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Georg Sticker war Arzt, Hochschullehrer, Hygieniker und Medizinhistoriker. Das Themenspektrum seiner Arbeiten ist sehr umfangreich. Der Schwerpunkt dieser Arbeit liegt auf seinen Hauptforschungsgebieten, der Medizingeschichte und hier vor allem auf der Seuchengeschichte zu Pest, Lepra und Syphilis und der Bedeutung der Geschichte der Epidemien für die Epidemiologie; sowie seinen großen ärztlichen Vorbildern Hippokrates und Paracelsus. Auch über Naturheilkunst und Gesundheit und Erziehung berichtet er mit großem Engagement.Nach seiner Berufung an die Universität Würzburg beendet er seine ärztliche Tätigkeit, gründet hier im Jahr 1921 das Institut für Geschichte der Medizin und widmet sich ganz der Medizingeschichte
Ludwig Crons Zahnextraktionsschrift, ein kleines Lehrbuch für Wundärzte in der Ausbildung, beruht insbesondere auf der langen Erfahrung des Autors als praktizierender Wundarzt und Leibchirurg. Dies wird immer wieder deutlich, vor allem auch an den sehr zahlreichen Fallbeispielen, mit denen er seine Aussagen belegt. Cron ist als geschickter Zahnheilkundiger in der Lage, sehr anschaulich, kenntnisreich und detailliert die verschiedenen Bereiche der Zahnextraktion darzustellen und auf diese Weise den zahnmedizinisch-wundärztlichen Nachwuchs sachkundig zu unterrichten. Diese praktische Unterrichtung ist ja eines seiner Hauptziele, die er mit seiner Schrift verfolgt. Seine Ausführungen beruhen auch auf der zeitgenössischen zahnärztlichen und chirurgischen Literatur, die er in opulenter Weise ausschöpft und auswertet. Dies ist ein Hinweis darauf, daß sich Ludwig Cron sehr gut in der damaligen Literatur seines Fachgebietes ausgekannt haben muß und sehr belesen war. Hie und da streut er auch lateinische Sentenzen in seinen Text ein. Dies ist jedoch kein Hinweis darauf, daß er als Wundarzt die damalige Wissenschaftssprache zumindest passiv beherrschte. Ziel der lateinischen Einsprengsel wird eher der Wunsch des Autors sein, bei seinen Lesern als besonders gelehrt zu erscheinen. Es ist zu betonen, daß der Autor als Kompilator zahnmedizinischen Wissens zu bezeichnen ist und eigentlich wenig Neues für sein Fachgebiet geleistet hat. Er ist auf der Höhe des zeitgenössischen zahnmedizinischen Wissens, ohne jedoch innovativ zu sein. Dies intendiert Cron aber auch gar nicht. Vielmehr ist es sein Anliegen, ein kompetenter Lehrer des Chirurgennachwuchses und Vermittler praktischen Wissens zu sein. Die Extraktionsschrift Ludwig Crons ist von großer Bedeutung für die zahnmedizinhistorische Forschung. Denn sie gibt z. B. viele Hinweise zum damaligen chirurgischen Standeswesen. Ludwig Cron spricht sich immer wieder energisch gegen die zeitgenössischen Quacksalber und Scharlatane aus, die als Marktschreier von Ort zu Ort zogen, auf den Marktplätzen den Star stachen oder Zähne zogen und durch dieses Verhalten das Ansehen der seriösen Wundärzte in Frage stellten. Auf der anderen Seite betont der Autor häufig die Seriosität seines wundärztlichen Berufs, die ihm sogar die hohe Position eines fürstlichen Leibchirurgen eingebracht habe. Der Medizinhistoriker erfährt durch die analysierte Schrift sehr viel über weitere Aspekte der Zahnheilkunde in der Zeit um 1700: über Extraktionsinstrumente, über die verschiedenen Methoden der Extraktion von Zähnen im Unter- und im Oberkiefer, über die Lagerung des Patienten beim Zahnziehen, über Komplikationen nach dem Eingriff (Geschwülste, heftige Blutungen) und wie diese zu beherrschen sind, über Zahnkrankheiten als Todesursache und über die (angeborenen) Deformationen der Zähne und des Gebisses. Es fällt auf, daß der Autor als Beleg für seine Aussagen oft anschauliche Beispiele aus der Antike heranzieht (Prusias, Pyrrhos, Plutarch). Über die Auflage und die Verbreitung von Ludwig Crons Zahnextraktionsschrift kann heute nichts mehr gesagt werden. Analysiert man den Inhalt des Werkes, kommt man zur Auffassung, daß das vom Autor anvisierte Lesepublikum aus Wundärzten in der Ausbildung bestand. Diesen sollte ein solides Wissen beigebracht werden, auch um zu verhindern, daß diese Klientel dereinst auf das Niveau der marktschreierischen Zahnbrecher herabsinkt. Mit dieser Schrift hat Ludwig Cron sicher dazu beigetragen, dem Stand der Zahnheilkundigen einen Weg zu weisen, der erfolgreich werden sollte: den langen Weg zur Konsolidierung und Verselbständigung des Zahnärztestandes, der ohne solide Ausbildung nicht zum Ziel geführt hätte.
