610 Medizin und Gesundheit
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Pemphigus vulgaris (PV) ist eine blasenbildende Autoimmunerkrankung, die durch Autoantikörper gegen Dsg1 und Dsg3 gekennzeichnet ist. Der genaue Pathomechanismus, der zu einem PV-IgG vermittelten Verlust der interzellulären Adhäsion führt, ist noch unklar. Die Dsg3-Depletion und die Modulation von Signalkaskaden stellen hierbei kennzeichnende Merkmale der Erkrankung dar. Mit den Ergebnissen der vorliegenden Arbeit ist eine bessere Einordnung der Dsg3-Depletion in den pathogenetischen Kontext von Pemphigus vulgaris möglich. Die Experimente zeigen, dass die Dsg3-Depletion von Differenzierungsprozessen abhängig ist und mit einem Adhäsionsverlust einhergehen kann. Die Hemmung der PKC verhindert hierbei sowohl die PV-IgG vermittelten Effekte in der Zellkultur als auch die Blasenbildung im Mausmodell in vivo und in humaner Haut ex vivo. Des Weiteren liefert die Arbeit neue Erkenntnisse, welche für die suprabasale Lokalisation der Blasenbildung bedeutsam sein könnten.
Pemphigus vulgaris (PV) ist eine blasenbildende Autoimmunerkrankung der Haut. Ein wesentliches Charakteristikum der Erkrankung sind Autoantikörper, welche gegen die humanen Zell-Adhäsionsmoleküle Desmoglein (Dsg) 3 und 1 gerichtet sind und zu zunehmender Zell-Dissoziation der Keratinozyten führen (Akantholyse). Neben der Dsg3-Reorganisation sind zytoskelettale Veränderungen in Form einer ZK-Retraktion und einer Reorganisation des Actin-Zytoskeletts als ein wichtiges Merkmal akantholytischer Zellen beschrieben worden. Dennoch ist der zeitliche Verlauf und die funktionelle Relevanz dieser zytoskelettalen Veränderungen im Vergleich zu anderen Prozessen, wie der Dsg3-Reorganisation oder der Zell-Dissoziation, unklar. In dieser Arbeit wurde daher die Rolle der ZK-Filamente und der Actinfilamente für die PV-Pathogenese untersucht. Inkubation von kultivierten Keratinozyten mit PV-IgG resultierte in einer ZK-Retraktion, welche eng mit dem Beginn der Dsg3-Reorganisation und der Zell-Dissoziation korrelierte. Weiterhin fand sich eine Abhängigkeit der PV-IgG-induzierten ZK-Retraktion und der Zell-Dissoziation von der p38MAPK-Signalkaskade, während die Beteiligung der p38MAPK an der Dsg3-Reorganisation von untergeordneter Rolle zu sein scheint. Übereinstimmend dazu führte eine Überexpression von E-Cadherin zu einer Hemmung der p38MAPK-Aktivierung, der ZK-Retraktion und der Zell-Dissoziation, so dass den Cadherinen eine übergeordnete Rolle in der Vermittlung der PV-Pathogenese zuzukommen scheint. Neben einer ZK-Retraktion zeigten die Zellen als Reaktion auf eine Inkubation mit PV-IgG auch wesentliche Reorganisationen der Actinfilamente, welche ebenfalls eng mit der Dsg3-Reorganisation und der Zell-Dissoziation korrelierten. Darüber hinaus interferierte die pharmakologische Modulation des Actin-Zytoskeletts mit den PV-IgG-Effekten. So führte eine Stabilisierung der Actinfilamente zu einer Reduktion sowohl der Dsg3-Reorganisation als auch der Zell-Dissoziation, während eine Zerstörung der Filamente die Effekte verstärkte. Zur Unterstützung dieser Ergebnisse wurde die Rolle des Actins für die durch Rho-GTPasen vermittelte Hemmung von PV-IgG-Effekten untersucht. Eine Aktivierung der Rho-GTPasen führte neben einer Hemmung PV-IgG-vermittelter Effekte auch zu einer Verstärkung des kortikalen Actin-Rings, während eine Hemmung der Actin-Polymerisation die protektiven Effekte der Rho-GTPasen-Aktivierung aufheben konnte. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Ergebnisse dieser Arbeit eine übergeordnete Rolle sowohl der desmosomalen als auch der klassischen Cadherine für die PV-Pathogenese zeigen. Daneben scheint auch der Actin-Reorganisation eine wesentliche Position zuzukommen. Die ZK-Retraktion hingegen scheint, zumindest im Bezug auf die Dsg3-Reorganisation, sekundär zu sein, trägt aber möglicherweise im Anschluss an eine p38MAPK-Aktivierung wesentlich zum Verlust der Zell-Zell-Adhäsion bei.
