Lehrstuhl für Silicatchemie
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Es wurde der Einfluss einer Substratfunktionalisierung auf die Flüssigphasenabscheidung von TiO2 auf dispersen Polymerlatexpartikeln in wässriger Lösung untersucht. Als Partikelsubstrate wurden zwei verschiedene Polystyrol-Latizes verwendet: Ein Latex mit einer geringen negativen Oberflächenladungsdichte (PS-Latex) und ein carboxylatfunktionalisierter Latex (PSC-Latex) mit einer hohen Dichte oberflächengebundener Ladungen. Durch die Adsorption von Polyelektrolyten aus wässriger Lösung konnte eine systematische Variation der Oberflächenfunktionalisierung erreicht werden. Dazu war bereits die Adsorption eines einzelnen kationischen Layers bzw. eines Polyelektrolytionenkomplexes durch die sequentielle Adsorption eines kationischen und eines anionischen Polyelektrolyten ausreichend, um eine effektive Kontrolle der TiO2-Abscheidung erzielen. Die Adsorption der kationischen Polymere PDADMAC und PAH sowie der anionischen Polymere PAA und PSS wurde mittels Zetapotentialmessungen untersucht. Bei der Adsorption von PDADMAC bzw. PAH auf dem schwach negativ geladenen PS-Latex konnte die in der Literatur beschriebene Überkompensation der Oberflächenladung, die einen Vorzeichenwechsel des Zetapotentials zur Folge hat, nicht beobachtet werden. Ebenso führte die zusätzliche Adsorption von PAA nicht zu einer signifikanten Änderung des Zetapotentials. Dagegen war die Adsorption von PSS durch ein deutlich negatives Zetapotential nachweisbar. Die erfolgreiche Adsorption von PDADMAC und PAH auf den unfunktionalisierten PS-Partikeln konnte mit Hilfe des Fluoreszenzmarkers 4-PSA direkt nachgewiesen werden. Die Adsorption der Polyelektrolyte auf dem Carboxylatlatex war durch deutliche Verschiebungen im pH-Profil des Zetapotentials nachweisbar. Mit der Adsorption entgegengesetzt geladener Polyelektrolyte konnte eine Umladung der Partikel erreicht werden, die allerdings nur in begrenzten pH-Bereichen zu beobachten war. Voraussetzung für die Abscheidung geschlossener TiO2-Schichten auf den jeweiligen Latexpartikeln war eine geeignete Oberflächenmodifikation. Die TiO2-Abscheidung auf dem PS-Latex war stark von der Art der Polyelektrolytlayer und dem pH-Wert der LPD-Lösung abhängig. Durch die Adsorption von PDADMAC bzw. PAH wurde eine deutliche Erhöhung der Keimdichte auf der Oberfläche erreicht. Die zusätzliche Adsorption von PAA war notwendig, um geschlossene Schichten zu erhalten. Auf PSC-Partikeln wurde mit allen untersuchten Polyelektrolytmodifikationen die Abscheidung dicht geschlossene Schichten erreicht, so dass eine Beteiligung der oberflächengebundenen Carboxylatgruppen an der Schichtbildung nahe liegt. Dabei war die Morphologie der LPD-Schichten weitgehend unabhängig vom Zetapotential der Latexpartikel und es konnte kein einfacher Zusammenhang zwischen der Oberflächenladung des Substrats und der TiO2-Abscheidung herausgearbeitet werden. Es wurden deutliche Unterschiede in den TiO2-Abscheidungsraten auf den verschiedenen Polyelektrolytlayern gefunden. Die Abscheidung von glatten, gleichmäßigen Schichten erfolgte dabei deutlich langsamer als die Bildung ungleichmäßiger Schichten. Glatte Schichten wiesen in zu Beginn der Abscheidung eine hohe Keimdichte auf. Schichten mit ungleichmäßiger Dicke entstanden durch schnelles, inselartiges Wachstum der Schicht ausgehend von einer niedrigen Keimdichte. Auf der Grundlage der Unterschiede in den Wachstumsgeschwindigkeiten der Schichten und dem Auftreten von homogenen Präzipitaten wurde ein Abscheidungsmechanismus durch Aggregation kolloidaler TiO2-Partikel aus homogener Nukleation in der Lösung diskutiert. Durch die Selbstorganisation einer Monolage von polyelektrolytfunktionalisierten Latexpartikeln an der Phasengrenze einer Octanolemulsion in Wasser konnten sphärische Template mit einer geordneten Oberflächenstruktur für die Mineralisation von Hohlkapseln erzeugt werden. Durch die TiO2-Abscheidung auf den Latexpartikeln und in den Zwickeln der Monolage wurden Kompositkapseln in einem Größenbereich von 50-150 µm mit einer hierarchisch strukturierten Oberfläche erhalten. Durch Auflösen des Polymertemplats in Toluol und Kalzinieren der Kompositkapseln wurden Hohlkugeln aus einem porösen anorganische Gerüst erzeugt. Die Mikrostruktur der auf den selbstorganisierten Templaten abgeschiedenen TiO2-Schicht in Abhängigkeit von der Kalzinierungstemperatur wurde durch Stickstoffsorptionsmessungen sowie Röntgendiffraktometrie charakterisiert und die photokatalytische Aktivität der getemperten Kapseln wurde anhand des UV-induzierten Abbaus von Dichloressigsäure untersucht.
