Fakultät für Biologie
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Glukosetransporter spielen eine wichtige Rolle in der Versorgung des Gehirns mit Nährstoffen und somit für den Erhalt der physiologischen Zellintegrität. Glukose wird über die Blut-Hirn-Schranke (BHS) mittels spezifischen transmembranen Transportproteinen der SLC-Genfamilie (GLUT, SGLT) befördert. Dabei scheint während physiologischen Bedingungen hauptsächlich der Glukosetransporter GLUT1 (SLC2A1) für die Energieversorgung des Gehirns zuständig zu sein.
Die Erforschung der SGLT-Expression ist in den letzten Jahren ein wichtiger Ansatzpunkt für neue Behandlungsstrategien vieler Erkrankungen, wie Diabetes Mellitus, maligne Neoplasien oder eines Herzinfarkts, geworden. Jedoch ist über deren Expression und Funktion im menschlichen Gehirn nur wenig bekannt. Besonders die Lokalisation entlang der BHS bleibt fraglich. Ein Großteil bisheriger Forschungsarbeiten beschäftigt sich hauptsächlich mit der Expressionsanalyse des Transporters SGLT1 im tierischen Gehirn in vivo (Poppe et al. 1997; Balen et al. 2008; Yu et al. 2013). Es konnte aufgezeigt werden, dass SGLT1 mRNA exklusiv in Neuronen und nicht an der BHS exprimiert wird. Dies wird durch in vitro Analysen einer humanen Hirnendothelzelllinie bestätigt. Demnach kann kein SGLT1 unter physiologischen Bedingungen nachgewiesen werden (Sajja et al. 2014). Im menschlichen Hirngewebe besitzen SGLTs somit keine zentrale Funktion für den Glukosetransport an der BHS. Im Gegensatz dazu konnte eine Expression von SGLT sowohl in vivo als auch in vitro während hypoglykämischen Bedingungen belegt werden (Vemula et al. 2009; Sajja et al. 2014). Die Expression der SGLT-Transporter während einer ischämischen Hypoglykämie führt zu der Annahme, dass diese Transporter für die Aufrechterhaltung der Energieversorgung des geschädigten Hirngewebes notwendig sind. Um die physiologischen Mechanismen nach einem Glukosemangel zu untersuchen, wurden SHT-Modelle etabliert (Salvador et al. 2013). In einem experimentellen Modell des Schädel-Hirn-Traumas im Rahmen eines DFG-gefördertes Projekts ist ein Expressionsverlauf von Glukosetransportern im Maushirn und in Hirnendothelzellen erarbeitet worden (Wais 2012; Salvador et al. 2015). Somit könnten SGLTs als Ansatzpunkt für den Nachweis der Überlebenszeit nach einem SHT fungieren.
Die vorliegende Arbeit fokussiert sich auf die Expression der Natrium-abhängigen Glukosetransporter SGLT1 und SGLT2 im menschlichen Gehirn. Hierbei liegt das Hauptaugenmerk auf der Lokalisation dieser Transporter an der menschlichen BHS von post mortalem Hirngewebe. Weiterhin wird untersucht ob die Expressionsstärke von SGLT1 und SGLT2 eine Aussage über die Überlebenszeit von Verstorbenen nach einer traumatisch bedingten Hirnveränderung zulässt.
Die Lokalisation von SGLT1 und SGLT2 an der menschlichen BHS konnte durch die Etablierung eines Protokolls zur Isolation von Hirnkapillaren erfolgen. Vorab wurden alle verwendeten Antikörper auf ihre Spezifität mittels siRNA Transfektion und Blockierung der Immunfluoreszenzsignale mittels immunisierten Peptids getestet. Somit ist die Spezifität der detektierten SGLT1- und SGLT2-Expression in menschlichen Hirnkapillaren gewährleistet. Anschließend wird untersucht, in welchen zeitlichem Verlauf nach einer traumatisch bedingten Hirnveränderung die verschiedenen Formen der Glukosetransporter exprimiert werden und ob ggf. der Umfang und die Verteilung von SGLT1, SGLT2 und GLUT1 sowie das Verhältnis zueinander Auskünfte über eine vitale bzw. postmortale Entstehung eines Traumas bzw. dessen Überlebenszeit zulässt. Hierfür wird ein Expressionsschema der Glukosetransporter generiert, abhängig von Todeszeitpunkt und Todesursache. Es konnte festgestellt werden, dass GLUT1 nicht als Target für die Ermittlung der Überlebenszeit nach einem Trauma geeignet ist. Dahingegen zeigen SGLT1 und SGLT2 eine signifikante Änderung der Expressionsstärke im contusionalen Gewebe in Abhängigkeit von der Überlebenszeit. Obwohl diese vorläufigen Daten einen neuen Ansatzpunkt für die forensische Fragestellung aufzeigen, müssen weitere Experimente mit einem erhöhten Umfang der Probenanzahl und kürzere Zeitspannen der Überlebenszeiträume durchgeführt werden.
