse der EHEC-Bakterien, oder der Verminderung der Sekretion von Shiga Toxin durch EcN, konnte widerlegt werden. Zur Untersuchung der Stx-Expression wurde ein Assay mit einem biolumineszenten C-P (Chromosom-Plasmid) Reporter System etabliert. Damit konnte die Shiga Toxin Expression im Stammhintergrund EHEC EDL933 in Echtzeit untersucht werden. Hier wurde wiederum eine Reduktion der Shiga Toxin Expression in Co-Kultur mit EcN erfolgreich nachgewiesen.
In weiteren Versuchen konnte gezeigt werden, dass EcN nicht nur die Shiga Toxin Produktion von nicht-induzierten EAHEC Bakterien, sondern auch in mit Mitomycin C induzierten Bakterien hemmt.
Als wichtiger Sicherheitsaspekt einer Behandlung mit EcN wurde die Resistenz von EcN gegenüber Shiga Toxin Phagen untersucht. Die Infektion der Bakterien wurde hierbei mit stx-spezifischer PCR, Phagen-Plaque-Assay, Stx-ELISA und K+-Efflux Assay untersucht. Es konnte durch diese verschiedenen Methoden erfolgreich gezeigt werden, dass EcN nicht durch Shiga Toxin Phagen infiziert wird. Als möglicher Resistenzmechanismus kommt hier eine Mutation vom Phagenrezeptor LamB in Frage, was jedoch noch bestätigt werden muss.
Zusammenfassend wurden in dieser Arbeit wichtige antagonistische Effekte von EcN auf pathogene E. coli Stämme untersucht, die als Grundlage von neuen und dringend benötigten Behandlungen von EHEC-Infektionen dienen können.