In der vorliegenden Arbeit wurden durch den Sol-Gel-Prozeß hergestellte hybride Sole, Xerogele und Schichten mit Hilfe der Raman-Spektroskopie untersucht. Dazu wurden zunächst die schwingungsspektroskopischen Zuordnungen für verschiedene Alkoxysilanen ergänzt und zusammengefasst. Anschließend wurde die Hydrolyse vom Vinyltriethoxysilan (VTES) durch FT-Raman-Spektroskopie vom Sol bis zum Xerogel verfolgt. Weitere Untersuchungen an verschiedenen Xerogelen lieferten neue Erkenntnisse über charakteristische Raman-Banden des anorganischen Netzwerkes. Der zweite Teil dieser Arbeit richtete sich auf konfokale Raman-mikrospektroskopische Untersuchungen hybrider Schichten bezüglich der anorganischen und organischen Vernetzung. Zunächst wurden Polymersubstrate untersucht. Es wurde experimentell festgestellt, dass die axiale Auflösung eines konfokalen Raman-Mikrospektrometers tatsächlich niedriger ist als bisher in der Literatur angenommen wurde. Bei Mikro-Raman-Untersuchungen an verschiedenen Schichtsystemen hat sich herausgestellt, dass die Schwingungsmoden des anorganischen Netzwerks im niederfrequenten Raman-Bereich leicht detektierbar sind. Die Lage der charakteristischen sogenannten T3/Q3-Bande im Raman-Spektrum der UV-gehärteten Probe deutet allerdings auf einen niedrigeren Kondensationsgrad hin, als beim langsam luftgetrockneten Xerogel, was mit Hilfe von 29Si-Festkörper-NMR-Messungen bestätigt wurde. Darüber hinaus konnte festgestellt werden, dass die Schichten einen höheren Kondensationsgrad als die gleich behandelten Volumenproben aufweisen. Es wurde gezeigt, dass die gewonnenen Raman-spektroskopischen Erkenntnisse für die Erforschung und die Lösung von Vernetzungsproblemen hilfreich sein können. Nach einem kurzen Überblick der Mechanismen der organischen Vernetzung wurden zunächst thermisch-hartbaren Schichtsysteme auf Glycidyloxypropyltrimethoxysilan-Basis durch Raman-Mikrospektroskopie untersucht. Die quantitative Auswertung des Umsetzungsgrades erfolgte nach einer Bandenanalyse der Ringatmungsschwingung des Epoxidrings. Es stellte sich heraus, dass die Polyadditionsreaktion nur sehr begrenzt stattfindet. Dagegen ist die Anhydridhärtung unter den gleichen Bedingungen deutlich effizienter. Daneben wurde gezeigt, dass die an Volumenproben erhaltenen Ergebnisse, in Bezug auf die organische Vernetzung, nicht auf die entsprechenden Schichten übertragen werden können. Bei den untersuchten UV-härtbaren Schichtsystemen konnte der Umsetzungsgrad mittels einer Bandenanalyse der reaktiven Gruppen erfolgreich ermittelt werden. Die Reaktivität der ungesättigten Gruppen, wenn sie einer radikalischen Polymerisation ausgesetzt sind, folgt der Reihe: Allyl < Vinyl < Acrylat. Die Thiol-En-Addition bei den VTES / Mercaptopropyltrimethoxysilan-Schichtsystemen führt zu höheren Umsetzungsgraden der Vinylgruppen bei gleichen Bedingungen. Die Kinetik der Polymerisationsreaktion spielt also eine entscheidende Rolle bei der Vollständigkeit der organischen Vernetzung. Ein weiterer Teil dieser Arbeit richtete sich auf die Ermittlung der mechanischen Eigenschaften von hybriden Schichten und deren Korrelation mit spektroskopischen Daten. In allen untersuchten Schichtsysteme demonstrierte die chemische Variation der beteiligten Komponenten, dass die organische Vernetzung und das anorganische Netzwerk stark miteinander wechselwirken. Somit ensteht ein Synergieeffekt, welcher der hybridpolymeren Schicht ihre mechanische Beständigkeit verleiht. Schließlich stellte sich heraus, dass die Mikrohärte mit den spektroskopischen Daten verknüpft werden kann. Bei allen Schichtsystemen zeigte sich eine starke Abhängigkeit von Mikrohärte und Härtungsdauer. Alle thermisch gehärteten Schichten weisen eine sehr hohe Abriebfestigkeit sowie eine sehr gute Adhäsion auf Glas und Kunststoff auf, was ihren Einsatz als kratzfeste Schichten nahelegt. Die UV-härtbaren Schichtsysteme weisen zwar eine hohe Abriebfestigkeit auf, haften aber schlecht auf Polycarbonaten (PC). Die haftungs- / enthaftungsrelevanten Vorgänge spielen sich an der Grenzflächen oder einer Interphase geringer Ausdehnung statt und können daher Raman-miskrospektroskopisch nicht erfasst werden. TEM-Aufnahmen zeigten deutlich, dass die schlechte Haftung auf PC auf die unzureichende Benetzung der Schicht auf dem Substrat zurückzuführen ist. Weiterhin konnte festgestellt werden, dass der Zusatz von einem Acrylat als Additiv zur Bildung einer Interdiffusionsschicht führt, die die Haftung auf PC verbessert. Die Untersuchungen der Bewitterungsbeständigkeit beschränkten sich auf zwei UV-härtbare Schichtsysteme. Die Mikro-Raman-Spektren zeigten, dass zunächst die organischen Komponenten der hybriden Schicht angegriffen und geschädigt werden. Der Schutzeffekt von Lichtstabilisatoren und UV-Absorbern auf die organischen Komponenten des hybriden Netzwerks konnte ebenfalls spektroskopisch bestätigt werden.
