546 Anorganische Chemie
Refine
Has Fulltext
- yes (273) (remove)
Is part of the Bibliography
- yes (273)
Year of publication
Document Type
- Doctoral Thesis (132)
- Journal article (111)
- Preprint (30)
Keywords
- boron (46)
- Bor (20)
- diborenes (16)
- Borylene (15)
- Boron (12)
- inorganic chemistry (12)
- borylation (10)
- luminescence (10)
- Übergangsmetallkomplexe (10)
- Borylierung (9)
Institute
- Institut für Anorganische Chemie (268)
- Institut für Physikalische und Theoretische Chemie (10)
- Institut für Organische Chemie (5)
- Institut für Funktionsmaterialien und Biofabrikation (2)
- Fakultät für Chemie und Pharmazie (1)
- Graduate School of Science and Technology (1)
- Institut für Pharmazie und Lebensmittelchemie (1)
- Neurochirurgische Klinik und Poliklinik (1)
- Physikalisches Institut (1)
Sonstige beteiligte Institutionen
- Fakultät für Chemie und chemische Biologie, Technische Universität Dortmund (1)
- Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie (ICT) (1)
- Fraunhofer-Institut für Silicatforschung (1)
- Institut Ruđer Bošković, Zagreb, Croatia (1)
- Institut für Organische Chemie, RWTH Aachen (1)
- Institute for Sustainable Chemistry & Catalysis with Boron (1)
- Institute of Transformative Bio-Molecules, Nagoya University, Nagoya, Japan (1)
- Leibniz-Institut für Katalyse Rostock (1)
- Paul Scherrer Institut (1)
- The Chinese University of Hong Kong (1)
ResearcherID
- D-3057-2014 (1)
In dieser Arbeit konnten 69 neue und neuartige Koordinationspolymere sowie Komplexe mit schwefelhaltigen Liganden auf Selten-Erd-Chlorid-Basis synthetisiert und strukturell charak-terisiert werden.
Durch die Umsetzung der Chloride mit dem Liganden Thiazol konnten bei Raumtemperatur, abhängig vom Ionenradius und der eingesetzten Menge Thiazol, sowohl Koordinationspolymere wie 1∞[LnCl3(thz)6]·thz (Ln = La, Ce), dimere Komplexe [Ln2Cl6(thz)8]·3(thz) (Ln = La, Ce, Pr, Nd), [Pr2Cl6(thz)8] sowie monomere Komplexe [LnCl3(thz)4]2·thz (Ln = Sm , Eu , Tb, Ho) erhalten werden. Mittels temperaturabhängiger Pulverdiffraktometrie und in-situ Infra-rotspektroskopie sowie DTA/TG-Messungen konnte exemplarisch an 1∞[LaCl3(thz)6]·thz und [Pr2Cl6(thz)8] gezeigt werden, dass stufenweise thermisch bedingt Thiazolmoleküle aus den Strukturen abgegeben werden bis hin zur Rückbildung des eingesetzten LnCl3. Unter der Vo-raussetzung, dass die flüchtige Komponente Thiazol resorbiert wird, ist daher ein Kreispro-zess denkbar. Ferner konnten zusätzlich wasserhaltige Phasen wie der vierkernige Cluster [Pr4Cl10(OH)2(thz)8(H2O)2] erhalten werden.
Durch die Zugabe eines geeigneten Linkermoleküls in das Reaktionssystem aus trivalenten Lanthanidchloriden und Thiazol konnten unter solvothermalen Bedingungen eine Vielzahl an Koordinationspolymeren und Komplexen erhalten werden. Als Linker oder als end-on Ligan-den eigneten sich sowohl eine Reihe an ditopischer Pyridylliganden 4,4'-Biypridin (bipy), 1,2-Di-(4-pyridyl)ethen (dpe), trans-1-(2-Pyridyl)-2-(4-pyridyl)ethylen (tppe), 1,2-Di-(4-pyridyl)ethan (dpa), sowie die Diazine Pyrazin (pyz) und Pyrimidin (pym) oder auch Azole wie 1,2,4-Triazol (tzH) und Pyrazol (pzH). Mittels Einkristallstrukturanalyse und pulverdiffrakto-metrischer Methoden konnten die dreidimensionalen Gerüstverbindungen 3∞[LnCl3(dpa)2]·thz (Ln = Ce - Sm, Gd - Lu), die Schichtstrukturen 2∞[Ln2Cl6(bipy)3(thz)2]·thz (Ln = La, Ce), 2∞[LnCl3(tzH)2(thz)]·thz (Ln = Pr, Sm - Gd) und die strangartigen Koordinationspolymere 1∞[LnCl3(bipy)(thz)2]·thz (Ln = Pr, Nd), 1∞[LnCl3(bipy)(thz)2]·thz (Ln = Sm, Eu - Er, Yb), 1∞[Ln2Cl6(dpe)2(thz)4]·dpe (Ln = Ce, Nd), 1∞[LnCl3(dpe)(thz)2]· 0.5 (dpe) 0.5 (thz) (Ln = Sm, Gd - Dy, Er, Yb), 1∞[HoCl3(dpe)(thz)2]·thz, 1∞[La2Cl6(dpa)(thz)6], 1∞[Pr2Cl6(pyz) (thz)6], 1∞[Ln2Cl6(tzH)4(thz)2] (Ln = Pr, Sm, Gd) sowie die Komplexe [LnCl3(tppe)2(thz)2] (Ln = Nd, Tb, Ho, Er), [Ln2Cl6(pyz)(thz)6]·2(thz) (Ln = Tb, Er), [Ln2Cl6(pym)2(thz)4] (Ln = Tb , Er), [LnCl3(pzH)3(thz)2] (Ln = Pr, Gd) charakterisiert werden.
Ferner konnten die erhaltenen Verbindungen weitestgehend auf ihre photolumineszenz-spektroskopischen sowie thermischen Eigenschaften hin untersucht werden. Außerdem konn-ten auch durch direkte Schwefelkoordination an die Ln3+-Zentren eindimensionale Koordina-tionspolymere 1∞[PrCl2(amt)(py)3] (amt- = 3-Amino-5-mercapto-1,2,4-triazolat), [HNEt3]1∞[LnCl2(amt)2] (Ln = Ho, Er) und Komplexe [LnCl2(Mbim)(py)3]·py (Ln = Y, Er; Mbim = 2-Mercaptobenzimdiazolat) generiert werden
Ein Teil der hier vorliegenden Arbeit beschäftigte sich mit der Synthese und Charakterisierung neuer Boran-Addukte. Dabei wurden neben den NHCs IMe und IMeMe die Phosphane PEt3 und PMe3 als stabilisierende Lewisbasen eingesetzt. Neben dem Liganden wurde auch der borgebundene organische Rest variiert (Phenyl und n-Butyl), um deren Einfluss auf die Eigenschaften der Addukte zu untersuchen. Die NHC-stabilisierten Monoborane IMe∙B(nBu)Cl2 (99) und IMeMe∙B(Ph)Cl2 (100) konnten in guten Ausbeuten isoliert und vollständig charakterisiert werden. Zusammen mit dem bereits bekannten Addukt IMe∙B(Ph)Cl2 (98) wurden die analytischen Daten dieser drei Spezies miteinander verglichen, wobei sich die strukturellen Parameter im Festkörper stark ähneln. Die vergleichsweise lange B–CCarben-Bindungen (98: 1.621(3) Å; 99: 1.619(5) Å; 100: 1.631(3) Å) konnten hierbei als Beleg für den dativen Charakter dieser Wechselwirkungen herangezogen werden.
Auch bei den Phosphan-Boran-Addukten Et3P∙B(Ph)Cl2 (112), Et3P∙B(nBu)Cl2 (113) und Me3P∙B(Ph)Cl2 (114) wurden relativ lange dative B–P-Bindungen (112: 1.987(2) Å; 113: 1.980(2) Å; 114: 1.960(3) Å) gefunden, wobei diese in Me3P∙B(Ph)Cl2 (114) deutlich kürzer ist als bei den PEt3-Addukten 112 und 113. Da die Lewisbasizität von PMe3 geringer ist als von PEt3 konnte dieser Befund auf den geringeren sterischen Anspruch von PMe3 zurückgeführt werden.
Die reduktive Umsetzung der Phosphan-Boran-Addukte 112, 113 und 114 mit 1,2-Diphenyl-1,2-dinatriumethan (Na2[C14H12]) verlief in allen Fällen unselektiv und führte nicht zur Bildung eines Phosphan-stabilisierten Borirans. Das gleiche Ergebnis lieferte das NHC-stabilisierte Boran IMe∙B(Dur)Cl2. Im Gegensatz dazu konnten die Addukte 98, 99 und 100 mit NHC-Liganden und kleineren organischen Resten selektiv in die Borirane IMe∙B(Ph)(C14H12) (101), IMe∙B(nBu)(C14H12) (102) und IMeMe∙B(Ph)(C14H12) (103) durch Umsetzung mit Na2[C14H12] überführt werden. Hierbei wurden jene als racemische Gemische erhalten, wobei die Phenylgruppen am C2B-Dreiring ausschließlich trans zueinander orientiert sind. Die sterisch gehinderte Rotation um die B–CCarben-Bindung resultiert in einer Verbreiterung bzw. Aufspaltung der Signale des NHCs im 1H NMR-Spektrum. Die Strukturparameter der Molekülstrukturen im Festkörper von 101, 102 und 103 unterscheiden sich nur geringfügig.
