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Die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) ist eine häufige Erkran-kung bei Kindern und Jugendlichen. Vor allem bei Ausbleiben einer suffizienten Be-handlung verursacht die ADHS sehr oft vielfältige Probleme, die das Leben der Be-troffenen in Familie, Schule und Freizeit gravierend beeinträchtigen. Zahlreiche Studien beschreiben eine Dysfunktion des dopaminergen Systems als Hauptursache für das Auf-treten der Kardinalsymptome Hyperaktivität, Konzentrationsmangel und Impulsivität. Die Hauptsäule der medikamentösen Behandlung ist das zwingend per Betäubungsmit-telrezept zu verordnende Stimulanz METHYLPHENIDAT mit eigenem Nebenwir-kungsprofil und einer nicht geringen Rate an Nonrespondern.
Einzelne Literaturstellen und theoretische Vorüberlegungen lassen eine Korrektur dys-funktionaler dopaminerger Transmitterprozesse bei ADHS nicht allein durch Stimulanzi-en, sondern auch durch die Klasse der Dopamin-Agonisten denkbar erscheinen. Diese Vorüberlegungen basieren u. a. auf den Kenntnissen der Eigenschaften und des Wirkmechanismus des Dopamin-Agonisten ROPINIROL, der vielfach in der Behandlung der Parkinson-Krankheit eingesetzt wird.
Dieser Heilversuch ist die erste prospektive Untersuchung zur Sicherheit und Wirksam-keit des Dopamin-Agonisten ROPINIROL in der Behandlung von jungen männlichen ADHS-Patienten. Gleichzeitig liegt damit auch der erste Wirksamkeitsvergleich des erstmals gezielt zur ADHS-Behandlung eingesetzten Wirkstoffes ROPINIROL mit der Goldstandard-Substanz der ADHS-Medikation, nämlich METHYLPHENIDAT vor.
Insgesamt nahmen 9 Jungen mit ADHS im Alter zwischen 8 und 13 Jahren an dem Heilversuch teil, 3 dieser 9 Probanden im Rahmen eines Vortests, die übrigen 6 unter den Bedingungen des endgültigen Heilversuchs. Die Effekte der jeweils eingesetzten Substanz auf die Symptomausprägung der ADHS wurden mit Hilfe der Kurzform des Eltern-Lehrer-Fragebogens nach Conners und speziell hinsichtlich der ADHS-relevanten Verhaltensparameter Konzentrationsfähigkeit und Impulskontrolle durch den computer-gestützten Continuous Performance Test, CPT, erhoben.
Im Bild der angewandten computergestützten Konzentrations- und Impulskontroll-belastungstests (CPT) ergab sich bei 2 der 6 Probanden des Hauptheilversuches unter ROPINIROL eine sehr deutliche Verbesserung der Konzentration (Steigerung der rich-tigen Tastendrücke um 30% bzw. 70%). In der Betrachtung der gesamten Probanden-gruppe war der die Konzentration fördernde Effekt von ROPINIROL aber unspezifisch (p=0,463) und blieb weit hinter dem statistisch signifikanten konzentrationsfördernden Effekt von METHYLPHENIDAT auf die Probandengruppe (p=0,021) zurück.
5 von 6 Probanden handelten unter ROPINIROL weniger impulsiv und reduzierten die Anzahl falscher Tastendrücke im CPT gering bis deutlich. 3 dieser 5 Probanden verrin-gerten diese Fehlerzahl unter ROPINIROL um mindestens 40% der Ausgangsfehlerzahl ohne Medikation.
Anders als beim Verhaltensparameter Konzentration ließ sich hinsichtlich der Impuls-kontrolle kein Nachteil der Medikation mit ROPINIROL gegenüber METHYLPHENI-DAT errechnen.
Auch in der Auswertung der Kurzform des Eltern-Lehrer-Fragebogens nach Conners war ROPINIROL METHYLPHENIDAT rechnerisch nicht signifikant unterlegen. We-gen der kleinen Probandengruppe in Verbindung mit der deutlichen Streubreite der Er-gebnisse zur Impulsivität und innerhalb der Conners-Skalen kann dies aber bestenfalls als Hinweis, nicht aber als rechnerisch bewiesene Ähnlichkeit der Wirkstärke beider Substanzen in der Verbesserung vor allem der Impulskontrolle interpretiert werden.
