575 Einzelne Teile von und physiologische Systeme bei Pflanzen
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SLAC/SLAH Anionenkanäle, die zur Familie der langsamen Anionenkanäle gehören, repräsentieren Schlüsselproteine in der pflanzlichen Stressantwort. Neben ihrer Aufgabe in Stresssituationen, ist eine Untergruppe der Kanäle für die Beladung der Leitgefäße mit Nitrat und Chlorid in der Stele der Pflanzenwurzeln verantwortlich. Biophysikalische und pflanzenphysiologische Studien stellten heraus, dass vor Allem der Anionenkanal SLAH3 für die Beladung der Xylem Leitgefäße mit Nitrat und Chlorid verantwortlich ist. Ihm zur Seite gestellt werden noch die elektrisch inaktiven Homologe SLAH1 und SLAH4 in der Wurzel exprimiert. Sie steuern die Aktivität von SLAH3 durch die Assemblierung zu SLAH1/SLAH3 oder SLAH3/SLAH4 Heteromeren. Neben der Kontrolle durch Heteromerisierungsereignisse, werden SLAH3 Homomere sehr spezifisch und schnell durch zytosolische Ansäuerung aktiviert. Obwohl bereits die Kristallstruktur des bakteriellen Homologs HiTehA zu pflanzlichen SLAC/SLAH Anionenkanälen bekannt ist, welche HiTehA als Trimer charakterisiert, sind die Stöchiometrie und der Polymerisierungsgrad der pflanzlichen SLAC/SLAHs bisher noch unbekannt.
Die Fluoreszenzmikroskopie umfasst viele etablierte Anwendungsmethoden, wie die konfokale Laserrastermikroskopie (CLSM), Techniken mit verbesserter Auflösung, wie die Mikroskopie mit strukturierter Beleuchtung (SIM) und hochauflösende Methoden, welche durch die Lokalisationsmikroskopie (z.B. dSTORM und PALM) oder die Expansionsmikroskopie (ExM) vertreten werden. Diese unterschiedlichen Mikroskopie-methoden ermöglichen neue Einblicke in die Organisation von Proteinen in biologischen Systemen, die bis auf die molekulare Ebene hinunterreichen. Insbesondere im Bereich der hochauflösenden Fluoreszenzmikroskopie sind im Gegensatz zu tierischen Frage-stellungen bisher jedoch nur wenige Untersuchungen in pflanzlichen Geweben durchgeführt worden.
Die Lokalisationsmikroskopie ermöglicht die Quantifizierung einzelner Moleküle in nativen Systemen und lässt überdies Rückschlüsse auf den Polymerisierungsgrad von Proteinen zu. Da Poly- und Heteromerisierung von Proteinen oftmals mit der Funktionalität eines entsprechenden Proteins einhergeht, wie es bei den SLAC/SLAH Anionenkanälen der Fall ist, wurden in dieser Arbeit PALM Messungen zur Untersuchung des Polymerisierungsgrades und Interaktionsmuster der Anionenkanäle angewendet. Ferner wurden Expressionsmuster der SLAC/SLAHs untersucht und zudem Mikroskopieanwendungen im Pflanzengewebe etabliert und verbessert.
In Bezug auf die Mikroskopieanwendungen konnten wir in Arabidopsis thaliana (At) Wurzeln die polare Verteilung von PIN Proteinen mittels SIM bestätigen und die gruppierte Verteilung in der Plasmamembran am Zellpol auflösen. In Wurzel-querschnitten war es möglich, Zellwände zu vermessen, den Aufbau der Pflanzenwurzel mit den verschiedenen Zelltypen zu rekonstruieren und diesen in Zusammenhang mit Zellwanddicken zu bringen. Anhand dieser Aufnahmen ließ sich die Auflösungsgrenze eines SIM-Mikroskops bestimmen, weshalb diese Probe als Modellstruktur für Auflösungsanalysen, zur Kontrolle für die korrekte Bildverarbeitung bei hochauflösender Bildgebung und andere Fragestellungen empfohlen werden kann.
