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Die häufigste Form der Herzinsuffizienz in Deutschland ist die dilatative Kardiomyopathie, wobei bei ca. 6/100.000 Einwohnern pro Jahr keine eindeutige Ursache erkennbar ist und somit eine idiopathische DCM diagnostiziert wird. Ein Faktor zur Entstehung einer idiopathischen DCM könnten Autoantikörper gegen den β1-adrenergen Rezeptor sein. Bei ca. 30% der Patienten, die an einer DCM (Äquivalent in der ETiCS-Studie: erste akute Myokarditis = AMitis) leiden, sowie bei ca. 13% der Patienten, die an einer ischämischen Kardiomyopathie (Äquivalent in der ETiCS-Studie: erster akuter Myokardinfarkt = FAMI) leiden, konnten in älteren Arbeiten β1-AAk nachgewiesen werden. Im Rahmen der ETiCS-Studie erfolgte erstmals eine prospektive Beobachtung entsprechender Patientenkollektive über 12 Monate mit Blutentnahme und klinischen Kontrollen zum Zeitpunkt 0 Monate (=Baseline), 2-3 Monate (Follow-Up 1), 6 Monate (FUP2) und 12 Monate (FUP3). Zu diesen Zeitpunkten wurden anhand der gewonnenen Blutproben der β1-AAk-Status sowie die immunologischen Marker der FAMI- und AMitis-Patienten bestimmt und mit der kardialen LV-Pumpfunktion korreliert.
Zentrales Thema dieser Arbeit war es, Zusammenhänge zwischen der β1-AAk-Ausbildung in Abhängigkeit von individuellen Zytokinprofilen und der Entwicklung der LV-Pumpfunktion nach dem jeweiligen kardialen Ereignis zu untersuchen, wobei FAMI- und AMitis-Patienten miteinander verglichen wurden. Darüber hinaus wurde auch der Einfluss der CTLA-4-Haplotypen, also die „genetische“ Suszeptibilität Autoantikörper zu entwickeln, untersucht.
Während bei FAMI-Patienten die Entwicklung von β1-AAk keinen Einfluss auf den Verlauf der LV-Pumpfunktion zu haben scheint, wird diese bei AMitis-Patienten durch hochaffine β1-AAk im Verlauf stark beeinträchtigt.
Bei FAMI-Patienten konnte nach einer größeren Herzschädigung (CK-Werte >1000 U/l) eine schlechtere Pumpfunktion im Vergleich zu kleineren Myokardinfarkten (CK-Werte <1000 U/l) nachgewiesen werden, unabhängig von β1-AAk-Status. Für die Prognose und die Erholung der LV-Pumpfunktion scheint bei FAMI-Patienten folglich die Infarktgröße, aber nicht die Entwicklung von β1-AAk wichtig zu sein.
Hinsichtlich der unterschiedlichen Zytokinprofile bei FAMI- und AMitis-Patienten, die hochaffine β1-AAk entwickeln, scheinen bestimmte Zytokine die Induktion einer kardialen Autoimmunität zu begünstigen, während andere Zytokine wohl eher protektive immunologische Reaktionen in Gang setzen: Die proinflammatorischen Zytokine IL-1β, IL-2, IL-7, IL-12, IL-17, GM-CSF, MIP-1α und IFN-γ waren bei β1-AAk-positiven AMitis-Patienten statistisch signifikant erhöht. Protektive Effekte könnten dagegen von den antiinflammatorischen Zytokinen IL-1RA, IL-10 und IL-13 ausgehen, deren Serumspiegel bei FAMI- gegenüber AMitis-Patienten im Vergleich erhöht waren.
Beim direkten Vergleich von AMitis-Patienten mit hochaffinen β1-AAk und solchen ohne β1-AAk, zeigten sich bei Patienten mit hochaffinen β1-AAk höhere Konzentrationen an IL-1β, IL-2, IL-6, IL-7, IL-12, IL-17, GM-CSF, MIP-1α und TNF-α. Bei Patienten ohne Autoantikörper waren demgegenüber die Spiegel von IL-1RA, IL-10 und IL-13 erhöht, was zu einer besseren Erholung der LV-Pumpfunktion führte.
Nach genetischer Typisierung der CTLA-4-Haplotypen (Polymorphismen SNP +49G/A und SNP CT60A/G) fand sich bei Patienten mit dem Allel G/G ein höheres Risiko β1-AAk zu entwickeln, während das Allel A/A jeweils mit einem geringeren Risiko kardiale Autoantikörper zu entwickeln assoziiert war und somit protektiv gegen Autoimmunphänomene wirken könnte.