Fanconi Anämie (FA) gehört zu den seltenen Chromsomeninstabilitäts-Syndromen. Ursächlich für die Erkrankung sind biallelische Mutationen mit autosomal rezessiver Vererbung in einem der bisher bekannten 21 Genen (FANCA, -B, -C, -D1, -D2, -E, -F, -G, -I, -J, -L, -M, -N, -O, -P, -Q, -R, -S, -T, -U und –V). Eine Ausnahme stellen FANCB und FANCS dar, die X-chromosomal rezessiv bzw. mit einem dominant negativen Effekt vererbt werden. Die Genprodukte sind als Teil des FA/BRCA-DNA-Reparatur Netzwerks bei der Beseitigung von DNA-Interstrang-Quervernetzungen (ICL) involviert. ICLs führen zu einer Stagnation der Replikationsgabel und blockieren somit wichtige zelluläre Prozesse wie Replikation und Transkription, sodass eine Aufrechterhaltung der Genomstabilität nicht mehr gewährleistet ist.
FA ist gekennzeichnet durch angeborene Fehlbildungen, fortschreitendes Knochenmarkversagen und eine erhöhte Prädisposition gegenüber Krebserkrankungen. Die Diagnose basiert auf phänotypischen Auffälligkeiten und wird auf zellulärer Ebene durch die Hypersensititvät gegenüber DNA-quervernetzenden Substanzen wie Mitomycin C (MMC) bestätigt. Da nicht jeder Patient einer bisher bekannten Komplementationsgruppe zugeordnet werden kann und herkömmliche molekulare Diagnostikverfahren mit der steigenden Anzahl an FA-Genen mühsam, zeitaufwändig und teuer geworden sind, war es nötig, neue molekulare Verfahren wie Whole Exome Sequencing (WES) zu etablieren. Im Rahmen dieser Arbeit wurde das Potential dieser Methode im Bezug auf die FA-Genotypisierung erforscht. Bei der Suche nach einer optimalen Anwendung des WES, untersuchten wir verschiedene Anreicherungs- und Sequenziertechniken. Dennoch führen Fehler in den Datenbanken sowie Pseudogene zu falschen Dateninterpretationen und –darstellungen und stellen somit eine Herausforderung dar. Trotzdem zeigen unserer Daten, dass WES eine wertvolle Methode in der Molekulardiagnostik von FA ist. Dies bestätigte sich durch die Zuordnung mehrerer, vorher unklassifizierter FA-Patienten zu den bekannten Komplementationsgruppen und der Ergänzung eines siebten Patienten zum Subtyp FA-P, im Rahmen von zwei Next Generation Sequencing (NGS) Publikationen.
Außerdem wurden mit Hilfe von WES zwei neue FA-Gene (FANCQ und FANCW) im Rahmen dieser Arbeit gefunden, wobei XPF (FANCQ) das erste Gen überhaupt war, welches anhand von NGS detektiert wurde. ERCC4/XPF ist eine strukturspezifische Endonuklease, die durch ein Gen kodiert wird, welches bereits vorher mit den Krankheiten Xeroderma Pigmentosum (XP) und dem segmentalen XFE progeroid Syndrom in Verbindung gebracht wurde. Unsere Daten zeigen, dass abhängig von der Mutation in XPF, Patienten eine der drei unterschiedlichen Funktionsstörungen aufweisen. Dies hebt die multifunktionale Stellung der XPF Endonuklease im Rahmen der Genomstabilität und von humanen Erkrankungen hervor. Das zweite Gen, das während dieser Arbeit entdeckt wurde, ist die WD40-Domäne tragende E3 Ubiquitin Ligase RFWD3, die kürzlich mit DNA Reparatur und insbesondere HR verknüpft wurde. Wir konnten zeigen, dass eine RFWD3 Mutation in der WD40-Domäne bei einem FA-Patienten mit der genetischen Erkrankung Fanconi Anämie assoziiert ist. Die HR ist in RFWD3 (FANCW) mutierten Zellen gestört, was auf einer verminderten Relokalisation von mutiertem RFWD3 an das Chromatin und einer defekten Interaktion mit RPA beruht. Des Weiteren weisen Rfwd3 defiziente Mäuse typische Merkmale anderer FA-Mausmodelle auf, wie verminderte Fertilität, ovarielle und testikuläre Atrophie sowie eine reduzierte Lebenserwartung.