Für die Expansionsmikroskopie in pflanzlichen Proben konnten ein enzym- und ein denaturierungsbasiertes Präparationsprotokoll etabliert werden. Dabei wurden ganze At Setzlinge, Wurzelabschnitte und Blattstücke gefärbt, expandiert und mit zwei bis drei Mal verbesserter Auflösung bildlich dargestellt. In diesem Zusammenhang waren Aufnahmen ganzer Wurzel- und Blattproben mit beeindruckender Eindringtiefe und extrem geringem Hintergrundsignal möglich. Zudem wurden die Daten kritisch betrachtet, Probleme aufgezeigt, gewebespezifische Veränderungen dargestellt und limitierende Faktoren für die ExM in Pflanzenproben thematisiert.
Im Fokus dieser Arbeit stand die Untersuchung der SLAC/SLAH Proteine. SLAH2 wird in den Wurzeln vornehmlich in Endodermis- und Perizykelzellen exprimiert, was anhand verschiedener At SLAH2 YFP Mutanten untersucht werden konnte. Dies unterstützt die Annahme, dass SLAH2 bei der Beladung der Leitgefäße mit Nitrat maßgeblich beteiligt ist. Es ist denkbar, dass SLAH2 ebenfalls eine wachstumsbeeinflussende Funktion über die Regulation von Nitratkonzentrationen zugeschrieben werden kann. Darauf deuten vor allem die verstärkte Expression von SLAH2 im Bereich der Seitenwurzeln und die heterogene Expression in der Elongations-, Differenzierungs- und meristematischen Zone hin. Die Membranständigkeit von SLAH4 konnte nachgewiesen werden und FRET FLIM Untersuchungen zeigten eine hohe Affinität von SLAH4 zu SLAH3, was die beiden Homologe als Interaktionspartner identifiziert.
Für die Bestimmung des Oligomerisierungsgrades mittels PALM wurden die pflanzlichen Anionenkanäle in tierischen COS7-Zellen exprimiert. Die elektrophysiologische Funktionalität der mEOS2-SLAC/SLAH-Konstrukte wurde mit Hilfe von Patch-Clamp-Versuchen in COS7-Zellen überprüft. Um Expressionslevel, Membranständigkeit und die Verteilung über die Membran der SLAC/SLAHs zu verifizieren, wurden dSTORM-Aufnahmen herangezogen
Schließlich ermöglichten PALM-Aufnahmen die Bestimmung des Polymerisierungs-grades der SLAC/SLAH Anionenkanäle, die stöchiometrischen Veränderungen bei Heteromerisierung von SLAH3 mit SLAH1 oder SLAH4 und auch der Einfluss einer zytosolischer Ansäuerung auf den Polymerisierungsgrad von SLAH3 Homomeren. Zudem weisen die Oligomerisierungsanalysen von SLAH3 Mutanten darauf hin, dass die Aminosäuren Histidin His330 und His454 entscheidend an der pH sensitiven Regulierung von SLAH3 beteiligt sind.
Durch die erhobenen Daten konnten also entscheidende, neue Erkenntnisse über die Regulationsmechanismen von pflanzlichen Anionenkanälen auf molekularer Ebene gewonnen werden: Unter Standardbedingungen liegen SLAC1, SLAH2 und SLAH3 hauptsächlich als Dimer vor. Auf eine zytosolische Ansäuerung reagiert ausschließlich SLAH3 mit einer signifikanten stöchiometrischen Veränderung und liegt im aktiven Zustand vor Allem als Monomer vor. Der Oligomerisierungsgrad von SLAC1 und SLAH2 bleibt hingegen bei einer zytosolischen Ansäuerung unverändert. Ferner kommt es bei der Interaktion von SLAH3 mit SLAH1 oder SLAH4 zur Formierung eines Heterodimers, welches unbeeinflusst durch den zytosolischen pH bleibt. Im Gegensatz dazu bleiben die elektrisch inaktiven Untereinheiten SLAH1 und SLAH4 monomerisch und assemblieren ganz spezifisch nur mit SLAH3. Die hochauflösende Fluoreszenz-mikroskopie, insbesondere PALM erlaubt es also Heteromerisierungsereignisse und Änderungen im Poylmerisierungsgrad von Membranproteinen wie den SLAC/SLAHs auf molekularer Ebene zu untersuchen und lässt so Rückschlüsse auf physiologische Ereignisse zu.