The aim of this work was to test and tailor new sol gel derived hybrid polymer coatings for the incorporation of photochromic spirooxazines and chromenes. The development and optimisation of work was performed via two different routes (dye and matrix ones), that led to photochromic multi-layer coating systems with coloration depth and photostabilities comparable to commercially available products. Hybrid sol-gel derived polymers were found to be suitable host materials for photochromic dyes. Matrix properties and the type of entrapment heavily influence the photochromic activity, as well as the degradation rate and the kinetics of incorporated dyes. Dyes incorporated within more polar and rigid matrices were found to show slower kinetics and higher coloration but associated with faster photodegradation. On the other hand, hosts with less polar sites, low residual water concentration and low rigidity are preferable in terms of photostability. Significant differences were found for physically incorporated and covalently grafted chromophores. Using silylated dyes that can participate in the sol-gel process, the photodegradation rate of the whole system can be decreased as compared to the physically entrapped systems. The higher photostability and slower kinetics for covalently bonded photochromes is probably due to sterical hindrance. Addition of proper stabilisers increases the photostability: The employment of UV light stabilisers, excited state quenchers and HALS was found to be beneficial but not sufficient. Besides the presence of stabilisers, also the reduction of oxygen migration into the coating (by a hard top coat and an inorganic anti reflective coating) strongly increases stability of photochromes. Finally, it was found that the separation of photochromes within two (or more) different layers leads to a further improvement of the coloration and fatigue behaviour of the whole coating stack, presumably by preventing the contact of dye molecules with excited states of other molecules or their degradation products. These latter findings are considered to pave the way for stable photochromic coatings based on hybrid polymers. Future development should be directed towards more photostable yellow and red switching dyes. The results of the present investigations should help to choose the most suitable molecular environments for the tested photochromes in terms of photostability, kinetics and activity, which is considered relevant with respect to potential applications, in particular in the ophthalmic sector. Furthermore, the interesting combination of properties of this type of materials offers a large potential with regard to many applications, such as coatings for sunglasses, radiation protectors, filters, sunroofs, reversible markings, printing applications and smart textiles.
Korrosionsempfindliche Dosimetermaterialien zur Überwachung der Umweltbedingungen an Kulturgütern
(2004)
Das Ziel dieser Arbeit war es, ein neues Dosimetermaterial zu entwickeln, das schneller reagiert als der klassische Glassensor. Einen vielversprechenden Ansatz dafür bietet der Sol-Gel Prozeß, mit dem dünne Schichten hergestellt werden können. Erste Versuche mit transparenten Schichten einer glasähnlichen Zusammensetzung (mit einem hohen Anteil an K und Ca) waren nicht erfolgreich, da eine deutliche Erhöhung der Reaktivität nicht erreicht wurde. Schichten, die einen sehr hohen Ca-Anteil aufweisen, zeigten allerdings die gewünschte Empfindlichkeit gegen Umwelteinflüsse. Die neuen „Rapid-Sensoren“ werden aus einem vorkonsensierten SiO2-Sol (Silizium (IV) Oxid-Sol) und Ca(NO3)2 4H2O in Aceton (Molverhältnis Ca : Si = 10 : 1) hergestellt. Objektträger werden mit diesem Sol beidseitig beschichtet. Die Tauchbeschichtung und die Temperung (5 Minuten bei 600 °C) wurden auf hohe Empfindlichkeit gegen Feuchtigkeit und Schadgase (Screening Test in einer Klimakammer) optimiert. Die neuen Sensoren sind im sichtbaren Spektralbereich nicht transparent, sondern opak, können aber wie die klassischen Glassensoren mit IR-Spektroskopie (in Transmission) ausgewertet werden, wobei der Anstieg der OH-Bande bei 3300 cm-1 als Mass für den Korrosionsfortschritt (genannt E-Wert) dient. Die aktive Sensorschicht setzt sich aus kristallinen und amorphen Bestandteilen zusammen. Die Zusammensetzung und Morphologie der Kristallphase wurde weitestgehend charakterisiert. Mit Lichtmikroskopie lässt sich die Oberfläche des Rapid-Sensors als eine Vielzahl kleiner polygoner Kristalle charakterisieren, für die im REM beobachtet verschiedene Wachstumsstufen erkennbar sind. Mit Hilfe der EDX-Analyse und ICP-AES wurden Si, O, Ca und Na als die Hauptelemente der Schicht bestimmt. Mit SNMS-Tiefenprofil konnte eine Diffusion von Na aus dem Objektträger in die Schicht nachgewiesen werden, was zu einer besonders guten Haftung führt. Mittels Röntgendiffraktometrie, IR- und Raman-Spektroskopie lassen sich Informationen über die Struktur der Schicht erhalten: die Kristallphase besteht aus einer Mischung aus Calciumoxid und Calcium-silicat-en, die mit XRD schwer zu unterscheiden sind. Auch im infraroten Spektralbereich weisen die Si-O-Schwingungen auf silicathaltige, Bestandteile in der amorphen Schicht hin. Für die Kalibrierung des neuen Dosimetermaterials sind Bewitterungen unter kontrollierten Bedingungen grundlegend notwendig. Dazu wurde ein Bewitterunsprogramm (I) mit hoher Feuchte und Temperatur (40 °C, 98 % r.F.) sowie ein zweites mit Zugabe von SO2 als Schadgas (II) gewählt. Beide Programme beschleunigen die Umweltwirkung im Vergleich zu Realbedingungen und haben sich in anderen Versuchen mit klassischen Glassensoren bewährt. Zusammenfassend lässt sich aus den Bewitterungsversuchen feststellen, dass der neue Sensor integrativ auf Temperatur, Feuchte, und Schadgas reagiert. Entsprechend der Reaktion des klassischen Sensors führt eine Temperatur / Feuchte- Bewitterung zur Bildung von CaCO3-Kristallen, während bei Anwesenheit von SO2 bevorzugt Gipskristalle gebildet werden. Diese Parallelen lassen den Schluß auf ein vergleichbares Reaktionsprinzip zu, obwohl die Reaktion der Calciumsilicate, aus denen die Schicht besteht, nur bedingt mit der für Glas typischen Verwitterung vergleichbar ist. Mit REM kann man bei Rapid-Sensoren beobachten, dass die Reaktion am Rand der Kristalle beginnt und in die Tiefe fortschreitet, bis zur vollständigen Umsetzung (Sättigung). Die kristallinen Korrosionsprodukte breiten sich im weiteren Verlauf auch auf der amorphen Schicht aus. Der Mechanismus ist nicht reversibel und entspricht damit nicht dem für poröse SiO2-Schichten beschriebenen Alterungprozeß. Erste Sensorstudien unter natürlicher Bewitterungsbedingungen ermöglichen einen Vergleich mit klassischen Glassensoren und umreissen das künftige Einsatzspektrum. Expositionen in der ISC-Außenstelle Bronnbach und im Grünen Gewölbe in Dresden zeigen, dass die Rapid-Sensoren schneller reagieren als klassische Glassensoren (Steigerung um etwa Faktor 3). Unter moderat korrosiven Bedingungen im Innenraum sind 4 Wochen Expositionszeit günstig (mindestens 3 Monate für Glassensoren) während im Außenraum Rapid-Sensoren innerhalb von 7 Tagen ansprechen (einige Wochen für herkömmliche Glassensoren).