Die NHC-stabilisierten Borirane 101, 102 und 103 weisen trotz der enormen Ringspannung eine erstaunlich hohe Stabilität sogar gegenüber Luft und Wasser auf. Während gegenüber [Pt(PCy3)2] keine Reaktivität beobachtet wurde, erfolgte bei Umsetzung von IMe∙B(Ph)(C14H12) (101) mit [Pt(PEt3)3] eine langsame und unvollständige C–H-Bindungsaktivierung am NHC-Rückgrat unter Bildung des Platin(II)-Komplexes 105. Aufgrund der gehinderten Rotation um die B–CCarben-Bindung wurde hierbei ein racemisches Gemisch von jeweils zwei Rotameren erhalten, welche in den NMR-Spektren in Form zweier Signalsätze zu beobachten waren. Die chemische Verschiebung des platingebundenen Hydrid-Signals bestätigt zudem eine vinylartige Natur des Boriran-Liganden mit starkem trans-Effekt. Die Konstitution von 105 im Festkörper konnte durch eine Einkristallröntgenstrukturanalyse belegt werden, wobei die geringe Qualität des Datensatzes keine Strukturdiskussion zulässt. Erwartungsgemäß ging das Boriran IMeMe∙B(Ph)(C14H12) (103) mit [Pt(PEt3)3] keine Reaktion ein, da der IMeMe-Ligand keine C–H-Einheiten im NHC-Rückgrat aufweist.
Basenfreie Borirane konnten hingegen weder durch Basenabstraktion aus dem NHC-stabilisierten Boriran 101 mit Hilfe starker Lewissäuren (PPB, B(C6F5)3, AlCl3 oder [Lu∙BCl2][AlCl4]), noch durch Reduktion einfacher Dihalogenborane mit Na2[C14H12] realisiert werden. Während die Umsetzungen mit Lewissäuren entweder mit keiner Reaktion oder mit Zersetzung verbunden waren, bestand eine Schwierigkeit des reduktiven Ansatzes in der Wahl des Lösungsmittels, in welchem das Reduktionsmittel generiert wurde. Die meisten polaren Lösungsmittel führten hierbei direkt zur Zersetzung des Borans und lediglich DME erwies sich als geeignet. Jedoch wurde bei der Umsetzung von DurBCl2 mit Na2[C14H12] in DME kein Boriran, sondern das Borolan 109 mit syndiotaktisch angeordneten Phenylgruppen gebildet. Die Molekülstruktur im Festkörper offenbarte hierbei ein planar-koordiniertes Boratom.
Ein weiterer Fokus dieser Arbeit lag auf der Synthese und Reaktivität neuer Phosphan-stabilisierter Diborene. Hierbei konnte zunächst gezeigt werden, dass das sterisch anspruchsvolle Bisphosphan dppe mit ( B(Mes)Br)2 (115) bei Raumtemperatur kein Addukt ausbildet. Bei –40 °C konnten neben freiem dppe auch ein Mono- und ein Bisaddukt im 31P NMR-Spektrum nachgewiesen werden. Im Gegensatz dazu lieferte die Umsetzung von 115 mit dmpe einen nahezu unlöslichen Feststoff, welcher sich in nachfolgenden Reduktionsversuchen als ungeeignet erwiesen hat. Deshalb wurde eine Eintopfsynthese entwickelt, mit der 115 mit KC8 in Gegenwart der jeweiligen Bisphosphane zu den cis-konfigurierten Diborenen (=BMes)2∙dmpe (123), (=BMes)2∙dmpm (126) und (=BMes)2∙dppm (127) umgesetzt werden konnte. Ebenfalls konnte ( B(Mes)Cl)2 (124) selektiv zum Diboren 123 reduziert werden, wobei kein signifikanter Unterschied in Selektivität oder Reaktionszeit beobachtet wurde. Das trans-konfigurierte Diboren (=B(Mes)∙PMe3)2 (122) wurde hingegen durch Reduktion des einfach-stabilisierten Diborans ( B(Mes)Br)2∙PMe3 (119) dargestellt. Anhand der Molekülstrukturen von 122, 123, 126 und 127 im Festkörper konnten die Abstände der B=B-Doppelbindungen (1.55(2)-1.593(2) Å) ermittelt werden. Dabei sind die Boratome nahezu planar von ihren Substituenten umgeben. Durch Analyse der P1–B1–B2-Winkel konnte zudem gezeigt werden, dass das trans-konfigurierte Diboren (=B(Mes)∙PMe3)2 (122) (116.6(3)°) und das cis-konfigurierte Diboren (=BMes)2∙dmpe (123) (118.7(1)°) nahezu ungespannte Spezies darstellen, wohingegen die Fünfring-Systeme (=BMes)2∙dmpm (126) (110.6(2)°) und (=BMes)2∙dppm (127) (110.4(1)°) eine signifikante Ringspannung aufweisen. Mit Hilfe von NMR-Spektroskopie, Cyclovoltammetrie, DFT-Rechnungen und UV-Vis-Spektroskopie konnte der Einfluss der Konfiguration, der Ringgröße und der Lewisbase auf die elektronischen Eigenschaften des Diborensystems untersucht werden.
Hierbei wurde bei nahezu allen Parametern eine Tendenz in der Reihenfolge 122, 123, 126 zu 127 beobachtet. 127 nimmt aufgrund der phosphorgebundenen Phenyl-Substituenten eine gesonderte Rolle im Hinblick auf den HOMO-LUMO-Abstand ein, und es wurde für dieses Diboren erstmals eine Reduktionswelle im Cyclovoltammogramm beobachtet. Einige NMR-Signale der Diborene 122, 123, 126 und 127 wurden aufgrund des Spinsystems höherer Ordnung als virtuelle Signale detektiert, bei denen bei geeigneter Auflösung bzw. Signalüberlappung nur die Summe an Kopplungskonstanten ausgewertet werden konnte. Das HOMO ist bei allen Diborenen auf die B–B-Bindung lokalisiert und weist -Charakter auf.
Versuche, analoge Diborene mit den Lewisbasen dppe, dppbe, dmpbe, (-PR2)2 (R = p MeOC6H4) oder HP(o-Tol)2 zu realisieren und vollständig zu charakterisieren, schlugen fehl. Lediglich die Diborene (=BMes)2∙dppe (132) und (=BMes)2∙dppbe (133) konnten spektroskopisch nachgewiesen werden.
Auch durch reduktive Kupplung von Monoboranen mit chelatisierenden Phosphanen wurde versucht, Diborene darzustellen. Hierzu wurde zunächst die Adduktbildung von Monoboranen und Bisphosphanen untersucht. Während mit dppm kein Addukt nachgewiesen werden konnte, lieferte die Umsetzung von dmpe mit MesBBr2 das Bisaddukt 148.
Als Nebenprodukt dieser Reaktion wurde jedoch auch das Boreniumkation 149 beobachtet, welches sich nicht zur reduktiven Kupplung zum Diboren 123 eignet. Auch bei der Umsetzung von MesBCl2 mit dmpe wurde neben dem Bisaddukt 151 eine zu 149 analoge Spezies gebildet. Die nachfolgende Reduktion von 148 mit KC8 in Benzol war mit der Bildung des Diborens (=BMes)2∙dmpe (123) verbunden, welches allerdings nicht isoliert werden konnte. Auch die Variation des Lösungsmittels, des Reduktionsmittels, der Zugabe, des organischen Restes und der Lewisbase ermöglichte keine selektivere Umsetzung bzw. eine Isolierung des Diborens. Im Gegensatz dazu konnte das Diboren 123 durch reduktive Kupplung des Bisadduktes 151 mit KC8 in Benzol dargestellt und isoliert werden. Im Vergleich zur Synthese von 123 durch Reduktion von ( B(Mes)Br)2 (115) benötigt dieser Ansatz jedoch deutlich längere Reaktionszeiten (zwanzig Tage statt einen Tag) und lieferte schlechtere Ausbeuten (31 % statt 54 %).
Durch Umsetzung mit Wasser konnte (=B(Mes)∙PMe3)2 (122) selektiv in das Hydrolyseprodukt 154 überführt werden. Dieses Produkt konnte, aufgrund geringer Spuren Wasser im Reaktionsgemisch, ebenfalls durch freeze-pump-thaw Zyklen einer Lösung von 122 erhalten werden. Die Identität von 154 als gemischtes sp2-sp3-Diboran konnte mit Hilfe von NMR-Spektroskopie eindeutig erklärt werden.
Zusätzlich konnten zwei weitere mögliche Zersetzungsprodukte durch Einkristallröntgen-strukturanalysen als ( B(Mes)(H)∙PMe3)2 (156) und MesB(OH)2 (155) identifiziert werden.
Die Versuche die Liganden der Diborene (=B(Mes)∙PMe3)2 (122) und (=BMes)∙dppm (127) durch Mono- oder Bisphosphane bzw. IMe auszutauschen verlief nur für 122 mit IMe erfolgreich zum Diboren (=B(Mes)∙IMe)2 (49).
Auch Cycloadditionsreaktionen unter Beteiligung der B=B-Doppelbindung wurden im Detail untersucht. Es hat sich jedoch gezeigt, dass weder eine [4+2]-Cycloaddition von Isopren (mit 122) oder Cyclopentadien (mit 122 oder 123), noch eine [2+2]-Cycloaddition von Acetylen (mit 127), 2-Butin (mit 123 oder 127), Bis(trimethylsilyl)acetylen (mit 122), Di-tert-butyliminoboran (mit 122), Acetonitril (mit 122), Cyclohexen (mit 122), Aceton (mit 127) oder Methacrolein (mit 123 oder 127), sowie eine [2+1]-Cycloaddition von Kohlenstoffmonoxid (mit 123 oder 127) oder Ethylisonitril (mit 127), noch eine [3+2]-Cycloaddition von Trimethylsilylazid (mit 123 oder 127) möglich ist.
Lediglich mit 2-Butin konnte eine selektive Reaktion von (=B(Mes)PMe3)2 (122) zum Phosphan-stabilisierten 1,3-Diboreten 157 herbei geführt werden.
