30.00.00 ATOMIC AND MOLECULAR PHYSICS
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Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, den ultraschnellen Transport und die Energierelaxation von Ladungsträgern an der Grenzfläche von heterogenen Systemen zu untersuchen. Dabei wird gezeigt, dass zeitaufgelöste Zweifarb-Mehrphotonen-Photoemissionsspektroskopie eine gute Methode ist, um Einblick in das Relaxationsverhalten und den dynamischen Ladungsträgertransport in den untersuchten Systemen zu erhalten. Es werden Messungen an zwei unterschiedlichen Systemen vorgestellt: Silbernanoteilchen auf Graphit und ultradünne Silberfilme auf Silizium. Die Untersuchung von heterogenen Systemen erfordert einen selektiven Photoemissionsprozess, d.h. es muss möglich sein, Photoemission von den Nanoteilchen bzw. vom Silberfilm und vom Substrat zu trennen. Für Silbernanoteilchen auf Graphit kann dies erreicht werden, indem die Abfragewellenlänge auf die Resonanz des Plasmon-Polaritons abgestimmt wird. So erhält man dominant Photoemission von den Nanoteilchen, Photoemission vom Graphit kann dagegen vernachlässigt werden. Die transiente Elektronenverteilung in den Nanoteilchen kann aus der Form der Photoemissionsspektren bestimmt werden. Die transiente Verschiebung der Spektren gibt Aufschluss über die Auf- oder Entladung des Nanoteilchens. Dadurch wird es hier möglich, zeitaufgelöste Photoemissionsspektroskopie als ultraschnelle Sonde im Nanometerbereich zu verwenden. Zusammen mit einem Modell für die Relaxation und den Ladungstransfer ist es möglich, quantitative Ergebnisse für die Kopplung zwischen Nanoteilchen und Substrat zu erhalten. Das vorgestellte semiempirische Modell enthält dabei zusätzlich zu Termen für die Relaxation in Nanoteilchen und Substrat die Möglichkeit eines zeitabhängigen Ladungstransfers zwischen Teilchen und Substrat. Die Kopplung wird durch eine Tunnelbarriere beschrieben, deren starke Energieabhängigkeit der Transferwahrscheinlichkeit die experimentellen Ergebnisse gut wiedergibt. Die Stärke des Ladungstransfers und das zeitabhängige Verhalten sind dabei stark von den gewählten Parametern für die Tunnelbarriere abhängig. Insbesondere zeigt der Vergleich der Simulationsergebnisse mit dem Experiment, dass transienter Ladungstransfer ein wichtiger Effekt ist und die Kühlungsdynamik, die im Elektronengas der Nanoteilchen beobachtet wird, wesentlich beeinflusst. Auch im Fall der ultradünnen Silberfilme auf Silizium ist es durch gezielte Wahl der Wellenlängen möglich, die Photoelektronenausbeute selektiv dem Silberfilm oder dem Siliziumsubstrat zuzuordnen. Bei Anregung mit 3.1 eV Photonenenergie dominiert Photoemission aus dem Silberfilm, während es bei Anregung mit 4.65 eV möglich ist, Informationen über die Grenzschicht und das Siliziumsubstrat zu erhalten. Intensitätsabhängige Messungen zeigen den Einfluss der optischen Anregung auf den Verlauf der Schottkybarriere an der Metall-Halbleiter-Grenzschicht. Dieser Effekt ist als Oberflächen-Photospannung bekannt. Die Anregung mit 4.65 eV Photonenenergie bewirkt zusätzlich eine