Vakuoläre PPasen (V-PPase) in Landpflanzen dienen dem Transport von Protonen in die Vakuole und dem Aufbau eines elektrochemischen Gradienten, während sie gleichzeitig durch Hydrolyse eine Anreicherung des toxischen PPi im Cytosol verhindern. Zahlreiche Publikationen bewiesen bereits positive Effekte der stabilen V-PPase-Überexpression in Pflanzen. Unter anderem zeigte die Ackerschmalwand, Tabak, Reis und Tomate eine erhöhte Biomasse und gesteigerte Stresstoleranz auf Grund einer erhöhten stabilen V-PPase Ex-pression. Um die zugrundeliegenden Prozesse ohne potenzielle pleiotropische Effekte während der Pflanzenentwicklung zu analysieren, wurden in der vorliegenden Dissertation die physiologischen Auswirkungen einer transienten V-PPase-Überexpression in Nicotiona benthamiana Blättern und die Einflussnahme von NaCl quantitativ erfasst.
Zu diesem Zweck wurden zwei endogene V-PPasen (NbVHP1 und NbVHP2) aus N. bentha-miana zunächst bioinformatisch und dann auf Transkriptionsebene mittels quantitativer Real-Time-PCR identifiziert. Die endogenen V-PPasen wurden mittels der Agrobakterien-Infiltrationstechnik transient in N. benthamiana Blättern und ihre vakuoläre Lokalisation mit Hilfe von Fluoreszenzmarkern bestätigt. Die Protonenpump-Funktion der überexprimierten NbVHPs konnte mit der Patch-Clamp-Technik anhand des vier-fach erhöhten Protonenpump-stroms in den isolierten Mesophyllvakuolen verifiziert werden. Im Zuge der elektro-physiologischen Charakterisierung der endogenen N. benthamiana V-PPasen konnte die für V-PPasen typische Sensitivität gegenüber cytosolischem Calcium bestätigt werden, welche sich bei einem erhöhten Calcium-Spiegel in einer Hemmung der Pumpströme äußerte. Ferner wurde ihre gleichartige Substrataffinität (Km von 65 µM PPi) unabhängig des vakuolären pHs zwischen 5,5 und 7,5 festgestellt. Der Vergleich dieser Ergebnisse mit analog durchgeführten Messungen an der bereits publizierten AtVHP1 von A. thaliana bestätigte die große Homo-logie der V-PPasen von Landpflanzen. Im Gegensatz zu den erwünschten Auswirkungen der stabilen V-PPase Überexpression resultierte diese starke transiente Überexpression nach drei Tagen im Absterben makroskopischer Blattbereiche. Das Ausmaß dieser Nekrosen wurde anhand des vorhandenen PhotosystemII in den transformierten Blättern mit der Puls-Amplituden-Modulations-Technik quantifiziert. Die analoge transiente Überexpression einer löslichen PPase (IPP1) führte allerdings zu keinerlei negativen Effekten für die Pflanze, wodurch die erhöhte Protonentransportaktivität im Gegensatz zur Hydrolyseaktivität der V-PPasen als Ursache des Zellsterbens verifiziert werden konnte.