Ca2+ dependent cell adhesion molecules (cadherins) are central for a variety of cell and tissue functions such as morphogenesis, epithelial and endothelial barrier formation, synaptic function and cellular signaling. Of paramount importance for cadherin function is their specific extracellular adhesive trans-interaction. Cadherins are embedded in a cellular environment of intracellular and extracellular regulators that modify cadherin binding in response to various physiological and pathological stimuli. Most experimental approaches used for studying cadherin interaction however lack a physiological proof of principle mostly by not investigating cadherins in their physiological environment. In the present cumulative dissertation, experimental approaches were applied to characterize and modulate vascular endothelial (VE)-cadherin and desmocadherin functions in the (patho-)physiological contexts of endothelial permeability regulation and disturbance of epidermal barrier function, which is typical to the blistering skin disease pemphigus, respectively. Whereas VE-cadherin is a key regulator of the endothelial barrier that separates the blood compartment from the interstitial space of tissues, desmosomal cadherins are crucial for maintenance of epidermal integrity and separation of the external environment from the body’s internal milieu. Cadherin functions were both investigated in cell-free and cell-based conditions: by using biophysical single molecule techniques like atomic force microscopy (AFM), cadherin function could be investigated in conditions, where contributions of intracellular signaling were excluded. These experiments were, however, compared and combined with cell-based experiments in which cadherins of epidermal or endothelial cell cultures were probed by laser force microscopy (laser tweezers), fluorescence recovery after photobleaching (FRAP) and other techniques. The autoimmune blistering skin diseases pemphigus foliaceus (PF) and pemphigus vulgaris (PV) are caused by autoantibodies directed against the extracellular domains of the desmosomal cadherins desmoglein (Dsg) 1 and 3, which are important for epidermal adhesion. The mechanism of autoantibody-induced cell dissociation (acantholysis) in pemphigus, however, is still not fully understood. For the first time, it is shown by AFM force spectroscopy that pemphigus autoantibodies directly inhibit Dsg3 adhesion by steric hindrance but do not inhibit adhesion of Dsg1. However, the full pathogenicity of the autoantibodies depended on cellular signaling processes, since autoantibodies targeting Dsg1 also resulted in loss of cadherin-mediated adhesion in cell-based experiments. However, two other signaling pathways that have been reported to be involved in pemphigus pathogenesis, i.e. epidermal growth factor receptor (EGFR) and c-Src activation, were not found to be important in this context. Furthermore, peptide-based modulators of cadherin functions were generated for Dsg1/3 and VE-cadherin. By comparing Dsg1, Dsg3 and VE-cadherin sequences to published X-ray structures of cadherin trans-interactions, specific amino acid sequences of the binding pockets of these cadherins were identified. Peptide versions of these motifs were synthesized and the antagonistic functions of these “single peptides” were validated by AFM force spectroscopy as well as by cell-based assays. By linking two single peptides in tandem, stabilization of cadherin bonds because of by cross-bridge formation between trans-interacting cadherins was demonstrated. Protective effects of tandem peptides were shown by partly preventing pemphigus autoantibody-induced acantholysis, or in the case of VE-cadherin, by stabilizing endothelial barrier properties against barrier disrupting agents like the Ca2+ ionophore A23187 and an inhibitory VE-cadherin antibody. Most importantly, VE-cadherin tandem peptides abolished microvascular hyperpermeability induced by the physiologic inflammatory agent tumor necrosis factor-α in the rat mesentery in vivo. Both classes of tandem peptides therefore can be considered as a starting point for the generation of potential therapeutic agents that might prevent cell dissociation in pemphigus and breakdown of the endothelial barrier under inflammatory conditions.