Die Wahrnehmung und Darstellung der Korpulenz in der westlichen Welt ist von einer Vielfalt von Bildern, Assoziationen und Wertungen geprägt. Werden Menschen auf Bildern mit einem dicken Bauch gezeigt, so kann dieser als Zeichen für Prestige, Wohlstand, Macht, Stärke und Respektabilität fungieren. Der dicke Bauch kann jedoch auch auf Unmoral und Schwäche verweisen und in ästhetischer Hinsicht als abstoßend empfunden werden.
In dieser Arbeit soll untersucht werden, wie Beleibtheit in Karikaturen der Weimarer Zeit dargestellt wird, welche Bilder, Assoziationen und Werturteile in ihnen zum Ausdruck kommen. Es werden verschiedene Typen von beleibten Menschen herausgearbeitet, die in den Karikaturen dargestellt werden. Diese Typologie verweist auf eine Fülle von Bedeutungen, mit denen Korpulenz zur Zeit der Weimarer Republik aufgeladen war. Diese sollen mithilfe der Forschungsliteratur zur Weimarer Zeit in den zeitgenössischen Kontext eingebettet werden. Auf diese Weise soll zugleich herausgearbeitet werden, welche Topoi mehr oder weniger spezifisch für die Weimarer Zeit waren und welche auf ältere, in die Zeit der Aufklärung oder sogar in die Antike zurückreichende Traditionen verweisen.
Die Vorstellungen von Korpulenz wurden in der Weimarer Republik auch durch die zeitgenössische Medizin geprägt. Es gab damals bereits eine intensive medizinische Debatte über die Beleibtheit und ihre Gefahren. Ärzte und Wissenschaftler versuchten, den Ursachen, den Folgeerscheinungen und der Behandlung von Fettsucht auf den Grund zu gehen. Es stellt sich damit auch die Frage, inwieweit die Wahrnehmung der Beleibtheit in der Gesellschaft – wie sie in den Karikaturen zum Ausdruck kam – und die medizinische Debatte sich wechselseitig beeinflussten.
Scanzoni in Würzburg
(2003)
Die biographische Arbeit beschäftigt sich mit dem aus Prag stammenden Gynäkologen und Geburtshelfer Friedrich Wilhelm Scanzoni von Lichtenfels (1821-1891), der an der Universität Würzburg 40 Jahre lang gelehrt hat. Seine Arbeit war bedeutend für die Universität, er gründete eine neue Würzburger Frauenklinik, seine Lehrbücher und Forschungsarbeiten förderten entscheidend die Gynäkologie in Deutschland, und nicht zuletzt profitierte auch die Stadt Würzburg von seiner europaweiten Berühmtheit als Frauenarzt. Eingebettet in einen historischen und fachhistorischen Rahmen werden sein Leben, sein Werk und seine Wirkungsgeschichte dargestellt, dabei auch umstrittene Themen wie seine Einstellung zum Kindbettfieber aufgearbeitet. Besonders prägend für seine Krankheitslehre war die um 1850 durch die Arbeit Virchows neu aufblühende pathologische Anatomie. Scanzoni selbst beschritt forschend viele neue Wege, wie z.B. bei der Zangengeburt bei hinterer Hinterhauptslage. Seine zahlreichen Publikationen, darunter das bekannte Lehrbuch der Geburtshilfe, werden in ihrer Resonanz beleuchtet, aber auch die Höhen und Tiefen seines Weges von der individuellen Seite her betrachtet. Zahlreiche Quellen aus der internationalen Fachliteratur wurden eingearbeitet, wie auch Persönliches, darunter insbesondere der Adelsbrief in Bild und Text. Es entstand ein umfassendes Bild eines bedeutenden Arztes und Forschers, der nicht vergessen werden sollte.