Trotz vielseitiger ökologischer und wirtschaftlicher Vorteile von Wasser werden beim keramischen Nassformgebungsprozess Foliengießen auf Grund von Problemen bei der Herstellung homogener Schlicker industriell vorwiegend noch organische Lösungsmittel verwendet. Ziel dieser Arbeit war daher die Entwicklung wässriger Schlickerzusammensetzungen, wobei ein grundlegendes Verständnis für die Wechselwirkungen zwischen den Schlickerkomponenten (Lösungsmittel Wasser, keramisches Pulver, Dispergiermittel, Bindersystem) sowie deren Auswirkungen auf die Fließeigenschaften der Schlicker und die Grünfolieneigenschaften gewonnen werden sollte. Als keramisches Pulver wurde Bariumtitanat (BaTiO3) ausgewählt, da es eine Basiskomponente für die Herstellung keramischer Vielschichtkondensatoren, einem wichtigen Einsatzgebiet des Foliengießprozesses, darstellt. Grundlegende Untersuchungen haben gezeigt, dass sich die BaTiO3-Partikel in Wasser nicht inert verhalten und es zur Freisetzung von Ba2+-Ionen sowie zu einem Anstieg des pH-Wertes ins Basische kommt. Auf Grund der Readsorption der Ba2+-Ionen auf den Pulveroberflächen weisen die Partikel auch im Basischen ein positives Zeta-Potenzial auf, dessen Größe aber nicht ausreicht, um eine elektrostatische Dispergierung der Pulverpartikel zu gewährleisten. Mit einem Polymethacrylat sowie einem Block-Copolymer konnten jedoch zwei Dispergiermittel ermittelt werden, die über einen elektrosterischen bzw. einen überwiegend sterischen Mechanismus eine gute Dispergierung des BaTiO3-Pulvers in wässrigen Suspensionen ermöglichen. Durch die Kombination der Dispergiermittel mit drei verschiedenen Bindertypen (je ein teil- bzw. voll-hydrolysierter Polyvinylalkohol als Lösungsbinder sowie ein Latex-Dispersionsbinder) sind vier wässrige Schlickersysteme mit sehr unterschiedlichen Fließeigenschaften (Newtonsch bis stark strukturviskos) entwickelt worden. Als Ursache der Fließcharakteristika konnten von der Additivkombination (Dispergiermittel – Binder) abhängige, spezifische "innere" Strukturen der jeweiligen Schlicker abgeleitet werden, die auf Wechselwirkungen zwischen den organischen Additiven, ausgelaugten Ba2+-Ionen und BaTiO3-Partikeln beruhen. Diese erhöhen die Viskosität der Schlicker bei kleiner bis mittlerer Scherbelastung und bestimmen somit deren Strukturviskosität. Die Strukturen konnten im Weiteren auch mit mikrostrukturellen Grünfolieneigenschaften korreliert werden, wobei eine starke "innere" Struktur die Verdichtung der Schlicker beim Trocknen behindert und dadurch zu einer geringen Pulverpackungs- und Gründichte sowie zu einer hohen Porosität und starken Oberflächenrauigkeit führt. Für den bei der Schlickerentwicklung wichtigen Einfluss des Binder- und BaTiO3-Gehaltes auf das Viskositätsniveau ist bei den Schlickern mit PVA-Binder eine exponentielle Abhängigkeit ermittelt worden, die im untersuchten Konzentrationsbereich in beiden Fällen primär durch die absolute Konzentration des auf den BaTiO3-Gehalt bezogenen Binderanteils im Schlicker bestimmt wird. Der Einfluss des Feststoffgehaltes ist dagegen im Vergleich zu dem des Binders gering. Da die Binderpolymere auch den Aufbau der Schlickerstrukturen mitbestimmen, wird durch deren Konzentration außerdem die Strukturviskosität der Schlicker beeinflusst, während diese von der Feststoffkonzentration nicht verändert wird. Bei Schlickern mit Latex-Binder zeigte sich, dass für die Abhängigkeit der Schlickerviskosität vom Binder- und Feststoffgehalt die Latexpartikel ebenfalls als Feststoff zu betrachten sind. Eine gute funktionelle Beschreibung konnte über eine Krieger-Dougherty-Gleichung erreicht werden. Die im Vergleich zu den PVA-Bindern geringere Viskosität des Latex-Binders ermöglichte dabei Schlicker mit deutlich höheren BaTiO3-Gehalten (~ 40-45 Vol.%) als bei Schlickern mit PVA-Binder (~ 25-30 Vol.%). Mit den in dieser Arbeit entwickelten Additivkombinationen stehen somit Schlickerzusammensetzungen mit spezifischen Fließeigenschaften für das wässrige Foliengießen zur Verfügung. Diese können auf der Basis der ermittelten Zusammenhänge zwischen Viskositätsniveau und Binder- bzw. Feststoffgehalt optimal und gezielt an die Anforderungen eines Gießverfahrens und der Grünfolien angepasst werden. Das über die abgeleiteten Schlickerstrukturen erhaltene, grundlegende Verständnis für die Einflüsse und Wechselwirkungen der Schlickerkomponenten ermöglicht im Weiteren, Probleme sowie spezifische Anforderungen eines Foliengießprozesses zu lösen.
