Doctoral Thesis
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Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Synthese und Reaktivitat niedervalenter borhaltiger Verbindungen der Oxidationsstufe +I, sowie der Darstellung eines neuen zweizähnigen Carbens. Von zentraler Bedeutung waren dabei Verbindungen aus der Substanzklasse der cAACs, die sowohl als stabilisierende Lewis-Basen der Diborene und Borylene zum Einsatz kamen, als auch das Grundgerüst des neuen Carbens bilden.
Zunächst stand die Synthese eines neuen Diborens im Fokus, wobei Cyclohexylsubstituenten am Pyrrolidingerust des cAACs verwendet wurden. Die Reaktivitätsstudien wurden anschließend am Diboren mit dem methylsubstituierten cAAC-Derivat durchgeführt. Dabei konnte neben der 1,2-Addition von Wasser die Insertion von Acetylen in die BB-Bindung, sowie die Spaltung durch die Reaktion mit diversen Aziden beobachtet werden. Darüber hinaus gelingt die vollständige Separierung beider Boratome in zwei getrennte Moleküle bei der Umsetzung mit Kohlenstoffdioxid in einer Reaktionssequenz aus [2+2]-Cycloaddition und -reversion.
Das dabei erhaltene Hydroborylen wurde im zweiten Teil der Arbeit hinsichtlich seiner Reaktivität untersucht. Gerade die Carbonylfunktionalität erlaubte hierbei den Zugang zu vielfältigen Reaktionsprodukten. Unter anderen kann der Carbonylsubstituent in ein Alkin oder ein Nitril überführt werden. Zudem kann die, aus der Übergangsmetall-Carbonylchemie bekannte, Fischer-Carben Synthese am Borylen reproduziert werden und stellt somit ein metallomimetisches Verhalten der Borylene zur Schau.
Der letzte Teil befasst sich mit der Darstellung eines zweizähnigen Carbenliganden, wobei der Nachweis des freien Carbens indirekt mittels Abfangreaktionen gelang.
Die Dissertation befasst sich mit der Synthese und Reaktivität verschiedener niedervalenter Borverbindungen. In dem ersten Kapitel der Arbeit wurde das CAAC-stabilisierte Cyano(hydro)borylanion auf seine Bor- sowie Stickstoff-zentrierte Nucleophilie hin untersucht. Das ambidente Reaktionsverhalten der Verbindung konnte gegenüber verschiedenen Kohlenstoffelektrophilen sowie Monohalogenboranen nachgewiesen werden. Der zweite Teil der Arbeit befasst sich mit der Aktivierung, Fixierung und Verkettung von Distickstoff durch Borylene. Es gelang den Mechanismus experimentell sowie quantenchemisch aufzuklären. Das Folgeprodukt der Protonierung, welches ein Bisborylhydrazindiradikal darstellt, wurde weitergehend auf seine Reaktivität als Reduktionsmittel untersucht und konnte selektiv einfach sowie zweifach oxidiert werden. Das dritte Kapitel beschreibt die Synthese eines neuartigen, vollständig ungesättigten 1,2-Diboretdiradikals, welches durch die schrittweise Reduktion des 2,3-[(CAAC)BBr2]2-Naphthalins erhalten wurde. Anfängliche Reaktivitätsstudien zu dem 1,2-Diboretdiradikal zeigen zudem, dass die Verbindung als Bor-Bor-Mehrfachbindung gegenüber einem Azid reagiert, jedoch durch die Umsetzung mit Kohlenstoffmonoxid auch zu einem Bisborylen gespalten werden kann.
Einfach Lewis-Basen stabilisierte Borylene wurden durch Reduktion in situ hergestellt und in Gegenwart von Kohlenstoffmonoxid oder Distickstoff umgesetzt. Die entstandenen Verbindungen wurden mittels NMR-, ESR-, UV/Vis- und IR-Spektroskopie sowie Einkristallröntgenstrukturanalyse charakterisiert. Im Zuge dessen konnten für die erhaltenen Spezies Eigenschaften ermittelt werden, die denen analoger Übergangsmetallkomplexe ähneln. Ferner konnten die zugrundeliegenden mechanistischen Vorgänge der Reaktionen durch gezielte Variation der Reaktionsparameter aufgeklärt werden. Zudem wurden Redoxverhalten und Reaktivitäten der isolierten Produkte in weiterführenden Studien näher untersucht.
