610 Medizin und Gesundheit
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Hypophosphatasie (HPP) beschreibt eine seltene Erbkrankheit, die hauptsächlich durch heterozygote Mutationen im ALPL-Gen verursacht wird. Diese führen zu einer verminderten Aktivität der gewebeunspezifischen alkalischen Phosphatase (TNAP). Neben skelettalen Symptomen sind Zahnanomalien wie der vorzeitige Verlust von Milchzähnen ohne resorbierte Wurzel sowie eine gestörte Mineralisierung der Zahnhart-substanzen ein typisches Merkmal der HPP. Die zugrunde liegenden molekularen Mechanismen sind bisher noch nicht vollständig verstanden.
In der vorliegenden Arbeit wurden Zelllinien des parodontalen Ligaments mit Mutationen im ALPL-Gen charakterisiert, um anschließend mögliche Therapiestrategien für die HPP auf molekularer Ebene zu untersuchen.
Im Rahmen der basalen Charakterisierung wurden die Zelllinien hinsichtlich der TNAP-Expression (Immunhistochemie, Western Blot), des Stoffwechselprofils (ATP-Assay) und des osteogenen Differenzierungspotenzials (Alizarin-Färbung) analysiert. Von Interesse war auch, ob durch CRISPR/Cas9-basiertes Genediting Off-Target Mutationen entstanden sind. Zur Untersuchung der molekularen Auswirkungen von PTH, welches die ALPL-Expression steigern kann, wurden zwei Protokolle etabliert, die eine kontinuier-liche, kurzzeitige bzw. intermittierende Präsenz von PTH in-vitro imitieren. Anschließend wurde die ALPL-Expression (qPCR) sowie TNAP-Aktivität (CSPD-Assay) ermittelt.
Die basale TNAP-Expression war variabel und reichte vom völligen Fehlen in den Zell-linien mit Deletionen bis hin zu einer starken TNAP-Expression in der Zelllinie mit einer heterogenen Punktmutation. Eine niedrige Expression ging mit einer verringerten Zell-proliferation sowie extrazellulären ATP einher. Es zeigte sich ein unterschiedliches Mineralisierungspotenzial, das hauptsächlich das TNAP-Expressionsniveau in den verschiedenen Zelllinien widerspiegelt, während die PTH-Stimulation keine Wirkung auf die Differenzierung hatte. Im Gegensatz zu klinischen Beobachtungen deuten die Ergebnisse auf eine hohe Korrelation zwischen Genotyp und Phänotyp in-vitro hin, die in-vivo noch bestätigt werden müssen. Die Sequenzierung bestätigte, dass durch die Geneditierung keine Off-Target Mutationen aufgetreten sind, welche somit keinen limitierenden Faktor hinsichtlich der Differenzierungskapazität darstellen können.
Die Stimulation mit PTH führte zwar nicht zu einer gesteigerten ALPL-Expression, doch konnte die TNAP-Aktivität in den ALPL-defizienten Zelllinien punktuell gesteigert werden und bildet somit eine solide Basis für weitere Experimente, die zur Therapieentwicklung für die Odonto-HPP beitragen können.
Aufgrund mangelnder Aktivität der Gewebe-unspezifischen Phosphatase (tissue-nonspecific alkaline phosphatase, TNAP) kommt es zum Krankheitsbild der Hypophosphatasie (HPP). Neben skelettalen und neuronalen Symptomen leiden Patienten mit HPP häufig an einem vorzeitigen Verlust der Milchzähne und weiteren dentalen Manifestationen, wie Zahnhartsubstanzdefekten, Eruptionsstörungen, erweiterte Pulpenkammern oder einer verringerten alveolären Knochenhöhe.
Ziel der Arbeit war es, den Einfluss der TNAP auf die Zahnentwicklung von Zebrafischlarven zu untersuchen, um ein neues in-vivo Modell für die dentalen Auswirkungen bei Hypophosphatasie etablieren zu können. Um die sehr kleinen Zähne der Zebrafischlarven auch in frühen Entwicklungsstadien darzustellen, wurden mittels verschiedener histologischer Färbungen die Zahnstrukturen angefärbt und die Larven danach in JB4®, einen polymeren Kunststoff, eingebettet. Im Anschluss wurden histologische Schnitte angefertigt und am Fluoreszenzmikroskop ausgewertet.
Einerseits konnte durch In-situ-Hybridisierung die Expression verschiedener Gene, wie z.B. alpl (welches für die Tnap im Zebrafisch kodiert), im Bereich von dentalen Strukturen in verschiedenen Entwicklungsstadien nachgewiesen werden. Außerdem zeigte die Analyse der dentalen Strukturen nach Inhibition der Tnap mittels Levamisol bei fünf Tage alten Zebrafischlarven eine Veränderung von Form, Größe und Struktur der ersten Zähne. Die TNAP-Inhibition führte auch zur quantitativ nachweisbaren Steigerung des Fluoreszenzsignals von ß-Catenin, welches eine zentrale Funktion im Wnt/ß-Catenin-Signalweg besitzt und essenziell in verschiedenen zellulären Prozessen während der Embryogenese ist.
Zusammenfassend zeigen die Ergebnisse der Arbeit, dass der Zebrafisch großes Potenzial als in-vivo Modell für die dentalen Symptome bei HPP bietet. Außerdem eröffnen sich neue interessante Fragen in Bezug auf den Einfluss von ß-Catenin bei den frühen pathophysiologischen Prozessen der Erkrankung.
Die Hypophosphatasie (HPP) ist eine seltene, angeborene Knochen- und Systemerkrankung, welche Patienten allen Alters betrifft. Verursacht wird die Erkrankung durch Mutationen im ALPL-Gen, welches für die gewebeunspezifische Alkalische Phosphatase codiert und mit einem Funktionsverlust des Enzyms einhergeht. Die Ausprägung der klinischen Symptomatik ist sehr heterogen und reicht von milden und unspezifischen bis hin zu potenziell lebensbedrohlichen Symptomen, was die korrekte Diagnose zusätzlich erschwert und verzögert. Um das Verständnis der pädiatrischen HPP zu verbessern und die Dauer von Symptombeginn bis zur korrekten Diagnose zu verkürzen, haben wir den Verlauf der Erkrankung anhand einer retrospektiven Aufarbeitung der Daten von 50 pädiatrischen HPP Patienten, die in den letzten 25 Jahren an der Universitäts-Kinderklinik in Würzburg vorstellig waren, untersucht.
Diese Ergebnisse bestätigen den klinischen Eindruck der HPP als chronische Systemerkrankung, welche aufgrund ihrer unspezifischen klinischen Präsentation oftmals nur mit zeitlicher Verzögerung diagnostiziert wird. Dieser Verzögerung kommt insbesondere im Hinblick auf die 2015 zur Behandlung der pädiatrischen HPP zugelassenen Enzymersatztherapie mit dem Wirkstoff Asfotase alfa eine besondere Bedeutung zu, da die Patienten von einer frühzeitigen Diagnose und einem damit einhergehenden frühzeitigen Beginn der Behandlung profitieren können.
Diese Ergebnisse tragen einen Teil dazu bei, das Bewusstsein und die Kenntnis der Erkrankung zu verbessern, um so die die Zeitspanne zwischen Symptombeginn und Diagnosestellung zu verkürzen und die medizinische Versorgung der Patienten zu verbessern.