Ziel der Arbeit war es die Quellenlage Hildegard von Bingens ‚Physica‘ zu beleuchten. Dazu werden die Kapitel der exotischen Gewürze (Kap. I,13-21 und I,26-27), der Duftpflanzen (Kap. I,22-25), und der heimischen Gewürze (Kap. I,63-70) mit den entsprechenden Kapiteln aus ‚Macer floridus‘ (Odo Magdunensis), ‚Circa instans‘ (Matthaeus Platearius), ‚Liber graduum‘ (Constantinus Africanus), ‚Naturalis historia‘ (Plinius der Ältere) und ‚Materia medica‘ (Pedanius Dioskurides) verglichen. Es konnten verschiedenartige Bezüge zur Tradition hergestellt werden, jedoch ist hervorzuheben, dass Hildegard dennoch in den Anwendungen eine ausgeprägte Originalität aufweist.
In der vorliegenden Arbeit werden die Stationen im Leben Karl Wesselys nachgezeichnet und ein Überblick über die wissenschaftlichen Leistungen gegeben. Karl Wessely wurde am 6. April 1874 in Berlin geboren. Nach seinem Abitur 1893 und dem Medizinstudium, das er 1898 erfolgreich abschloß, ging er für drei Jahre als Assistent zu Theodor Leber nach Heidelberg, nachdem ihn Julius Hirschberg in Berlin für die Augenheilkunde begeistert hatte. 1900 promovierte Karl Wessely mit der von Leber angeregten Dissertation ´Experimentelle Untersuchungen über Reizübertragung von einem Auge zum anderen´. Schon in seiner Assistenzzeit in Heidelberg erkannte sein dortiger Lehrer sein ausgezeichnetes Geschick, was er daraufhin in Würzburg weiter verfeinern konnte. 1901 ging Karl Wessely zur weiteren augenärztlichen Ausbildung zu Carl von Hess nach Würzburg an die Augenklinik, bevor er ein Jahr später in seine Geburtsstadt zurückkehrte und dort neben seiner Privatpraxis noch bei Theodor Engelmann am physiologischen Institut der Universität forschte. 1907 kehrte Wessely nach Würzburg an die Universitätsaugenklinik zurück, übernahm die Oberarztstelle und habilitierte 1908 mit dem Thema ´Experimentelle Untersuchungen über den Augendruck sowie über qualitative und quantitative Beeinflussung des intraocularen Flüssigkeits-wechsels´. Bereits zwei Jahre später wurden ihm der Titel und der Rang eines außerordentlichen Professors verliehen und als das Ordinariat für Augenheilkunde, durch die Berufung von Hess´ nach München, in Würzburg frei wurde, wurde er Anfang des Jahres 1913 zu dessen Nachfolger ernannt. Seine Würzburger Tätigkeit, in der er über 100 Veröffentlichungen schrieb, wurde durch seinen Wehrdienst im Ersten Weltkrieg unterbrochen. Er leistete unter anderem Frontdienst in Belgien und bekam für seine Verdienste das Eiserne Kreuz II. Klasse verliehen. Nach einem Jahr wurde er wieder für die Leitung der Würzburger Klinik freigestellt. 1921 wurde Karl Wessely zum Rektor der Würzburger Universität gewählt und 1923 wurde ihm der Titel eines Bayerischen Geheimen Sanitätsrates verliehen. Nach Carl von Hess´ Tod 1924 folgte Wessely dem Ruf nach München und übernahm dort dessen Lehrstuhl. Während dieser Zeit vertrat er als Vorstandsmitglied der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft die deutsche Augenheilkunde auf zahlreichen Fachkongressen und verhalf ihr so zu internationaler Anerkennung. Seine Münchener Zeit war geprägt durch die Fortführung seiner begonnenen Studien auf den Gebieten Glaukom und intraokularer Flüssigkeitswechsel, durch die Einführung neuer Operationsmethoden und seine Hingabe für den akademischen Nachwuchs, bevor das bitterste Kapitel in seinem Leben folgte. Durch die Nationalsozialisten wurde er aufgrund seiner jüdischen Abstammung 1935 seines Amtes enthoben und durfte nur noch stark eingeschränkt seine augenärztliche Tätigkeit ausüben. Nach dem Zweiten Weltkrieg, der die Isolation der deutschen Augenheilkunde im Ausland zur Folge hatte, kehrte er 1945 wieder auf den Universitätslehrstuhl zurück. Nachdem Karl Wessely 1948 zum Vorstand der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft ernannt worden war, half er unermüdlich mit, die Einschränkungen der deutschen Augenheilkunde durch seinen hervorragenden Ruf und seine Beziehungen zu ausländischen Kollegen abzubauen. 