Sättigung langlebiger Zustände an der Metall-Halbleiter-Grenzfläche, was zu einer linearen Abhängigkeit der Photoemissionsausbeute von der Laserfluenz führt. Zeitaufgelöste Zweifarb-Mehrphotonen-Photoemissionsmessungen machen es möglich, die Elektronendynamik an der Metall-Halbleiter-Grenzschicht und im Siliziumsubstrat zu untersuchen. Das Relaxationsverhalten der Ladungsträger zeigt dabei eine komplexe Dynamik, die auf die Anregung von Ladungsträgern in unterschiedlichen Bereichen zurückgeführt werden kann. Dabei dominiert für verschiedene Zwischenzustandsenergien die Dynamik entweder aus dem Film, der Grenzschicht oder dem Siliziumsubstrat, so dass das Relaxationsverhalten grob in drei unterschiedliche Energiebereiche eingeteilt werden kann. Im Silizium können aufgrund der Bandlücke mit 3.1 eV Photonenenergie Elektronen nur bis zu Zwischenzustandsenergien von EF + 2.0 eV angeregt werden. In der Tat stimmen die Relaxationszeiten, die man in diesem Bereich aus den zeitaufgelösten Messungen bestimmt, mit Werten von reinen Siliziumsubstraten überein. Für Zwischenzustandsenergien oberhalb von EF + 2.0 eV findet man überwiegend Anregung im Silberfilm. Die Relaxationszeiten für diese Energien entsprechen Werten von Silberfilmen auf einem isolierenden Substrat. Für sehr niedrige Zwischenzustandsenergien unterhalb von EF + 0.6 eV sind die Zustände wegen der vorliegenden experimentellen Bedingungen permanent besetzt. Der Anregepuls regt Elektronen aus diesen Zuständen an und führt daher in diesem Bereich zu einer Reduktion der Besetzung nach der Anregung mit Licht. Die Zeitkonstante für die Wiederbesetzung liegt im Bereich von mehreren 100 ps bis Nanosekunden. Solch lange Zeiten sind aus Rekombinationsprozessen an der Dipolschicht von Metall-Halbleiter-Grenzflächen bekannt. Zeitaufgelöste Mehrphotonen-Photoemissionsspektroskopie ist also sehr gut geeignet, das komplexe Relaxationsverhalten und den Ladungsträgertransfer an der Grenzfläche eines Schichtsystems zu untersuchen.
Die vorliegende Dissertation widmete sich der Aufklärung der Photodissoziationsdynamik der drei Xylyl-Radikale ortho-, meta- und para-Xylyl sowie des Benzyl-Radikals mit Hilfe des Velocity-Map-Imagings. Diese reaktiven Intermediate sind insbesondere im Bereich der Verbrennungschemie von hoher Relevanz, da sie die primären Zerfallsprodukte der Xylole und des Toluols darstellen, welche als Antiklopfmittel in Ottokraftstoffen Verwendung finden.Dementsprechend ist eine Betrachtung des weiteren Zerfalls dieser resonanz-stabilisierten Radikale, insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Rußbildung, von entscheidender Bedeutung.
