Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie
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Die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung ist eine der häufigsten psychiatrischen Erkrankung des Kindesalters, die eine hohe Heritabilität aufweist und häufig bis ins Erwachsenenalter persistiert und lebenslang zu sozialen, gesundheitlichen und ökonomischen Problemen führt. Die ADHS tritt bei vielen Patienten in Kombina-tion mit anderen psychiatrischen und nicht-psychiatrischen Erkrankungen auf. In den letzten Jahren rückte zunehmend die häufig zur ADHS komorbid auftretende Adipositas in den Fokus der Forschung. Auf der Suche nach copy number variations in Zusammenhang mit ADHS, wurde eine Duplikation auf Chromosom 7p15 – dem Genlocus des NPY – entdeckt. NPY, ist ein endogenes orexigenes Peptid, welches physiologischerweise die Nahrungsaufnahme stimuliert und neben zahlreichen Effekten, wie Blutdruck- und Knochenregulation, auch in Zusammenhang mit neuropsychiatrischen Erkrankungen gebracht werden konnte. Diese Duplikation auf einem Genort, dessen Produkt für die Regulation von Energiehaushalt und Körpergewicht zuständig ist, bildete die Grundlage, eine Assoziationsuntersuchung zu NPY-Genvarianten und dem Körpergewicht bei Kindern durchzuführen.
Untersucht wurden bei 269 an ADHS erkrankten Kindern und 142 gesunden Kontrollkindern die Assoziation zwischen NPY-Genvarianten (rs16147, rs16139, rs5574, rs16124) und ADHS, sowie die Assoziation zwischen NPY-Genvarianten und BMI-Perzentilen bei ADHS.
Es ergab sich keine signifikante Assoziation bezüglich der aufgestellten Hypothesen.
Ziel der Studie war die Exploration von Funktionen des Kurzzeitgedächtnisses bei lese-rechtschreibschwachen Kindern (LRS) im Vergleich zu einer schriftsprachlich normal entwickelten Kontrollgruppe (KG). Gedächtnisfunktionen sollten im Hinblick auf Entwicklungsveränderungen über eine Altersspanne von acht bis dreizehn Jahren untersucht werden. Bei einem möglichen Gedächtnisdefizit sollte überprüft werden, ob dieses sich nur bei schriftsprachähnlichem Material äußerte oder ob es sich um ein allgemeineres Defizit handelte. Insgesamt 65 lese-rechtschreibschwache und schriftsprachlich normal entwickelte Kinder der Altersgruppen 8-9 Jahre, 10-11 Jahre und 12-13 Jahre wurden Aufgaben zur Gedächtnisspanne, zur Benennungsgeschwindigkeit und zur Suchrate unterzogen. In den Aufgaben zur Gedächtnisspanne und zur Benennungsgeschwindigkeit zeigten die lese-rechtschreibschwachen Kinder deutlich schlechtere Leistungen als die Kontrollgruppe, und beide untersuchten Gruppen verbesserten sich in ihren Leistungen mit ansteigendem Alter. Hinweise für ein schriftsprachorientiertes Defizit im Falle der Rechtschreibschwachen ließen sich den Aufgaben zur Gedächtnisspanne und zur Suchrate entnehmen. Zusammenfassend bestätigen die vorliegenden Ergebnisse Defizite in Funktionen des Kurzzeitgedächtnisses bei LRS. Über die untersuchte Altersspanne hinweg kam es nicht zu einer Annäherung der Leistungen der Rechtschreibschwachen an die der Kontrollgruppe, was für ein bleibendes Defizit im Fall der LRS spricht. Um zu eindeutigen Ergebnissen hinsichtlich der Schriftsprachabhängigkeit der Gedächtnisdefizite bei LRS kommen zu können, müssen weitere Studien abgewartet werden.
Die ADHS und die Parkinson-Krankheit gehen beide mit Veränderungen des dopaminergen Systems einher. Methylphenidat (MPH) ist ein zentralwirkendes Psychostimulans, das den Dopamin-Wiederaufnahme-Transporter reversibel hemmt. Obwohl MPH seit über 50 Jahren in der symptomatischen Therapie der ADHS angewandt wird, ist die Datenlage zu den Langzeiteffekten und Risiken dieses Medikaments relativ dünn. Basierend auf den Ergebnissen von Versuchen an Ratten wurde die Theorie aufgestellt, dass MPH die Ausreifung des zentralen dopaminergen Systems beeinflusst und dadurch ein Risikofaktor für die Entwicklung eines Parkinson-Syndroms sein könnte.
