610 Medizin und Gesundheit
Refine
Has Fulltext
- yes (2) (remove)
Is part of the Bibliography
- yes (2)
Document Type
- Doctoral Thesis (2)
Language
- German (2)
Keywords
- Nebennierenkrise (2) (remove)
Institute
In dieser retrospektiven Querschnittsanalyse untersuchten wir 421 Patienten mit primärer und sekundärer NNRI hinsichtlich des Auftretens krankheitsassoziierter Morbidität, der Häufigkeit, Ursachen, Auslösefaktoren und Risikofaktoren von Nebennierenkrisen, sowie weiterer Komorbiditäten mit einem besonderen Fokus auf endokrine und kardiovaskuläre Komorbidität und der Knochengesundheit. Die Prävalenz der Komorbiditäten wurde mit zwei populationsbasierten Kohorten verglichen.
Dabei stellten wir fest, dass die Inzidenz der NNK deutlich höher ist als im Vorfeld angenommen (15 pro 100 Patientenjahre) und dass zu den wichtigsten Auslösern die Gastroenteritis, die fieberhaften Infekte sowie die Operationen gehören. Als mögliche Risikofaktoren zum Entwickeln einer NNK sind die primäre NNRI-Form sowie das weibliche Geschlecht anzusehen. Letztendlich ist jedoch bei jedem Patienten von einem Risiko auszugehen, eine lebensbedrohliche Krise zu erleiden, sodass auch die aktuellen Daten die Bedeutung einer systematischen Patientenschulung als Präventionsmaßnahme unterstreicht. Hierbei spielen insbesondere die Erkenntnisse dieser Arbeit hinsichtlich möglicher Auslösefaktoren eine wichtige Rolle.
Bezüglich des kardiovaskulären Risikoprofils konnte in unserer Erhebung keine erhöhte Prävalenz bei NNRI-Patienten im Vergleich zu der Allgemeinbevölkerung festgestellt werden. Die NNRI-Patienten wiesen, unabhängig von der Form der NNRI, eine signifikant niedrigere Prävalenz an arteriellem Hypertonus, Hyperlipidämie und Adipositas auf. Der Unterschied im Bezug auf Diabetes mellitus war unter den Gruppen nicht signifikant. Die aktuell verwendeten Glucocortioidsubstitutionsschemata scheinen somit kein diesbezüglich erhöhtes Risiko zu bewirken.
In der Gruppe der NNRI-Patienten wurde unabhängig von der Form der NNRI häufiger über das Vorliegen einer Osteopenie oder Osteoporose berichtet als in den beiden populationsbasierten Vergleichskohorten. Dies war insbesondere auffällig bei NNRI Patientinnen, die eine höhere Glucocorticoid-Dosis pro Tag zu sich nahmen (>10mg/m2 KOF) oder über 55 Jahre alt waren, sodass diese Patientengruppe von einem osteodensitometrischen Screening profitieren könnte.
Die chronische NNR-Insuffizienz ist der Zustand einer dauerhaften Unterfunktion der kortikotropen Achse. Trotz der heutzutage möglichen lebensrettenden Therapie mit synthetischen Steroiden gibt es zunehmend Anhaltspunkte, dass die übliche Hormonersatztherapie alleine nicht ausreichend ist, eine Verminderung der Lebensqualität und der Leistungsfahigkeit durch die adrenale Insuffizienz vollstandig zu kompensieren. Um die Einschränkung der Lebensqualität NNR-insuffizienter Patienten zu erfassen, wurden hierzu 210 Patienten mit primärer und sekundärer NNR-Insuffizienz mithilfe psychologischer Fragebogen zu ihrem Gesundheitszustand und den Auswirkungen der Erkrankung auf die subjektive Lebensqualität befragt. Hierbei wiesen sowohl Patienten mit primärer wie auch sekundärer NNR-Insuffizienz einen, trotz gebräuchlicher Standardsubstitution, signifikant beeinträchtigten gesundheitsbezogenen, subjektiven Gesundheitsstatus auf. Überdies bezog ein hoher Prozentsatz der Befragten, 18,3%, eine Erwerbsunfähigkeitsrente, welche auf die NNR-Erkrankung zurückzuführen ist. Bedeutend war hierbei insbesondere, dass sich die Beeinträchtigung des Gesundheitsstatus weitgehend unabhängig von zusätzlichen endokrinen und nicht endokrinen Begleiterkrankungen zeigte. Darüber hinaus lies sich bei Patienten mit DHEA- oder GH-Substitution keine Verbesserung des subjektiven Gesundheitszustandes nachweisen. Dies offenbart die Unfähigkeit der gebräuchlichen Standardhormonsubstitution einen normwertigen subjektiven Gesundheitszustand bei NNR-Insuffizienz wiederherzustellen. Zur Klärung des Nutzens physiologischerer Substitutionsstrategie und der dadurch eventuell moglichen signifikanten Verbesserung des gesundheitsbezogenen, subjektiven Gesundheitsstatus bei Patienten mit NNR-Insuffizienz ist daher die Durchführung weiterer Studien notwendig. Um mögliche Risikofaktoren für das Auftreten von NN-Krisen bei Patienten mit chronischer NNR-Insuffizienz zu erfassen, wurden die 210 Patienten überdies zu der Anzahl bisheriger NN-Krisen und deren möglichen Ursachen befragt. Hierbei zeigte sich, dass NN-Krisen mit 8,1 Krisen pro 100 Patientenjahre ein relativ häufiges Ereignis bei Patienten mit chronischer NNR-Insuffizienz darstellen. Die häufigsten Ursachen waren hierbei gastrointestinale- und fieberhafte Infekte. Allerdings konnte kein klares Muster, das Patienten mit erhöhtem Risiko fur das Auftreten einer NN-Krise definierte, gefunden werden, so dass weiterhin eine strukturierte, lebenslange Patientenschulung die wichtigste Massnahme zur Krisenprävention darstellt.