Für alle drei Xylyl-Radikale konnte eine selektive pyrolytische Generierung aus den entsprechenden 2-(Methylphenyl)ethylnitriten realisiert werden. Die isomerspezifische Identifikation erfolgte mit Hilfe von REMPI-Spektroskopie der jeweiligen D0 -> D3-Übergänge. Nachfolgend wurde die Photodissoziation aller drei Xylyl-Isomere nach Anregung des D3-Zustandes bei ca. 310 nm und nach Anregung der D-Bande bei 250 nm untersucht. Das „einfachste” Experiment stellte in diesem Zusammenhang die Photodissoziation des para-Xylyl-Radikals dar. Es konnte die von Hemberger et al. in thermischen Zerfallsexperimenten beobachtete Reaktion p-Xylyl -> p-Xylylen + H verifiziert werden. Die VMI-Experimente lieferten die Kennwerte <fT>(309.6nm) = 33 % und <fT>(250nm) = 19 % unter Erhalt isotroper Images für beide Anregungswellenlängen. Die dazugehörigen Dissoziationsratenkonstanten wurden zu kH(309.6nm) ≈ 10^8 s-1 und kH(250nm) ≈ 5*10^7 s-1 bestimmt. Es ist verblüffend, dass die Photodissoziation scheinbar bei der höheren Anregungswellenlänge von 309.6 nm (und somit bei geringerer Anregungsenergie) schneller verläuft als bei 250 nm. Darüber hinaus ist es nicht möglich, die beobachteten Raten mittels des statistischen Modells der RRKM-Theorie zu beschreiben. Des Weiteren konnten auch die Translationsenergieverteilungen nicht mit dem „Quack-Fit” für statistische Dissoziationen angefittet werden. Bei der Photodissoziation des para-Xylyl-Radikals liegt eine Dissoziation nach Rückkehr in den rovibronisch hochangeregten elektronischen Grundzustand infolge der Photoanregung vor. Hierbei thermalisiert die innere Energie im elektronischen Grundzustand vor der Dissoziation scheinbar nur teilweise, sodass keine vollständige statistische Verteilung dieser innerhalb des para-Xylyls gegeben ist. Da dies eine Grundvoraussetzung der gängigen statistischen Modelle darstellt, ist es nicht verwunderlich, dass keine quantitative Reproduktion der experimentellen Ergebnisse durch Anwendung dieser Modelle ermöglicht wird.
Bei entsprechenden Experimenten zum ortho-Isomer konnten diese statistischen Modelle ebenfalls nicht zur quantitativen Beschreibung der Dissoziation verwendet werden. Abermals wurde mit kH(311.1nm) ≈ 10^8 s-1 und kH(250nm) ≈ 5*10^7 s-1 eine schnellere Dissoziation bei geringerer Anregungsenergie festgestellt. Dies erscheint demnach charakteristisch für die Xylyl-Radikale. Innerhalb der VMI-Experimente wurden isotrope Verteilungen erhalten, deren Fragmenttranslationsenergieverteilung nach Anregung des D3-Niveaus bei 311.1 nm jedoch nicht durch die von Hemberger et al. beschriebene Hauptreaktion o-Xylyl -> o-Xylylen + H erklärt werden konnte. Eine Fragmentation nach o-Xylyl -> Benzocyclobuten + H konnte auf diesem Weg als Hauptdissoziationspfad identifiziert werden. Innerhalb der Studien von Hemberger et al. ist eine Reaktion zu Benzocyclobuten bei Anregung mit 311.1 nm energetisch nicht zugänglich. Mittels quantenchemischer Rechnung konnte jedoch ein bislang unbekannter, energetisch zugänglicher Reaktionspfad zur Bildung von Benzocyclobuten unter simultaner Ringschlussreaktion und Wasserstofffragmentation identifiziert und charakterisiert werden. Die Kennwerte der Photodissoziationsreaktion des ortho-Xylyls konnten hierdurch zu <fT>(311.1nm) = 30 % und <fT>(250nm) = 16 % bestimmt werden. Wie bereits im Fall des para-Isomers liegt die Vermutung nahe, dass es sich um eine Dissoziation aus dem rovibronisch hoch-angeregten elektronischen Grundzustand handelt, welcher nicht vollständig vor der Fragmentation thermalisiert.