Insgesamt zeigt diese Arbeit, dass neue molekulare Ansätze wie NGS ein wertvolles Hilfsmittel in der FA-Diagnostik sind um bisher unklassifizierte Patienten einer Komplementationsgruppe zuordnen zu können. Zudem konnten mit Hilfe dieser Technik zwei neue Gene identifiziert werden. Deren Charakterisierung trägt zu einer Vervollständigung und weiteren Aufklärung des FA/BRCA-DNA-Reparatur-Netzwerks bei.
Entwicklungsaspekte eines Medizinproduktes zur Prävention und Überwachung von Hydrierungszuständen
(2018)
Der demografische Wandel und das Populationswachstum stellen eine globale Herausforderung für die Gesundheitssysteme dar. Eine vielversprechende Lösungsstrategie liegt in der digitalen Überwachung, Prävention und Therapie akuter und chronischer Erkrankungen durch die Nutzung von innovativen Technologien aus dem Bereich der personalisierten Medizin.
Die Digitalisierung in der Überwachung von Vitalparametern mittels Sensorik besitzt großes Potential für die längere Gesunderhaltung der Patienten und somit die Entlastung der Gesundheitssyteme im Ganzen.
Da Wassermangel für eine Vielfalt von Krankheiten einen Katalysator darstellt, ist die Hydratation ein wichtiger aber bislang nur invasiv zugänglicher Vitalparameter. Zur Etablierung nicht invasiver Messungen des Wasserhaushaltes am Menschen wurde im Rahmen dieser Arbeit die Eignung der Mikrowellentechnologie untersucht.
Dehydratation resultiert in der Veränderung des Osmolythaushaltes und beeinflusst biochemische Prozesse, was zur Entstehung von Morbidität führen kann. Im Rahmen der Arbeit werden Teilbereiche der Entwicklung eines Medizinproduktes abgebildet. Zu diesem Zweck wird die Machbarkeit der mikrowellenbasierten Analyse des Wasserhaushaltes in einer technischen Machbarkeitsstudie untersucht, um im zweiten Prozessschritt einen technischen Demonstrator in vitro und in vivo am Probanden erproben zu können. Hochfrequente elektromagnetische Wellen interagieren mit Molekülen, speziell Wasser. Enthält eine Probe freie Wassermoleküle, kann dies im reflektierten Signal detektiert werden. Zur Überprüfung des Sensorsystems in vitro dienen humane 3D-Vollhautmodelle mit spezifischer Hydratation und Gewebedichte der Matrixkomponenten als standardisiertes Modell zur Untersuchung definierter Exsikkoseszenarien und des Einflusses verschiedener Modellkomplexitäten. Die Eignungsüberprüfung des Systems mit einem technischen Demonstrator des künftigen Medizinproduktes belegt die Anwendbarkeit des Messsystems zur Erfassung des relativen Wassergehaltes. Die Technologie zeichnet sich durch eine hohe Sensitivität bei der Destinktion von Proben mittels Frequenz- und Signalreflektionsdifferenzen aus. Neben den In-vitro-Testungen wird das entwickelte Sensorsystem aus regulatorischer Sicht zur klinischen Leistungsüberprüfung vorbereitet und im Rahmen eines bewilligten Ethikvotums in vivo erprobt. Die Ergebnisse belegen die Machbarkeit der nichtinvasiven Erfassung des Wasserhaushaltes durch mikrowellenbasierte Messungen. Die Technologie birgt das Potential, in ein körpernahes Sensorsystem integriert zu werden, welches als Medizinprodukt zur persönlichen Gesundheitsüberwachung zugelassen werden kann.