Diese ungewöhnliche Reaktion beinhaltet formal die Spaltung der C≡C-Dreifachbindung, wobei als möglicher Reaktionsmechanismus eine [2+2]-Cycloaddition zum 1,2-Diboreten mit nachfolgender Isomerisierung zum 1,3-Derivat 157 postuliert werden konnte. DFT-Rechnungen an 157 zufolge besitzt das HOMO artigen Charakter und ist über die beiden Boratome und die CMe-Einheit delokalisiert. Demnach konnte 157 als homoaromatisches System mit zwei Elektronen identifiziert werden, was durch die negativen NICS-Werte (NICS(0) = –20.62; NICS(1) = –6.27; NICS(1)` = –14.59) und den unterschiedlich langen B–C-Bindungen des Vierrings in der Molekülstruktur im Festkörper (B–C1: 1.465(4) bzw. 1.486(4) Å; B–C3: 1.666(4) bzw. 1.630(4) Å) weiter bestätigt wurde. Eine Einkristallröntgen-strukturanalyse belegte zudem eine Butterfly-Struktur des 1,3-Diboretens 157 mit einem Kippwinkel = 34.4°. Die Bindung zwischen Phosphoratom und dem Kohlenstoffatom im Vierring liegt mit 1.759(2) Å im Bereich einer dativen Bindung.
Durch Basenabstraktion mit PPB konnte das stabilisierte Diboreten 157 in das basenfreie 1,3-Diboreten 164 überführt werden, welches jedoch nicht isoliert werden konnte. Die NMR-spektroskopischen Parameter von 164 belegen hingegen eindeutig dessen Natur.
Neben Cycloadditionsreaktionen wurde auch das Redoxverhalten des Diborens (=BMes)2∙dppm (127) untersucht. So verlief die Umsetzung von 127 mit Iod hochselektiv zu einer in Lösung vermutlich diamagnetischen Spezies (NMR-aktiv/ESR-inaktiv). Durch Bestimmung der Molekülstruktur im Festkörper stellte sich jedoch heraus, dass diese Umsetzung zu einer Oxidation der elektronenreichen B=B-Doppelbindung unter Bildung des Radikalkations 166 führte (B–B: 1.633(3) Å). Somit wurde eine signifikante Diskrepanz zwischen kristallographischen und spektroskopischen Befunden beobachtet, weshalb die Natur des Reaktionsproduktes in Lösung nicht eindeutig ermittelt werden konnte.
Aus diesem Grund wurde (=BMes)2∙dppm (127) auch mit dem Einelektronenoxidationsmittel [Cp2Fe][PF6] umgesetzt und ESR-spektroskopisch analysiert. Hierbei konnte im ESR-Spektrum das typische 1:2:1-Triplett bei giso = 2.0023 mit A(31P) = 21 G (58 MHz) für ein derartiges Radikalkation detektiert werden.
Die Reduktion von 127 mit Lithium und Natriumnaphthalid lieferte entweder keinen Umsatz (Lithium) oder eine unselektive Zersetzung des Diborens (Natriumnaphthalid). Die Umsetzung mit KC8 verlief jedoch äußerst selektiv zu einer neuen borhaltigen Spezies (11B: = 22.4 ppm; 31P: = 18.6 ppm), welche sich in Anwesenheit des Reduktionsmittels jedoch als nicht stabil erwies und somit nicht isoliert werden konnte. Auch der Versuch durch einen Kationenaustausch mit Li[BArCl4] ein stabileres Produkt zu erhalten schlug fehl.
Im Gegensatz dazu führte die Umsetzung der Diborene (=B(Mes)∙PMe3)2 (122) und (=BMes)2∙dppm (127) mit Cu(I)Cl zur Bildung der Kupferkomplexe 167 und 168, deren Molekülstrukturen im Festkörper vergleichbar zu dem analogen NHC-stabilisierten Kupferkomplex 63 sind (B–B: 1.626(3) Å (167); 1.628(3) Å (168); 1.633(4) Å (63)). Beide Spezies zeigen hierbei erwartungsgemäß ein interessantes photophysikalisches Verhalten, wobei dieses lösungsmittelunabhängig ist und Fluoreszenzprozesse für die Emission verantwortlich sind.
Durch analoge Umsetzung von 127 mit Ag(I)Cl konnte der entsprechende Silberkomplex 169 generiert und NMR-spektroskopisch nachgewiesen werden (11B: = 26.7 ppm; 31P: = 5.4 ppm). 169 erwies sich jedoch als nicht stabil und zersetzte sich im Verlauf der Aufarbeitung zu der bekannten tetranukleare Silberverbindung 170.
Im Rahmen der Reaktivitätsstudien wurden die Diborene 122, 123 und 127 auch noch mit einer Reihe weiterer Reagenzien wie Catecholboran (mit 122 oder 127), THF∙BH3 (mit 127), Brom (mit 127), Iodchlorid (mit 123), ZnCl2 (mit 127), GaCl3 (mit 127), Na[BArF4] (mit 122), ( SPh)2 (mit 127), HCl (127), Wasserstoff (mit 122), Natriumhydrid (mit 127) und Methanol (mit 127) versetzt. Hierbei konnte entweder keine Reaktion oder Zersetzung beobachtet werden. Lediglich bei der Umsetzung von 127 mit Methanol konnte das Zersetzungsprodukt Mesityldimethoxyboran (171) eindeutig charakterisiert werden.
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden Untersuchungen zur Lewis-Basizität von Carbonylkomplexen der Gruppe 8 durchgeführt. Hierzu wurde eine Reihe von Komplexen mit GaCl3 als Lewis-Säure zu den entsprechenden Lewis-Addukten umgesetzt. Durch Analyse der experimentell ermittelten spektroskopischen und strukturellen Parameter sowie auf der Basis von Transferexperimenten wurde die relative Lewis-Basizität dieser Verbindungen zueinander bestimmt.
Durch Umsetzung von Eisenpenta-, -tetra- und -tricarbonylkomplexen mit den sterisch anspruchslosen Liganden PMe3, IMe und CNtBu mit der Lewis-Säure GaCl3 wurde eine Serie von GaCl3-Addukten dargestellt und diese durch NMR- und IR-Spektroskopie sowie Röntgenstruktur- und Elementaranalyse vollständig charakterisiert.
Während die Eisentetracarbonyladdukte 36-38 die gleiche cis-Geometrie aufweisen ist die Adduktbildung bei den Eisentricarbonylen 43-45 mit Konformationsänderungen in den Addukten 46, 48 und 49 verbunden. Hierbei zeigen die GaCl3-Addukte 46, 48 und 49 drei unterschiedliche Geometrien. Vergleicht man die Fe-Ga-Bindungslängen beziehungsweise die Winkelsummen der ClGa-Cl-Winkel, so zeichnet sich ein Trend für die Lewis-Basizität in Abhängigkeit von der Natur der σ-Donorliganden ab. Demnach weisen die IMe-substituierten Eisencarbonyle im Vergleich zu den PMe3- beziehungsweise tBuNC-substituierten Analoga die höchste Lewis-Basizität auf. Zudem konnte belegt werden, dass die Lewis-Basizität auch durch die Anzahl an σ-Donorliganden im Komplex erhöht wird.
Die schrittweise Erhöhung des sterischen Anspruchs der Liganden in den Eisencarbonylen erschwert die Adduktbildung und äußert sich auch in der trans-ständigen Anordnung der Lewis-Säure. Die Gegenwart von zwei sterisch anspruchsvollen Liganden verhindert indes die Adduktbildung mit GaCl3 und es kommt zu einer Disproportionierung der Lewis-Säure in eine kationische [GaCl2]+-Einheit, welche an das Eisenzentrum koordiniert und eine anionische [GaCl4]--Einheit, die als Gegenion fungiert.
Neben dem elektronischen und sterischen Einfluss der Liganden auf die Lewis-Basizität und die Adduktbildung in Eisencarbonylen wurde auch der Einfluss des Zentralatoms untersucht. Hierzu wurden analoge Ruthenium- und Osmiumcarbonyle dargestellt und mit der Lewis-Säure GaCl3 umgesetzt. Hierbei wurde die Ligandensphäre im Vergleich zu den Eisencarbonylen nicht verändert.
Um die M-Ga-Bindungsabstände untereinander vergleichen zu können, wurde aufgrund der unterschiedlichen Kovalenzradien der Zentralmetalle der relative Abstand (drel) herangezogen, wodurch die relativen Lewis-Basizitäten abgeschätzt werden konnten. Hierbei konnte der gleiche Trend wie bei den Eisencarbonyladdukten beobachtet werden, dass mit steigender Anzahl an σ-Donorliganden die Lewis-Basizität erhöht wird. Weiterhin liegt aufgrund der kleineren drel-Werte die Vermutung nahe, dass sowohl Ruthenium-, als auch Osmiumcarbonyle Lewis-basischer sind als die entsprechenden Eisencarbonyle.
Diese Befunde wurden weiterhin durch Transferexperimente untermauert. Hierzu wurden verschiedene GaCl3-Addukte mit Carbonylkomplexen in CD2Cl2 umgesetzt und eine eventuelle Übertragung der Lewis-Säure GaCl3 NMR-spektroskopisch verfolgt. Hierdurch konnte gezeigt werden, dass die Lewis-Säure GaCl3 jeweils erfolgreich auf die Komplexe mit der höheren Anzahl an σ-Donorliganden übertragen wird, was deren höhere Lewis-Basizität belegt. Zudem konnte bestätigt werden, dass Ruthenium- und Osmiumcarbonyle Lewis-basischer als die analogen Eisencarbonyle sind, zwischen Ruthenium und Osmium bei gleicher Ligandensphäre jedoch kaum Unterschiede in der Lewis-Basizität vorgefunden werden. Zusätzlich wurden auch ausgewählte Gruppe 8-Carbonyladdukte mit dem literaturbekannten Platinkomplex [(Cy3P)2Pt] (7) umgesetzt. Hierbei wurde in allen Fällen ein Transfer von GaCl3 auf die Platinverbindung beobachtet, welche demnach die stärkste Lewis-Base in dieser Studie darstellt.