Bleizirkonattitanat-Keramiken (PZT) werden für die Anwendung als Sensor oder Aktuator in vielfältigen Geometrien und über sehr unterschiedliche Verfahren hergestellt. Aus technologischenGründen ergeben sich bei einigen dieser Verfahren Besonderheiten im Gefüge wie z.B.ein hoher Porenanteil oder kleine mittlere Korngrößen. Da sich diese Parameter auf die Eigenschaften eines ferroelektrischen Materials auswirken, ist die Gefügeabhängigkeit der Materialeigenschaften von PZT-Keramiken von verschiedenen Arbeitsgruppen detailliert untersucht worden. Über die Auswirkungen sehr kleiner Korngrößen bestand in der Literatur dennoch bisher Uneinigkeit. Daher wurden im Rahmen der vorliegenden Arbeit feinkörnige PZT-Keramiken, die über ein Sol-Gel-Verfahren hergestellt wurden, im Bezug auf die Material- und strukturellen Eigenschaften untersucht. Dabei war besonders die morphotrope Phasengrenze (MPG) rhomboedrisch-tetragonal von Interesse. Messungen der dielektrischen und ferroelektrischen Eigenschaften zeigten unterhalb einer Grenzkorngröße von etwa 1 µm einen starken Einfluß des Gefüges und führten zu der Annahme, daß sich die MPG mit abnehmender Korngröße zu titanreicheren Zusammensetzungen verschiebt. Diese Vermutungen konnten durch quantitative Phasenanalysen auf der Basis von Pulverbeugungsdiagrammen bestätigt werden. In Analogie zu in der Literatur dokumentierten Arbeiten müssen innere Spannungen als Ursache dieser Verschiebung angenommen werden. Bisher wurde davon ausgegangen, daß solche inneren Spannungen bei der ferroelektrischen Umwandlung durch die Klemmung der Körner in der keramischen Matrix entstehen und nur in dichtgesinterten Keramiken auftreten können. Die in dieser Arbeit untersuchten Proben weisen aufgrund der Herstellungsmethode gleichzeitig mit der Abnahme der Korngröße jedoch einen erhöhten Porenanteil auf. Dennoch wurde mit abnehmender Korngröße eine zunehmende Klemmung beobachtet. Ergänzend dazu wurden keine signifikanten Unterschiede in der Kristallstruktur und im Phasenbestand zwischen gemörserten und ungemörserten Proben festgestellt. Die Klemmung muß daher in den Kristalliten selbst auftreten und ist auf die Verzerrung des Kristallgitters im Bereich von Domänenwänden zurückzuführen. Die bei kleinen Körnern ausgebildeten Domänen im nm-Bereich sind fast vollständig verspannt. Diese Verspannung führt zu einer Deformation der Elementarzellen, und wie durch Berechnungen nach der Devonshire-Theorie nachgewiesen wurde, zur Veränderung der Freien Enthalpie der tetragonalen und rhomboedrischen Phase. Die tetragonale Struktur wird destabilisiert und die MPG verschiebt sich zu höheren Titangehalten. Für die technische Anwendung solcher feinkörniger Keramiken muß diese Verschiebung der Phasengrenze berücksichtigt werden. Der Versatz ist mit einem entsprechen höheren Titangehalt zu versehen, um die optimalen Materialeigenschaften im Bereich der morphotropen Phasengrenze nutzen zu können.
The development and in-depth characterization of new fluoroaryl functionalized ORMOCER® materials (inorganic-organic hybrid polymers) for optical waveguide applications in telecommunication is presented. The preparation of the materials included precursor silane synthesis, hydrolysis/polycondensation of organoalkoxysilane mixtures, and photolithographic processing of the resulting oligosiloxane resins in order to establish the inorganic-organic hybrid network. During all stages of ORMOCER® preparation, structure-property relations were deduced from characterization data, particularly with respect to low optical loss in the important near-infrared spectral region as well as refractive index. With the aid of molecular modeling, structural characteristics of oligomeric intermediates were visualized, which was found valuable in the fundamental understanding of the material class. The material development started with the syntheses of a variety of commercially unavailable fluorinated and unfluorinated arylalkoxysilanes by means of Grignard and hydrosilylation pathways, respectively. A survey of silane optical properties, particularly their absorptions at the telecom wavelengths 1310 nm and 1550 nm, gave an impulse to the choice of suitable precursors for the preparation of low-loss ORMOCER® resins. Accordingly, precursor silane mixtures and hydrolysis/polycondensation reaction conditions were chosen and optimized with regard to low contents of C-H and Si-OH functions. Thus, absorptions as low as 0.04 dB/cm at 1310 nm and 0.18 dB/cm at 1550 nm, respectively, could be obtained from an oligosiloxane resin based on pentafluorophenyltrimethoxysilane (1) mixed with pentafluorophenyl(vinyl)-dimethoxysilane (5). In order to improve the organic crosslinkability under photolithographic processing conditions, further resins on the basis of the aforementioned were prepared, which additionally incorporated the styrene-analogous precursor 4-vinyltetrafluorophenyl-trimethoxysilane (4). Thus, ORMOCER® resins with low optical losses of 0.28 dB/cm at 1310 nm and 0.42 dB/cm at 1550 nm, respectively, were prepared, which exhibited excellent photopatternability. The manufacture of micropatterns such as optical waveguide structures by UV-photolithography under clean room conditions was the final stage of material synthesis. The optimization of processing parameters allowed the preparation of test patterns for the determination of optical, dielectrical and mechanical properties. A low optical loss of 0.51 dB/cm at 1550 nm could be measured on a waveguide manufactured from a photopatternable fluoroaryl functionalized ORMOCER®. The structural characterization of liquid resins as well as cured ORMOCER® samples was accomplished chiefly with solution and solid state 29Si-NMR spectroscopy, respectively. Particularly for polycondensates incorporating species based on more than one precursor silane, the spectra showed a high degree of complexity. An additional challenge arouse from the partial loss of fluoroaryl groups during ORMOCER® condensation and curing, which resulted in even more condensation products. Thus, in order to provide a basis for resin analysis, first the hydrolysis/condensation reactions of the isolated precursors were investigated under reaction time-resolution with NMR spectroscopy at low temperature. Backed by signal assignments in these single-precursor systems, the respective species could also be identified in the complex resin spectra, allowing for their quantitative interpretation. The structural characterization was rounded out by IR spectroscopy and SAXS analyses. With the help of molecular modeling, the experimental data were finally transferred into a three-dimensional image