Wegener'sche Granulomatose
(2002)
Die Wegener'sche Granulomatose (WG) ist eine Autoimmunerkrankung, die sich typischerweise als chronische Entzündung des oberen Respirationstraktes, Vaskulitis und Glomerulonephritis manifestiert. WG gehört zur Gruppe der sog. “pauci-immunen” Vaskulitiden, die mit Anti-Neutrophilen-Antikörpern (ANCA, anti neutrophil cytoplasmic antibody) assoziiert sind. Mit Hilfe der indirekten Immunfluoreszenz lassen sich ANCA im Serum der meisten WG-Patienten nachweisen. Die mit WG assoziierten sog. “klassischen” ANCA (c-ANCA) erkennen spezifisch Konformationsepitope der Serinprotease Proteinase 3 (PR3), die in den azurophilen Granula neutrophiler Granulozyten gespeichert wird. Die enge Korrelation PR3-spezifischer Antikörperspiegel mit dem Krankheitsverlauf läßt vermuten, daß sie bei der Pathogenese eine zentrale Rolle spielen könnten. Diese Hypothese wird von Daten aus in vitro Experimenten gestützt: werden Zytokin-stimulierte neutrophile Granulozyten mit Patientenserum oder isolierten c-ANCA inkubiert, erfolgt eine Aktivierung der Neutrophilen, die sich durch Degranulation und Freisetzung von Sauerstoffradikalen äußert. c-ANCA können so indirekt - aber vermutlich auch direkt - zur Endothelschädigung beitragen. Jedoch konnte bisher kein direkter Beweis des pathogenen Potentials von c-ANCA am Tiermodell erbracht werden. Um die Wirkung von c-ANCA an einem Mausmodell zu testen, war zunächst ein murines Maus-PR3- (mPR3) spezifisches Antiserum notwendig. Da humane c-ANCA nicht mit mPR3 kreuzreagieren, wurde für die Immunisierung von PR3/Neutrophilen-Elastase (NE)-defizienten Mäusen ein mPR3-Zymogen rekombinant in E. coli als Einschlußkörpermaterial (IB, inclusion bodies) hergestellt. Nach Renaturierung des IB-Materials in vitro wurde mit der Dipeptidylaminopeptidase Cathepsin C das N-terminale Propeptid abgespalten. Das gewonnene Enzym besaß die für PR3 und NE spezifische katalytische Aktivität, die durch den physiologischen Inhibitor humaner PR3, a1-Antitrypsin, inhibiert werden konnte. Es ist daher anzunehmen, daß das gewonnene rekombinante Material die korrekte Konformation durch Renaturierung in vitro erhalten hatte. Um nun die pathologische Wirkung von Anti-rmPR3-Antikörpern zu testen, wurden PR3/NE-defiziente Mäuse mit dem rekombinanten Zymogen (pro-rmPR3) oder der N-terminal prozessierten Form (rmPR3) immunisiert. Die Spezifität der gewonnenen Antiseren wurde durch Festphasenimmunoassay, Western Blotting und indirekte Immunfluoreszenzfärbung überprüft. Weiterhin konnte fluoreszenzzytometrisch die Bindung von Anti-mPR3-IgG an die Plasmamembran Zytokin-stimulierter Granulozyten nachgewiesen werden. Die hergestellten Antiseren erfüllten somit die für c-ANCA-positive Seren von WG-Patienten typischen Eigenschaften hinsichtlich der Antigenspezifität. Wenn c-ANCA alleine hinreichend für die Induktion der für WG charakteristischen Symptome sind, sollte der Antiserumtransfer auf Wildtyp-Mäuse WG-ähnliche Symptome in den Rezipienten hervorrufen. Nach wiederholter intravenöser Injektion von Serum pro-rmPR3-immunisierter Mäuse ließ sich ein signifikanter Antikörperspiegel bei Verdünnungen von 1:2000 über den gesamten Behandlungszeitraum von 10 Wochen in den Rezipienten nachweisen. Der anschließende histologische Befund von Niere und Lunge ergab jedoch keine pathologischen Veränderungen. Dieses Ergebnis legt nahe, daß c-ANCA alleine keine Krankheitssymptome hervorrufen. In dem gegenwärtigen Modell für c-ANCA-vermittelte Vaskulitis entfaltet sich die pathogene Wirkung von c-ANCA vor allem dann, wenn neutrophile Granulozyten zusätzlich durch proinflammatorische Zytokine wie Tumornekrosefaktor alpha (TNF alpha) stimuliert werden. Erst die Stimulation der Granulozyten ermöglicht die Bindung von c-ANCA an die Plasmamembran und deren anschließende Aktivierung. Deshalb wurde dieses Modell, das vorwiegend aus Ergebnissen von Experimenten in vitro abgeleitet ist, auf ein lokales Entzündungsmodell der Maus übertragen: Durch wiederholte Injektion von TNF alpha in die Haut wurde eine leichte Entzündungsreaktion ausgelöst. Diese Entzündungsreaktion ließ sich schließlich durch intravenöse Verabreichung von pro-rmPR3- oder rmPR3-Antiserum verstärken. Dieser Befund ist ein wichtiger Beweis für die verbreitete Ansicht, daß c-ANCA nicht nur ein Epihänomen der WG darstellen, sondern selbst ein pathogenes Potential besitzen. Im zweiten Teil der vorliegenden Arbeit wurde die Beteiligung der beiden Serinproteasen NE und PR3 an der Entstehung inflammatorischer Prozesse untersucht. Im Hinblick auf die