Neben einkernigen GaCl3-Addukten wurden auch dinukleare Gruppe 8-Carbonyle dargestellt. Hierzu wurde anstelle von GaCl3 die Lewis-Säure Ag+ eingesetzt, was zur Bildung der zweikernigen Addukte 83-86 führte. Hierdurch konnte gezeigt werden, dass neben den Hauptgruppenmetallen wie Gallium auch Gruppe 8-Addukte mit Übergangsmetallen zugänglich sind.
Des Weiteren konnten die zweikernigen Komplexe 87-89 mit chelatisierenden beziehungsweise verbrückenden Liganden dargestellt und deren Reaktivität gegenüber GaCl3 untersucht werden. Der Unterschied zwischen diesen beiden Ligandenarten besteht darin, dass der M-M-Abstand bei Verwendung von chelatisierender Liganden eher gering ist, weshalb hier immer noch M-M-Wechselwirkungen möglich sind, während diese bei Verwendung eines Brückenliganden verhindert werden.
Ausgewählte Gruppe 8-Carbonyle wurden auch in Bezug auf ihre katalytische Aktivität in der Hydrosilylierung von Benzaldehyd (90) mit Phenylsilan (91) untersucht. Hierbei konnte gezeigt werden, dass NHC-substituierte Carbonylkomplexe einen höheren Umsatz ermöglichen als Phosphan- oder Isocyanid-substituierte Verbindungen. Zudem wurde deutlich, dass die analogen Ruthenium- und Osmiumcarbonyle eine wesentlich geringere Aktivität bei der Hydrosilylierung aufweisen als die Eisenanaloga, trotz einer höheren Lewis-Basizität.
Abschließend konnten Halogenidabstraktionsreaktionen exemplarisch an den GaCl3-Addukten 46, 66 und 76 durch Umsetzung mit GaCl3 demonstriert werden, wodurch die kationischen dimeren Komplexe 104-106 erhalten wurden. In diesen Komplexen sind formal zwei [(Me3P)2(OC)3M-GaCl2]+-Einheiten durch Ga-Cl-Wechselwirkungen miteinander verbrückt. Im Gegensatz dazu führte die Umsetzung von 46, 66 und 76 mit Na[BArCl4] (101) zu keiner Chloridabstraktion. Stattdessen konnte eine Verbrückung zweier GaCl3-Adduktfragmente durch zwei Natriumkationen beobachtet werden.
Zusammenfassung
Die vorliegende Arbeit wurde in drei Teilbereiche untergliedert. Der erste Teil beschäftigte sich mit der Untersuchung des anionischen Systems K[(OC)3M(PMe3)(SiR3)] (M = Fe, Ru, Os; R = Me, Et, Ph) und dessen Reaktivität gegenüber Dihalogenboranen. Der zweite Teil widmete sich der Untersuchung der Reaktivät des Eisenbis(borylen)komplexes 45 gegenüber verschiedenen Lewis-Basen und Lewis-Säuren. Im letzten Teil der Arbeit wurde die Insertion von Metallfragmenten der Übergangsmetalle der Gruppe 8 in die M=B-Doppelbindung des Borylenkomplexes 28 untersucht.
Durch Umsetzungen der anionischen Osmiumverbindung 64 mit Cl2BDur und Br2BDur konnten die Borylkomplexe 67 und 68 erhalten werden (SCHEMA 56). Die Untersuchungen zum sterischen Einfluss des Silylsubstituenten zeigten, dass die Osmiumkomplexe 65 und 66 mit SiEt3- bzw. SiPh3-Substituenten in die entsprechenden Borylkomplexe überführt werden können, wobei diese Spezies nicht analysenrein isoliert werden konnten.
Der Borylkomplex 68 konnte nachfolgend weder unter thermischen Bedingungen, noch unter Verwendung der Lewis-Base Pyridin bzw. des Halogenabstraktionsmittels Na[BArCl4] in einen terminalen Osmiumborylenkomplex umgewandelt werden (Schema 57).
Anfängliche Studien zur Reaktivität der anionischen Rutheniumverbindungen 81-83 gegenüber Dihalogenboranen haben sich auf den sterischen Einfluss der borgebundenen Arylsubstituenten konzentriert. Hierdurch konnte gezeigt werden, dass eine Ph-Substitution keine ausreichende Stabilisierung der entstehenden Borylkomplexe liefert. Im Gegensatz dazu erwies sich der sterische Anspruch von Duryl- und Mesitylsubsituenten als ideal für die Bildung stabiler Borylkomplexe, wohingegen die sterische Überfrachtung der Supermesityl- und Terphenylsubstituenten eine Salzeliminierungsreaktion von vornherein verhindert.
Der Einfluss des Halogensubstituenten in X2BDur (X = Cl, Br) wurde anhand der Reaktivität gegenüber 81 näher untersucht. In beiden Fällen konnten die entsprechenden Borylkomplexe 84 und 85 isoliert und charakterisiert werden. Da bei der Umsetzung mit Br2BDur auch noch weitere Produkte zu erkennen waren, wurde der sterische Einfluss des Silylsubstituenten in 82 und 83 auf die Produktverteilung bei Reaktion mit Br2BDur untersucht. Es hat sich gezeigt, dass die Wahl der Reaktionsbedingungen einen starken Einfluss auf den Reaktionsverlauf ausübt. So konnte durch regelmäßiges Entgasen der Reaktionslösung der Rutheniumborylenkomplex 86 erhalten werden, während eine thermische Reaktionsführung unter CO-Atmosphäre selektiv zu einer Silylboraneliminierung führte, dessen Produkt indirekt über die Bildung von [(OC)4Ru(PMe3)] (75) nachgewiesen werden konnte (Schema 59).
Während die Umsetzung der analogen Eisenspezies K[(OC)3Fe(PMe3)(SiEt3)] (92) mit Cl2BDur lediglich zu Zersetzung führte, konnte im Verlauf der Reaktion mit Br2BDur eine neue, sehr interessante Reaktivität beobachtet werden. Hier war die Salzeliminierungsreaktion mit einer Alkylboraneliminierung verbunden, wobei der intermediär entstehende Silylenkomplex (95) in situ zum dinuklearen, zweifach-verbrückten Bis(silylen)komplex 94 dimerisierte (SCHEMA 60). Unter photolytischen Bedingungen konnte 94 weiter in den dreifach-verbrückten Bis(silylen)komplex 96 überführt werden, welcher den ersten strukturell charaktersierten Komplex dieser Art darstellt.
In SCHEMA 61 sind alle relevanten Reaktivitäten des Systems K[(OC)3M(PMe3)(SiR3)] gegenüber X2BDur (X = Cl, Br) zusammen mit den Ergebnissen vorangegangener Arbeiten in einer Übersicht dargestellt.
Der zweite Teil dieser Arbeit beschäftigte sich mit der Reaktivität des Eisenbis(borylen)komplexes [(OC)3Fe(=BDur){=BN(SiMe3)2}] (45). Zunächst wurde 45 mit verschiedenen Lewis-Basen umgesetzt. Während die Umsetzungen mit verschiedenen NHCs (IMe, IMes, IDipp) nur zu Zersetzung führte, konnte durch die Reaktion mit cAACMe der außergewöhnliche Komplex 98 isoliert und vollständig charakterisiert werden (SCHEMA 62). Dieser stellt das erste Beispiel für eine intramolekulare Spaltung eines Carbonylliganden in einem einkernigen Komplex dar.
Anschließend wurde die Reaktivität von 45 gegenüber den Lewis-Säuren BBr3, AlBr3 und GaBr3 untersucht. Während die Umsetzung von 45 mit AlBr3 lediglich zu Zersetzung führte, konnte mit GaBr3 als Hauptprodukt Br2BDur nachgewiesen werden. In einem möglichen Reaktionsmechanismus ist die Reaktion mit einer 1,2-Addition des GaBr3 unter Bildung eines Gallylkomplexes verbunden, welcher nach Abspaltung von Br2BDur in einen instabilen Gallylenkomplex übergeht (SCHEMA 63).
Die Umsetzung von 45 mit BBr3 lieferte bei tiefen Temperaturen den zweikernigen Tris(borylen)komplex 100 (SCHEMA 64), welcher ein Analogon des wohlbekannten Fe2(CO)9 darstellt.
Das abschließende Kapitel dieser Arbeit befasste sich mit der Insertion von Metallfragmenten der Gruppe 8-Übergangsmetalle in die M=B-Doppelbindung von [(OC)5Mo=BN(SiMe3)2] (28). Während bei den Umsetzungen von 28 mit [(OC)4Fe(PMe3)] (90) und [(OC)4Ru(PMe3)] (75) die MOLPs 104 und 105 nur NMR-spektroskopisch nachgewiesen werden konnten, war die Isolierung des MOLPs 103 sowie dessen strukturelle Charakterisierung möglich (SCHEMA 65). Bemerkenswert ist hierbei, dass die Reaktion sowohl unter thermischen als auch unter photolytischen Bedingungen durchgeführt werden kann.
1 We studied the effect of temperature on the binding to rat heart \(M_2\) muscarinic receptors of antagonists related to the carbon/silicon pairs pridinol/sila-pridinol and diphenidol/sila-diphenidol (including three germanium compounds) and six structurally related pairs of enantiomers [(R)- and (S)-procyclidine, (R)- and (S)-trihexyphenidyl, (R)- and (S)-tricyclamol, (R)- and (S)-trihexyphenidyl methiodide, (R)- and (S)-hexahydro-diphenidol and (R)- and (S)-hexbutinol]. Binding affinities were determined in competition experiments using \([^3H]\)-N-methyl-scopolamine chloride as radioligand. The reference drugs were scopolamine and N-methyl-scopolamine bromide.