of an organosiloxane oligomer, which is representative for a photopatternable fluoroaryl functionalized ORMOCER® resin. The combination of low-temperature NMR, which made the characterization of polycondensates possible, with oligomer modeling paved the way to a further understanding of ORMOCER® resin systems. On the basis of this visualization of structural characteristics, e.g. properties such as organic crosslinkability of oligomers were discussed in the light of steric features within the molecular structure. Thus, new possibilities were established for the systematic optimization of ORMOCER® formulations. Structure-property relations with respect to optical loss and refraction, as determined within this work, follow trends, which are in accordance with the literature. Particularly the direct comparison of data derived from analogous fluorinated and unfluorinated ORMOCER® resins showed that fluorination results in significant decrease in NIR optical loss. Additionally, different unfluorinated aryl functionalized systems with varying aliphatic C-H content were compared. In case of a lower aliphatic content, a widening effect on the 1310 nm window was found. This is due to a shift of arylic C-H vibrations (1145 nm) towards lower wavelengths compared to aliphatic C-H (1188 nm). Finally, on the basis of NIR spectra of analogous fluorinated resins with low and high silanol content, respectively, a significant impact of (Si)O-H groups on the 1550 nm window was demonstrated, while the 1310 nm window was unaffected. This is due to O-H vibrations with a maximum at 1387 nm and further bands at higher wavelength. The index of refraction was drastically lowered due to fluorination. Thus, the analogous fluorinated and unfluorinated ORMOCER® resins had indices of 1.497 and 1.570, respectively, in the VIS region. For the fluorinated systems, refraction did not change significantly during organic cross-connection and hardbake. In conclusion, the new fluoroaryl functionalized ORMOCER® systems represent low-loss materials for telecom applications. In addition, in-depth characterization during material development allowed the proposal of structure-property relations, particularly with respect to optical properties, which are of considerable importance for future developments.
Nichtwäßrige Sol-Gel-Vorstufen, die zu einem Mischgefüge aus Al2O3 und YAG führen (Volumenverhältnis 45 : 55), wurden zu Fasern versponnen, in unterschiedlichen Atmosphären pyrolysiert und abschließend gesintert. Die strukturelle Ent-wicklung während der Pyrolyse der Gel-Fasern wurde in Abhängigkeit von Pyrolysetemperatur (200-850 °C) und -atmosphäre beschrieben. Die Zusammenhänge zwischen den mittels der Pyrolyseparameter variierten amorphen Strukturen und dem daraus resultierenden Kristallisations- und Sinterverhalten sowie den mechanischen Fasereigenschaften wurden gezeigt. Die isotropen Gel-Fasern sind frei von Poren und weisen lokal regelmäßig angeordnete, organische Domänen mit mittleren Abständen von 2 nm innerhalb des anorganischen Matrixgerüsts auf. Während der Pyrolyse auftretende Strukturveränderungen hängen stark von der Atmosphäre und der Temperatur ab. In Luft- und Sauerstoffatmosphäre trat ab 600 °C innerhalb der Fasern lokal eine Kristallisation von YAG und Korund in Form kugeliger Bereiche auf, die zum Bruch der Fasern bereits während der Pyrolyse führten. Die Abgabe organischer Bestandteile erfolgte bei Pyrolyse in Stickstoff im wesentlichen zwischen 300 °C und 500 °C, blieb jedoch auch bei höheren Temperaturen unvollständig. In Wasserdampf-Atmosphäre kam es durch Hydrolysereaktionen zwischen 250 °C und 385 °C zu einer verbesserten Abgabe der organischen Bestandteile. Der Kohlenstoffgehalt sinkt bei 385 °C unter 2 Masse-%. Werden dem Wasserdampf saure Gase wie z.B. Stickoxide zugesetzt, wird um 200 °C die Hydrolyse und Abgabe der Organik zusätzlich verstärkt. Nach Pyrolyse in Stickstoff oder wasserhaltigen Atmosphären blieben die Fasern amorph. Bei Pyrolyse in Stickstoff war die Struktur der Fasern porenfrei, wobei die organischen Pyrolysatreste wie in den Gel-Fasern als regelmäßig angeordnete, isolierte Bereiche innerhalb einer anorganischen Matrix vorlagen. In Wasserdampf bildete sich ab 250 °C aus den organischen Domänen eine geordnete Porenstruktur, die sich mit ansteigender Temperatur vergröberte. Auch in der aus verdampfter Salpetersäure erzeugten Atmosphäre bildeten sich Poren. Die Porendurchmesser und spezifischen Oberflächen der Fasern blieben jedoch geringer als in reinem Wasserdampf. In dem anorganischen Matrixgerüst änderten sich durch die Pyrolyse die Koordinationsverhältnisse der Al-Ionen. Ausgehend von der mehrheitlich 6-fachen Koordination in den Gel-Fasern kam es zunehmend zur Umlagerung in die 4- und 5-fache Koordination. Bei Pyrolyse in reinem Wasserdampf war diese Koordinationsveränderung deutlich schwächer ausgeprägt als in Stickstoff oder der Atmosphäre aus verdampfter Salpetersäure. Während der Sinterung treten intermediär gamma-Al2O3 und hexagonales YAlO3 als metastabile Phasen vor der Kristallisation von YAG auf. Mit der Kristallisation von Korund schließt die Phasenbildung der Al2O3-YAG-Fasern je nach vorangegangener Pyrolysebehandlung zwischen 1275 °C und 1315 °C ab. Die Abweichungen in der Kristallisationstemperatur bzw. Keimbildungsdichte von Korund und im Sinterverhalten ließen sich auf die Unterschiede in den amorphen Strukturen der pyrolysierten Fasern zurückführen. Hohe Anteile 6-fach koordinierter Al-Ionen und eine zu hohen spezifischen Oberflächen führende, feine Porosität erwiesen sich als günstige Strukturmerkmale für pyrolysierte Fasern. Die dabei entstandenen feinkörnigen, homogenen Gefüge konnten dicht gesintert werden und hatten die höchsten Festigkeiten und E-Moduln. Kohlenstoffgehalte bis zu 2 Masse-% wirkten sich in den offenporigen Zwischenprodukten nicht negativ auf das Sinterverhalten aus. In dieser Arbeit wurde gezeigt, daß die Kristallisation der Sol-Gel-abgeleiteten Fasern und damit auch die Ausbildung der keramischen Gefüge in entscheidendem Maße von den Pyrolysebedingungen abhängen. Bei einheitlicher Synthese der Gel-Fasern lassen sich durch die Pyrolysebehandlung unterschiedliche Strukturen in den amorphen Zwischenprodukten einstellen, die durch ihre spezifisches Kristallisations- und Sinterverhalten zu unterschiedlichen keramischen Gefügen in den Fasern führen. Die Optimierung der Gefüge vorstufenabgeleiteter Keramiken durch Zusatz von Keimen ("Seeding") ist seit längerem bekannt. In Ergänzung dazu bietet die gezielte Wahl der Pyrolysebedingungen eine weitere Möglichkeit zur Steuerung der Gefügeausbildung in Sol-Gel-Keramiken.