bei der Pathogenese der WG beteiligten Mechanismen könnten PR3 und NE eine wichtige Rolle spielen. PR3 und NE können Proteine der extrazellulären Matrix abbauen, Apoptose in Endothelzellen induzieren und sind an der Regulation entzündlicher Prozesse über verschiedene Wirkmechanismen beteiligt. Um quantitative Unterschiede bei Entzündungsreaktionen zwischen NE/PR3-defizienten Mäusen und kongenen Wildtyp-Tieren zu untersuchen, wurde als Modell einer Typ III Hypersensitivitätsreaktion eine lokale passive Arthus-Reaktion induziert. Wildtyp-Mäuse entwickelten dabei eine deutlich stärkere lokale Entzündung als NE/PR3-defiziente Mäuse. Weitere Studien sind nötig um die Frage zu klären, ob eine der beiden Serinproteasen alleine oder in Kooperation mit der anderen diesen Phänotyp hervorruft. Für einen direkten synergistischen Effekt sprechen indes die Ergebnisse eines in vitro Experiments mit pro-rmPR3 und humaner NE: Bei Inkubation von pro-rmPR3 mit hNE wurde eine Spaltung des Proenzyms beobachtet, die mit einer Verstärkung der enzymatischen Bruttoaktivität einherging. Die physiologische Relevanz dieser Beobachtung muß allerdings noch geklärt werden. Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit stehen im Einklang mit den neuesten Erkenntnissen über die Rolle der PR3 bei der Wegener’schen Granulomatose: PR3 dürfte sowohl aufgrund pleiotroper Effekte auf entzündliche Reaktionen als auch wegen seiner lytischen Eigenschaften zur Gewebeschädigung beitragen. Darüberhinaus konnte eine pathogene Wirkung von mPR3-spezifischen Antikörpern in der Maus nachgewiesen werden.
Untersuchungen zu immunologischen Pathomechanismen bei der Entstehung chronischer Schmerzsyndrome
(2009)
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden anhand eines Tiermodells zunächst Hinweise für die pathogene Relevanz von Serumfaktoren für die Entstehung von chronischen Schmerzsyndromen und assoziierten Symptomen gesucht. Es zeigten sich bei Versuchsmäusen nach intraperitonealer Injektion von Serum eines Patienten mit komplexem regionalem Schmerzsyndrom (CRPS) im Vergleich zu Kontrolltieren, denen Serum von gesunden Blutspendern injiziert wurde, Veränderungen des Spezies-spezifischen, explorativen Verhaltensmusters, welche erste Hinweise auf schmerzassoziiertes Verhalten liefern. Aufgrund dieser Befunde und der Hypothese der Präsenz einer humoralen Autoimmunreaktion bei der Entstehung chronischer Schmerzsyndrome wurde die Seroprävalenz für Antikörper gegen eine Vielzahl potentieller Autoantigene bei Patienten mit CRPS oder Fibromyalgiesyndrom im Vergleich zu gesunden Kontrollprobanden mittels immunhistochemischer Färbungen gegen murines Gewebe untersucht, wobei kein für die beschriebenen Schmerzerkrankungen pathognomonischer Autoantikörper identifiziert werden konnte. Die vorliegende Arbeit erfüllte ihren Zweck als Pilotprojekt, indem sie wichtige Daten lieferte, die für weitere Untersuchungen wegweisend sind. Dies bezieht sich im Besondern auf notwendige Änderungen bei den In-vitro-Methoden zur Detektion von Autoantikörpern. Zudem müssen die In-vivo-Experimente unter Einbeziehung sensorischer Verhaltenstests wiederholt und durch Fraktionierung der injizierten Serumproben erweitert werden, um gegebenenfalls Autoantikörper als Pathogene der Erkrankungen identifizieren zu können. Die in der vorliegenden Arbeit beschriebenen Erkenntnisse bieten einen Einblick in mögliche pathophysiologische Mechanismen bei der Entstehung von chronischen, idiopathischen Schmerzzuständen und könnten als Basis für neue Überlegungen über den Einsatz immunmodulierender Therapiestrategien bei derartigen Syndromen dienen.
Zusammenfassung
Hintergrund: Das saure Gliafaserprotein (GFAP) kommt im ZNS vor allem in Astrozyten vor und spielt eine Rolle bei der Astrozytose, die wiederum ist ein pathogenetisches Merkmal von HIV-assoziierten neurologischen Erkrankungen (HAND). In dieser Arbeit wird das Vorkommen von GFAP-Autoantikörpern bei PLWH und deren Bedeutung bei der Entstehung von HAND untersucht. Außerdem wird eruiert, ob GFAP-Autoantikörper als Marker eines neurokognitiven Defizites bei HAND in Frage kommen.
Methoden: Homogenisiert Gewebeschnitte von verschiedenen Gehirnareale wurden mittels SDS-Gelelektrophorese und Western Blot auf Membranen übertragen. Diese Membranen wurden mit Blutproben aus der HAND-1 Studie inkubiert. Der Nachweis von GFAP-Antikörpern erfolgte indirekt mittels eines IgG-Antikörpers. Die Anti-GFAP Signalintensitäten wurden semiquantitativ ausgewertet und mit den Daten der neurokognitiven Test der HAND-1 Studie korreliert.