Ziel dieser Pilotstudie war zum einen zu untersuchen, ob bei Patienten mit Parkinson ADHS-ähnliche Symptome in der Kindheit auftraten und zum anderen zu ermitteln, ob Parkinson-Patienten in ihrer Kindheit Psychostimulanzien eingenommen haben.
Als Instrumentarium dienten die deutsche Kurzform der Wenda Utah Rating Scale (WURS-k) sowie der ‘Fragebogen zu Kindheit und Entwicklung U40‘.
Insgesamt füllten 88 Parkinson-Patienten die Fragebögen vollständig aus. Die Daten dieser Patienten sowie einer ebenso großen, randomisierten Kontrollgruppe wurden in die Auswertung einbezogen.
Im Fragebogen WURS-k fanden sich in der Gruppe der Parkinson-Patienten signifikant höhere Summenscores im Vergleich zur Kontrollgruppe. Zusätzlich zeigten sich bei den Parkinson-Patienten höhere Scores bezüglich der Faktoren „Aufmerksamkeitsdefizit/Hyperaktivität“ sowie „ängstlich-depressive Symptomatik“, nicht aber bei den Faktoren „Impulsivität“, „Protestverhalten“ und „Störung der sozialen Adaptation“. Auch die Auswertung des Fragebogens U40 ergab signifikant höhere Punktwerte bezüglich der Items „Aufmerksamkeitsdefizit“ und „Hyperaktivität“ bei den Parkinson-Patienten.
Dennoch kann aus diesen Ergebnissen nicht geschlossen werden, dass die in unserer Studie untersuchten Parkinson-Patienten in ihrer Kindheit an einer ADHS litten, da die durchschnittlichen Summenscores der WURS-k deutlich unter dem festgelegten Cut-Off-Wert von größer oder gleich 30 lagen. Es ist aber möglich, dass einzelne ADHS-ähnliche Symptome den motorischen Symptomen einer Parkinson-Erkrankung vorausgehen können. Letztlich fanden wir keinen Anhalt dafür, dass die Parkinson-Patienten in ihrer Kindheit Psychostimulanzien wie MPH eingenommen hatten.
Bei der Aufmerksamkeitsdefizit-/ Hyperaktivitätsstörung (ADHS) handelt es sich um ein weltweit verbreitetes Störungsbild mit Beginn in der Kindheit, das sich anhand der Symptome Unaufmerksamkeit, Impulsivität und Hyperaktivität manifestiert. Ein Fortbestehen der Störung in das Jugend- und Erwachsenenalter ist nicht selten. Die Auswirkungen sind dabei vielfältig und führen bei fehlender Behandlung zu psychosozialen Beeinträchtigungen der Betroffenen. Obwohl ADHS mittels multimodaler Therapie behandelbar ist, werden die Diagnose und vor allem die medikamentöse Behandlung weiterhin kontrovers diskutiert. Bei einer zu Grunde liegenden komplexen, multifaktoriellen Genese der Störung ist die Erforschung objektiver Diagnosekriterien, wie es zum Beispiel Biomarker sein könnten, in den Fokus der Forschung gerückt. Für andere neurologische und psychiatrische Erkrankungen, wie zum Beispiel Morbus Parkinson, ist eine Veränderung der Geruchsfunktion bekannt. Auch für die ADHS existieren Studien, die sich mit der Geruchsleistung von Patienten befassen. Eine verbesserte Geruchsensitivität bei Kindern mit ADHS ohne Medikation konnte bereits gezeigt werden. Mit Methylphenidat (MPH) behandelte Patienten zeigten aber keine Verbesserung in der Geruchsleistung. Daher ist es Gegenstand dieser Studie die Geruchsfunktion für die Leistungen Sensitivität (Schwellenwahrnehmung eines Geruchs), Diskrimination (Unterscheidung zweier Gerüche) und Identifikation (Erkennen und Benennen von Gerüchen) bei ADHS- Patienten zu untersuchen, sowie verschiedene Medikationsstatus zu berücksichtigen. Die Geruchsleistung wurde mittels Sniffin´ Sticks, einer klinischen Geruchstestungsbatterie zur Erhebung der genannten Parameter, durchgeführt. Eingeschlossen wurden 112 Kinder zwischen 6 und 12 Jahren mit ADHS sowie 86 Kontrollprobanden zwischen 6 und 12 Jahren. Die Patienten wurden eingeteilt in solche, die noch nie Stimulanzienmedikation erhalten hatten (medikationsnaiv), solche, die aktuell MPH erhielten und solche, die ihre
Medikation zu unterschiedlichen Zeitpunkten abgesetzt hatten (vor maximal 6 Tagen, vor maximal 31 Tagen, vor mehr als 30 Tagen).
