Institut für Klinische Neurobiologie
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1. Zusammenfassung
Während der Embryogenese und nach Verletzungen von Nerven regulieren neurotrophe Faktoren Signalwege für Apoptose, Differenzierung, Wachstum und Regeneration von Neuronen. In vivo Experimente an neugeborenen Nagern haben gezeigt, dass der Verlust von Motoneuronen nach peripherer Nervenläsion durch die Behandlung mit GDNF, BDNF, und CNTF reduziert werden kann In der pmn-Mausmutante, einem Modell für die Amyotrophe Lateralsklerose, führt die Gabe von CNTF, nicht aber von GDNF zu einem verzögerten Krankheitsbeginn und einem verlangsamten Fortschreiten der Motoneuronendegeneration. Auslöser der Motoneuronendegeneration in der pmn-Maus ist eine Mutation im Tubulin spezifischen Chaperon E (Tbce) Gen, das für eines von fünf Tubulin spezifischen Chaperonen (TBCA-TBCE) kodiert und an der Bildung von -Tubulinheterodimeren beteiligt ist. Diese Arbeit sollte dazu beitragen, die CNTF-induzierten Signalwege zu entschlüsseln, die sich lindernd auf den progredienten Verlauf der Motoneuronendegeneration in der pmn-Maus auswirken.
Primäre pmn mutierte Motoneurone zeigen ein reduziertes Axonwachstum und eine erhöhte Anzahl axonaler Schwellungen mit einer anomalen Häufung von Mitochondrien - ein frühes Erkennungsmerkmal bei ALS-Patienten. Die Applikation von CNTF nicht aber von BDNF oder GDNF, kann in vitro die beobachteten Wachstumsdefekte und das bidirektionale axonale Transportdefizit in pmn mutierten Motoneurone verhindern.
Aus älteren Untersuchungen war bekannt, dass CNTF über den dreiteiligen transmembranen Rezeptorkomplex, bestehend aus CNTFR, LIFR und gp130, Januskinasen aktiviert, die STAT3 an Tyrosin 705 phosphorylieren (pSTAT3Y705). Ich konnte beobachten, dass axonales fluoreszenzmarkiertes pSTAT3Y705 nach CNTF-Gabe nicht retrograd in den Nukleus transportiert wird. Stattdessen führt die CNTF-induzierte Phosphorylierung von STAT3 an Tyrosin 705 zu einer transkriptionsunabhängigen lokalen Reaktion im Axon. Diese pSTAT3Y705 abhängige Reaktion ist notwendig und ausreichend, um das reduzierte Axonwachstum pmn mutierter Motoneurone zu beheben. Wie die Kombination einer CNTF Behandlung mit dem shRNA vermittelten knock-down von Stathmin in pmn mutierten Motoneuronen zeigt, zielt die CNTF-STAT3 Signalkaskade auf die Stabilisierung axonaler Mikrotubuli ab und wirkt sich positiv auf die anterograde und retrograde Mobilität von axonalen Mitochondrien aus.
Interessanter Weise konnte ich außerdem feststellen, dass eine akute Gabe von CNTF das mitochondriale Membranpotential in Axonen primärer pmn mutierter und wildtypischer
Motoneurone erhöht und einen Anstieg von ATP auslöst. Meine Beobachtungen legen nahe, dass CNTF unerwarteter Weise auch eine transiente Phosphorylierung an STAT3 Serin 727 (pSTAT3S727) auslöst, die zur anschließenden Translokation von pSTAT3S727 in Mitochondrien führt. Diese Ergebnisse zeigen, dass STAT3 mehrere lokale Ziele im Axon besitzt, nämlich axonale Mikrotubuli und Mitochondrien.