Aufgrund dieser unerwarteten negativen Auswirkungen der transienten V-PPase-Überex-pression auf die Blattvitalität wurde zusätzlich die Salzstresstoleranz der Blätter untersucht. Unter Berücksichtigung des kurzen Transformations- und damit Beobachtungszeitfensters wurde ein Salzapplikationsverfahren etabliert, bei dem simultan mit der Agrobakterien-infiltration 200 mM NaCl direkt in den Blattapoplasten eingeführt wurde. Anhand einer Zu-nahme in sowohl der Transskriptmenge der V-PPase als auch des PPi-induzierten Protonen-pumptransportes über den Tonoplasten wurde gezeigt, dass die NaCl-Anwesenheit im Blatt eine erhöhte Aktivität der endogenen V-PPasen des N. benthaminan Pflanzen bewirkte. Der gleichzeitige tendenzielle Rückgang der V-ATPase-Pumpaktivität in salzbehandelten Mesophyllvakuolen lässt vermuten, dass die V-PPasen eine größere Rolle bei der Bewahrung des vakuolären pH-Wertes und der protonenmotorische Kraft (PMF) unter Salzstress ein-nimmt. Interessanterweise führte die Salzapplikation bei einer V-PPase-Überexpression zu keinen additiven negativen Effekten, sondern verhinderte sogar das Auftreten der Nekrosen. Um dieses Phänomen zu ergründen, wurde zunächst mit Hilfe von Apoplastenwaschungen und Natrium-Konzentrationsmessungen bestätigt, dass das injizierte NaCl im Blatt verblieb und von den Blattzellen aufgenommen wurde. Für weitere Studien der Ursachen der Nekrosen wurden in-vivo-pH-, Membranpotenzial- und Metabolitmessungen durchgeführt. Während in V-PPase-überexprimierenden Zellen der vakuoläre pH-Wert zu Kontrollvakuolen signifikant sank, blieb er mit zusätzlicher Salzbehandlung auf Kontrollniveau. Des Weiteren schwächte die Salzapplikation die starke Depolarisation der Plasmamembran nach V-PPase-Über-expression um mehr als die Hälfte ab. Hingegen konnten keine nennenswerten Ver-änderungen im Metabolit- und Ionengehalt des Blattgewebes bei V-PPase-Überexpression festgestellt werden. Lediglich der Natrium- und Chlorid-Spiegel waren bei salz-behandelten Blättern erwartungsgemäß erhöht. Diese Ergebnisse bekräftigten, dass der stark erhöhte V-PPase-vermittelte Protonenpumpstrom und weniger metabolische Veränderungen für die Nekrosen von V-PPase-überexprimierte Pflanzen verantwortlich ist. Diese negativen Auswirkungen werden offensichtlich durch die Salzbehandlung stark vermindert, da die Aufnahme der Salz-ionen über Protonen-Na+/K+-Antiporter wie NHX antagonistisch auf die V-PPase verursachte Protonenanreicherung und die daraus folgende Veränderung des Membran-potentials und der PMF entgegenwirkt. In diese Arbeit wurde in einem neuen Blickwinkel deutlich, dass die natürliche Expressions-kontrolle der V-PPase in ausdifferenzierten Pflanzenzellen sich den Umweltbedingungen anpasst, um das Gleich-gewicht zwischen den positiven und negativen Auswirkungen der Pumpaktivität zu halten.
Aufklärung der molekularen Struktur und Funktion des R-Typ Anionenkanals QUAC1 in Schließzellen
(2016)
Zum Gasaustausch mit Ihrer Umgebung besitzen höhere Pflanzen stomatäre Komplexe. Die Turgor-getrieben Atmungsöffnungen in der Epidermis der Blätter werden von zwei Schließzellen umsäumt. Um bei Trockenheit einen exzessiven Verlust von Wasser zu verhindern, synthetisieren/importieren Schließzellen das Stresshormon ABA (Abszisinsäure), das über eine schnelle ABA-Signalkaskade plasmamembrangebundene Ionenkanäle steuert. Dabei wird der Stomaschluss durch die Aktivität von R-(rapid) und S-(slow)Typ Anionenkanälen initiiert. Obwohl die R- und S-Typ Anionenströme in Schließzellen seit Jahrzehnten bekannt waren, konnte erst kürzlich das Gen identifiziert werden, das für den S-Typ Anionenkanal (SLAC1, Slow activating Anion Channel 1) kodiert. Daraufhin wurde schnell der Zusammenhang zwischen dem Stresshormon ABA, der ABA-Signalkette und der Aktivität des SLAC1 Anionenkanals im heterologen Expressionssystem der X. laevis Oozyten als auch in Schließzellprotoplasten aufgeklärt. Es konnte gezeigt werden, dass ABA durch einen zytosolischen Rezeptor/Phosphatasekomplex (RCAR1/ABI1) erkannt wird und die Aktivität von kalziumabhängigen Kinasen (CPK-Familie) sowie kalziumunabhängigen Kinasen der SnRK2-Familie (OST1) steuert. In Anwesenheit von ABA phosphorylieren diese Kinasen SLAC1 und sorgen so für die Aktivierung von Anionenströmen und damit für die Initiierung des Stomaschlusses.