Eine intrauterine Gestationsdiabetes (GDM) Exposition induziert in den betroffenen Nachkommen eine lebenslang erhöhte Prädisposition für metabolische und komplexe Erkrankungen. Die Krankheitssuszeptibilität wird dabei durch epigenetische Veränderungen vermittelt, die sich über die Regulation der Genaktivität auch auf das Expressionsniveau und den Phänotypen auswirken. Um neue Gene zu finden, die eine Rolle in der fetalen Programmierung spielen, wurden in dieser Arbeit genomweite Methylierungsmuster von Nabelschnurbluten (FCBs) aus GDM-Schwangerschaften und Kontrollen miteinander verglichen. Mit Illumina Infinium HumanMethylation 450K Arrays konnten signifikante Gruppenunterschiede für insgesamt 65 CpG-Stellen (52 davon genassoziiert) festgestellt werden, die multiplem Testen standhielten. Mittels Pyrosequenzierung wurden vier dieser Kandidaten-Loci (ATP5A1, MFAP4, PRKCH, SLC17A4), sowie ein Gen aus der Literatur (HIF3A) genauer untersucht und die Effekte erfolgreich validiert. Für das zugrundeliegende multivariate Regressionsmodell wurden die potenziellen Störfaktoren Gestationsalter, kindliches Geschlecht und mütterlicher BMI berücksichtigt. Der GDM-Effekt zeigte sich stärker in der insulinbehandelten Subgruppe (I-GDM) als in der diätisch behandelten (D GDM) und scheint insgesamt multifaktoriell bedingt zu sein, da viele Gene betroffen waren, jedoch alle mit einer vergleichsweise niedrigen Effekt-Größe. Zusätzlich konnten für den MEG3 Promotor, MEST und PEG3, drei von vier geprägten Genen, die mittels Deep Bisulfite Sequencings (DBS) analysiert wurden, ebenfalls signifikante Methylierungs-unterschiede zwischen der GDM- und Kontroll-Gruppe detektiert werden. Die identifizierten Gene stellen labile Zielregionen für die GDM-induzierte intrauterine Programmierung dar und können zukünftig nützliche Biomarker für Krankheitsdiagnosen und Prognosen sein. Mittels DBS können darüber hinaus Einzelmolekül-Analysen durchgeführt werden, für die in differentiell methylierten Regionen (DMRs) anhand eines informativen SNPs die parentale Allel-Herkunft bestimmt und bei der Berechnung von Epimutationsraten einbezogen werden kann. Epimutationen wurde als solche gewertet, wenn sie ein > 50 % abnormal (de)methyliertes Methylierungsprofil aufwiesen. Die DBS-Daten wurden mit zwei verschiedenen Sequenzierplattformen generiert (Roche GS Junior und Illumina MiSeq). Für Zweitere wurde ein eigenes, unabhängiges Library-Präparations-Protokoll entwickelt. In Nabelschnurblut, adultem Blut und Viszeralfett wurden für die paternal exprimierte MEST Promotor DMR und die maternal exprimierte MEG3 intergenic (IG) DMR hohe Epimutationsraten für das jeweils unmethylierte Allel detektiert. Die geprägten (methylierten) Allele wiesen dagegen nur niedrige Epimutationsraten auf. Da MEST und MEG3 invers geprägte Gene sind, war die Hypermethylierung des nicht geprägten Allels (HNA) demnach unabhängig von der parentalen Allel-Herkunft. Die HNA scheint außerdem erst nach der Fertilisation aufzutreten, da in Spermien nur sehr wenige Epimutationen gefunden wurden. Für die sekundäre MEG3 Promotor DMR (deren Prägung von der primären MEG3 IG-DMR reguliert wird) wurde ein deutlich schwächerer, wenngleich signifikanter HNA-Effekt im FCB gemessen, für die paternal exprimierte PEG3 Promotor DMR konnte dagegen kein signifikanter Unterschied zwischen den beiden parentalen Epimutationsraten festgestellt werden. Der HNA-Effekt für die MEST DMR, MEG3 IG-DMR und MEG3 Promotor DMR war weder mit GDM noch mit Adipositas assoziiert und zeigte allgemein eine große interindividuelle Varianz. Die Aufrechterhaltung differenzieller Methylierungsmuster in Imprinting Kontrollregionen (ICRs) scheint in manchen Entwicklungs-Zeitspannen von großer Bedeutung und damit streng kontrolliert zu sein, später jedoch redundant zu werden, was sich in der Anreicherung von stochastischen sowie umweltinduzierten Fehlern auf dem nicht geprägten Allel äußern kann. HNA-suszeptible geprägte Gene ähneln in mancherlei Hinsicht metastabilen Epiallelen. Diese Studie zeigt, dass sowohl stochastische Faktoren als auch Umweltstimuli während der frühen embryonalen Entwicklung u.a. über HNA-Effekte geprägte Gen-Netzwerke programmieren, die in Wachstumsprozesse involviert sind. Um tiefere Einblicke in allelspezifische Prägungsprofile zu erhalten, wären umfangreiche DBS HNA-Längsschnittstudien aller 50-100 human geprägten Gene in unterschiedlichen Gewebetypen und Differenzierungsstadien wünschenswert.