2 The affinity of the antagonists either increased or decreased with temperature, van 't Hoff plots were linear in the 278–310°K temperature range. Binding of all antagonists was entropy driven. Enthalpy changes varied from large negative values (down to \(−29 kJ mol^{−1}\)) to large positive values (up to \(+ 30 kJ mol^{−1}\)).
3 (R)-configurated drugs had a 10 to 100 fold greater affinity for \(M_2\) receptors than the corresponding (S)-enantiomers. Enthalpy and entropy changes of the respective enantiomers were different but no consistent pattern was observed.
4 When silanols \((R_3SiOH)\) were compared to carbinols \((R_3COH)\), the affinity increase caused by C/Si exchange varied between 3 and 10 fold for achiral drugs but was negligible in the case of chiral drugs. Silanols induced more favourable enthalpy and less favourable entropy changes than the corresponding carbinols when binding. Organogermanium compounds \((R_4Ge)\) when compared to their silicon counterparts (R4Si) showed no significant difference in affinity as well as in enthalpy and entropy changes.
5 Exchange of a cyclohexyl by a phenyl moiety was associated with an increase or a decrease in drug affinity (depending on the absolute configuration in the case of chiral drugs) and generally also with a more favourable enthalpy change and a less favourable entropy change of drug binding.
6 Replacement of a pyrrolidino by a piperidino group and increasing the length of the alkylene chain bridging the amino group and the central carbon or silicon atom were associated with either an increase or a decrease of entropy and enthalpy changes of drug binding. However, there was no clear correlation between these structural variations and the thermodynamic effects.
7 Taken together, these results suggest that hydrogen bond-forming OH groups and, to a lesser extent, polarizable phenyl groups contribute significantly to the thermodynamics of interactions between these classes of muscarinic antagonists and \(M_2\) muscarinic receptors.
The 2,2,5,5-tetraorganyl-1,4-dioxa-2,5-disilacyclohexanes 2a-2c were prepared by condensation of the corresponding (hydroxymethyl)diorganylsilanes 1 a-1 c. The constitution of the heterocycles was confirmed by elemental analyses, cryoscopic measurements, mass spectrometry, and NMR-spectroscopic \((^1H, ^{13}C)\) investigations. The molecular structure of 2 b was determined by X-ray diffraction analysis.
In the course of systematic investigations on sila-substituted parasympatholytics the diphenyl(2-aminoethoxymethyl)silanols 3b and 4b (and its carbon analogue 4a) were synthesized and characterized by their physical and chemical properties. In the solid state 4a and 4b form strong O-H---N hydrogen bonds, which are intramolecular (4a) and intermolecular (4b), respectively. 4a and 4b were found to be weak antimuscarinic agents (4b >4a) and strong papaverine-like spasmolytics (4a ≈4b).
The potentially curare-like silicon compounds 8a- 8f were synthesized and investigated with respect to their structure-activity relationships. The conformations of the compounds in the solid state and in solution were studied by X-ray diffraction analysis (8a- 8e) and IR NMR spectroscopy (8a- 8f), respectively. The muscle relaxing properties of 8a- 8f were investigated on the mouse. The observed structure-activity relationships are not in accordance with the classical "14 Å model" for neuromuscular blocking agents.
Sila-difenidol (6b), a sila-analogue of the drug difenidol (6a), was synthesized according to Scheme 1. 6b and its new precursors 3 and 5 were characterized by their physical and chemical properties, and their structures confirmed by elementary analyses, 1H NMR and mass spectroscopy. 6 b crystallizes orthorhombic \(P2_12_12_1\) with a = 11.523(1), b = 14.366(4), c = 11.450(1) Å, Z = 4, \(D_{ber} = 1.14 gcm^{-3}\). The structure was refined to R = 0.050 for 1897 reflexions. A strong nearly linear intramolecular O-H···N hydrogen bond of 2.685 Å is observed. The anticholinergic, histaminolytic and musculotropic spasmolytic activities of 6 a and 6 b are reported.
In the course of systematic studies on sila-substituted drugs the nifedipine-like 1.4-dihydropyridine derivatives 4a, 4b and 4c were prepared and investigated with respect to sila-substitution effects. By X-ray diffraction analyses 4a, 4b and 4c were found to be isostructural. The C/Si-analogues exhibit similar spasmolytic activities (in vitro, guinea pig ileum), comparable with that of nifedipine. However, the compounds differ substantially in their in vivo activity, as measured by the antihypertensive effect on the renal-hypertensive rat. The experimental results are discussed with respect to the carbon/silicon exchange.
Studies were performed in the rabbit aortic rings, precontracted with norepinephrine, to determine the subtype(s) of muscarinic receptors involved in endothelium-dependent relaxation and contraction in the absence of endothelium elicited by cholinergic stimuli. Acetylcholine (ACh) and arecaidine propargyl ester (APE), a M2 and M3 agonist, produced a dose-dependent relaxation and contraction in endothelium-intact and endothelium-denuded rabbit aortic rings, respectively. Both of these responses were blocked by the muscarinic receptor antagonist atropine. M1 selective agonist McN-A-343 [4-[N-(3-chlorophenyl)carbamoyloxy]-2-butinyltrimethylammonium+ ++ chloride] did not produce any effect on the tone of precontracted aortic rings. ACh- and APE-induced relaxation in aortic rings with intact endothelium was selectively blocked by M3 receptor antagonists hexahydrosila-difenidol and p-fluoro-hexahydro-sila-difenidol (pA2 of 7.84 and 7.18) but not by M1 antagonist pirenzepine or M2 receptor antagonists AF-DX 116 [11-(2-[(diethylamino)methyl]- 1-piperidinyl]acetyl)-5, 11-dihydro-6H-pyrido-[2,3-b][1,4]-benzo-diazepin-6-one] and methoctramine. ACh- and APE-induced contraction was inhibited by M2 receptor antagonists AF-DX 116 and methoctramine (pA2 of 7.11 and 6.71) but not by pirenzepine, hexahydro-sila-difenidol or p-fluoro-hexahydro-sila-difenidol. ACh- and APE-induced relaxation or contraction were not altered by nicotinic receptor antagonist hexamethonium or cyclooxygenase inhibitor indomethacin. These data suggest that relaxation elicited by cholinergic stimulin in endothelium-intact aortic rings is mediated via release of endothelium-derived relaxing factor consequent to activation of M3 receptors located on endothelial cells, whereas the contraction in aortic rings denuded of their endothelium is mediated via stimulation of M2 receptors located on smooth muscle cells.
Muscarinic receptors mediating acid secretion in isolated rat gastric parietal cells are of M3 type
(1990)
Five subtypes of muscarinic receptors have been identified by pharmacological and molecular biological methods. The muscarinic receptor subtype mediating acid secretion at the level of the parietal cell was unknown. Therefore, this study was performed to characterize muscarinic receptors on rat gastric parietal cells using the 3 subtype-selective antagonists hexahydrosiladifenidol and silahexocyclium, which have high affinity for glandular M3 subtypes, and AF-DX 116, which has high affinity to cardiac M2 receptors. The affinity of these antagonists was determined by radioligand binding experiments. In addition, their inhibitory potency on carbachol-stimulated inositol phosphate production was investigated. Inhibition of carbachol-stimulated aminopyrine uptake was used as an indirect measure of proton production. Both M3 antagonists, hexahydrosiladifenidol and silahexocyclium, had nanomolar affinities for parietal cell muscarinic receptors and potently antagonized inositol phosphate production with nanomolar Ki values. Silahexocyclium similarly antagonized aminopyrine accumulation while hexahydrosiladifenidol behaved as a noncompetitive antagonist. AF-DX 116 was a low-affinity ligand and a weak competitive antagonist at parietal-cell muscarinic receptors. It was concluded that muscarinic M3 receptors mediate acid secretion probably by activation of the phosphoinositide second messenger system in rat gastric parietal cells.
The trimethylsilylalkyl acetoacetates 1 b and 2 b as well as their carba analogues 1 a and 2 a have been reduced microbiologically by Kloeckera corticis (ATCC 20109), leading to the corresponding ( + )-3(S)-hydroxybutanoates 3b, 4b, 3a, and 4a. The enantiomeric purity was found to be 80% (3a, 3b, 4b) and 65% (4a), respectively. The reduction of lb and 2b is - to our knowledge - the first example for a controlled microbiological transformation of organosilicon substrates.
The synthesis and the thermal behaviour of the (methylphenylsilyl)methyl carbonates \(CH_3(C_6H_5)Si(H)CH_2OC(O)X (6: X = OCH_3; 7: X = Cl; 8: X = N(CH_3)_2)\) is described. 8 rearranges in toluene solution at 100 °C quantitatively to give the carbam oyloxysilane \(C_6H_5(CH_3)_2SiOC(O)N(CH_3)_2\) (11), whereas neat 6 and 7 at 135 °C undergo quantitative formation of \(C_6H_5(CH_3)_2SiOCH_3\) (12) and \(C_6H_5(CH_3)_2SiCl\) (13), respectively. The formation of 12 and 13 is explained by a rearrangement reaction (by analogy to the rearrangement of 8), follow ed by a decarboxylation. The thermally induced transformations 6 →12, 7 →13, and 8 →11 were found to be first-order reactions with half-lifes of ~2.6 h (135 °C, neat), ~4.5 h (135 °C, neat), and ~3.7 h (100 °C, in toluene), respectively.