In Analogie zu natürlichen Proteingerüsten wurden poly-Acrylamid-Hydrogele mit polaren funktionellen Gruppen modifiziert, die in der Biomineralisation eine wichtige Rolle spielen. Durch gezielte Variation der Synthesebedingungen ist es möglich, Art, Gehalt und räumliche Anordnung der ionischen Funktionalitäten in den Copolymernetzwerken einzustellen. Die Hydrogele wurden in einer Doppeldiffusionsanordnung zur Mineralisation von CaCO3 eingesetzt und die Ergebnisse mit Gelatinegel als natürlichem Reaktionsmedium verglichen. Entgegen der ursprünglichen Erwartungen konnten in Gelatinegel keine Hinweise auf molekular-chemische Wechselwirkungen zwischen dem Proteinnetzwerk und den Mineralisationsprodukten nachgewiesen werden. Im Verlauf der Kristallisation wird die organische Matrix lediglich passiv inkorporiert. Allerdings bewirkt die heterogene Verteilung in den hantelähnlichen Kompositpartikeln die Auffächerung der Wachstumsfronten, so daß sich im Verlauf des Kristallwachstums eine Zwillingsstruktur der makroskopischen Produkte ausbildet. Der Netzwerkeffekt der organischen Matrix wird jedoch von dem lokalen chemischen Milieu in dem Gelkörper überlagert. Die Ähnlichkeit der Produkte mit natürlichen Biomineralen weist darauf hin, daß auch Biomineralisationsprozesse lediglich Folge eines unspezifischen chemischen Milieus sein können. Deutliche Analogien zu natürlichen Biomineralisationsprodukten wurden bei der Materialabscheidung in unfunktionalisierten poly-Acrylamid-Hydrogelen beobachtet. Die oktaedrische Form der Mineralisationsprodukte ist untypisch für Calcit und kennzeichnet einen spezifischen Kristallisationsmechanismus. Obwohl die Aggregate aus zahlreichen rhomboedrischen Calcit-Bausteinen zusammengefügt sind, weisen die makroskopischen Produkte eine gestörte einkristalline Struktur auf. Das große Mosaik der Röntgenbeugungsmaxima ist auf die Fehlorientierung kohärent streuender Bereiche zurückzuführen. Basierend auf den Untersuchungsergebnissen wurde ein Aggregationsmodell postuliert: Die simultane orientierte Verwachsung rhomboedrischer Untereinheiten sowie das Flächenwachstum dieser Bausteine führt zu der oktaedrischen Morphologie der Aggregate. Die prinzipielle Analogie der Mineralisationsprodukte mit vielen Biomineralen richtet den Blick auf die Frage, inwieweit alleine die physikalische Struktur extrazellulärer Matrices eine wichtige Rolle bei der Biomineralisation spielt. Die Ergebnisse der Mineralisationsversuche in Sulfonat-funktionalisierten Hydrogelen untermauern den dominanten Effekt der Netzwerkstruktur. Die stark polaren funktionellen Gruppen modifizieren lediglich die Morphologie der Aggregate, führen aber nicht zu einer grundlegenden Veränderung der Nukleation und des Wachstumsmechanismus. Demgegenüber zeigt sich in Carboxylat-funktionalisiertem poly-Acrylamid eine deutlich erhöhte Keimdichte und eine intermediäre Stabilisierung von Vaterit. Dieser spezifische Einfluß der Carboxylatgruppen auf die Keimbildung relativiert das oft für Biomineralisationsvorgänge postulierte ionotrope Nukleationsmodell und unterstreicht die Notwendigkeit einer stereochemischen Verwandtschaft zwischen den organischen Funktionalitäten und der entstehenden Kristallphase. Besonders deutlich wird die Bedeutung der Carboxylatgruppen bei der Mineralisation in Gelmatrices, die mit poly-L-Aspartat versetzt wurden. Die Wirkungsweise des Gelatinegels sowie der Kompartimenteffekt des poly-Acrylamid wird durch die Wechselwirkung des Additivs mit der anorganischen Phase überkompensiert: Im Verlauf der Doppeldiffusion entstehen in den untersuchten Hydrogelen Vaterit-Agglomerate, die permanent stabilisiert sind. Da die Kristallisationsmechanismen der reinen Gelmatrices rhomboedrische Calcit-Keimkristalle voraussetzen, werden die Netzwerkeffekte durch die Bildung sphärischer Vaterit-Partikel außer Kraft gesetzt. Möglicherweise beruht auch die Morphogenese natürlicher Biomineralisationsprodukte auf einem Wechselspiel des physikalischen Netzwerkeffekts einer extrazellulären Matrix und der Wirkungsweise modifikationsselektiver Makromoleküle. In den unterschiedlichen Hydrogelmatrices sind, trotz einheitlicher Versuchsbedingungen, drei grundsätzlich verschiedene Kristallisationsmechanismen des Calcits wirksam: In Gelatinegel kommt es zu lagenweisem Wachstum, die oktaedrischen Produkte aus poly-Acrylamid gehen auf die Aggregation vorgeformter Untereinheiten zurück und in Carboxylat-funktionalisierten Netzwerken entstehen sphärolithische Kristalle. Diese Ergebnisse belegen auf anschauliche Weise eine Wechselwirkung der organischen Matrix mit der anorganischen Phase. In natürlichen Systemen