This work involves the synthesis and reactivity of pseudohalide-substituted boranes and borylenes. A series of compounds of the type (CAAC)BR2Y (CAAC = cyclic alkyl(amino)carbene; R = H, Br; Y = CN, NCS, PCO) were prepared first. The two-electron reduction of (CAAC)BBr2Y (Y = CN, NCS) in the presence of a second Lewis base L (L = N-heterocyclic carbene) resulted in the formation of the corresponding doubly Lewis base-stabilized pseudohaloborylenes (CAAC)(L)BY. These borylenes show versatile reactivity patterns, including their oxidation to the corresponding radical cations, coordination via the respective pseudohalide substituent to group 6 metal carbonyl complexes, as well as a boron-centered protonation with Brønsted acids to boronium cations. Reduction of (CAAC)BBr2(NCS) in the absence of a second donor ligand, led to the formation of boron-doped thiazolothiazoles via reductive dimerization of two isothiocyanatoborylenes. These B,N,S-heterocycles possess a low degree of aromaticity as well as interesting photophysical properties and can furthermore be protonated as well as hydroborated. Additionally, CAAC adducts of the parent boraphosphaketene (CAAC)BH2(PCO) could be prepared, which readily reacted with boroles [Ph4BR'] (R' = aryl) via decarbonylation in a ring expansion reaction. The obtained 1,2-phosphaborinines represent B,P-isosteres of benzene and consequently could be coordinated to metal carbonyl complexes of the chromium triade via η6-coordination, resulting in new half-sandwich complexes thereof.
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden vier Verbindungsklassen – Borylene, Borole, 9-Borafluorene und 9-Aluminafluorene – untersucht und neue Vertreter dieser Klassen, substituiert mit einem ortho-Dicarba-closo-dodecaboran, dargestellt und auf ihre Reaktivität hin untersucht. Dabei sollte mit den speziellen chemischen Eigenschaften des Carboranylsubstituenten, wie dem elektronenziehenden und gleichzeitig σ-aromatischen Charakter, eine erhöhte Reaktivität der Zielverbindung erreicht werden.
Synthese und Reaktivität von Übergangsmetall-stabilisierten und Lewis-basenstabilisierten Borylenen
(2022)
Die vorliegende Arbeit befasst sich im ersten Teil mit der Reaktivität von Gruppe 8 Borylenkomplexen.
Zunächst wurde der Eisenborylenkomplex 71 mit verschiedenen Carbodiimiden umgesetzt. Die entstandenen Produkte in Form von Spiroverbindungen, [2+2]-Cycloadditionsprodukten sowie Diazadiboretidinen konnten strukturell und spektroskopisch untersucht werden. Außerdem wurde 71 mit Aziden umgesetzt, was NMR-spektroskopisch zur Bildung von Tetrazaborolen führt.
Der Eisenbis(borylen)komplex 72 wurde ebenfalls mit Carbodiimiden umgesetzt und die entstandenen Verbindungen, unter anderem Diazadiboretidine, strukturell und spektroskopisch untersucht. Eine Umsetzung von 72 mit Stickstoffbasen wie Azobenzol, 2,2'-Bipyridin oder Pyridazin führte bei letzterem zur Bildung eines Koordinationsprodukts.
Während die Umsetzungen des Eisentetrakis(borylen)komplexes 73 mit Methylisocyanid, Magnesium und Trimethylphosphan zu Zersetzung führten, konnten mit Bis(piperidyl)acetylen und Diisopropylcarbodiimid keine Umsetzungen festgestellt werden.
Nach Aufnahme eines UV/Vis- und CV-Spektrums des Eisentetraborkomplexes 74 wurde versucht, diesen mit diversen Erd- und Erdalkalimetallverbindungen zu reduzieren. Hierbei konnte entweder keine Reaktion oder Zersetzung festgestellt werden. Weitere Umsetzungen von 74 erfolgten mit unterschiedlichen Lewis-Basen, Stickstoffbasen, Säuren, Gasen, Chalkogenen, DIC und einer Platin(0)-verbindung. Diese Umsetzungen führten zu keinen identifizierbaren Produkten.
Im zweiten Teil dieser Arbeit wurde die Synthese und Reaktivität des basenstabilisierten Borylens 89 untersucht.
Nach Verbesserung der Synthesebedingungen konnte ein photolytisch induzierter Ligandenaustausch des CO-Liganden mit verschiedenen Substraten durchgeführt werden.
Hierbei führten die Umsetzungen mit Carbenen oder Phosphanen in Abhängigkeit derer sterischer Eigenschaften zu den entsprechenden Adduktverbindungen. Außerdem konnte eine Adduktverbindung mit Schwefel dargestellt werden, während eine Umsetzung mit Selen nur zur Zersetzung führte.
Die Umsetzung mit DMAP lieferte im Gegensatz zur den vorherigen Adduktverbindungen ein biradikalisches Produkt, welches durch ESR-Messung charakterisiert werden konnte.