Es konnte eine signifikant bessere Sensitivitätsleistung bei Patienten, welche ihre Medikation länger als 30 Tage abgesetzt hatten, im Vergleich zu Kontrollprobanden und allen medizierten Patienten gezeigt werden. Des Weiteren konnte eine verbesserte Sensitivitätsleistung bei ADHS-Patienten, welche ihre Medikation seit einem längeren Zeitraum abgesetzt hatten, im Vergleich zu Kontrollprobanden gefunden werden. Dies ist ein Hinweis für eine mögliche Anpassung der Sensitvitätsleistung an das ursprünglich verbesserte Niveau nach einer gewissen Medikationskarenz.
Bei der ADHS liegt unter anderem eine dopaminerge Dysregulation als krankheitsursächlich zu Grunde. Aufgrund eines erhöhten dopaminergen Tonus beim AHDS in mesolimbischen Bereichen könnte es zu einer verminderten Proliferation von adulten Stammzellen und somit zur Verminderung der Anzahl nachrückender Interneurone, mit daraus resultierender verbesserter Geruchsfunktion bei geringerer dopaminerger Hemmung kommen. Für die Auswirkung der unterschiedlichen Absetzzeiträume auf die Sensitivitätsleistung könnten kurzfristige Mechanismen, wie eine Erhöhung der Durchblutung, und langfristige Mechanismen, die sich durch Veränderungen von Rezeptorprofilen ergeben, bei MPH-Einnahme verantwortlich sein.
Für die Diskriminationsleistung ergab sich in dieser Arbeit eine Verbesserung allein in der medikationsnaiven Patientengruppe, jedoch nur unter Berücksichtigung potentieller Einflussfaktoren wie IQ, Alter und Geschlecht. Daher müssen diese Erkenntnisse mit Vorsicht interpretiert werden.
Auch im Fall der verbesserten Diskriminationsleistung gibt es Hinweise, dass eine veränderte Stammzellproliferation verantwortlich sein könnte.
Bezüglich der Identifikationsleistung ergab sich in der vorliegenden Arbeit eine Verschlechterung der Leistung allein in der Patientengruppe, welche ihre Medikation seit kurzem abgesetzt hatte. Im Gegensatz zur Sensitivität
unterliegen Diskrimination und Identifikation noch weiterer zentraler Prozessierung zum Beispiel im orbitofrontalen Kortex. Die Zusammenhänge sind hier also komplexer. Dennoch unterliegt auch der Hippocampus adulter Neurogenese, so dass Zusammenhänge zwischen dopaminerger Dysregulation und Identifikationsleistung diskutiert werden können.
Die Erkenntnisse der vorliegenden Studie sind ein weiterer Schritt in der Etablierung der Sensitvitätsleistung als Biomarker für ADHS im Kindesalter. Weitere bildgebende Studien könnten die Erkenntnisse erweitern beziehungsweise die genauen Hintergründe bezüglich Diskriminations- und Identifikationsleistung verifizieren. Methodische Unterschiede scheinen für die heterogene Studienlage bezüglich Diskriminations- und Identifikationsleistung verantwortlich.