Neurotrophe Faktoren haben ein breites Aufgabenfeld und spielen eine wichtige Rolle als Überlebensfaktoren embryonaler Neurone, bei Proliferation und Differenzierung im Nervensystem sowie als Modulatoren synaptischer Plastizität. Im ersten Themenkomplex der vorliegenden Arbeit wurden neurotrophe Faktoren als Modulatoren synaptischer Plastizität und ihr Einfluß auf die BDNF-Regulation im Hippocampus untersucht. Dabei wurde zunächst das selbsthergestellte polyclonale BDNF-Immunserum für die Anwendung in der Immunhistochemie und im Western Blot optimiert, doch es konnten bezüglich BDNF keine Veränderungen in Hippocampi CNTF-defizienter Mäuse gegenüber Wildtyp-Tieren festgestellt werden. Die Ergebnisse der Voruntersuchungen, die im Hippocampus CNTF-defizienter Tiere verminderte BDNF-Level gezeigt hatten, konnten somit nicht verifiziert werden. Im Rahmen dieser Arbeit wurde an CNTF-defizienten Mäusen eine eingeschränkte LTP und LTD nachgewiesen. Zum besseren Verständnis der – laut LTP-Untersuchungen – veränderten Situation an der hippocampalen CA1-Synapse bei CNTF-defizienten Tieren wurden elektronenmikroskopische Bilder dieser Region angefertigt, deren Auswertung keine augenscheinlichen Unterschiede ergab. Im Stratum radiatum der CA1-Region war zudem keine spezifische CNTF-Färbung nachweisbar. Zur Klärung der Frage, ob es IGF-vermittelt nach Training zu hippocampaler BDNF-Hochregulation kommt, wurden Laufradexperimente mit wildtypischen und konditionalen IGF1-Rezeptor-knockout Mäusen durchgeführt und die jeweiligen BDNF-Level untersucht. Dabei wurde BDNF durch Laufradtraining in beiden Genotypen in ähnlichem Maße hochreguliert, was für alternative Wege der BDNF-Hochregulation spricht. Der zweite Themenkomplex befasste sich mit dem Einfluß neurotropher Faktoren auf die Proliferation und Differenzierung in Hippocampus und Cortex. BrdU-Inkorporationsexperimenten zeigten in der Körnerzellschicht des Gyrus dentatus gesteigerte Proliferationsraten bei CNTF-defizienten und CNTF&LIF-defizienten Mäusen, wobei LIF-defiziente Tiere keine veränderten Proliferationsraten zeigten. Untersuchungen an Kulturen cortikaler Vorläuferzellen bestätigten die Hypothese, wonach cortikale Vorläuferzellen zunächst Neurone bilden, die einen Faktor sezernieren, der auf die cortikalen Vorläuferzellen wirkt und sie zur Bildung von Astrozyten veranlasst. Es konnte gezeigt werden, dass CT-1 der Hypothese folgend in vitro und in vivo für die Einleitung der Astrozytogenese im Cortex verantwortlich ist.
Der neurotrophe Wachstumsfaktor BDNF gehört neben NGF, NT-3 und NT-4/5 zur Familie der Neurotrophine. Er spielt eine wichtige Rolle für Überleben und Differenzierung von Nervenzellen und ist insbesondere auch verantwortlich für die Regulation synaptischer Plastizität. Besonders im Hippocampus, dem Ort der höchsten Expression von BDNF im adulten Gehirn, wirkt BDNF bei den Vorgängen von Lernen und Gedächtnis mit, welches als Phänomen der LTP untersucht werden kann. Bisher ist eine Lokalisation von BDNF-Protein mittels Immunfluoreszenz-Techniken im Gehirn der Maus oder Ratte nur sehr schwer gelungen. In den meisten Arbeiten gelang die Lokalisation von BDNF über den Nachweis von mRNA oder im Western Blot, die Gruppe von Conner et al. konnte einen qualitativen Nachweis von BDNF-Protein mittels eines eigens hergestellten Antiserums erbringen (Conner et al. 1997). Das Ziel dieser Arbeit war die Entwicklung eines Antiserums gegen BDNF zur subzellulären Lokalisation mittels Immunhistochemie. Durch die Verwendung von Immunfluoreszenz-gekoppelten Sekundärantikörpern sollte zum einen eine quantitative Bestimmung von BDNF möglich sein, zum anderen sollte durch die Möglichkeit einer nahezu dreidimensionalen Darstellung des Gewebes mittels Vibratomschnitten auch eine Aussage über eine genauere Lokalisation von BDNF gemacht werden können. Um den immunhistochemischen Nachweis von BDNF-Protein im Hippocampus der Maus mittels Immunfluoreszenz führen zu können, wurde zunächst ein geeignetes Anti-serum benötigt. Zwei zu Vergleichszwecken ausgetestete kommerzielle Antikörper zeigten keine Färbung. Nach dem Vorbild zweier Arbeitsgruppen (Yan et al. 1997b und Conner et al. 1996, 1997) wurde ein Antiserum gegen humanes rekombinantes BDNF in Kaninchen hergestellt. Das Antiserum erhielt den Namen „BDNF RabbitB“. Die Spezifität des Antiserums wurde mittels Western Blot und in der Zellkultur anhand von Hühnchen-DRGs überprüft. Im Western Blot zeigte das Antiserum eine spezifische Anfärbung von rekombinantem BDNF sowie im Hippocampus-Proteinextrakt. In der Kontrolle mit Präimmunserum zeigte sich keine Anfärbung. In der Zellkultur mit Hühnchen-DRGs konnte eine blockierende Wirkung des Antiserums in Gegenwart von BDNF als neurotrophem Wachstumsfaktor im Zellkulturmedium nachgewiesen werden, es zeigte sich eine signifikante Reduktion des Überlebens von Zellen bei einer Verdünnung des Antiserums von 1:1.000. Das Präimmunserum zeigte keine Wirkung. Eine Kreuzreaktivität mit NGF als strukturähnlichem Protein konnte ausgeschlossen werden, da das Antiserum in Gegenwart von NGF im Kulturmedium keine Wirkung zeigte. Anschließend galt es, die Methoden für die Immunhistochemie mit diesem Antiserum zu optimieren, da es Hinweise gab, daß gerade die Immunhistochemie neurotropher Faktoren sehr sensibel auf verschiedene