Five subtypes of muscarinic receptors have been distinguished by pharmacological and molecular biological methods. This report characterizes the muscarinic subtype present in human gastric mucosa by radioligand binding studies. The receptor density was 27 ± 6 fmol/mg protein and the tritiated ligand N-methylscopolamine had an affinity of (Kn) 0.39 ± 0.08 nM (n = 11). The M1 receptor selective antagonist pirenzepine and the M2 receptor selective ligand AF-DX 116 had low affinities of 148 ± 32 nM (n = 13) and 4043 ± 1011 nM (n = 3) K n , respectively. The glandular M3 antagonists hexahydrosiladifenidol and silahexocyclium had high affinities ofKn 78 ± 23 nM (n = 5) and 5.6 ± 1.8 nM (n = 3). The agonist carbachol interacted with a single low-affinity site and binding was insensitive to modulation by guanine nucleotides. Antagonist and agonist binding studies thus showed an affinity profile typical of M3 receptors of the glandular type.
Organosilicon compounds 8, 9 and 10 with potential curare-like action and their precursors 0, 6 and 7 were synthesized for the first time. 0-10 were characterized by their physical and chemical properties, and their structures were confirmed by analyses, IH NMR and mass spectroscopy (only for 0-7). The pharmacological and toxicological data of 8, 9 and 10 are reported.
1 We have compared the binding properties of several hexocyclium and sila-hexocyclium derivatives to muscarinic Ml receptors (in rat brain, human neuroblastoma (NB-OK I) cells and calf superior cervical ganglia), rat heart M2 receptors, rat pancreas M3 receptors and M4 receptors in rat striatum, with their functional antimuscarinic properties in rabbit vas deferens (Ml/M4-like), guinea-pig atria (M2), and guinea-pig ileum (M3) muscarinic receptors.
2 Si la-substitution (C/Si exchange) of hexocyclium (~ sila-hexocyclium) and demethyl-hexocyclium (~demethyl-sila-hexocyclium) did not significantly affect their affinities for muscarinic receptors. By contrast, sila-substitution of demethoxy-hexocyclium increased its affinity 2 to 3 fold for all the muscarinic receptor subtypes studied.
3 The p-fluoro- and p-chloro-derivatives of sila-hexocyclium had lower affinities than the parent
compound at the four receptor subtypes, in binding and pharmacological studies.
4 In binding studies, o-methoxy-sila-hexocyclium (Ml = M4 ~ M3 ~ M2) had a much lower affinity than sila-hexocyclium for the four receptor subtypes, and discriminated the receptor subtypes more poorly than sila-hexocyclium (Ml = M3> M4> M2)' This is in marked contrast with the very clear selectivity of demethoxy-sila-hexocyclium for the prejunctional MtlM4-like heteroreceptors in rabbit vas deferens.
5 The tertiary amines demethyl-hexocyclium, demethyl-sila-hexocyclium and demethyl-o-methoxy-silahexocyclium had 10 to 30 fold lower affinities than the corresponding quaternary ammonium derivatives.
Aufbauend auf dem Konzept der C/Si-Bioisosterie beschreibt die vorliegende Arbeit die Synthese und biologische Charakterisierung siliciumorganischer Wirkstoffe sowie Beiträge zur Synthese von siliciumorganischen Synthese-Bausteinen unter Verwendung der Silicium-Schutzgruppen MOP (4-Methoxyphenyl), DMOP (2,6-Dimethoxyphenyl) und TMOP (2,4,6-Trimethoxyphenyl). Die entsprechenden Zielverbindungen sowie alle isolierten Zwischenstufen wurden durch NMR-Spektroskopie in Lösung (1H, 13C, 29Si) und Elementaranalyse (C, H, N) bzw. HRMS-Analytik (ESI) charakterisiert. Zusätzlich konnte in einigen Fällen eine strukturelle Charakterisierung durch Einkristall-Röntgenstrukturanalyse realisiert werden.
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Anwendung des Sulfonyl-stabilisierten Methandiids 20-Li2 als Ligand in Übergangsmetallkomplexen. Dabei konnte 20-Li2 mit ver-schiedenen Übergangsmetallhalogeniden in Salzmetathesereaktionen umgesetzt werden. Insgesamt wiesen die synthetisierten Methandiid-basierten Komplexe flexible Bindungsverhältnisse bezüglich der MC-Bindung und unterschiedliche Koordinationsmodi der Sulfonyl-Gruppe auf, die die Stabilität und Reaktivität der Komplexe signifikant beeinflussten. In Abhängigkeit von der chemischen Natur des Metallfragmentes und der Co Liganden konnten Carbenkomplexe mit einer ylidischen M-C-Wechselwirkung (A) und solche mit einer echten M=C-Doppelbindung (B) zugänglich gemacht werden. Dabei gelang die Etablierung einer Vielzahl an neuen Komplexen sowohl mit frühen (Zirkonium) als auch späten (Palladium, Ruthenium, Iridium) Übergangsmetallen. Die synthetisierten Verbindungen zeigten dabei unterschiedliche strukturelle und elektronische Eigenschaften, was zu deren Unterteilung in die zwei Komplexklassen A und B führte. So konnte bei der Umsetzung von Methandiid 20-Li2 mit Zirkonocendichlorid die selektive Bildung des Zirkonocenkomplexes 50 beobachtet werden, bei dem NMR spektroskopische (z.B. Hochfeldverschiebung des 13C NMR-Signals des Carben-Kohlenstoffatoms) und röntgenstrukturanalytische (z.B. Pyramidalisierung des „Carben“-Kohlenstoffatoms) Untersuchungen erste Hinweise darauf lieferten, dass sich 50 nicht als Carbenkomplex mit einer Zr=C-Doppelbindung beschreiben lässt. Dies konnte durch quantenchemische Rechnungen bestätigt werden, wobei die „Natural Bond Orbital“-Analyse (NBO-Analyse) eine deutliche negative Ladung am zentralen Kohlenstoffatom (qc = 1.42) und somit dessen nukleophilen Charakter aufdeckte. Zusätzlich lieferten die Rechnungen eine deutlich positive Ladung am Zirkoniumatom (qZr = 1.35), weshalb die Zr-C-Interaktion in 50 am besten mit einer ylidischen Wechselwirkung beschrieben wird. Ähnliche Resultate konnten auch bei den aus den Umsetzungen von 20-Li2 mit [(PPh3)2PdCl2] bzw. [(PPh3)3RuCl2] erhaltenen Komplexen 51a bzw. 52-Int beobachtet werden. Wie für Verbindung 50 ergab die NBO-Analyse von 51a bzw. 52-Int zwar eine Bindung zwischen Metall- und Kohlenstoffatom, interessanterweise aber keine Wechselwirkung. Aufbauend auf der elektronischen Struktur von 51a bzw. 52-Int zeichnen sich die beiden Komplexe durch eine hohe Instabilität und Reaktivität aus. Dabei bildete 51a in Lösung diverse Zersetzungsprodukte, während der Ruthenium-Carbenkomplex 52-Int selektiv die Phenylgruppe des Sulfonyl-Substituentens in ortho Position unter Ausbildung der cyclometallierten Spezies 52 intramolekular deprotonierte. Das Cyclometallierungsprodukt 52 konnte in einer Ausbeute von 62% isoliert und vollständig charakterisiert werden.
Die schwache -Interaktion zwischen Metall- und Kohlenstoffatom konnte im Falle der Palladium- und Rutheniumkomplexe auf den Elektronenreichtum der späten Übergangsmetalle zurückgeführt werden, welcher durch die guten Donor- und schlechten Akzeptoreigenschaften der Phosphan-Liganden zusätzlich verstärkt wurde. Durch Austausch der Triphenylphosphan-Liganden in der Rutheniumdichlorid-Vorstufe gegen das Aren p-Cymol konnte die elektronische Natur am Metallfragment derartig beeinflusst werden, dass ein selektiver Zugang zu Ruthenium-Carbenkomplex 53 gelang. Verbindung 53 konnte in einer guten Ausbeute von 86% in Form eines dunkelvioletten Feststoffes isoliert und vollständig charakterisiert werden. Dass es sich bei 53 tatsächlich um einen Carbenkomplex mit einer M=C-Doppelbindung handelt, konnte mithilfe der Molekülstruktur im Festkörper, den NMR-spektroskopischen Daten und der berechneten elektronischen Struktur bestätigt werden. So wies 53 eine kurze Ru=C-Bindung und eine planare Koordinationsumgebung des zentralen Kohlenstoffatoms [Winkelsumme: 358.9(1) Å] auf. Zusätzlich sprachen die im Vergleich zu Methandiid 20-Li2 verlängerten P-C- und C-S-Abstände für geschwächte elektrostatische Wechselwirkungen im Ligand-Rückgrat und somit für einen effizienten Elektronentransfer vom Methandiid zum Metall. Die NBO-Analyse ergab sowohl eine - als auch -Wechselwirkung der M-C-Bindung mit einer nur leichten Polarisierung zum Kohlenstoffatom. Ähnliche Beobachtungen (kurzer Ir-C-Abstand, Planarität am Kohlenstoffatom, reduzierte elektrostatische Wechselwirkungen im Ligand-Rückgrat, NBO-Analyse) wurden ebenfalls für den Iridium-Carbenkomplex 53 gemacht.Die negativere Ladung am Carben-Kohlenstoffatom wies hierbei allerdings auf einen leicht ylidischeren Charakter der MC-Bindung als im Ruthenium-Analogon 53 hin.
Aufbauend auf der elektronischen Natur der M=C-Bindung ergaben sich unterschiedliche Reaktivitäten der Carbenkomplexe. Während der Zirkonocenkomplex 50 gegenüber Aldehyden, Ketonen und Disulfiden entweder keine Reaktivität oder Zersetzung zum zweifach protonierten Liganden zeigte, erfolgte ausgehend von Ruthenium-Carbenkomplex 52-Int die intramolekulare CH-Aktivierung zu 52. Im Gegensatz dazu konnte der Ruthenium-Carbenkomplex 53 in einer Vielzahl von EH-Bindungsaktivierungen eingesetzt werden.