Im Rahmen der Experimente zum letzten der drei Xylyl-Isomere, dem meta-Xylyl-Radikal, konnte mit VMI eine Fragmentation nach m-Xylyl -> m-Xylylen + H als Hauptdissoziationpfad ausgeschlossen werden. Innerhalb der Experimente nach Anregung des D3-Niveaus um 310 nm konnten mit para-Xylylen und Benzocyclobuten zwei Reaktionsprodukte festgestellt werden, welche die erhaltene Translationsenergieverteilung erklären könnten, wobei die entsprechende maximale Überschussenergie einer Fragmentation zu para-Xylylen den Nullabfall der Verteilung geringfügig besser widerspiegelt. Die mittlere Fragmenttranslationsenergie liegt mit <fT>(p-Xylylen) = 29 % respektive <fT>(Bcb) = 25 % leicht unterhalb der entsprechenden Kennwerte der para- beziehungsweise ortho-Xylyl Experimente. Durch die nötige, der Dissoziation vorausgehende Isomerisierung scheint ein höherer Thermalisierungsgrad der Schwingungs- und Rotationsenergie innerhalb des elektronischen Grundzustands erreicht zu werden, aus welchem die geringen <fT>-Werte resultieren könnten. Der Effekt verminderter <fT>-Werte wurde in den Experimenten bei 250 nm nicht gefunden (<fT>(p-Xylylen) = 19 % respektive <fT>(Bcb) = 17 %). Vergleicht man an dieser Stelle die <ET>- anstelle der <fT>-Werte (<ET>(para) = 0.41 eV, <ET>(ortho) = 0.38 eV, <ET>(meta) = 0.41 eV), stellt man fest, dass <ET>(meta) = <ET>(para) gilt und somit ein weiteres Indiz dafür gefunden wurde, dass eine Umlagerung zu para-Xylyl mit anschließender Fragmentation zu para-Xylylen möglicherweise gegenüber jener zum ortho-Isomer mit nachfolgender Bcb-Bildung bevorzugt ist. Dies würde darüber hinaus im Einklang mit den Studien von Hemberger et al. stehen, in welchen beim thermischen Zerfall des meta-Xylyls para-Xylylen als alleiniges Fragmentationsprodukt gefunden wurde. Eine Betrachtung der Umlagerung mittels RRKM wies jedoch keinen bevorzugten Isomerisierungspfad aus. Schlussendlich lässt sich aufgrund der ermittelten Ratenkonstanten (kH(310nm) ≈ 10^8 s-1, kH(250nm) ≈ 4*10^7 s-1) sowie den <fT>-Werten vermuten, dass die Isomerisierung langsamer als die Dissoziation bei 310 nm verläuft, jedoch zumindest auf einer ähnlichen Zeitskala wie die entsprechende Dissoziation nach Anregung bei 250 nm. Eine zweifelsfreie Interpretation der meta-Xylyl Experimente gestaltet sich jedoch als schwierig.
Innerhalb der Studien zur Photodissoziation des Benzyl-Radikals konnten literaturbekannte Daten zur Fragmentation nach Anregung um 250 nm in guter Übereinstimmung reproduziert werden. Die experimentellen Daten zur Untersuchung der Photodissoziation nach Anregung des D3-Niveaus konnten jedoch nicht eindeutig interpretiert werden. Die literaturbekannte Lage des D3-Niveaus bei 305.3 nm konnte mittels REMPI-Spektroskopie reproduziert werden und anschließende 1H-Photofragmentspektren zeigten, dass eine Anregung des D3-Niveaus zur Bildung von Wasserstofffragmenten führt. Die beobachteten 1H-Fragmente zeigten jedoch eine deutlich zu hohe Überschussenergie für eine Einphotonenabsorption, sodass diese Mehrphotonenabsorptionen zugeordnet werden müssen. Es lässt sich vermuten, dass die Wasserstofffragmente aus einer Anregung eines „superexcited states” oberhalb des Ionisationspotentials, wahrscheinlich durch Zweiphotonenabsorption, stammen. Dieser „superexcited state” zeigt scheinbar keine (vollständige) Autoionisation und führt nachfolgend zumindest teilweise zur Fragmentation des Benzyl-Radikals. In der Folge liegt die Vermutung nahe, dass die Energien eines einzelnen 305 nm-Photons nicht zur Initiierung einer Photodissoziation des Benzyl-Radikals ausreichend ist oder aber, dass diese Photodissoziation zu langsam ist, um sie in einem VMI-Experiment zu beobachten. Potential für weitere Experimente zur Photodissoziation des Benzyl-Radikals nach Anregung des D3-Niveaus wird an dieser Stelle nicht gesehen.