Die genetische Herkunft der ABA-induzierten R-Typ Ströme in Schließzellen war zu Beginn der vorliegenden Arbeit noch nicht bekannt. R-Typ Ströme zeichnen sich durch eine strikte Spannungsabhängigkeit und sehr schnellen Aktivierungs- sowie Deaktivierungskinetiken aus. Die Charakterisierung von Verlustmutanten des Schließzell-exprimierten Gens ALMT12 (Aluminium-aktivierter Malattransporter 12) konnte in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe Martinoia (Zürich) erste Hinweise auf die Beteiligung dieses Gens an der Stomabewegung demonstrieren. Anschließende Patch-Clamp Untersuchungen an Schließzellprotoplasten aus Wildtyppflanzen und ALMT12-Verlustmutanten zeigten, dass ALMT12 für die Malat-aktivierte R-Typ Anionenstromkomponente verantwortlich ist. Deshalb wurde der Anionenkanal QUAC1 (Quickly activating Anion Channel 1) benannt - in Anlehnung an die Benennung des Anionenkanals SLAC1. Mit der Identifizierung von QUAC1 in planta war es nun meine Aufgabe, die elektrischen Eigenschaften von ALMT12/QUAC1 und dessen Aktivitätskontrolle durch die ABA-Signalkaskade im heterologen Expressionssystem der Xenopus Oozyten zu untersuchen.
Protein-Protein Interaktionsstudien mit der Hilfe der Bimolekularen Fluoreszenz-Technik, sowie die Beobachtung von markant erhöhten QUAC1 Anionenströmen in Anwesenheit der SnRK2 Kinase OST1 und den Calcium-abhängigen Kinasen CPK2 und CPK20, ließen den Schluss zu, dass QUAC1, ebenso wie SLAC1, unter der Kontrolle des schnellen ABA-Signalwegs steht. Eine zusätzliche Expression des negativen Regulators ABI1 unterdrückte die aktivierenden Eigenschaften der QUAC1-aktivierenden Kinasen, was die Hypothese der Koregulation von S- und R-Typ Anionenkanälen durch die gleiche ABA-Signalkaskade weiter unterstützt.
Zur weiteren Aufklärung der elektrischen Eigenschaften von QUAC1 wurden tiefgreifende elektrophysiologische Untersuchungen mit der Zwei-Elektroden-Spannungsklemmen Technik durchgeführt. Durch die Wahl von geschickten Spannungsprotokollen konnte sowohl die schnelle Aktivierungskinetik als auch die schnelle Deaktivierungskinetik von QUAC1 bestimmt und quantifiziert werden. Diese Stromantworten waren sehr ähnlich zu den R-Typ Strömen, die man von Patch-Clamp Untersuchungen an Schließzellprotoplasten kannte, was ein weiteres Indiz dafür war, dass es sich bei QUAC1 tatsächlich um eine Komponente des R-Typ Kanals aus Schließzellen handelt. Weiterführende Untersuchungen bezüglich der Spannungsabhängigkeit und der Selektivität von QUAC1 charakterisierten das Protein als einen Depolarisations-aktivierten Anionenkanal mit einer starken Präferenz für Dicarbonsäuren wie Malat und Fumarat. Zudem konnte auch eine Leitfähigkeit für Sulfat und Chlorid nachgewiesen werden. Interessanterweise erwies sich Malat nicht nur als ein permeierendes Ion, sondern auch als ein regulierendes Ion, welches das spannungsabhängige Schalten von QUAC1 maßgeblich beeinflusst. Extrazelluläres Malat verschob die Offenwahrscheinlichkeit von QUAC1 sehr stark zu negativeren Membranspannungen, so dass der Anionenkanal bereits bei typischen Ruhespannungen von Schließzellen (ca. -150 mV) aktiviert werden konnte. Eine Beladung von QUAC1-exprimierender Oozyten mit Malat bewirkte zum einen höhere Anioneneffluxströme, aber auch eine Verschiebung der spannungsabhängigen Offenwahrscheinlichkeit zu negativeren Membranpotentialen.