Dabei konnten zahlreiche E-H-Bindungen bei Raumtemperatur aktiviert und das nicht-unschuldige Verhalten des Methandiid-Liganden unter Beweis gestellt werden. So konnten die O-H- und N-H-Bindungen in einer Serie von Alkoholen und Aminen, die P-H-Bindung in sekundären Phosphanoxiden und die hydridischen SiH- und BH-Bindungen in Silanen und Boranen durch 53 gespalten werden. Durch röntgenstrukturanalytische Aufklärung der Molekülstrukturen im Festkörper konnte gezeigt werden, dass die Bindungsaktivierung im Allgemeinen unter 1,2-Addition der Substrate auf die Ru=C-Doppelbindung unter Bildung der entsprechenden cis-Additionsprodukte erfolgte. Die Aufhebung der Metall-Kohlenstoffdoppel- zu einer -einfachbindung machte sich in einer Verlängerung der Ru=C-Bindung von 1.965(2) Å in 53 auf etwa 2.2 Å bemerkbar. Zudem konnte in allen Molekülstrukturen der Aktivierungsprodukte eine Pyramidalisierung des ehemals planaren Carben-Kohlenstoffatoms detektiert werden.
Bezüglich der Regioselektivität verliefen die Umsetzungen mit Substraten, in denen das Wasserstoffatom einen protischen (O-H, N-H-Bindungen) bzw. mäßig protischen/hydridischen (P-H-Bindungen) Charakter aufweist, erwartungsgemäß unter Protonierung des nukleophilen Carben-Kohlenstoffatoms. Interessanterweise führten die O-H- und N-H-Aktivierungsreaktionen z.T. zur Ausbildung eines Gleichgewichts zwischen Carbenkomplex und Additionsprodukt. Dabei konnte ein derartiger Gleichgewichtsprozess in der Chemie Methandiid-basierter Carbenkomplexe bisher nicht beobachtet werden, was die außerordentliche Stabilität des Rutheniumkomplexes 53 unterstreicht. Diese Reversibilität wurde bspw. anhand der Umsetzung von Komplex 53 mit p Methoxyphenol mittels VT-NMR-Studien untersucht. Dabei konnte gezeigt werden, dass sich das Gleichgewicht beim Abkühlen auf 80 °C gemäß entropischer Effekte fast vollständig auf die Seite des Additionsproduktes verschieben lässt, während beim Erwärmen auf Raumtemperatur das Gleichgewicht auf der Seite des Carbenkomplexes liegt. Ähnliche Gleichgewichtsprozesse konnten bei der N-H-Aktivierung beobachtet werden. Bei der Aktivierung von Ammoniak konnte das Additionsprodukt 60 nicht isoliert werden, da auch hier ein stark temperaturabhängiges Gleichgewicht vorlag, wobei erst ab 90 °C das Gleichgewicht vollständig auf der Seite des Aktivierungskomplexes 60 lag. Daher konnte 60 nicht isoliert und eindeutig identifiziert werden. In folgenden Arbeiten sollte die Isolierung von 60 im Festkörper angestrebt und somit dessen Existenz nachgewiesen werden. Zudem könnten auch hier Übertragungsreaktionen des aktivierten Ammoniaks auf ungesättigte Substrate durchgeführt werden.
Überraschenderweise zeigte die Si-H-Bindungsaktivierung von unterschiedlich substituierten aliphatischen und aromatischen Silanen ein analoges Reaktionsmuster und führte zur selektiven Bildung der entsprechenden Silylkomplexe 66a-66f anstelle der aufgrund der Polaritäten zu erwartenden Hydrido-Spezies. Mittels DFT-Rechnungen konnte gezeigt werden, dass der Reaktionsmechanismus der SiH-Aktivierung nicht über eine konzertierte 1,2-Addition, sondern über einen zweistufigen Prozess verläuft. Dabei ermöglichen die flexiblen Koordinationseigenschaften des Liganden in 53 eine oxidative Addition der Si-H-Bindung an das Ruthenium-Zentrum, auf die ein Hydrid-Transfer zum Methandiid-Kohlenstoffatom folgt. Neben einfachen Bindungsaktivierungen wurde das Potential der synthetisierten Silylkomplexe 66a-66c in Hydrosilylierungsreaktionen untersucht. In diesem Zusammenhang wurde die Hydrosilylierung von Norbornen angestrebt. Während bei Raumtemperatur keine Reaktion stattfand, konnte nach Erhöhung der Temperatur auf 80 °C das gewünschte Hydrosilylierungsprodukt 68 zwar mittels GC-MS-Analytik nachgewiesen werden, jedoch entstand bei den gewählten Reaktionsbedingungen das ROMP-Produkt 69 als Hauptprodukt. In weiterführenden Arbeiten müssen noch Optimierungsversuche der Reaktionsbedingungen zu einem selektiveren Umsatz zum Hydrosilylierungsprodukt durchgeführt werden.
Interessante Ergebnisse lieferten zudem die Umsetzungen des Ruthenium-Carbenkomplexes 53 mit Boranen und verschiedenen Boran-Lewis-Basen-Addukten. Dabei führte die Reaktion von 53 mit Catecholboran zur Bildung des Hydridokomplexes 73, dessen Molekülstruktur im Festkörper bestimmt werden konnte. Jedoch konnte der Komplex aufgrund seiner Instabilität in Lösung bisher nicht vollständig NMR-spektroskopisch und mittels Elementaranalytik charakterisiert werden. Im Gegensatz zur Si-H-Aktivierung findet hier die Addition entsprechend der Polarität der B-H-Bindung statt. Erstaunlicherweise führte die BH Bindungsaktivierung in Pinakolboran jedoch nicht zu einer zu 73 analogen Hydrid-Spezies. Der NMR-spektroskopische Verlauf der Umsetzung deutete zunächst auf die Bildung des BH-Additionsproduktes unter Protonierung des PCS-Rückgrats hin, welches sich in eine andere, bisher nicht identifizierbare Spezies umwandelte. Wiederum zu einem anderen Ergebnis führte die Umsetzung von 53 mit BH3∙SMe2. Durch Insertion eines Borans in die Thiophosphoryl-Einheit unter Aktivierung der B-H-Bindung wurde hierbei Komplex 76 gebildet, der als zentrales Strukturmotiv einen P–B–S–Ru–C-Fünfring aufwies.
Neben der Spaltung polarer E-H-Bindungen gelang außerdem die Aktivierung der unpolaren Bindung in Diwasserstoff unter Bildung des Hydridokomplexes 77. Mittels Röntgenstrukturanalyse konnte auch hier eine cis-Addition von H2 auf die RuC-Doppel-bindung bestätigt und das Signal des hydridischen Wasserstoffatom eindeutig im 1H NMR-Spektrum der Verbindung bei H = 6.62 ppm detektiert werden. Interessanterweise konnte Verbindung 77 ebenfalls durch Dehydrierung von iso Propanol bzw. Ameisensäure (HCOOH) unter Abspaltung von Aceton bzw. CO2 synthetisiert werden.
Aufbauend auf der beobachteten Dehydrierung von iPrOH unter Bildung des Hydridokomplexes 77 wurde der Frage nach einer möglichen Anwendung des Carbenkomplexes 53 in der katalytischen Transferhydrierung von Ketonen zu Alkoholen nachgegangen. Obgleich die Aktivierung von H2 bzw. die Dehydrierung von iPrOH keine Reversibilität aufwies, sollte ein Katalysezyklus basierend auf einem Wechselspiel zwischen Carben- 53 und Hydridokomplex 77 mit iPrOH als Wasserstoffquelle realisierbar sein. Diesbezüglich lieferten erste Reduktionsversuche von Acetophenon zu 1 Phenylethanol mit 53 und KOtBu als Hilfsbase allerdings schlechte Alkohol-Ausbeuten im Vergleich zu literaturbekannten, übergangsmetallkatalysierten Transferhydrierungen. Ein Katalyseansatz mit 0.50 mol-% 53 und 19 mol-% KOtBu ergab nach 24 h bei 75 °C eine Alkohol-Ausbeute von gerade einmal 55%. Zudem konnte eine starke Abhängigkeit der Umsätze von der eingesetzten Basenmenge beobachtet werden, was auf eine konkurrierende, Basen-induzierte Reduktion hindeutete. Eine Optimierung der Katalysebedingungen gelang durch Zugabe von Triphenylphosphan. Mithilfe des Additivs konnte innerhalb von 12 h bei 75 °C mit 0.50 mol-% 53, 6.20 mol-% KOtBu und 6.20 mol-% PPh3 ein nahezu quantitativer Umsatz (94%) von Acetophenon zu 1-Phenylethanol beobachtet werden. Sogar eine Verringerung der Basen- und Phosphanmenge auf 1.60 und 1.10 mol-% reichte aus, um Ausbeuten von 90% zu erreichen (Abb. 4.5., rechts). Dabei konnte Rutheniumkomplex 53 als erster Methandiid-basierter Carbenkomplex mit katalytischem Potential in Transferhydrierungen etabliert werden. Außerdem beschränkte sich die katalytische Aktivität von 53/PPh3 nicht nur auf die Reduktion von Acetophenon, sondern konnte auch erfolgreich auf weitere aromatische und aliphatische Ketone übertragen werden.