1950 leitete er die Tagung der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft in München und stellte seine Erfahrungen bei der Herausgabe des von Graefeschen Archivs für Ophthalmologie zur Verfügung. Durch seine Vorträge auf internationalen Kongressen und seine bedeutenden wissenschaftlichen Arbeiten trug er wesentlich zur Annäherung der deutschen an die internationale Ophthalmologie nach dem Zweiten Weltkrieg bei. Karl Wessely verstarb am 25. Februar 1953 im Alter von 79 Jahren wurde am 2. März 1953 auf dem Waldfriedhof in München beigesetzt.
Die vorliegende Arbeit hat es sich zum Ziel gesetzt, einen Überblick über die Verwendung der beiden Arzneipflanzen Zingiber officinale ROSCOE und Alpinia officinarum HANCE in der Geschichte der europäischen Phytotherapie zu geben. Dazu wurden insgesamt fast 90 Texte untersucht und verglichen, wobei nicht nur Standardwerke, sondern auch eher unbekannte Schriften und Zeugnisse der Volkskunde und populärwissenschaftliche Bücher berücksichtigt wurden. Bereits den antiken Autoren war der Ingwer als Arzneipflanze bekannt, und er wurde für unterschiedliche Indikationsgebiete verwendet. Im Mittelalter genoss das Gewürz ebenfalls ein hohes Ansehen und findet sich bei fast allen der untersuchten Autoren wieder. Diese Tatsache ist erstaunlich, wenn man die damaligen langen und kostspieligen Transportwege von den Ursprungsländern in Südostasien bis nach Europa bedenkt. Nach dem System der Humoralpathologie wurde dem Ingwer als wärmender Arzneipflanze die Fähigkeit zugeschrieben, Krankheiten zu heilen, die durch kaltes Phlegma hervorgerufen werden. Vielfältige Indikationen, angefangen vom Einsatz bei Erkrankungen des Kopfes, der Lunge, des Magen-Darm-Traktes, von Herz und Blutgefäßen, der Leber und Milz, der Harnwege, bis hin zu Haut- und Gelenkerkrankungen sowie der Einsatz als Aphrodisiakum belegen die unterschiedlichen Nutzungsmöglichkeiten des Ingwers. Über viele Indikationen herrscht eine erstaunliche Konstanz über die Jahrhunderte, und vor allem im Bereich des Magen-Darm-Traktes gibt es auch nach modernen wissenschaftlichen Methoden nachgewiesene Wirkungen. Während der Galgant bei den griechischen und römischen Ärzten nicht bekannt war, kam die Pflanze durch den arabischen Fernhandel nach Europa und war hier erst seit dem 9. Jahrhundert verbreitet. Von den arabischen Ärzten tradiertes Wissen trug dazu bei, dass der Galgant als Heilpflanze Bedeutung erlangte und im gesamten Mittelalter bis in die Neuzeit eine sehr geschätzte Pflanze mit vielfältigen Indikationen war. Auch hier sind es vor allem die Anwendungen im Gastrointestinaltrakt, die nach modernen Forschungsergebnissen bestätigt werden. Die moderne Phytotherapie ist eine medizinische Behandlungsmethode, in der als Arzneimittel Phytopharmaka angewendet werden. Nicht zur Phytotherapie zählen die Homöopathie oder die Antroposophie. In der Phytotherapie werden Pflanzen oder Pflanzenteile als stoffliche Einheit betrachet, isolierte Stoffe werden nicht zu den Phytopharmaka gerechnet. Ebenso wie andere Arzneimittel müssen Phytopharmaka durch zuständige Behörden nach Nachweis von Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit zugelassen werden, in Deutschland vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinalprodukte.