Die Stabiltät und Integrität der Epidermis beruht zu einem großen Teil auf der intakten Funktion der Desmosomen. Diese fleckförmigen Zellkontakte vermitteln extrazellulär die Haftung zwischen den Keratinozyten durch Desmocadherine und sind intrazellulär über Adaptorproteine im Intermediärfilamentsystem des Zellskeletts verankert. Diese Funktion ist bei der Autoimmunerkrankung Pemphigus gestört, die zu intraepidermaler Blasenbildung durch Akantholyse der Keratinozyten führt. Pemphigus vulgaris (PV) und Pemphigus foliaceus (PF) stellen die beiden Hauptvarianten dar, wobei PV durch Autoantikörper gegen die Desmocadherine Desmoglein (Dsg) 3 und oftmals zusätzlich gegen Dsg 1, PF durch Autoantikörper nur gegen Dsg 1 gekennzeichnet ist. Rho-GTPasen sind zelluläre Regulatorproteine, die das Aktinzytoskelett und verschiedene Zellkontakte beeinflussen. Die vorliegende Arbeit beschäftigte sich mit dem Einfluss von Rho-GTPasen bei der Regulation von desmosomal vermittelter Adhäsion. In einem zweiten Teil wurde die Beteiligung von Rho-GTPasen bei den Pemphigusvarianten PV und PF näher charakterisiert. Für den ersten Abschnitt wurden bakterielle Toxine verwendet, die spezifisch Rho GTPasen aktivieren bzw. inhibieren, während für den zweiten Teil IgG-Fraktionen von PV- und PF-Patienten in Kombination mit aktivierenden Toxinen zur Anwendung kamen. Eine Inhibition der drei Hauptvertreter der Rho-GTPasen in kultivierten Keratinozyten und humaner Epidermis führte zu einer Rarefizierung des Aktinfilamentsystems, zu Verlust von membranständig lokalisiertem Dsg 1 und 3 und zu Zelldissoziation sowie zu verminderter Dsg 1 und 3-vermittelter Haftung von Mikroperlen auf der Oberfläche von Keratinozyten. Die Aktivierung der GTPasen resultierte in vermehrter linearisierter Darstellbarkeit von Aktin und Dsg 3 an den Zellgrenzen und einer verstärkten Dsg-vermittelten Haftung. Pemphigus-IgG führten ebenfalls zu Zelldissoziation und Verlust von Dsg-Immunreaktivität in Keratinozytenkulturen, zu Spaltbildung in humaner Epidermis und zum Verlust der durch Dsg 1 und Dsg 3 vermittelten Adhäsion. Dies ging einher mit einer vermehrten Menge an nicht am Zytoskelett verankerten Dsg 3 und wurde durch eine p38MAPK-abhängige Verminderung der Aktivität von Rho A moduliert. Die Aktivierung von Rho A verhinderte die Ausbildung der Pemphigus-induzierten Effekte nahezu vollständig. Zusammenfassend regulieren Rho-GTPasen die desmosomale Haftung in Keratinozyten. Die Daten zeigen weiterhin, dass Pemphigus-IgG durch eine Inhibition von Rho A diese Regulation beeinträchtigt, was zu Schwächung der Zytoskelettverankerung von Desmogleinen und zu Haftungsverlust und Spaltbildung führt. Somit ist Rho A ein wichtiger Faktor der Pemphigus-Pathogenese und stellt einen Erfolg versprechenden Ansatzpunkt zur Entwicklung neuer Therapieoptionen dar.