Egebnisse: Die GFAP-Autoantikörper Signalintensität unterscheidet sich je nach Gehirnareal (p < 0,0001). Insbesondere die DM-Signale sind signifikant stärker als die der anderen Areale (p < 0,01). Es lässt sich insgesamt kein signifikanter Unterschied in der Signalstärke zwischen Menschen mit HIV und Kontrollen feststellen (p = 0,1742). Bei der HIV-Gruppe zeigt das Gesamtergebnis des MMS einen signifikanten, negativen und starken Zusammenhang mit der GFAP- Antikörpersignalintensität der Areale DM (p = 0,004), ST (p = 0,011), MC (p = 0,007) und FC (p = 0,002). Es konnten keine signifikanten Korrelationen zwischen den CD4-Zellzahlen und den Anti-GFAP Signalintensitäten festgestellt werden. Bei der Kontrollgruppe fanden sich lediglich vereinzelt signifikante Korrelationen.
Diskussion: Diese Promotion ist die bis dato erste Veröffentlichung, in der GFAP-Autoantikörper bei Menschen mit HIV gemessen wurden. Dass kein Unterschied im Vorkommen von GFAP-Ak bei PLWH und der Kontrollgruppe gefunden wurde, könnte an der geringen Teilnehmendenzahl oder am Mangel von Teilnehmenden mit HAD liegen. Andererseits könnte es auch dafür sprechen, dass anti-GFAP nicht obligat pathogen ist, sondern erst nach Übertritt über die Blut-Hirn-Schranke pathologische Folgen hat. Für diese Hypothese spricht die Erkenntnis, dass eine höhere Menge von GFAP-Ak mit einem schlechteren Abschneiden bei neurokognitiven Tests korreliert. Demnach könnten sich GFAP-Autoantikörper als diagnostische und möglicherweise prognostische Marker eines neurokognitiven Defizites bei HAND eignen.
Nachdem im Rahmen einer engen Zusammenarbeit zwischen dem Missionsärztlichen Institut in Würzburg und dem Centre de Santé in Gikonko, Ruanda bereits im Vorfeld dieser Arbeit erhebliche Probleme mit falsch positiven HIV-Schnelltestergebnissen aufgefallen waren, wurden 162 Patienten bezüglich ihres HIV-Status untersucht und bei einer kleineren Gruppe (46 Patienten) eine eingehende serologische Analyse durchgeführt. Dabei waren Ziele dieser Arbeit (1) den HIV-Status aller in Gikonko als HIV-positiv geführten Patienten zu überprüfen, um so das diagnostische Problem genauer einschätzen zu können; (2) die Reaktionsmuster der Tests zu analysieren, um mögliche Schwachpunkte der einzelnen Schnelltests zu finden; (3) nach Ursachen sowie potentiellen Kreuzreaktivitäten für uneindeutige oder falsch positive Testergebnisse zu suchen; (4) Risikogruppen zu definieren, in denen HIV-Schnelltests weniger aussagekräftig sind und (5) die angepasste HIV-Diagnostik in einigen ausgewählten Fällen mit genaueren Verfahren in Deutschland zu überprüfen und nach weiteren serologischen Auffälligkeiten zu suchen. Hierfür wurden Blutproben mithilfe der im ruandischen Testalgorithmus verwendeten Schnelltests (DetermineTM, UnigoldTM, CapillusTM, First ResponseTM) vor Ort auf HIV getestet. Von Patienten mit zu Voruntersuchungen abweichenden bzw. wider-sprüchlichen Ergebnissen wurden Serumproben nach Deutschland zu genaueren serologischen Analyse transportiert. Diese umfasste die virologische Untersuchung auf HIV mittels ELISA, Western Blot (im positiven Fall zur Bestätigung) sowie PCR, eine immunologische und autoimmunologische Untersuchung (Bestimmung von IgG, IgM, Rheumafaktor sowie ANCA), sowie eine parasitologische Untersuchung (Bestimmung von Malaria-Antikörper) und die Messung von Werten der klinischen Chemie (Kreatinin, GOT, GPT). Ergänzt wurde die serologische Analyse durch die Erhebung von Daten aus der Kartei des Krankenhauses sowie der Schwangerenambulanz in Gikonko. Es zeigte sich, dass unter Verwendung von HIV-Schnelltests bei nur 79% der Patienten (n = 112) der HIV-positive Status bestätigt werden konnte, 15% (n = 21) erhielten ein klar negatives Ergebnis und in 6% (n = 8) führten die HIV-Schnelltests zu keinem eindeutigen Ergebnis. Bei der virologischen Untersuchung in Deutschland wurden alle negativen Ergebnisse bestätigt; unter den acht uneindeutig getesteten Seren wurde in zwei Fällen eine HIV-Infektion nachgewiesen. Um Schwachpunkte oder Anfälligkeiten einzelner Tests auf Störfaktoren aufzeigen, wurden die Reaktionsmuster der HIV-Schnelltests entsprechend der genaueren serologischen Untersuchungen dargestellt und