Mittels NMR-spektroskopischer Untersuchungen des Katalyseverlaufs gelang ein Nachweis der katalytisch aktiven Spezies im Katalysezyklus. So konnte bei 75 °C zunächst die erwartungsgemäße Entstehung des Hydridokomplexes 77 beobachtet werden. Dieser setzte sich anschließend mit PPh3 zum cyclometallierten Phosphankomplex 52 um. Aufbauend auf diesen Beobachtungen wurde ebenfalls Komplex 52 hinsichtlich seines katalytischen Potentials in der Reduktion von Acetophenon untersucht, wobei noch bessere Umsätze als mit dem Katalysator 53/PPh3 beobachtet wurden. Hierbei konnte bereits nach 3 h mit 0.50 mol-% 52 und 1.60 mol-% KOtBu eine Ausbeute von 95% erzielt werden. Zudem führten Ansätze mit 52 auch ohne Zugabe einer Base zu Umsätzen von ca. 40%. Eine Übertragung der Katalysebedingungen auf die Reduktion weiterer Keton-Derivate lieferte ebenfalls gute Ergebnisse und ergab Alkohol-Ausbeuten zwischen 72% und 96%.
Die für Ruthenium-Carbenkomplex 53 gefundene Reaktivität und das nicht-unschuldige Verhalten des Methandiid-Liganden konnten außerdem auch für Iridium-Carbenkomplex 55 beobachtet werden. So konnten analoge NH, PH- und SiH-Additionsprodukte selektiv synthetisiert und in guten Ausbeuten (etwa 60-90%) analysenrein erhalten werden.
In Analogie zu Rutheniumkomplex 53 führte die Aktivierung von Substraten mit unterschiedlichen E-H-Bindungen entsprechend der Ladungsverteilung im Ir+C--Fragment zur Protonierung der PCS-Brücke in 55. Dabei wiesen auch hier die Additionsprodukte im Allgemeinen eine cis-Anordnung der vorherigen E-H-Einheit auf. Einzige Ausnahme stellte das mit p-Nitroanilin gebildete NH-Aktivierungsprodukt 61b dar. Hierbei konnte mittels Röntgenstrukturanalyse eine trans-Anordnung der Amido-Einheit und des PCHS-Brückenprotons detektiert werden, die durch Ausbildung einer Wasserstoffbrückenbindung zwischen der Amido-NH- Einheit und dem Sauerstoffatom des Sulfonyl-Substituentens begünstigt wird. Zudem konnte für die Bildung von 61b ein bei Raumtemperatur reversibler Reaktionsprozess unter Rückbildung des Carbenkomplexes 55 und Abspaltung von p-Nitroanilin beobachtet werden. In künftigen Experimenten sollte untersucht werden, ob aufgrund der Reversibilität katalytische Hydroaminierungen mit 61b realisierbar sind.
Trotz des hydridischen Charakters des Si-H-Wasserstoffatoms in Silanen wurden auch mit Carbenkomplex 55 ausschließlich die SiH-Bindungsaktivierungskomplexe 71a-71c gebildet. Zudem konnte bei der Aktivierung von Triphenylsilan zwar das Additionsprodukt 71a mittels NMR-spektroskopischer Untersuchungen in der Reaktionslösung nachgewiesen werden, jedoch setzte sich dieses bereits bei Raumtemperatur zum cyclometallierten Komplex 72 um. Interessanterweise resultierten die Aktivierung von H2 und die Dehydrierung von iPrOH ebenfalls in 72. Mittels NMR-spektroskopischer Untersuchungen des Reaktionsverlaufes konnte hierbei gezeigt werden, dass die Cyclometallierung ausgehend von dem in situ gebildeten Iridium-Hydridokomplex 79 stattfindet. Deuterierungsexperimente mit iPrOH-d8 belegten außerdem, dass die Protonierung der PCS Brücke durch iPrOH und nicht durch direkte ortho-C-H-Aktivierung der Sulfonyl-Phenyl-Gruppe erfolgt. Die Isolierung des Iridium-Hydridokomplexes 79 war aufgrund seiner schnellen Umsetzung zu 72 daher nicht möglich.
Die Nukleophilie des Carben-Kohlenstoffatoms und die ausgezeichnete M=C-Wechselwirkung in Ruthenium-Carbenkomplex 53 ermöglichten neben EH-Bindungsaktivierungen außerdem [2+2]-Cycloadditionsreaktionen mit Iso- und Thioisocyanaten. In diesem Zusammenhang konnten mit tert-Butyl- und Phenylisocyanat die Cycloadditionsprodukte 80a und 80b synthetisiert, in guten Ausbeuten isoliert (79% bzw. 80%) und vollständig charakterisiert werden. Die mittels Röntgenstrukturanalyse durchgeführte Aufklärung der Molekülstruktur von 80a im Festkörper bestätigte die Ausbildung eines C-Ru-N-C-Vierringes als zentrales Strukturmotiv, was mit literaturbekannten Umsetzungen dieser Art übereinstimmt. Mit tert-Butyl- und Phenylthioisocyanat hingegen wurden die Iminkomplexe 81a/b unter Addition der Ruthenium-Kohlenstoff-Doppelbindung an das CS-Fragment im Thioisocyanat erhalten. Dabei konnte die Ausbildung eines C-Ru-S-C-Vierringes als zentrales Strukturmotiv beobachtet werden.
Insgesamt folgte die Selektivität der gebildeten [2+2]-Cycloadditionsprodukte 80a/b und 81a/b den Prinzipien des HSAB-Konzeptes, wonach jeweils das weichere Atom des Heteroallens an das Ruthenium-Zentrum bindet. Obgleich die Reaktivität Methandiid-basierter Carbenkomplexe mit verschiedenen Heteroallenen bereits in der Literatur beschrieben wurde, stellte die Umsetzung mit Thioisocyanaten zu 81a/b ein bisher unbekanntes Reaktionsverhalten dieser Verbindungsklasse dar.
Neben der Anwendung des Methandiids 20-Li2 als Ligand für die Synthese neuer Übergangsmetallkomplexe erwies sich das Dianion außerdem als geeignet für die Darstellung des Li/Cl-Carbenoids 83. Dabei konnte 83 zum einen durch Oxidation von 20-Li2 mit Hexachlorethan (C2Cl6) und zum anderen durch Metallierung des chlorierten Liganden 82 synthetisiert und in guten Ausbeuten (67-82%) als farbloser, kristalliner Feststoff isoliert werden. Verbindung 83 erwies sich dabei als ein seltenes, bei Raumtemperatur stabiles Li/Cl-Carbenoid. Aufgrund der Stabilität im Festkörper als auch in Lösung bei Raumtemperatur konnte 83 zudem NMR-spektroskopisch und mittels Elementaranalytik vollständig charakterisiert werden. Ebenfalls gelang die Aufklärung der Molekülstruktur von 83 im Festkörper. Diese zeigte keinen direkten Kontakt zwischen dem Carbenoid-Kohlenstoff- und Lithiumatom und lieferte damit neben der elektronischen Stabilisierung eine Erklärung für die beobachtete Stabilität von 83. Dabei beteiligt sich das Ligandsystem durch Koordination der Sulfonyl-Gruppen an das Lithiumatom erheblich an der Stabilisierung, sodass eine Lithiumchlorid-Eliminierung erschwert wird. Außerdem zeigte die Molekülstruktur keine Verlängerung der C-Cl-Bindung, wie es für unstabilisierte Carbenoide in der Literatur beschrieben wird. Diese Tatsache und die im 13C-NMR-Spektrum beobachtete Abschirmung des Carbenoid-Kohlenstoffatoms im Vergleich zur chlorierten Vorstufe 82 lieferten erste Anzeichen für einen geringen carbenoiden Charakter von 83. Außerdem bestätigten quantenchemische Rechnungen keine signifikante Polarisierung der CCl-Bindung.
Die durch die Stabilisierung resultierende Verringerung des carbenoiden Charakters und somit der Ambiphilie spiegelte sich auch in der Reaktivität von 83 wider. So konnte Verbindung 83 nicht als Cyclopropanierungsreagenz verwendet werden, wie es zumeist für klassische Carbenoide der Fall ist. Gegenüber Elektrophilen wie Methyliodid oder Chlordiphenylphosphan reagierte 83 in Analogie zu Organolithiumbasen zu den Verbindungen 84a und 84b.
Jedoch konnte 83 als Carbenvorstufe zur Synthese des Palladium-Carbenkomplexes 51a unter LiCl-Eliminierung eingesetzt werden, was den leicht vorhandenen carbenoiden Charakter von 83 wiedergibt. Zudem wurde 83 hinsichtlich seines Aktivierungspotentials von EE-Bindungen untersucht. Während die Aktivierung der BH-Bindung in Boranen und die BB-Bindung in Diboranen nicht gelang, konnte die SS-Bindung in 2,2‘-Dipyridyl- und 4,4‘-Dipyridyldisulfid gespalten und Verbindung 90 analysenrein erhalten werden (Schema 4.8.). Studien zur Aufklärung dieses Reaktionsverhaltens stehen jedoch noch aus.
Bezüglich der Aktivierung von P-H-Bindungen in unterschiedlich substituierten aromatischen Phosphanen konnte für 83 eine zu einem Silyl-stabilisierten Carbenoid analoge Reaktivität gefunden werden. Hierbei erfolgte keine Addition der P-H-Bindung an das carbenoide Kohlenstoffatom, sondern die selektive Dehydrokupplung der Phosphane zu Diphosphanen unter LiCl-Eliminierung. Diese überraschende und bis dato für Carbenoide unbekannte Reaktivität erfolgte unter milden Reaktionsbedingungen (Raumtemperatur) und ohne Einsatz von Übergangsmetallkatalysatoren.
Insgesamt konnte für Verbindung 83 ein vielfältiges Reaktionsverhalten gefunden werden. Neben dessen Eignung als Carbenvorstufe bei der Synthese von Übergangsmetall-Carbenkomplexen, konnte die Spezies in der Aktivierung von SS- und PH-Bindungen eingesetzt werden. In zukünftigen Reaktivitätsstudien sollte das beobachtete Potential auf weitere Substrate übertragen werden.