Methoden reagiert. Daher wurden sowohl die Fixierungsmethode, unterschiedliche Gewebeschnitte, verschiedene Puffersysteme und immunhistochemische Färbemethoden untersucht und verglichen. Die Standard-Fixierungsmethode mit Phosphat-Puffer, modifiziert nach der Methode nach Yan et al. 1997b mit maximal 2 h Nachfixierung stellte sich als beste Methode heraus. Eine Kombination zweier verschiedener Puffer (TBS und PB) innerhalb der Fixierung ist ungünstig. Daher sollte innerhalb einer Methode immer bei einem Puffersystem geblieben werden, wobei hier insgesamt bei dem Vergleich von PBS, TBS und TRIS-Puffer sowohl in der Fixierung als auch in der Färbemethode dem Phosphat-Puffer der Vorzug gegeben wird, welches auch das Standard-System darstellt. Bei den Gewebeschnitten sind, wie ursprünglich geplant Vibratomschnitte zu bevorzugen. Insgesamt konnten jedoch mögliche Ursachen für die Anfälligkeit der BDNF-Immunreaktivität bei Fixierungs- und Färbemethoden hier nicht abschließend erklärt werden. Problematisch war die ausgeprägte Hintergrundfärbung des Antiserums v.a. in der Immunhistochemie, die nicht ausreichend behoben werden konnte. Insofern sollte das Antiserum für die Verwendung bei immunhistochemischen Färbungen noch weiter optimiert werden. Für die Verwendung in der Zellkultur ist das Antiserum auf Grund seiner BDNF-blockierenden Eigenschaften gut einsetzbar. Im Western Blot sollte „BDNF RabbitB“ in einer Verdünnung von 1:5.000, in Zellkultur mit 1:1.000 und in der Immunhistochemie mit Vibratomschnitten mit 1:2.000 eingesetzt werden.
The transmission of proliferative and developmental signals from activated cell-surface receptors to initiation of cellular responses in the nucleus is synergically controlled by the coordinated action of a diverse set of intracellular signalling proteins. The Ras/Raf/MEK/MAPK signalling pathway has been shown to control the expression of genes which are crucial for the physiological regulation of cell proliferation, differentiation and apoptosis. Within this signalling cascade, the Raf protein family of serine/threonine kinases serves as a central intermediate which connects to many of other signal transduction pathways. To elucidate the signalling functions of the different Raf kinases in motoneurons during development, the expression, distribution and subcellular localization of Rafs in the spinal cord and the facial nucleus in brainstem of mice at various embryonic and postnatal stages were investigated. Moreover, we have investigated the intracellular redistribution of Raf molecules in isolated motoneurons from 13 or 14 day old mouse embryos, after addition or withdrawal of neurotrophic factors to induce Raf kinases activation in vitro. Furthermore, in order to investigate the potential anti-apoptotic function of Raf kinases on motoneurons, we isolated motoneurons from B-raf-/- and c-raf-1-/- mouse embryos and analysed the survival and differentiation effects of neurotrophic factors in motoneurons lacking B-Raf and c-Raf-1. We provide evidence here that all three Raf kinases are expressed in mouse spinal motoneurons. Their expression increases during the period of naturally occurring cell death of motoneurons. In sections of embryonic and postnatal spinal cord, motoneurons express exclusively B-Raf and c-Raf-1, but not A-Raf, and subcellularly Raf kinases are obviously colocalized with mitochondria. In isolated motoneurons, most of the B-Raf or c-Raf-1 immunoreactivity is located in the perinuclear space but also in the nucleus, especially after activation by addition of CNTF and BDNF in vitro. We found that c-Raf-1 translocation from the cytosol into the nucleus of motoneurons after its activation by neurotrophic factors is a distinct event. As a central finding of our study, we observed that the viability of isolated motoneurons from B-raf but not c-raf-1 knockout mice is lost even in the presence of CNTF and other neurotrophic factors. This indicates that B-Raf but not c-Raf-1, which is still present in B-raf deficient motoneurons, plays a crucial role in mediating the survival effect of neurotrophic factors during development. In order to prove that B-Raf is an essential player in this scenario, we have re-expressed B-Raf in mutant sensory and motor neurons by transfection. The motoneurons and the sensory neurons from B-raf knockout mouse which were transfected with exogenous B-raf gene revealed the same viability in the presence of neurotrophic factors as primary neurons from wild-type mice. Our results suggest that Raf kinases have important signalling functions in motoneurons in mouse CNS. In vitro, activation causes redistribution of Raf protein kinases, particularly for c-Raf-1, from motoneuronal cytoplasm into the nucleus. This redistribution of c-Raf-1, however, is not necessary for the survival effect of neurotrophic factors, given that B-raf-/- motor and sensory neurons can not survive despite the presence of c-Raf-1. We hypothesize that c-Raf-1 nuclear translocation may play a direct role in transcriptional regulation as a consequence of neurotrophic factor induced phosphorylation and activation of c-Raf-1 in motoneurons. Moreover, the identification of target genes for nuclear translocated c-Raf-1 and of specific cellular functions initiated by this mechanism awaits its characterization.