Bei der vorliegenden Dissertation handelt es sich um eine Ergobiographie, die sowohl den Menschen Friedrich Schröder, als auch sein wissenschaftliches Wirken beleuchtet. Friedrich Schröder wurde am 14. April 1912 in Frielendorf bei Kassel geboren. Nach seinem Zahnmedizin- und Medizinstudium in Marburg und München, war er sowohl in Hamburg, unter Prof. Schuchardt`s Leitung, als auch in Düsseldorf und Bonn als Oberarzt in der Abteilung für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie in den jeweiligen Universitätskliniken tätig. Nach seiner Habilitation im Jahre 1960 war er vom 1. Dezember 1963 bis zum 30. April 1981 Leiter der Kieferchirurgischen Abteilung der Universitätsklinik für Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten in Würzburg. Neben zahlreichen Ehrenmitgliedschaften in in- und ausländischen Fachgesellschaften wurde ihm am 22. September 1981 das Bundesverdienstkreuz verliehen. Über 100 Veröffentlichungen im in- und ausländischen Schriftum entspringen seiner Feder. Seine besondere Hingabe galt jedoch den Spaltpatienten. Die Würzburger Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie wurde somit zum Zentrum der Spaltchirurgie in Bayern. Am 28. Juli 1996 verstarb Prof. Dr. Dr. Friedrich Schröder in Würzburg.
Der Name des populären Chirurgen Professor Julius Hackethal (1921-1997) weckt bis heute Assoziationen mit den Schlagwörtern Medizinkritik, Sterbehilfe und alternative Krebsbehandlungen. In einem stetig größer werdenden Forschungsstand zur Geschichte der Alternativmedizin und deutschen Nachkriegsmedizin beschäftigt sich vorliegende Dissertation mit Julius Hackethals Medizinkritik im Allgemeinen und Krebs im Speziellen, seinem therapeutischen Gegenvorschlag EUBIOS, der Sterbehilfedebatte sowie der Darstellung seiner Medizinkritik und der entsprechenden Resonanz in deutschen Medien. Die vermeintlichen „Kardinalfehler“ der Schulmedizin bei Krebs werden dabei exemplarisch am Beispiel Prostatakarzinom erläutert.
Welche gesellschaftlichen und schulmedizinischen Rahmenbedingungen vorlagen und die Medizinkritik anfachten, was die Gründe für Julius Hackethals Abkehr von der Schulmedizin waren und inwiefern sich seine Medizinkritik von anderen Kritikern der damaligen schulmedizinischen Verhältnisse unterschied, waren wichtige Fragestellungen der Arbeit. Zudem wird unter Miteinbeziehung von Zeitzeugenberichten beantwortet, warum er mit seinem EUBIOS-Konzept und vermeintlichen Pauschalbehandlungen gerade bei Krebspatienten regen Zulauf fand. Zuletzt stand das Verhältnis von Julius Hackethal zu den Medien sowie das der Medien zu Julius Hackethal im Fokus.
Neben allen Publikationen Hackethals als Hauptquellen und Mikroebene wurde die Recherche um umfangreiche Quellen der Epoche, Forschungsliteratur zum Thema und audiovisuelle Medien als Makroebene erweitert. Hauptschlagwörter waren Medizinkritik und Krise der Krebstherapie, Alternativmedizin sowie das Thema Sterbehilfe. Zudem wurden alle im Zusammenhang mit Julius Hackethal erschienenen Artikel in vorselektionierten Medien, dem Deutschen Ärzteblatt, den Nachrichtenmagazinen Spiegel und Stern sowie den Illustrierten Quick und BUNTE, den Fragestellungen entsprechend, analysiert.