Struktur-Funktionsanalysen sollten die umstrittene Topologie von ALMT-ähnlichen Proteinen beleuchten und die molekulare Herkunft der Phosphorylierungsaktivierung aufzeigen, sowie die Malatabhängigkeit und die starke Spannungsabhängigkeit von QUAC1 aufklären. Es zeigte sich jedoch schnell, dass Punktmutationen und Deletionen im C-Terminus von QUAC1 sehr häufig zu nicht-funktionellen Mutanten führten. Diese Tatsache weist darauf hin, dass es sich um einen hoch-strukturierten und funktionell sehr wichtigen Bereich des Anionenkanals handelt. Auch die Topologie des Anionenkanalproteins wird in der Literatur kontrovers diskutiert. Sowohl die Lage des N- und C-Terminus (extrazellulär oder intrazellulär), als auch die Anzahl der membrandurchspannenden Domänen war nicht abschließend geklärt. Deshalb wurde in einem Fluoreszenz-basiertem Ansatz die Lage der Termini bestimmt. Im Rahmen meiner Arbeit konnte somit eindeutig gezeigt werden, dass sich beide Termini im Zytosol der Zelle befinden. Auf Grundlage von Modellen aus der Literatur und meiner Topologiebestimmungen konnte schließlich ein erweitertes Modell zur Struktur von QUAC1 entwickelt werden. Dieses Modell kann in Zukunft als Ausgangspunkt für weiterführende Struktur-Funktionsanalysen dienen.
Diese Arbeit hat somit gezeigt, dass das Gen QUAC1 tatsächlich eine Komponente der R-Typ Ströme in Schließzellen kodiert. Ebenso wie SLAC1 steht der Malat-induzierte Anionenkanal QUAC1 unter der Kontrolle der schnellen ABA-Signalkaskade. In Zukunft bleibt zu klären, welche weiteren Gene für die R-Typ Kanalproteine in Schließzellen kodieren und welche strukturelle Grundlage für die besonderen Eigenschaften von QUAC1 hinsichtlich seiner schnellen Kinetiken, seiner Selektivität und Aktivierbarkeit durch Malat.
Die Venusfliegenfalle, Dionaea muscipula, weckte aufgrund ihrer karnivoren Lebensweise schon sehr früh das Interesse vieler Wissenschaftler. Für karnivore Pflanzen, die auf Nährstoff-armen Böden wachsen, spielen Insekten als Beute und somit als Nährstofflieferant eine entscheidende Rolle. So können die Pflanzen durch die Verdauung der Beute mit wichtigen Makro- und Mikronährstoffen, wie Stickstoff, Phosphat, Kalium oder Natrium versorgt werden. Aus diesem Grund sollte im Rahmen meiner Arbeit ein besonderes Augenmerk auf die molekularen Mechanismen der Kationenaufnahme während der Nährstoffresorption gerichtet werden. Insbesondere die aus dem Insekt stammenden Nährstoffe Kalium und Natrium waren dabei von großem Interesse.
