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Die karzinogene Aktivität von Östradiol wurde bereits in mehreren Studien nachgewiesen und scheint das Ergebnis einer Kombination von hormonellen und genotoxischen Mechanismen zu sein. In der vorliegenden Arbeit konnte ein weiterer Mechanismus der Induktion chromosomaler Schäden durch Östradiol festgestellt werden. Es kam in der östrogenrezeptorpositiven Zelllinie MCF-7 zu einer konzentrationsabhängigen Steigerung der Zellproliferation und Mikrokernsteigerung, als Maß für die chromosomale Schädigung. In der östrogenrezeptornegativen Zelllinie MDA-MB231 konnte weder einer Steigerung der Zellproliferation, noch eine vermehrte Mikrokerninduktion nachgewiesen werden. Die Vermutung ist, dass die Zellen, durch den Proliferationsdruck den Zellteilungszyklus schneller durchlaufen und infolgedessen vermehrt Fehler im Replikationsablauf entstehen können. Zudem können wichtige Reparaturmechanismen oder Zellzykluskontrollpunkte nicht mehr adäquat agieren.
Ergebnisse vieler epidemiologischer Studien über die Risikoabschätzungen von Tumoren hormonabhängiger Gewebe legen einen deutlichen Zusammenhang zwischen den Hormonen und dem Auftreten dieser Tumoren nahe. Dabei wird der zellproliferationssteigernde Effekt der Hormone im Rahmen des Mehrstufenkonzeptes der Kanzerogenese meist als Promotionsfaktor beschrieben. In der vorliegenden Arbeit soll gezeigt werden, dass die hormonelle Induktion einer erhöhten Zellteilungsrate auch primär zu einer genetischen Instabilität beiträgt, mit dem Ziel einen weiteren Mechanismus in der Pathogenese hormonabhängiger Tumoren aufzuklären. Die östrogenrezeptorpositive Ovarialtumorzellinie BG-1 und die rezeptornegativen UCI-107 Zellen wurden mit 17-ß Östradiol behandelt und anschließend mit Hilfe des Mikrokerntests auf chromosomale Schäden untersucht. Die Bestimmung der Mikrokernrate bei den östrogensensitiven BG-1 Zellen zeigte, dass mit steigender Proliferationsinduktion auch die Mikrokernfrequenz konzentrationsabhängig erhöht war. Bei der Behandlung der BG-1 Zellen mit 17-ß Östradiol in Kombination mit dem spezifischen Östrogenrezeptorantagonisten 4- Hydroxytamoxifen wurde die östradiolinduzierte rezeptorabhängige Proliferationsstimulation durch Hydroxytamoxifen gehemmt. Parallel dazu sank auch die Mikrokernrate. Bei vergleichbaren Versuchen mit der östrogeninsensitiven UCI-107 Zellinie, bei der keine Effekte auf die Proliferation bei Behandlung der Zellen mit 17-ß Östradiol alleine sowie in Kombination mit 4- Hydroxytamoxifen detektiert werden konnte, wurde auch keine Mikrokerninduktion beobachtet. Eine erhöhte Mikrokernfrequenz konnte wiederum ausschließlich in den östradiolstimulierten BG-1 Zellen festgestellt werden, als durch den Einsatz des Zytokineseinhibitors Cytochalasin B die Auswertung der Mikrokerne auf jene Zellen normiert wurde, die genau eine Zellteilung durchgeführt hatten. Die Ergebnisse machten deutlich, dass die östradiolstimulierten Zellen auf Grund der beschleunigten Proliferation eine „andere Art von Zellteilung“ durchführen. In einem weiteren Abschnitt der Arbeit wurde der Einfluss der Östradiolstimulierung auf den Zellzyklus untersucht. Mittels eines FACScans konnten die prozentualen Zellzyklusphasenanteile (G1/ G0-, S- und G2/ M- Phase) der BG-1 Zellen zu verschiedenen Zeiten des Wachstums bestimmt werden. Zum Beispiel war der Anteil an Zellen der östradiolstimulierten Zellpopulation in der G2/ M Phase durchgehend um 6-8 % geringer gegenüber dem Anteil an Zellen, die mit Lösungsmittel behandelt wurden. Möglicherweise ist dies ein Erklärungsansatz für das vermehrte Auftreten von Mikrokernen bei Östradiolstimulierung, da bekannt ist, dass es in der G2/ M-Phase einen wichtigen Kontrollpunkt innerhalb des Zellzyklus zur Detektion und Reparatur chromosomaler Schäden gibt. Bei Berechnung der Zellzyklusphasenzeiten ergab sich ebenso in der G2/M Phase eine deutlich verkürzte Verweildauer der östradiol-behandelten BG-1 Zellen. Zusammengefaßt leitet sich die Hypothese ab: „Die Zellen werden auf Grund der hormonellen Proliferationsstimulierung durch den Zellzyklus „gejagt“, demzufolge werden wichtige „Checkpoints“ im Zellzyklus überlaufen, wodurch eine genetische Instabilität entstehen.kann“.