6 von 9 Probanden beschrieben unter Ropinirol spürbare Tagesmüdigkeit. Diese war unter den höheren Dosen Ropinirol des Vortestes (max. 2mg ROP/die) besonders häufig und stark (3 von 3 Probanden). Unter der reduzierten Enddosis von maximal 1mg ROP/die im Haupttest lag die Häufigkeit der Tagesmüdigkeit bei 4 von 6 Probanden und wurde weniger stark erlebt. Dies weist auf eine Dosisabhängigkeit dieser im Heil-versuch am häufigsten registrierten unerwünschten Wirkung von Ropinirol hin. Impera-tive Schlafattacken blieben vollständig aus.
Der Beweis für das Potential des Dopamin-Agonisten ROPINIROL, die Symptome einer ADHS in ähnlichem Ausmaß wie das Stimulanz METHYLPHENIDAT zu verrin-gern oder zumindest statistisch fassbar zu reduzieren, konnte in der Gesamtwürdigung der Ergebnisse dieses Heilversuchs nicht erbracht werden. Es ergaben sich aber einzelne Hinweise auf eine Teilwirksamkeit von ROPINIROL gegen ADHS-Symptome bei einzelnen Probanden, vor allem für den Symptombereich der Impulsivi-tät. Hinweise auf ein Nebenwirkungsprofil, das jede zukünftige Anwendung von ROPINIROL bei ADHS-Erkrankten ausschließt, wurden nicht festgestellt.
Die mit Hilfe dieses pilotstudienartigen Heilversuchs gewonnenen Erkenntnisse könnten durch breiter angelegte Studien z. B. im Design einer randomisierten doppelblinden Wirksamkeitsvergleichsstudie überprüft und weiterentwickelt werden, um die mögliche Eignung von Dopamin-Agonisten wie Ropinirol als medikamentöse Alternative für be-stimmte Subpopulationen von ADHS-Betroffenen besser beurteilen zu können.
Theories of attention deficit hyperactivity disorder (ADHD) aetiology have placed a focus on impaired behavioural inhibition presumably leading to executive function (EF) deficits. Neuroimaging studies report neurophysiological findings consistent with these hypothesised impairments, and investigations of functional brain activation from a network perspective report hypoactivation in the frontoparietal network as well as hyperactivation in the dorsal attention network. Studies investigating the acute effects of stimulant medication on EF show an improvement on behavioural EF measures including working memory. In addition, methylphenidate (MPH) was shown to up-regulate the task-positive/ frontoparietal network in children and adolescents with ADHD. So far, there are only few studies investigating the impact of ADHD on behavioural and neurophysiological EF measures as well as the effect of several weeks of stimulant medication in adult patients.
The importance of the catechol-O-methyltransferase (COMT) enzyme for subcortical and cortical dopaminergic and noradrenergic functioning furthermore led to studies investigating a potential interactive impact of COMT genotype and ADHD on neuropsychological functioning, with a particular focus on working memory. The results of these studies were very heterogeneous. In addition, as none of the studies compared the results of ADHD patients to those of a healthy control group, possible differential effects of COMT in patients and healthy controls could not be examined.
The aim of this dissertation was to investigate selective attention properties of the central executive component during a working memory task and to transfer this task to fMRI. A third study then aimed to investigate the effects of adult ADHD (aADHD), MPH, and COMT genotype on working memory with a particular focus on activation of the task-positive network during the analysis of the fMRI data.
The first study (EEG) could replicate and extend the results from previous research. This study could furthermore connect the overall activation in frontal areas to suppression efficiency in posterior visual areas as well as establish the impact of hyperactive/ impulsive ADHD symptoms on task performance. The second study (fMRI) allowed the successful transfer of the paradigm to fMRI, and the further replication and extension of previous findings. In addition, this study showed the sensitivity of the task to the effects of the COMT genotype. The third study (fMRI) was one of the first studies that exploratorily investigated the effects COMT in a sample of aADHD patients and a comparable healthy control group. This study showed an interactive effect of these two factors on neuropsychological measures as well as on fMRI activation during a classic n-back working memory task. In addition, this task led to more activation in the task-positive network of the aADHD group compared to a healthy control group in the absence of performance differences, pointing towards compensatory activation in the aADHD group. Furthermore, activation in the frontal cortex was increased in patients taking MPH compared to a placebo. The fMRI data from the selective attention task moreover showed decreased activation in the right DLPFC of the patient group, which was associated with reduced suppression efficiency across all participants. The clinical effect of MPH in the third study was visible but did not reach significance, which is probably attributable to a lack of experimental power.
The studies in this dissertation could successfully replicate and extend previous findings. A goal for future studies should be the further investigation of the interactive effects of COMT genotype and aADHD on neuropsychological test results and fMRI activation, but also on medication response and adverse effects. In this context, the adaptation of a network perspective during the analysis of fMRI data seems to be the best way to detect existing between-group differences.
