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Moritz Geiger war ein Vertreter des Münchener Phänomenologenkreises, der stark von Edmund Husserl inspiriert war, jedoch eine realistische Philosophie anstrebte. In der Philosophiegemeinde fanden Geigers Werke zur Ästhetik die meiste Beachtung, doch diese Arbeit widmet sich seinem Grundprinzip der unmittelbaren Einstellung und wie sich die Realität in ihr darstellt. Im Zuge dessen werden auch die mannigfaltigen Terminologien Geigers zueinander in Beziehung gesetzt. Unter unmittelbarer Einstellung versteht er v.a. die naive Einstellung des gewöhnlichen Lebens, die im Gegensatz zum naturalistischen Modell keine bloße Zweiteilung der Welt in Physisches und Psychisches vornimmt. Stattdessen macht Geiger für die Realität der unmittelbaren Einstellung ganze fünf Objektreiche aus, die jeweils unabhängig voneinander sind: Neben Psyche und körperlicher Welt sind dies die Sphären ideeller, realer geistiger und mentaler Objekte. Geiger macht die unmittelbare Einstellung zudem als Korrelat zu einer von zwei Weltformungen aus. Ihm folgend wäre besagte Realität der unmittelbaren Einstellung also als gleichberechtigt neben der naturalistischen Realität anzusehen. Eine Kombination beider Ansätze muss Geiger zufolge möglich sein, doch seine dahingehenden Versuche dokumentieren v.a. die diesbzgl. Problematiken und können jene nicht gänzlich auflösen.
Wie weit kann ein christlicher Denker Avicenna folgen, wenn er dessen Ontologie zur Erklärung des Verhältnisses von Gott und Welt heranzieht? Dieser zentralen Frage der Avicenna-Rezeption widmet sich die vorliegende Arbeit.
Avicenna (Ibn Sīnā, 980–1037) entwickelt in der Metaphysik (al-Ilāhiyyāt) – dem vierten Teil seiner philosophischen Summe Buch der Heilung (Kitāb al-Šifāʾ) – den Grundgedanken seiner Ontologie: die Distinktion von Sein und Wesen, die zu einem seiner bekanntesten und einflussreichsten Lehrstücke wurde. Nach der lateinischen Übersetzung von Avicennas Metaphysik im zwölften Jahrhundert fand die darin entworfene Ontologie rasche Verbreitung unter den lateinisch-christlichen Gelehrten. Für deren monotheistische Weltanschauung war diese Lehre insofern attraktiv, als sich aus der Sein-Wesen-Distinktion die wichtigsten ontologischen Aspekte der Beziehung von Gott und Welt rein rational ableiten lassen. Vor diesem Hintergrund stellt sich die genannte Frage, wie weit ein christlicher Denker mit Avicenna gehen kann, wenn er dessen Ontologie heranzieht, um das Verhältnis von Gott und Welt zu erklären. Diese Frage untersucht die Autorin für die drei Gelehrten Dominicus Gundisalvi († nach 1190), Wilhelm von Auvergne († 1249) und Heinrich von Gent († 1293). Die Verschränkung von Ontologie, Theologie und Kosmogonie gibt der Autorin die Möglichkeit, für diese drei Bereiche jeweils herauszuarbeiten, an welchen Stellen und aus welchen Motiven Modifikationen an der avicennischen Theorie vorgenommen wurden, um sie eigenen Zwecken oder neuen Kontexten wie der Trinitätstheologie anzupassen. Zugleich zeigt sie auf, an welchen Punkten mit Avicennas Theorie gänzlich gebrochen wurde. Was bedeuten diese Änderungen und Brüche inhaltlich? Und insbesondere: Wie werden sie rational gerechtfertigt?
In this article, I argue for four theses. First, libertarian and compatibilist accounts of moral responsibility agree that the capability of practical reason is the central feature of moral responsibility. Second, this viewpoint leads to a reasons-focused account of human behavior. Examples of human action discussed in debates about moral responsibility suggest that typical human actions are driven primarily by the agent’s subjective reasons and are sufficiently transparent for the agent. Third, this conception of self-transparent action is a questionable idealization. As shown by psychological research on self-assessment, motivated reasoning, and terror management theory, humans oftentimes have only a limited understanding of their conduct. Self-deception is rather the rule than the exception. Fourth, taking the limited self-transparency of practical reason seriously leads to a socially contextualized conception of moral responsibility.
Die Dissertation beschreibt Entstehungsgeschichte, Organisationsstruktur, grundlegende Lehrinhalte und Praktiken verschiedener satanistischer Gruppierungen. Die Ergebisse der qualitativen Forschung liefern Einblicke in z.B. die religiöse Biographie, die religiöse Praxis, in verschiedene Weltbilder und Wertvorstellungen von Personen, die sich selbst als Satanisten bezeichnen.
Ethik und Empirie
(2009)
Der erste Teil der Arbeit beinhaltet eine kritische Auseinandersetzung mit der transzendentalen Moralphilosophie Immanuel Kants, die als repräsentativ für den Versuch verstanden wird, Moral auf rein rationalen resp. kognitiven Strukturen zu gründen. Dieser reinen Verstandesmoral wird im zweiten Teil der Arbeit ein menschliches Moral - bzw. Ethikverständnis gegenübergestellt, das auf empirischen Untersuchungen unterschiedlicher Fachrichtungen basiert. Dabei wird deutlich, dass menschliche Moralität kein abstraktes Konstrukt ist, sondern ein reales, beschreibbares Phänomen, das als solches zwar nicht von vorne herein angeboren ist, das in seiner Ausbildung und Entwicklung jedoch grundlegend mit der „Natur“ des Menschen zusammenhängt.