Das Ziel der vorliegenden Arbeit war, retrospektiv die klinischen und immunpathologischen Befunde von Patienten mit blasenbildenden Autoimmundermatosen – mit Ausnahme des bullösen Pemphigoid – zu erheben, die zwischen 1989 und 1998 an der Universitätshautklinik Würzburg behandelt wurden. Die Daten wurden mit Hilfe eines spezifischen Fragebogens anhand der Dokumente über den stationären Aufenthalt sowie in direktem Gespräch mit den Patienten gewonnen; die statistische Datenverarbeitung erfolgte mit dem Statistical Analysis System SAS®. Die höchste Inzidenz wies der Pemphigus vulgaris (PV) mit einer Inzidenz von 0,9 Neuerkrankungen pro einer Million Einwohner pro Jahr auf, gefolgt vom vernarbendem Pemphigoid (CP; 0,8) und dem Pemphigus foliaceus (PF; 0,6). Die übrigen Autoimmundermatosen zeigten deutlich niedrigere Inzidenzen (0,02-0,3). Sowohl der PV als auch der PF traten bei Frauen häufiger auf. Während vom CP Frauen viermal so oft betroffen waren wie Männer, zeigte sich bei der Dermatitis herpetiformis Duhring (DHD) eine Bevorzugung des männlichen Geschlechts. Die PV-Patienten waren durchschnittlich 55, die PF-Patienten 60 Jahre alt. Bei den CP-Patienten betrug das Durchschnittsalter 67, bei den DHD-Patienten 38 Jahre; auffallend war bei der DHD der deutlich frühere Erkrankungsbeginn bei Männern. Das Durchschnittsalter der Patienten mit linearer IgA Dermatose (LAD) lag bei 69 Jahren, wobei das Durchschnittsalter der Frauen wesentlich höher war als das der Männer. Klinisch manifestierte sich der PV bei 90% unserer Patienten an der Mundschleimhaut, 64% zeigten Hautbeteiligung. Beim PF fand sich ausschließlich eine Hautbeteiligung. Beim CP wiesen alle Patienten Schleimhaut-, ein Großteil (87%) Hautbeteiligung auf. Alle DHD-Patienten zeigten eine Beteiligung der Haut. Von den LAD-Patienten zeigten alle Haut-, 25% Mund- und 25% Genitalschleimhautbeteiligung. Bei unseren PF-Patienten fand sich gehäuft (17,6%) eine Assoziation mit der rheumatoiden Arthritis. Ein gehäuftes Vorkommen anderer oder maligner Krankheiten konnten wir bei unseren Patienten nicht feststellen. Mittels direkter Immunfluoreszenz (IF) fanden wir bei 89% der PV- und bei 94% der PF-Patienten bei der Erstvorstellung interzelluläre Immunglobulin-G-Ablagerungen; bei den CP-Patienten zeigten sich in 93% der Fälle lineare Immunglobulin-G-Ablagerungen. Die direkte IF der DHD-Patienten wies in 91% der Fälle granuläre Immunglobulin-A-Ablagerungen in der papillären Dermis nach. Alle LAD-Patienten zeigten in der direkten IF die typischen linearen Immunglobulin-A-Ablagerungen an der Basalmemberan. Bei allen Patientinnen mit Pemphigoid gestationis (PG) konnten wir lineare Komplementkomponente-3-Ablagerungen nachweisen. Die direkte IF der Patienten mit Epidermolysis bullosa acquisita (EBA) und 200 kD-Pemphigoid zeigte lineare Ablagerungen von IgG und C3 an der Basalmembran. Mittels indirekter IF ließen sich bei 93% der PV-, 88% der PF- sowie bei 31% der CP-Patienten im Serum zirkulierende Antikörper feststellen. In 73% der Fälle fanden wir bei den DHD-Patienten Immunglobulin-A-Endomysium-Antikörper. Bei 67% der LAD-Patienten und bei 50% der PG-Patientinnen waren im Serum zirkulierende Antikörper nachweisbar. Bei 30 Pemphiguspatienten charakterisierten wir die Spezifität der Autoantikörper mittels Enzyme-linked immunosorbent assay (ELISA). Hierbei fand sich eine enge Korrelation zwischen Pemphigusphänotyp und Autoantikörperprofil. Bei den CP-Patienten fanden wir Autoantikörper, die gegen bullöses Pemphigoid Antigen 180 (BP180), bullöses Pemphigoid Antigen 230 (BP230) und Epiligrin gerichtet waren. Hinsichtlich des aktuellen Hautzustandes konnten wir feststellen, daß im Verlauf der Erkrankung nur 21% der PV- und 14% der CP-Patienten ohne Therapie beschwerdefrei wurden, beim PF dagegen waren dies immerhin 43%. Von den DHD-Patienten war der Großteil unter Therapie in klinischer Remission. Bei den LAD-Patienten war lediglich eine Patientin mit der juvenilen Form der Erkrankung ohne Medikation und ohne Hautveränderungen. Alle PG-, EBA- und 200 kD-Pemphigoidpatienten waren ohne Therapie beschwerdefrei. Die vorgestellten Daten bestätigen Berichte der Literatur, dass vor allem beim Pemphigus der klinische Phänotyp mit der Spezifität der Autoantikörper korreliert. Serologische Untersuchungen (indirekte Immunfluoreszenz, Immunoblot und ELISA) ermöglichen in den meisten Fällen den Nachweis der Autoantikörper. Die Seltenheit der untersuchten Erkrankungen macht weitere, multizentrische Studien notwendig, um Assoziationen mit anderen Krankheiten zu bestimmen und effektivere Therapieformen zu entwickeln.