Im Allgemeinen sind Kaliumionen für Pflanzen eine essentielle anorganische Substanz und von großer physiologischer Bedeutung für die Entwicklung, den Metabolismus, die Osmoregulation, das Membranpotential und viele zelluläre Prozesse. Analysen der Kaliumaufnahme an Wurzeln von Modellpflanzen wie Arabidopsis thaliana und Reis zeigten, dass die Aufnahme von K+ ein Zusammenspiel von hoch-affinen K+-Transportern der HAK5-Familie und nieder-affinen Kaliumkanälen (AKT1/AtKC1) erfordert, die in ein komplexes
(De-)Phosphorylierungsnetzwerk eingebunden sind. In der vorliegenden Arbeit war es mir möglich das Netzwerk zur Kaliumaufnahme in den Drüsen der Venusfliegenfalle zu entschlüsseln. Es konnten Orthologe zum Kaliumtransporter HAK5 aus Arabidopsis (DmHAK5) und zum Kaliumkanal AKT1 (DmKT1) identifiziert und im heterologen Expressionssystem der Xenopus laevis Oozyten elektrophysiologisch charakterisiert werden. Dabei zeigte sich, das DmKT1 durch einen Ca2+-Sensor/Kinase-Komplex aus der CBL/CIPK-Familie phosphoryliert und somit aktiviert wird. Phylogenetische Analysen von DmKT1 bestätigten die Eingruppierung dieses Kaliumkanals in die Gruppe der pflanzlichen Shaker-Kaliumkanäle des AKT1-Typs. Die Transporteigenschaften zeigten zudem, dass DmKT1 bei hyperpolarisierenden Membranpotentialen aktiviert wird und einen K+-selektiven Einwärtsstrom vermittelt. In Oozyten konnte eine Kaliumaufnahme bis zu einer externen Konzentration von ≥1 mM beobachtet werden. DmKT1 repräsentiert also einen Kaliumkanal mit einer hohen Transportkapazität, der die nieder-affine Kaliumaufnahme in die Drüsenzellen der Venusfliegenfalle vermitteln kann.
Unterhalb einer externen Kaliumkonzentration von 1 mM würde der anliegende elektrochemische Kaliumgradient einen Kaliumausstrom und somit einen Verlust von Kalium favorisieren. Hoch-affine K+/H+-Symporter können durch die Ausnutzung des Protonengradienten eine Kaliumaufnahme im mikromolaren Bereich gewährleisten. In Wurzelhaaren von Arabidopsis vermittelt der Transporter AtHAK5 die Kaliumaufnahme unter Kaliummangelbedingungen. DmHAK5, ein Ortholog zu AtHAK5, ist in Dionaea Drüsen exprimiert und konnte zum ersten Mal im heterologen Expressionssystem der Xenopus Oozyten im Detail charakterisiert werden. Interessanterweise zeigte sich, dass DmHAK5 wie der K+-Kanal DmKT1 durch denselben CBL/CIPK-Komplex posttranslational reguliert und aktiviert wird. Die Transporteigenschaften von DmHAK5 wiesen auf einen Transporter mit einer breiten Substratspezifität hin, sodass sich DmHAK5 neben Kalium auch für Ammonium permeabel zeigte. Affinitätsuntersuchungen von DmHAK5 zu seinem Substrat Kalium klassifizierten das Protein als einen hoch-affinen Kaliumtransporter, der im Symport mit Protonen die Kaliumaufnahme im mikromolaren Konzentrationsbereich vermitteln kann.
Das Kaliumtransportmodul besteht also aus dem K+-selektiven Kanal DmKT1 und dem
K+/H+-Symporter DmHAK5, die die hoch- und nieder-affine Kaliumaufnahme in den Drüsenzellen während der Beuteverdauung in Dionaea muscipula Fallen ermöglichen. Beide Transportmodule werden Kalzium-abhängig durch die Kinase CIPK23 und den Ca2+-Sensor CBL9 auf posttranslationaler Ebene reguliert.
Zusammenfassend gelang es in dieser Arbeit Einblicke in die Kationenaufnahme während der Nährstoffresorptionsphase der Venusfliegenfalle, Dionaea muscipula, zu gewinnen. Dabei wurde klar, dass Dionaea muscipula im Laufe ihrer Evolution zu einer karnivoren Pflanze, nicht neue Transportmodule zur Nährstoffresorption aus der Beute entwickelte, sondern bekannte aus Wurzeln stammende Transportmodule umfunktionierte. Auf molekularer Ebene konnten die biophysikalischen Charakteristika der K+- und Na+-Transportproteine, sowie ihre Regulation entschlüsselt werden. Diese Erkenntnisse wurden schließlich in den Kontext des Beutefangs der Venusfliegenfalle gebracht und diskutiert.