analysiert. Es zeigte sich, dass besonders DetermineTM und CapillusTM ursächlich für uneindeutige Testergebnisse waren. Bei der genaueren Analyse von Seren von Patienten mit zu Voruntersuchungen abweichenden bzw. widersprüchlichen Ergebnissen wurden bei 7% (n = 3) Rheumafaktoren und bei 16% (n = 5) ANCAs nachgewiesen. Außerdem zeigten 48% der Proben (n = 22) stark erhöhte IgM-Werte. Es waren wiederum vornehmlich die Tests DetermineTM und CapillusTM, welche Probleme bei der Testung der entsprechenden Seren aufwiesen. Der Einfluss zweier äußerer Faktoren hingegen war evident: Zum einen führte die Interpretationsvorschrift der Hersteller, jegliche Reaktion als positiv zu werten, zu vielen falsch positiven Ergebnissen und zum anderen genügten die zur Verfügung stehenden HIV-Schnelltests im ländlich gelegenen Gikonko, mit einer HIV-Prävalenz von 4%, den biomathematischen Anforderungen nicht. Die erhobenen Daten aus der Kartei des Centre de Santé erhärteten die Annahme, dass die Neutralität der interpretierenden Person durch eine verdächtige Familien- oder Eigenanamnese bzw. eine entsprechende Klinik gefährdet wird. Die Analyse der Kartei der Schwangerenambulanz zeigte eine signifikante Häufung falsch positiver Testergebnisse im letzten Trimenon.
Pathomechanismen von Antikörpern gegen Aquaporin 4 in einem Tiermodell für die Neuromyelitis Optica
(2013)
Die Neuromyelitis Optica (NMO) ist eine schwerwiegende autoimmune Erkrankung des zentralen Nervensystems (ZNS), die mit rezidivierenden Optikusneuritiden und Querschnittsmyelitiden einhergeht. Als serologischer Biomarker wurden Autoantikörper gegen Aquaporin 4 (anti-AQP4-AK) identifiziert. Mit Hilfe eines passiv-Transfer Rattenmodelles mit implantierten intrathekalen Kathetern wurden aufgereinigte IgG Fraktionen (NMO-IgG) von Plasmapheresematerial anti-AQP4-AK positiver NMO Patienten verabreicht. Zum Nachweis der Antigen-Spezifität wurden in weiteren Versuchsgruppen rekombinante IgG-AK gegen AQP4 appliziert. Die repetitive Injektion von NMO-IgG oder anti-AQP4-AK führte zu einer signifikanten klinischen Verschlechterung und einer reduzierten motorischen Leistungsfähigkeit der Versuchstiere im Vergleich zu Kontrollen. Mittels Magnetresonanztomographie konnten exemplarisch Kontrastmittel-aufnehmende Läsionsareale im Rückenmark der Versuchstiere im Bereich der Katheterspitze detektiert werden. Histopathologisch zeigte sich in diesen Läsionsbereichen eine Anreicherung von intrathekal applizierten humanen IgG, ein Verlust der Expression von AQP4 und des Glutamattransporters EAAT2. Im Gegensatz zu der bisher bekannten, Komplement-induzierten Gewebedestruktion bei NMO-Patienten mit entzündlichen Läsionen wurde hier keine Depletion von Astrozyten oder Komplementaktivierung beobachtet. Stattdessen kam es in den hier beschriebenen Arealen mit IgG-Ablagerung zu einer Hypertrophie und Vermehrung der GFAP-positiven Astrozyten. Die Ergebnisse lassen auf eine pathophysiologisch relevante, intrinsische und komplement-unabhängige Wirkung von anti-AQP4-AK schließen.
Aktuell herrscht in der Wissenschaft Unklarheit über die pathologischen Prozesse, die durch Caspr2-aAK ausgelöst werden. Dissens herrscht, ob es durch die aAK im Serum oder im Liquor zu einer Internalisierung von an der Zellmembran exprimierten Caspr2 kommt. Ebenso ist nicht abschließend geklärt, inwieweit die Struktur des VGKC durch die aAK-Bindung verändert wird.
Mit der vorliegenden Arbeit wurden Untersuchungen zum Pathomechanismus von Caspr2-aAK vorgenommen, indem die Oberflächenexpression von Caspr2 in DRGs im Langzeitversuch näher untersucht wurde. Dafür wurden zunächst die Caspr2-aAK in den Patientenseren mithilfe immunzytochemischer Färbungen in vitro sowohl in transfizierten HEK293, als auch in adulten DRGs nachgewiesen. Zusätzlich wurde mit der Membranpräparation von Caspr2 transfizierten HEK293-Zellen die Caspr2 Bindung mittels proteinbiochemischen Nachweises verifiziert.
Es wurde zudem eine Subklassenbestimmung an den 9 vorliegenden Patientenseren und einer Probe mit aufgereinigtem IgG durchgeführt. Die dominante Subklasse war IgG4 was mit dem wissenschaftlichen Forschungsstand kongruiert, dass IgG4 bei Caspr2-aAK der dominierende Subtyp ist.