Eine lösungmittelabhängige Reaktion findet mit Trifluorophosphan statt, mit welchem die entsprechende instabile Borylenverbindung NMR-spektroskopisch untersucht werden konnte.
Die Borazidspezien 169 und 170 sowie das Aminoboran 171 konnten durch Umsetzung von 89 mit Mesityl- und Phenylazid generiert und vollständig charakterisiert werden.
In Anlehnung an die Synthese von Fischercarbenkomplexen wurde 89 mit Organometallverbindungen umgesetzt, um die Reaktivität des CO-Liganden zu erforschen. Nach Umsetzungen mit Phenyllithium, Methyllithium oder Benzylkalium erfolgte die Methylierung in situ mittels Methyltriflat oder dem Meerwein-Salz [Me3O][BF4]. Die entstandenen Fischercaben-analogen Verbindungen konnten strukturell und spektroskopisch charakterisiert werden.
Im Rahmen dieser Arbeit konnten nasschemische Synthesen für Dibortetrafluorid und chlorid ausgehend von Dibortetrabromid entwickelt werden, die durch einfachen Halogenaustausch mit SbF3 bzw. GaCl3 realisiert wurden. In Verbindung mit Arbeiten von Dr. Jonas Müssig zur Synthese von B2I4 gelang die Darstellung aller vier Dibortetrahalogenide mittels einfacher Schlenktechnik basierend auf der Synthese von B2Br4 durch Nöth und Pommerening im Jahr 1981. Dibortetrachlorid konnte mit Phosphanen (PMe3, PCy3 und PPh3) und Singulett-Carbenen (IDipp und MeCAAC) zu den klassischen Bisaddukten 44−46 bzw. 54 und 55 umgesetzt werden. Die Addition eines Isonitrils (CNtBu) an B2Cl4 führte zunächst zur Ausbildung des Bisadduktes 53, allerdings konnte in Lösung eine Umlagerung beobachtet werden, deren Verlauf 11B-NMR-spektroskopisch verfolgt wurde, jedoch nicht final aufgeklärt werden konnte. Durch die Zugabe eines Unterschusses der Lewis-Basen IDipp bzw. PCy3 sollten zunächst Monoaddukte von B2Cl4 dargestellt werden, deren Umsetzung mit einer weiteren Lewis-Base die Synthese asymmetrischer Lewis-Basen-Addukte von B2Cl4 ermöglichen sollte. Die sp2-sp3-Diborane 56 und 57 konnten bei tiefen Temperaturen 11B-NMR-spektroskopisch nachgewiesen werden, allerdings führte eine Abfangreaktion mit diversen Lewis-Basen nicht zu den gewünschten asymmetrischen Addukten. Bei Raumtemperatur konnte eine Folgereaktion von 56 zur Chlorid-verbrückten kationischen Spezies 58 mit einem Tetrachloroborat-Anion beobachtet werden. Im Fall von Dibortetrafluorid konnten keine Lewis-Basen-Addukte (LB = PMe3 und MeCAAC) isoliert werden. Die Reaktivität von B2Cl4 gegenüber ungesättigten Substraten wurde anhand mehrerer literaturbekannter Beispiele (Acetylen, 2-Butin, 3-Hexin, Diphenylacetylen und Bis(trimethylsilyl)acetylen) nachvollzogen und um die terminalen Alkine Propin und 1 Hexin erweitert. Eine selektive Addition von B2Br4 an Dreifachbindungen gelang nicht. Die so erhaltenen Diborylalkene sollten zur Darstellung von 1,2-Diboreten genutzt werden, wobei zunächst über eine von Siebert et al. entwickelte Route die Bis(N,N-dialkylaminochlorboryl)alkene 67g, h, j und k dargestellt wurden. Ein nachfolgender Ringschluss unter reduktiven Bedingungen verlief nur für die Diisopropyl¬amino-substituierten Diborylalkene 67g und j selektiv und lieferte das 1,2-Dihydro-1,2-diboret 71g und das umgelagerte 1,3-Dihydro-1,3-diboret 68j. Der Austausch der Aminosubstituenten gegen Halogenide, der für eine weitere Reduktion zur B-B-Doppelbindung nötig wäre, gelang nicht. Die Umsetzung der Diborylalkene 61 (R = Me), 62 (R = Et) und 65 (R = Ph) mit Singulett-Carbenen (LB = IMe, IiPr, IDipp und MeCAAC) führte zu den chloridverbrückten Monoaddukten 74−76 und 79−81. Alle Verbindungen dieses Typs zeigten in NMR-spektroskopischen Untersuchungen ein sp2- und ein sp3-koordiniertes Borzentrum, welche für die CAAC-stabilisierten Verbindungen auch röntgenkristallografisch nachgewiesen werden konnten. Theoretische Untersuchungen bestätigten die Relevanz des verbrückenden Chloratoms zur Stabilisierung dieser Verbindungen. Für die Stammverbindung der Diborylalkene (59 (R = H)) konnte bei der Umsetzung mit MeCAAC eine unlösliche Verbindung erhalten werden, deren Struktur als Bisaddukt 82 mittels NMR-spektroskopischen Untersuchungen im Festkörper und durch Verbrennungsanalyse bestätigt werden konnte.