Der Einfluss von Methylphenidat auf die affektive Bildverarbeitung bei erwachsenen AD(H)S Patienten
(2010)
Die vorliegende Arbeit wurde im Rahmen des ADHS-Forschungsprojektes der Universität Würzburg zur Identifikation von Endophänotypen der ADHS durchgeführt. Im Fokus des Interesses stand dabei die Untersuchung emotionaler Verarbeitungsprozesse bei erwachsenen ADHS-Patienten. Conzelmann und Kollegen (Conzelmann, et al., 2009) konnten zeigen, dass erwachsene ADHS-Patienten vom Mischtypus und vom hyperaktiv/ impulsiven Typus eine defizitäre affektive Startle Modulation aufweisen. Basierend auf diesen Ergebnissen stellte sich in der vorliegenden Arbeit die Frage, ob dieser defizitäre Schreckreflex auf emotionale Bilder des International Affective Picture Systems (IAPS) zunächst replizierbar und falls ja, durch die Einnahme eines Methylphenidatpräparats (MPH) vermindert oder gänzlich aufgehoben werden kann. Um dieser Frage nachzugehen, wurden zunächst im Rahmen einer Vorstudie 15 erwachsene ADHS-Patienten (Mischtypus) aus der Studie von Conzelmann et al. (2009) nach einer Zeitspanne von einem bis zwei Jahren ein weiteres Mal getestet. Etwa eine Stunde vor der zweiten Testung erhielten die Patienten die Instruktion, ihr MPH-Präparat einzunehmen. Im Anschluss daran wurden den Patienten positive, neutrale und negative IAPS-Bilder präsentiert. Diese Bilddarbietung wurde in unregelmäßigen Abständen von einem akustischen Störgeräusch unterbrochen, den die Patienten möglichst ignorieren sollten. Im zweiten Teil der Untersuchung wurden die Probanden sowohl während der ersten als auch während der zweiten Testung angewiesen, die einzelnen Bilder hinsichtlich ihrer Valenz (angenehm versus unangenehm) und ihres Arousals (aufregend versus ruhig) zu bewerten. Von den 15 getesteten Patienten konnten 13 in die Auswertung mit einbezogen werden (2 Patienten hatten unzureichend auf den Ton reagiert). Unterschiede zwischen den beiden Testzeitpunkten (also ohne und mit MPH) konnten bezüglich der affektiven Startle Modulation lediglich auf Bilder mit hohem Arousal festgestellt werden. Für diese spezifischen Stimuli zeigten die Patienten ohne MPH keine verringerte Startle Reaktion während der Betrachtung positiver Bilder. Mit MPH konnte dieses Ausbleiben der Startle Attenuation aufgehoben werden. Anders als bei der affektiven Startle Modulation, konnte bei den zusätzlich erhobenen physiologischen Maßen weder ein systematischer Einfluss durch die IAPS-Bilder noch durch die Medikation festgestellt werden. Gleiches ließ sich bei den Valenz- und Arousalratings feststellen. Ob sich diese positive MPH-Wirkung auf die affektive Startle Modulation auch unabhängig vom Arousalgehalt der betrachteten Bilder zeigt, sollte im Anschluss an diese Vortestung mittels einer zusätzlichen Studie mit wesentlich größerem Stichprobenumfang untersucht werden. Die Hauptstudie wurde sowohl doppelblind als auch placebo-kontrolliert und im cross-over Design durchgeführt. Die Testprozedur am Computer war vergleichbar mit dem Ablauf der Vortestung. Im Rahmen der Hauptstudie wurden 71 AD(H)S-Patienten (60 vom Mischtypus, 11 vom vorwiegend unaufmerksamen Typus) zweimal getestet. Von diesen 71 Patienten konnten letztlich 61 in die Auswertung der Haupttestung mit einbezogen werden (ein ADHS-Patient (Mischtypus) kam zur zweiten Testung nicht und 9 ADHS-Patienten (Mischtypus) hatten unzureichend auf den Startle-Ton reagiert). Dabei konnte zunächst für die Bilder mit hohem Arousal die defizitäre Startle Modulation auf positive Bilder repliziert werden. Durch die MPH-Einnahme ließ sich dieses Defizit jedoch nicht beheben. Da Conzelmann et al. (2009) lediglich beim Mischtypus und hyperaktiv-impulsiven Typus eine defizitäre Startle Modulation nachweisen konnten, wurde eine vergleichbare Auswertung für die Subgruppe der 51 ADHS-Patienten vom Mischtypus durchgeführt. Dabei unterschieden sich die Ergebnisse dieser Subgruppe im Wesentlichen nicht von der Gesamtstichprobe. Auch bei der Überprüfung der genetischen Hypothesen ließ sich keine Interaktion zwischen der Medikation und dem DRD4-7r, dem COMT Val/Met und dem DAT1-10r Polymorphismus feststellen. Die Ergebnisse zeigen zum einen eine defizitäre Startle Modulation der 61 AD(H)S-Patienten, die vergleichbar ist mit dem gezeigten Defizit von Conzelmann et al. (2009) bei Patienten des Mischtypus. Ein positiver Effekt durch die MPH-Einnahme konnte dabei ebenso wenig bestätigt werden wie eine mögliche Interaktion verschiedener dopaminerger Genpolymorphismen auf die MPH-Wirkung. Zusätzliche Studien werden zeigen, ob diese defizitäre Verarbeitung tatsächlich durch die MPH-Einnahme unbeeinflusst bleibt oder ob letztlich mittels medikamentöser Interventionen doch noch eine entsprechende Symptomverbesserung bei erwachsenen AD(H)S-Patienten zu erzielen ist.