Metaphors, Dead and Alive
(2023)
This paper examins how the medieval distinction between proper and improper signification can give a plausible explanation of both metaphorical use and the usual transformations a language can undergo. I will show how Thomas Aquinas distinguishes between ordinary ambiguous terms and metaphors, whereas William of Ockham and Walter Burley do not leave room for this distinction. I will argue that Ockham’s conception of transfer of sense through subsequent institution of words is best thought of as an explanation of how ordinary usage can contain ambiguities, whereas Burley’s conception of transfer of sense without new imposition is more plausible when it comes to explaining metaphors. If metaphorical use is lumped together with equivocation, the account of how they work cannot do full justice to either, an insight that we already find in Peter Abelard, if not in Boethius.
Eine angewandte Philosophische Lebenskunst ist bislang nur in den Philosophischen Praxen anzutreffen, in den Humanwissenschaften steht sie bis heute noch aus. Auf diesem Pfade schreitend stellt das vorliegende Buch einen programmatischen Anfang am Beispiel der Klinischen Sozialarbeit dar. Im Mittelpunkt der systematischen Reflexionen stehen insgesamt vier Aspekte: Zunächst wird ein gemeinsamer Bezugspunkt für die Ethik und die Humanwissenschaften eingeführt, der mit Hilfe der ethischen Systematik der integrativen Ethik von Hans Krämer auf unterschiedlichen Reflexionsniveaus entfaltet wird. Als Ergebnis dieser beiden Aspekte steht eine Landkarte für die Zuordnung von ethischen Themen in der Sozialen Arbeit als prototypisches Exempel einer Humanwissenschaft. Am Leitfaden der philosophisch-ethischen Konsiliatorik wird schließlich die Anwendung der Strebensethik in der Klinischen Sozialarbeit am Arbeitsfeld der Sozialpsychiatrie bis hin zu einem Fallbeispiel Schritt für Schritt vorgestellt. Im Unterschied zur antiken Lebenskunst – die im Kern normativ konzipiert war – ist die vorgestellte Anwendung vom Geiste einer optativen Vorgehensweise, wie sie bspw. Wilhelm Schmid einer breiten Öffentlichkeit bekannt gemacht hat, getragen. Alle Begriffserläuterung sowie Empfehlungen und Warnungen zielen auf einen möglichst optimalen Gebrauch der individuellen Freiheit. Im Mittelpunkt stehen stets das Wollen und die Wahl des Individuums, das sich um sein Leben selbst kümmern und es auch selbst führen muss. Insgesamt will die programmatische Anwendung der Philosophischen Lebenskunst neben einem Raster für die Ethik in der Sozialen Arbeit in Theorie, Praxis und Ausbildung vor allem eine ethische Sichtweise für die zweite Reformwelle in der Sozialpsychiatrie liefern. Mit Hilfe der angestellten Reflexionen aus der Strebensethik kann den eingeforderten „Personenzentrierten Hilfen“ eine weitere Orientierung für die professionelle Umsetzung in der Praxis zur Verfügung gestellt werden.
OCR4all—An open-source tool providing a (semi-)automatic OCR workflow for historical printings
(2019)
Optical Character Recognition (OCR) on historical printings is a challenging task mainly due to the complexity of the layout and the highly variant typography. Nevertheless, in the last few years, great progress has been made in the area of historical OCR, resulting in several powerful open-source tools for preprocessing, layout analysis and segmentation, character recognition, and post-processing. The drawback of these tools often is their limited applicability by non-technical users like humanist scholars and in particular the combined use of several tools in a workflow. In this paper, we present an open-source OCR software called OCR4all, which combines state-of-the-art OCR components and continuous model training into a comprehensive workflow. While a variety of materials can already be processed fully automatically, books with more complex layouts require manual intervention by the users. This is mostly due to the fact that the required ground truth for training stronger mixed models (for segmentation, as well as text recognition) is not available, yet, neither in the desired quantity nor quality. To deal with this issue in the short run, OCR4all offers a comfortable GUI that allows error corrections not only in the final output, but already in early stages to minimize error propagations. In the long run, this constant manual correction produces large quantities of valuable, high quality training material, which can be used to improve fully automatic approaches. Further on, extensive configuration capabilities are provided to set the degree of automation of the workflow and to make adaptations to the carefully selected default parameters for specific printings, if necessary. During experiments, the fully automated application on 19th Century novels showed that OCR4all can considerably outperform the commercial state-of-the-art tool ABBYY Finereader on moderate layouts if suitably pretrained mixed OCR models are available. Furthermore, on very complex early printed books, even users with minimal or no experience were able to capture the text with manageable effort and great quality, achieving excellent Character Error Rates (CERs) below 0.5%. The architecture of OCR4all allows the easy integration (or substitution) of newly developed tools for its main components by standardized interfaces like PageXML, thus aiming at continual higher automation for historical printings.
In this paper, I consider the relevance of judgment for practical considerations by discussing Christian August Crusius’s conception of rational desire. According to my interpretation of Crusius’s distinction between rational and non-rational desire, we are responsible at least for our rational desires insofar as we can control them. And we can control our rational desires by judging whether what we want complies with our human nature. It should become clear that Crusius’s conception of rational desire is normative in that we necessarily desire things that are compatible with our nature, such as our own perfection. Therefore, a desire is rational if the desired object is apt to satisfy the desires compatible with our nature. From a contemporary perspective, such a normative conception of rational desire might not appear very attractive; it is apt, however, to stimulate a debate on the normative criteria and the role of judgment for rational desire, which is the ultimate aim of this paper.