Die Reduktion der CAAC-stabilisierten Diborylalkene 79 und 80 in Gegenwart von MeCAAC führte zu den captodativ-stabilisierten Diborylradikalen 83 und 84, deren Strukturanalyse eine orthogonale Anordnung der C2-Brücke zur B(CAAC)-Einheit offenlegt. Ausführliche EPR-spektroskopische Untersuchungen bei variabler Temperatur und theoretische Berechnungen bestätigen eine schwache Wechselwirkung der beiden Radikalzentren und einen offenschaligen Singulett-Grundzustand mit einem energetisch tiefliegenden Triplett-Zustand (ΔES T = 0.017 kcal mol−1). Der experimentell bestimmte Spin-Spin-Abstand und die Analyse der einfach besetzten Molekülorbitale (SOMO) bestätigen eine Delokalisierung der Spindichte über die NCAAC-CCAAC-B-Einheit. Der Austausch der verbrückenden Einheit und die somit einhergehende Verringerung der Sterik führt zu einer Planarisierung des Moleküls im Festkörper (87). Theoretische Untersuchungen und die Auswertung der strukturellen Parameter ergeben eine Delokalisierung der Elektronendichte über das gesamte planare System. EPR- und NMR-spektroskopische Untersuchungen ergaben dennoch Hinweise auf das Vorliegen einer paramagnetischen Verbindung. Untersuchungen zum Reduktionsverhalten von zweifach CAAC-stabilisiertem 1,4-Bis-(dibromboryl)benzol (97) ergaben die vollständige Enthalogenierung der Borzentren. Im Zuge dessen entstand ein hochreaktives, lineares Borylen, welches eine CH-Aktivierung mit dem Isopropylsubstituenten des CAAC-Liganden eingeht (98). Zur Stabilisierung des Borylens wurde die Reduktion in Gegenwart weiterer Lewis-Basen (Pyridin (Pyr), IiPr, IMeMe, PMe3, CNtBu und CO) durchgeführt, die in der Ausbildung der Diborylene 99−104 resultierten. Die Darstellung einer para-Phenylen-verbrückten Donor-Akzeptor-Verbindung (D: Borylen, A: BMes2) gelang nicht.
The thesis is mainly about the reactivities of borylene complexes. Including the investigation of the reaction of base stabilized terminal borylene with elemental chalcogens. On the other hand the are also the reactivity of borylene with bipyridine species is also studies. A C-H activation of the Cp2WH2 using borylene is also discovered. Finally the reaction of a borylene with Lewis acids such as GaCl3 and InBr3 is also studied.
Teil 1: Koordination und Funktionalisierung von Dihydroboranen an Übergangsmetallkomplexen
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden Untersuchungen zur Koordination und Funktionalisierung von Dihydroboranen an Übergangsmetallkomplexen durchgeführt. Aufgrund der möglichen Anwendung in Dehydrokupplungsreaktionen wurde die Umwandlung von Dihydroboranen in Borylenkomplexe genauer untersucht.
Teil 2: Darstellung neuer Carbodiphosphorane und deren Koordination an ausgewählte Substrate
Durch Anwendung einfacher Synthesemethoden konnten in der vorliegenden Arbeit neuartige Carbodiphosphorane dargestellt werden. Diese wurden im weiteren Verlauf der Untersuchungen auf ihre Reaktivität gegenüber ausgewählten Substraten untersucht.
Die Synthese unterschiedlicher terminaler Gruppe 6 Borylenkomplexe wurde durchgeführt. Dabei wurden neben NMR- und IR-spektroskopischen Untersuchungen, die Identitäten der Verbindungen mittels Röntgenkristallographie festgestellt. Ferner wurden Studien zur Reaktivität des nucleophilen Borzentrums in diesen Verbindungen durchgeführt und die erhaltenen Reaktionsprodukte ebenfalls durch die oben genannten Spektroskopiemethoden charakterisiert. Dabei lag das Augenmerkt besonders auf der Darstellung von monovalenten Borverbindungen, sowie Verbindungen mit Bor-Element-Mehrfachbindungen.