Im Langzeitversuch zur Untersuchung einer möglichen Internalisierung von Caspr2 durch die Inkubation in Caspr2-aAK positiven Seren wurden in vitro kultivierte DRGs adulter Mäuse für 24h, 48h, bzw. 96 h mit den Seren konfrontiert. Zusätzlich wurde überprüft wie sich ein Rescue der Zellen – nach 48 h wurde das Caspr2-aAK positive Serum gegen ein Caspr2-negatives Serum für weitere 48 h ausgetauscht – auf die Oberflächenexpression auswirkt. Zur Überprüfung der Dichte des an der Zellmembran exprimierten Caspr2 Proteins wurde diese abschließend quantifiziert und statistisch ausgewertet. Zusammenfassend ließ sich bei keinem der untersuchten Seren eine signifikante Veränderung der Caspr2 Oberflächenexpression erkennen.
Mit diesen Ergebnissen konnte gezeigt werden, dass eine vorübergehende Erniedrigung/Erhöhung der Caspr2 Expression nach Inkubation mit aAK durch primäre DRG Neurone kompensiert wird und eine erhöhte Internalisierung nicht als ursächlich für den Pathomechanismus der Caspr2-aAK in Frage kommt.
Die (Para-)nodopathie ist neben der primär axonalen und der primär demyelinisierenden Polyneuropathie eine neue Krankheitsentität, die sich durch eine Schädigung der Funktion des Ranvierschen Schnürringes auszeichnet. Die Forschung zu (para-)nodalen Autoantikörpern fokussierte sich bislang hauptsächlich auf Neurofascin-155- und Contactin-1-Autoantikörper der Subklasse IgG4.
In dieser Studie wurden die Seren von insgesamt 264 PatientInnen mit CIDP, GBS oder anderen Formen von Polyneuropathien mittels Bindungsassays an murinen Ischiadicuszupfnerven und gegebenenfalls ELISA auf (para-)nodale Autoantikörper gescrennt. Positive Autoantikörperbefunde wurden bei IgG-Autoantikörpern mittels Bindungsassays an transfizierten HEK-293-Zellen und bei IgM-Autoantikörpern mittels Western Blot bestätigt. ELISA Untersuchungen dienten zur näheren Spezifizierung. Weiterhin wurde die zeitabhängige Wirkung von Contactin-1-Autoantikörpern im Zellkulturmodell untersucht.
Die im folgenden dargestellten Ergebnisse zeigen, dass die (Para-)nodopathie nicht auf die bisher am häufigsten beschriebene Erkrankung mit IgG4-Autoantikörpern beschränkt werden sollte.
Bei dem extrem schwer betroffenen IgG-Patient 1 konnte ein Pan-Neurofascin-IgG3-Autoantikörper nachgewiesen werden. Als charakteristische Symptome für diese Autoantikörper konnten in Übereinstimmung mit weiteren Fallberichten Tetraplegie, Beatmungspflichtigkeit sowie eine schwere Hirnnervenbeteiligung bis zur Locked-In-Symptomatik identifiziert werden. Diese Patienten heben sich deutlich von den PatientInnen mit den bisher hauptsächlich beschriebenen Neurofascin-155-IgG4-Autoantikörpern ab, die wie IgG-Patient 2 charakteristischerweise in jungem Alter an einer CIDP mit Tremor ohne Besserung unter IVIG-Therapie leiden.
Es wurden fünf PatientInnen mit Neurofascin-155-IgM-Autoantikörpern identifiziert, die eine akut beginnende Erkrankung mit Tetraparese, Tremor und neuropathischen Schmerzen zeigten. Ob sich dieser Phänotyp als charakteristisch für eine Neurofascin-155-IgM-(Para-)nodopathie bestätigt, sollte in weiteren Studien untersucht werden.
Im murinen Zellkulturmodell an cerebellären Neuronen und Spinalganglienneuronen zeigte sich nach Inkubation mit Contactin-1-IgG-Patientenantikörpern eine zeitabhängige, rasch reversible Verminderung der Contactin-1-Protein-Expression in immunhistochemischen Färbungen sowie Western Blots, die durch eine Internalisierung des Contactin-1-Proteins erklärbar wäre. Der Angriff von Autoantikörpern an Spinalganglienneuronen und cerebellären Neurone sollte in weitere pathophysiologische Überlegungen miteinbezogen werden, da hierdurch typische Symptome der (Para-)nodopathie wie eine sensible Ataxie oder ein cerebellärer Tremor erklärt werden könnten.