Ziel der vorliegenden Studie war es, mittels eines weiter entwickelten CPT-Tests (CPT-OX-Paradigma) gewonnener hirnelektrischer Korrelate, die klinische Wirksamkeit von Methylphenidat (MPH) bei Kindern mit Aufmerksamkeitsdefizit-/ Hyperaktivitätsstörung (ADHS) im Kontrollgruppenvergleich experimentell nachzuweisen. 1) Vorgegeben wurden Aufgaben zur Anregung von „Aufmerksamkeit“ und zur „Hemmungskontrolle“ bzw. „Impulsivitätskontrolle“ mittels einer weiter entwickelten Form des Continous- performance- Tests (CPT- OX). Die Kinder mit ADHS wurden unter den entsprechend definierten experimentellen Bedingungen mit und ohne Medikation von je 10 mg MPH untersucht und die evozierten Potentiale mit jenen der Gruppe alters- und geschlechtsgleicher Kontrollkinder verglichen. Als abhängige Variable wurden 21Kanal-ERPs von 17 Jungen mit ADHS, - mit und ohne Methylphenidatmedikation -, sowie von 20 gesunden Kontrollkindern mittels referenzunabhängiger Methoden analysiert. Vier quasi stabile Mikrozustände, welche den Zeitabschnitten der konventionellen ERP-Komponenten P 100, P 200, P 3a und P 3b entsprechen, konnten dabei mittels einer datengetriebenen Segmentierung abgegrenzt werden. Anschließend wurden die P 3a-Amplituden der Kinder mit ADHS – jeweils ohne und mit MPH-Medikation – mit den P 3a-Amplituden der gesunden Kontrollkinder verglichen. Die hypothesengeleitete experimentelle Studie kam zu folgenden wesentlichen Ergebnissen: Im Gruppenvergleich ohne Medikation waren die Amplituden im P 3a-Intervall (257-406 ms post stimulus) sowohl in der Hinweisreiz- als auch in der Hemmreizbedingung, also bei Aufmerksamkeitsanforderung wie auch bei Anforderung zur Impulsivitätskontrolle, bei den nicht medizierten hyperkinetischen Kindern jeweils signifikant niedriger als bei den gesunden Kontrollkindern. 2) Im Gruppenvergleich ergab sich ein signifikanter Medikationseffekt. Die Amplituden im Zeitbereich 3 (P 300) bei den mit Methylphenidat medizierten Kindern mit Aufmerksamkeitsdefizit-/ Hyperaktivitätsstörung unterschieden sich nicht mehr signifikant von den entsprechenden P 3a-Amplituden der gesunden Kontrollkinder. Durch Stimulantienmedikation ließ sich somit eine Normalisierung des hirnelektrischen Korrelats von Aufmerksamkeit und Impulsivitätskontrolle erreichen. Die Interpretation der Ergebnisse führt zu dem Schluss, dass Methylphenidat einen normalisierenden Effekt auf die frühe, hirnelektrisch messbare Reizverarbeitung bei der visuellen Orientierung (Aufmerksamkeit) und Stimuluserkennung (Bewertung von Reizunterschieden) aufweist. Mit dem CPT-OX-Paradigma lassen sich damit zuverlässig elektrophysiologische Korrelate der hirnelektrischen Wirksamkeit von Methylphenidat, in verschiedenen Reizbedingungen, messen.