Vor einem sich wandelnden Gesundheitspanorama in der zweiten Jahrhunderthälfte mit enttäuschten Hoffnungen an rasche Behandlungserfolge chronischer (Krebs-)Erkrankungen und einem kritischen Hinterfragen von (Arzt-)Autoritäten wurden Forderungen nach einer posthippokratischen Medizin und Ethik laut. Schlagwörter wie Fünfminutenmedizin, Apparate- und Maschinenmedizin und anonyme Großkliniken machten die Runde. Als Gegenantwort kam es zu einer Renaissance alternativer Behandlungsrichtungen, die von verunsicherten, von der Schulmedizin enttäuschten Patienten aufgegriffen wurden.
Julius Hackethal war dabei nicht der einzige oder erste Kritiker der damaligen schulmedizinischen Praxis, allerdings war Kritik von einem bis dahin selbst praktizierenden Schulmediziner und Professor ein Novum. Mit bewusstem Verzicht auf „Medizinbabylonisch“ und Büchern sowie öffentlicher Kritik in teils vulgärer, aggressiver „Volkssprache“ wurden komplexe Sachverhalte der breiten Masse zugänglich gemacht. Bis heute ist sein Neologismus harmloser „Haustierkrebse“ ein Begriff und mit ihm verquickt. Durch derart provozierende Rhetorik, aber auch spektakuläres, medienwirksames Handeln polarisierte Julius Hackethal dabei zeitlebens. Seine Beihilfe zum Suizid Hermine Eckerts im Jahr 1984 ist hierfür Beispiel und wird in der Arbeit dargelegt. Zudem ließ er keine Möglichkeit aus, seine Thesen in Medien jedweder Couleur zu verbreiten, die großen medizinischen Themenfelder für sich zu reklamieren und gleichzeitig für eigene Kliniken und sein Behandlungsprogramm EUBIOS zu werben. Ein einzelner Querdenker habe es geschafft, die viel zu kompliziert denkende Schulmedizin zu entmystifizieren.
Die Position des Deutschen Ärzteblatts war zwangsläufig klar abgesteckt: Gegenüber Standeskritikern galt es eine klare Position aufrechtzuerhalten, um die bereits in der Kritik stehende Schulmedizin nicht noch weiter zu gefährden. Entsprechend einseitig und teils unseriös fielen die Artikel aus. Das Nachrichtenmagazin Spiegel begrüßte Hackethals anfängliche Medizinkritik, distanzierte sich dann aber ausdrücklich von ihm und seinen Krebsheilungsvisionen sowie seiner Forderung nach einer Legalisierung des ärztlich assistierten Suizids.
Im 21. Jahrhundert ist Medizinkritik weiterhin präsent, gleichzeitig sind alternative Behandlungsverfahren zu einem festen Bestandteil des Behandlungsrepertoires einst streng schulmedizinisch ausgerichteter Ärzte geworden. Julius Hackethal war dabei ein zeitgeschichtliches Phänomen auf einem kurz vor und vor allem nach ihm existenten Kontinuum deutscher Medizinkritik, dem weitere Persönlichkeiten mit neuen Heilsversprechungen oder Ideen zur Umstrukturierung der modernen Schulmedizin rasch nachfolgten und nachfolgen werden.
Die vorliegende Dissertation beschäftigt sich mit dem Beruf der Hebamme in Bayern und Württemberg in den Jahren 1870 bis 1945. Nachdem die Entwicklung des Hebammenberufs im süddeutschen Raum vom Mittelalter bis ins Jahr 1869, in dem die Gewerbefreiheit für Hebammen festgelegt wurde, aufgezeigt worden ist, beschäftigt sich der Hauptteil der Arbeit mit der Ausbildung, der finanziellen Lage, der sozialen Lage und der Berufsausübung der bayerischen und württembergischen Hebammen in der Zeit zwischen 1870 bis 1933. Ab dem Zeitpunkt der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten und die Vereinheitlichung des Gesundheitswesens im deutschen Reich werden die oben genannten Gesichtspunkte für Bayern und Württemberg gemeinsam besprochen. Ein Vergleich stellt die Unterschiede und Gemeinsamkeiten des Hebammenwesens in den Jahren 1870 bis 1945 in Bayern und Württemberg heraus.