In den letzten Jahren gewann das Konzept der Paranodopathien als eigene Krankheitsentität der inflammatorischen Polyneuropathien zunehmend an Bedeutung. Die Forschung konzentrierte sich dabei überwiegend auf die chronisch inflammatorische Polyradikuloneuropathie (CIDP). In dieser Arbeit werden (para-)nodale Antikörper gegen Neurofascin-155, panNeurofascin, Contactin-1 und Caspr-1 in einer großen Kohorte von Patienten mit Guillain-Barré-Syndrom (GBS) und CIDP nachgewiesen. Patienten mit Anti-panNeurofascin-Antikörpern zeigten besonders schwere Verlaufsformen. Patienten mit anderen (para-)nodalen Antikörpern zeigten je nach IgG-Subklasse der Antikörper spezifische klinische Merkmale und ein unterschiedliches Ansprechen auf die Therapie. Die Arbeit zeigt, dass die Bestimmung (para-)nodaler Antikörper bei Patienten mit GBS und CIDP im klinischen Alltag zur Einordung der Prognose und Therapieplanung sinnvoll sein kann.
Pruritus tritt verstärkt bei älteren Menschen auf und ist mit vielen verschiedenen Dermatosen unterschiedlichen Ursprungs vergesellschaftet. Pruritus und ein fortgeschrittenes Lebensalter sind auch charakteristisch für die häufigste blasenbildende Autoimmundermatose, das bullöse Pemphigoid. Im prämonitorischen Stadium treten häufig nur Juckreiz und unspezifische Hautveränderungen auf. Das Prodromalstadium eines bullösen Pemphigoids dauert wenige Wochen bis zu mehreren Jahren.
Ziel dieser Arbeit war es, die pruriginösen Erkrankungen Prurigo simplex subacuta [L28.2], Prurigo nodularis [L28.1], eosinophilenreiche Dermatitis [L30.8] und Prurigoform eines atopischen Ekzems [L20.0] im Hinblick auf das klinische, laborchemische und histologische Bild bei der Erstdiagnose der Erkrankungen auszuwerten. Insbesondere sollte überprüft werden, ob bei der Erstdiagnose typische Autoantikörper einer subepidermalen blasenbildenden Autoimmundermatose (BP180, BP230) nachgewiesen werden konnten und trotz des letzendlich ungewöhnlichen Erscheinungsbildes letztlich ein bullöses Pemphigoid vorgelegen haben könnte.
Es erfolgte eine retrospektive Auswertung der oben genannten pruriginösen Erkrankungen, die über einen Zeitraum von über 10 Jahren in der Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie des Universitätsklinikums Würzburg behandelt wurden. Die Patienten wurden gemäß ICD-Kodierung in die vier oben genannten Gruppen unterteilt. Nebst Patientencharakteristika wurden die Parameter direkte Immunfluoreszenz (DIF), indirekte Immunfluoreszenz (IIF), ELISA-Testverfahren, Immunoblot, eosinophile Granulozyten, Gesamt-IgE, histologische Untersuchung, Dermographismus und Blasenbildung ausgewertet.
Es konnten insgesamt 325 Patienten in die Studie eingeschlossen werden, bei denen bei der Erstdiagnose einer pruriginösen Erkankung eine IIF auf der humanen Spalthaut und/oder auf dem Affenösophagus als Substrat veranlasst wurde.
Es konnten bei insgesamt 54 (16,7%) Patienten Autoantikörper gegen IgG oder IgA mittels IIF nachgewiesen werden. Bei 42 (76,4%) Patienten wurde eine weiterführende Diagnostik mittels DIF durchgeführt, die bei 37 (88,1%) Personen als negativ befundet wurde. Bei fünf (11,9%) Patienten konnten Autoantikörper gegen IgG, IgA und IgM nachgewiesen werden. Alle stammten aus der Gruppe mit einer Prurigo simplex subacuta [L28.2]. Bei diesen fünf Patienten wurde zusätzlich noch ein ELISA-Test durchgeführt. Nur bei einem Patienten konnten Autoantikörper gegen BP180 und Desmoglein 1 nachgewiesen werden.
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Mit dieser Studie konnte aufgezeigt werden, dass bei Patienten mit den Erkrankungen Prurigo simplex subacuta [L28.2], Prurigo nodularis [L28.1], eosinophilenreiche Dermatitis [L30.8] und Prurigoform eines atopischen Ekzems [L20.0] keine erhöhte Bildung von Autoantikörpern gegen die dermoepidermale Junktionszone stattfindet. Dennoch sollte bei Patienten mit pruriginösen Erkrankungen eine serologische Untersuchung mittels IIF – und im Falle einer Positivität mittels ELISA und ggf. DIF durchgeführt werden, vor allem bei älteren Patienten, bei welchen der Pruritus als führendes Symptom beschrieben wird, um die Diagnose einer bullösen Autoimmundermatose sicher ausschließen zu können. Zudem sollte eine Verlaufskontrolle über mehrere Jahre erfolgen, um die Auswirkung des Pruritus als Trigger auf die Bildung von Autoantikörpern einer bullösen Autoimmundermatose zu verfolgen.