Das klinische Bild dissoziativer Störungen im Kindes- und Jugendalter, ihr Verlauf und Ihre Prognose
(2005)
Bislang finden sich in der Literatur nur wenige untereinander vergleichbare Studien den langfristigen Verlauf dissoziativer Störungen im Kindes- und Jugendalter betreffend. Da diese Störungen in den vergangenen Jahrzehnten etliche Male verschiedenen Gruppen psychischer Störungen zugeordnet wurden, ziegt sich ein teils sehr heterogenes Krankheitsbild. Ziel der Studie war daher zunächst, anhand der aktuellen Krankheitsklassifikation ICD-10 eine einheitliche und vergleichbare Patientengruppe, die an dissoziativen Störungen erkrankt war, zu untersuchen, um Erfahrungen über die klinischen Ausprägungen der Krankheit im Kindes- und Jugendalter zu gewinnen. Hierzu wurden die Krankengeschichten von 62 Kindern und Jugendlichen, die zwischen 1983 und 1992 in der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie der Universität Würzburg an dissoziativen Störungen behandelt wurden, untersucht und statistisch ausgewertet. Um zusätzlich einen Einblick in den langfristigen Krankheitsverlauf gewinnen zu können, wurde in den Jahren 2000 und 2001 eine Längsschnitt-Katamnese-Untersuchung mit den ehemaligen Patientinnen und Patienten durchgeführt, in der neben rezidivierenden dissoziativen Symptomen auch andere relevante psychische Erkrankungen und Persönlichkeitsstörungen sowohl zum Untersuchungszeitpunkt als auch in der vergangenen Zeitspanne seit Entlassung aus der Klinik untersucht wurden. Hierzu wurde eine Vielzahl klinisch etablierter und hinreichend validierter diagnostischer Interviews in einem persönlichen Untersuchungsgespräch mit den Patienten bearbeitet. Im Rahmen der Untersuchung konnte gezeigt werden, dass die klinischen Symptome der dissoziativen Störung im Kindes- und Jugendalter einige Abweichungen vom typischen Störungsbild bei Erwachsenen aufweisen. Sehr deutlich zeigte sich zudem, dass im Gegensatz zu mehreren bestehenden Untersuchungen der langfristige Verlauf der Erkrankung von einem hohen Anteil chronisch-rezidivierender Störungen und einerseits und komorbiden psychischen Störungen andererseits geprägt ist. Auffallend hoch war der Anteil komorbider Angsterkrankungen sowohl während der primär klinischen Behandlung als auch im weiteren Krankheitsverlauf; hierbei war zudem eine hohe Zahl depressiver Störungen und somatoformer Störungen zu beobachten. Die dissoziative Störung selbst zeigte bei nahezu jedem dritten Patienten einen rezidivierenden Verlauf. Die Ergebnisse legen die Notwendigkeit einer weiterführenden und zeitlich ausreichend lange angelegten Nachbehandlung von Patienten mit dissoziativen Störungen nahe, gerade bei einem Beginn der Erkrankung in der Kindheit oder Adoleszenz.
Kinder- und jugendpsychiatrische Notfälle sind häufig und stellen die beteiligten Ärztinnen und Ärzte vor besondere Herausforderungen, da eine erhebliche Gefahr für die Patient_innen oder Dritte unter Anwendung möglichst wenig invasiver Mittel abzuwenden ist. In diesem Kontext werden neben haltgebenden, deeskalierenden und psychotherapeutischen Optionen häufig auch pharmakologische Interventionen eingesetzt. Da ein Mangel an systematisch erhobenen Daten besteht, findet die pharmakologische Notfallbehandlung in der Kinder- und Jugendpsychiatrie regelhaft im off-label-Bereich statt. Vor dem Hintergrund der komplexen klinischen und rechtlichen Anforderungen an die Ärztinnen und Ärzte werden im vorliegenden Artikel praxisrelevante Hinweise insbesondere zum pharmakologischen Management von in der Praxis häufig auftretenden kinder- und jugendpsychiatrischen Notfällen wie akuter Suizidalität, akut psychotischem Erleben, Delir und Bewusstseinsstörungen sowie akuter Intoxikation und Alkoholentzugssyndrom gegeben. Weiterhin werden Maßnahmen zur Qualitätssicherung und Arzneimittelsicherheit diskutiert.
Mittels einer klinischen Studie wurden die Furchtgeneralisierung und Aufmerksamkeitslenkung von 44 gesunden Kindern und Jugendlichen im Alter von 9-17 Jahren untersucht. Eine Übergeneralisierung konditionierter Furcht sowie veränderte Aufmerksamkeitsprozesse werden in zahlreichen Arbeiten mit der Entstehung und Aufrechterhaltung von Angsterkrankungen in Verbindung gebracht. Der Hauptteil der Forschung beschränkte sich bislang auf die Untersuchung von erwachsenen Probanden. Da Angsterkrankungen jedoch häufig bereits im Kindes- und Jugendalter entstehen und sich in der Erforschung psychiatrischer Erkrankungen zunehmend eine dimensionale Betrachtungsweise durchsetzt, bestand das Ziel der Studie darin, etwaige Alterseffekte und den Einfluss der Ängstlichkeit auf die genannten Phänomene bei gesunden Probanden zu untersuchen. Darüber hinaus wurde ein potentiell präventiver Ansatz erforscht. Im Ergebnis zeigten sich in den Gruppenvergleichen keine relevanten Differenzen. Interessanterweise deutete sich in der Gruppe der älteren Probanden entgegen der Erwartung eine verstärkte Furchtgeneralisierung an, die womöglich mit einer veränderten Beziehung zu Furcht und Risiko in der Adoleszenz zusammenhängt. Aus den Befunden ergibt sich die Notwendigkeit weiterer, prospektiver Arbeiten, um unser Verständnis der Ätiologie von Angsterkrankungen zu verbessern. Weiterhin ist noch offen, inwiefern es sich bei der Übergeneralisierung und einer veränderten Aufmerksamkeitslenkung um Risikofaktoren für die Entwicklung von Angsterkrankungen oder vielmehr um Epiphänomene handelt, die erst mit Ausbruch der Erkrankung auftreten. Der Einsatz von Methoden der virtuellen Realität erscheint besonders geeignet, diese Prozesse zukünftig noch besser zu erforschen.