wird dieser Effekt durch komplexe genetische und zelluläre Prozesse gesteuert, die sich in-vitro nicht simulieren lassen. Allerdings weisen die Analogien der Mineralisationsversuche mit natürlichen Biomineralisationsprozessen auf vergleichbare Prinzipien hin. Demzufolge können die Mechanismen der Biomineralisation verhältnismäßig trivial sein, allein die biologische Reproduzierbarkeit der Materialabscheidung setzt ein hohes Maß an genetischer Steuerung voraus. Von einer weiterführenden Untersuchung der Mechanismen, die der Biomineralisation zugrunde liegen, sind wesentliche Impulse für eine biomimetische Materialsynthese zu erwarten. Wie die spezifische Wechselwirkung der Carboxylatgruppen mit der Kristallphase nahelegt, sollten die molekular-chemischen Effekte polarer funktioneller Gruppen im Mittelpunkt des Interesses stehen. Für ein besseres Gesamtverständnis muß daher eine Brücke zwischen der "mesoskopischen" Wirkung gelartiger Medien und entsprechenden Vorgängen auf atomarer Skala geschlagen werden. Die atomaren Mechanismen bei der Kristallisation von CaCO3 in Gegenwart verschiedener Additive werden in einem Partnerprojekt an der Universität Münster untersucht [Set03]. Die Zusammenführung dieser beiden Sichtweisen läßt ein tiefgreifendes Verständnis der allgemeinen Prinzipien der Biomineralisation erwarten.
Es wurde ein Leitpartikeltyp mit hoher Fluoreszenz sowie einem Absorptionsbereich oberhalb von 600 nm evaluiert. Zur Anbindung der hochspezifisch wirkenden Antikörper wurde die Teilchenoberfläche mit Carboxylgruppen funktionalisiert. Die Darstellung dieser sphärischen, komplex aufgebauten erfolgte über eine nasschemische Synthese. Die synthetisierten Partikel besitzen eine hohe Fluoreszenzintensität, gutes Chromatographierverhalten und spezifische Beladbarkeit mit monoklonalen Antikörpern (z.B. Troponin T) auf einer mit Carboxylgruppen modifizierten Partikeloberfläche. Auf die Partikel mit dem favorisierten Fluorophor musste eine zusätzliche Silicathülle aufkondensiert werden, damit diese im Anschluss erfolgreich mit Antikörpern beladen werden konnte. Die erhaltenen partikulären Systeme wurden sowohl qualitativ als auch quantitativ charakterisiert. Die Fluoreszenzintensität dieser dotierten Kern-Schale-Partikel konnte soweit optimiert werden, dass sich klinisch relevante und noch höhere Sensitivitäten in Prüfteststreifen detektieren ließen. Weiterhin wurden neuartige Fluoralkylsilan und Fluorophor codotierte Silicat-Nanopartikel synthetisiert, die auf Anhieb eine gute untere Nachweisgrenze von Troponin erzielten. Durch UV-VIS- und Fluoreszenz-Untersuchungen sowie Konjugations- und Prüfteststreifen-Versuche konnte gezeigt werden, dass die Cokondensation des Fluoralkylsilans in einer Erhöhung von Absorption und Fluoreszenz der Partikel resultiert. Weitere Untersuchungen von zeigten, dass eine zusätzliche Oberflächenmodifizierung mit Fluoralkylsilan zu einer signifikanten Verschlechterung der Konjugationseigenschaften mit Antikörpern führt. Alternative Detekorreagenzien und -methoden wurden ebenfalls untersucht. So konnte der kationische Komplex Tris-(1,10-phenantrolin)ruthenium(II)-dichlorid erfolgreich in monodisperse Silicat-Partikel eingebaut werden. Aufgrund ihrer geringen Sauerstoffpermeabilität sind sie als impermeabler Referenzstandard in O2-Sensoren geeignet. Eine andere untersuchte Detektionsmethode basiert auf zeitaufgelöster Fluoreszenz (TRF). Hierbei werden hauptsächlich Lanthanoid-Komplexe eingesetzt. Am besten untersucht sind Europium-Komplexe, welche meistens Diketone als Liganden besitzen. Bislang konnten diese neutralen Komplexe jedoch nicht in polare Silicatpartikel-Matrizes eingebaut werden. Durch Einsatz von 3,3,3-Trifluoropropyltrimethoxysilan gelang es erstmalig, einen Europium(III)-tris-4,4,4-trifluoro-1-(2-naphthoyl)-1,3-butandion-Komplex (Eu(TNB)3) in hydrophobierte Silicat-Nanopartikeln physikalisch einzubauen. TRF-Messungen zeigten Abklingzeiten von ca. 300 µs. In diesem bislang nicht verfügbaren Partikel-Typ konnten positive Eigenschaften von Latex- und Silicatpartikeln kombiniert werden. Auch einige Porphyrinkomplexe mit langen Fluoreszenzlebensdauern sind in Silicat-Nanopartikel eingebaut worden. Der neutrale Komplex 5,10,15,20-Tetrakis(4-carboxyphenyl)-porphyrin-Pd(II) konnte nur durch vorhergehende Silanisierung erfolgreich eingebunden werden. Die erhaltenen sphärischen Partikel weisen eine Größenverteilung von 200-300 nm auf. Ein weiteres, kationisches Porphyrin (5,10,15,20-Tetrakis(N-methyl-4-pyridyl)-21,23H-porphyrin-Zn(II)) konnte ebenfalls erfolgreich in etwa 140 nm große Silicat-Nanopartikel blutungsstabil eingebaut werden.