In der vorliegenden Studie wurden erstmals Kinder und Jugendliche mit Zwangsstörungen in Hinblick auf eine veränderte Aktivierung von anteriorem cingulärem Cortex (ACC) und präfrontalen Arealen elektrophysiologisch untersucht. Zur Durchführung der Studie wurde als Paradigma ein cued Continuous Performance Test (cCPT) mit Aufgabenstellung zu Exekution und Inhibition vorbereiteter motorischer Reaktionen gewählt. In der Auswertung der Daten lag ein besonderer Schwerpunkt auf der Nogo-Anteriorisierung (NGA), die in der topographischen Analyse des ereigniskorrelierten Potentials P300 speziell die Aktivierung von ACC und präfrontalen Arealen erfasst. Um Vergleichswerte von gesunden Kindern und Jugendlichen zu erhalten und zugleich die NGA als elektrophysiologischen Parameter für das Kindes- und Jugendalter in Hinblick auf Auftreten und Beeinflussung durch Alter und Geschlecht zu validieren, wurden gesunde Probanden im Alter von 10 bis 17 Jahren mit einem ausgewogenem Verhältnis der Geschlechter mit dem identischen Studiensetting untersucht. Dabei konnte erstmals für ein kontinuierliches Altersspektrum für Kinder und Jugendliche gezeigt werden, dass die NGA bei älteren Kindern und Jugendlichen als stabiler elektrophysiologischer Parameter auftritt und zur Untersuchung von hirnelektrischer Aktivierung bei psychiatrisch erkrankten Kindern und Jugendlichen qualifiziert. In Übereinstimmung mit den Daten von Erwachsenen ergab sich kein geschlechtsspezifischer Einfluss; auch die mit dem Lebensalter zunehmende Frontalisierung der hirnelektrischen Aktivierung konnte für Kinder und Jugendliche nachvollzogen werden. Die Ergebnisse für jüngere Kinder, die nicht durchgängig eine NGA aufweisen, sind kongruent zu Vorbefunden und könnten einen Hinweis auf eine entwicklungsabhängige Ausbildung der NGA sein. Der Vergleich der Daten von Kindern und Jugendlichen mit Zwangsstörungen mit gesunden Gleichaltrigen zeigte keine signifikanten Unterschiede in der Ausprägung der NGA, die Hypothese einer differierenden Aktivierung von ACC und präfrontalen Arealen ist demnach nicht bestätigt. Unterschiede ergaben sich in den Verhaltensdaten, hier wiesen die Kinder und Jugendlichen mit Zwangsstörungen mehr falsche positive Fehler auf. Ebenfalls verändert war die Latenz der P300 für die Bedingung Go, die für die Patientengruppe verlängert war. Aus diesen Daten ergeben sich Hinweise auf eine veränderte initiale Informationsverarbeitung bei Kindern und Jugendlichen mit Zwangsstörungen in Aufgaben zu motorischer Reaktion. Eine weitere Schlussfolgerung dieser Studie geht aus den deutlichen Unterschieden zu den Daten von erwachsenen Probanden mit Zwangsstörungen hervor. Während bei den gesunden Kindern und Jugendlichen eine Entwicklung hin zu den Daten gesunder Erwachsener gezeigt werden konnte, weisen die differierenden Daten bei den Patienten mit Zwangsstörungen auf abweichende neurophysiologische Abläufe hin, wodurch die Hypothese einer für das Kindes- und Jugendalter spezifischen Pathophysiologie bei Zwangsstörungen gestützt und der weitere Bedarf an eigenständigen Studien mit Kindern und Jugendlichen zu psychiatrischen Erkrankungen unterstrichen wird.
Fragestellung:
Pädagogische und medizinische Institutionen betreuen Kinder und Jugendliche, um Aufsicht, Beschulung, Erziehung, Therapie und Schutz sicherzustellen. Gleichwohl sind Kinder in institutioneller Betreuung potentiellen Gefährdungsmomenten bezüglich Misshandlung und Missbrauch ausgesetzt.
Methodik:
Im Rahmen der Etablierung des Schutzkonzeptes der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie am Universitätsklinikum Würzburg wurde eine retrospektive Patientenbefragung durchgeführt. Das Untersuchungskollektiv bildeten alle ehemaligen stationären Patientinnen und Patienten der Jahre 2006 und 2007, die zum Katamnesezeitpunkt volljährig waren. Die Befragung erfolgte postalisch. Der Fragebogen umfasste neben Items zum Kontext von Gewalterfahrungen etablierte Skalen zur Erfassung von Behandlungszufriedenheit und Lebensqualität (FBB-K, WHO-BREF).
Ergebnisse:
Von 568 ehemaligen Patientinnen und Patienten gaben 87 (15.3 %) eine gültige Rückantwort (59 weiblich, durchschnittliches Alter zum Befragungszeitpunkt: 24.5 Jahre). 35 ehemalige Patientinnen und Patienten (40.2 % der Teilnehmenden) gaben an, Gewalt während der stationären Behandlung erlebt (n=26) oder erlebt und ausgeübt (n=7) oder ausschließlich ausgeübt (n=2) zu haben. Gewalterfahrungen beinhalteten in den meisten Fällen emotionale Gewalt (34.5 %), aber auch körperliche (5.7 %) und sexuelle Gewalt (10.3 %).
Schlussfolgerung:
Es zeigt sich ein signifikanter Zusammenhang zwischen Gewalterfahrungen einerseits sowie retrospektiver Behandlungszufriedenheit und aktueller Lebensqualität andererseits. Die Ergebnisse der Befragung unterstreichen die Bedeutung der Etablierung von Schutzkonzepten in Kliniken und anderen Institutionen.
Die psychosoziale Komponente spielt bei der ADHS v.a. in der Bewältigung von Erziehungsaufgaben eine erhebliche Rolle, da sowohl die Eltern als auch das Kind von der Störung betroffen sein können.
Ziel der vorliegenden Studie war die Untersuchung von Beziehungen und Konfliktpotential in Familien, die von ADHS betroffen sind. Es wurde der Frage nachgegangen, ob eine störungsspezifische Therapie von Müttern mit ADHS und deren Kind, das ebenfalls an ADHS litt, bessere familienspezifische Messwerte erreicht als eine übliche Standardbehandlung. Die Behandlungsgruppe erhielt eine intensive Gruppenpsychotherapie und begleitende Pharmakotherapie mit Methylphenidat, die Kontrollgruppe wiederholte psychiatrische Beratungen, beide Gruppen erhielten zusätzlich ein Mutter-Kind-Training. Die Stichprobe bestand aus 144 Mutter-Kind Paaren mit ADHS, die im Rahmen einer Mutter-Kind Treatment Studie rekrutiert wurden.
Es zeigten sich Verbesserungen in den untersuchten familienbezogenen Outcomes (soziales Leben, negative Gefühle gegenüber der Erziehung), nicht aber in allen erfassten Bereichen. Diese Verbesserungen zeigten jedoch keine signifikanten Gruppenunterschiede im Hinblick auf die beiden Studienbehandlungen zur Therapie der ADHS der Mütter (Pharmakotherapie plus Verhaltenstherapie vs. alleinige unspezifische Beratung). Bei Müttern, die ein Krankheitsverständnis für die ADHS, sowie eine Behandlungsmotivation hatten, verbesserte das Mutter-Kind-Training die Outcomes der Kinder, auch wenn die Mutter nur eine unterstützende Beratung erhielt. Die multimodale Therapie der Mütter mit Gruppenpsychotherapie und MPH-Medikation war bezüglich der Symptomreduktion der Mütter effektiv. Jedoch beeinflusste die multimodale Therapie im Vergleich zur unterstützenden psychiatrischen Beratung das externalisierende Verhalten des Kindes nach dem Elterntraining nicht zusätzlich. Deshalb scheint es vielversprechend, Müttern mit ADHS, welche nicht die Möglichkeit einer Medikation oder spezifischen Psychotherapie haben, auch zukünftig Elterntraining anzubieten.