In dieser Studie wurden zwei Immunoassays zur Bestimmung von TG- und TPO-Antikörpern hinsichtlich diagnostischer Trennschärfe sowie klinischer Relevanz in der Diagnostik der chronischen lymphozytären Thyreoiditis-Hashimoto (CLT) untersucht. Im Rahmen der vorliegenden Studie wurden zwei Patientengruppen erfasst: ein Kollektiv mit der Diagnose CLT (n=203) und das sogenannte Normalkollektiv, das 205 Probanden umfasste. Die diagnostischen Kriterien zur Diagnosestellung CLT ergaben sich aus dem Zusammenspiel von klinischem Befund, Ultraschalluntersuchung und Antikörpertiter. Verglichen wurden der an der Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin der Universität Würzburg für die Routinediagnostik eingesetzte manuelle VarELISA TG und TPO Antibodies Assay, PHARMACIA Diagnostics mit dem automatisierten BRAHMS anti-TGn bzw. anti-TPOn KRYPTOR Assay. Die Bestimmung der Ergebnisse bei TPO-AK zeigte, dass die von KRYPTOR gemessenen Werte im Mittel um 2670,51 U/ml höher lagen als bei VarELISA. Bei TG-AK wurden die Konzentrationen auf der Plattform KRYPTOR allerdings um 325,07 U/ml niedriger gemessen als bei VarELISA; es zeigte sich bei TG-AK somit ein umgekehrtes Verhältnis. Des Weiteren wurde eine relativ gute Übereinstimmung zwischen beiden Assays (Kappa-Koeffizient nach Cohen = 0,63) bei der Bestimmung der TPO-Antikörper festgestellt; 86,8% der Seren wurden als konkordant bewertet. Demgegenüber stehen 65,4% in ihrem subjektiven Urteil übereinstimmende Ergebnisse bei der TG-Antikörper Bestimmung, was für eine schwache Übereinstimmung der TG-AK-Werte spricht (Kappa-Koeffizient nach Cohen = 0,31). Zudem ist die diagnostische Trennschärfe bei TPO-AK höher (Area under Curve = 0,929) als bei TG-AK (Area under Curve = 0,805); somit unterscheidet KRYPTOR bei der Bestimmung der TPO-AK besser zwischen „gesunden“ und „erkrankten“ Patienten als VarELISA. Bei der Messung der TPO-AK auf der Plattform KRYPTOR zeigte sich bei dem dem Cut-Off (vom Hersteller auf 60 U/ml festgelegt) am nächsten liegenden Wert (59,9 U/ml) sowohl eine hohe Sensitivität (81,4%) als auch Spezifität (97,6%). Bei der TG-AK Messung lag bei dem Cut-Off Wert von 59,8 U/ml bei hoher Spezifität (99,5%) die Sensitivität sehr niedrig (43,6%), d.h. viele Patienten wurden als falsch negativ eingestuft. Aus der Auswertung geht ein optimaler Schwellenwert von 67,2 U/ml für TPO-AK und 40,7 U/ml für TG-AK hervor, wobei der vom Hersteller angegebene Cut-Off Wert für beide AK 60 U/ml beträgt. Mittels neu ermitteltem Cut-Off Wert (67,2 U/ml) konnte bei TPO-AK eine Steigerung der Spezifität auf 99,5% bei unveränderter Sensitivität erreicht werden. Dementsprechend erbrachte der Cut-Off Wert von 40,7 U/ml eine Steigerung der Sensitivät auf 50% bei gleich bleibender Spezifität bei TG-AK. Die Bestimmung des Antikörperprofils in den beiden Testsystemen zeigte somit, insbesondere bei TG-AK, häufig diskrepante Ergebnisse. Dies belegt erneut die bekannte Problematik bei der Labordiagnostik der CLT. Ursächlich sind Affinitätsunterschiede und unterschiedliche Kalibrierungen der verwendeten Tests sowie das Fehlen einer Standardisierung zu diskutieren. Darüber hinaus bestätigen die Ergebnisse die Notwendigkeit einer Definition eines institutionellen Cut-Offs.
Myasthenia gravis ist eine Autoimmunerkrankung, die durch Störung der Erregungsübertragung an der neuromuskulären Endplatte zu einer Schwäche der Muskulatur führt. In dieser Arbeit wird die Rolle von Cortactin und Agrin als potentielle neue Antigene von Autoantikörpern bei Myasthenia gravis untersucht. Die detektierten Antikörper werden charakterisiert und die klinischen Merkmale der Patient*innen ausgewertet.
Kürzlich wurden bei immunvermittelten Neuropathien Autoantikörper gegen Proteine
des paranodalen axoglialen Komplexes beschrieben. Deren Charakteristika,
Prävalenzen, pathophysiologische Relevanz sowie Bedeutung für Diagnostik
und Therapie sind jedoch noch nicht abschließend erforscht.
In dieser Studie wurden daher Seren und Plasmapheresematerial (PE-Material)
von 150 Patienten mit inflammatorischen Neuropathien, nämlich 105 mit chronisch
inflammatorischer demyelinisierender Polyneuropathie (CIDP), 21 mit Guillain-
Barré-Syndrom (GBS) und 24 mit multifokaler motorischer Neuropathie
(MMN), welche etablierte diagnostische Kriterien der jeweiligen Krankheit erfüllen,
sowie 74 Kontrollen mittels immunhistochemischen Färbungen an murinen
Zupfnervenpräparaten und/oder ELISA (Enzyme-linked Immunosorbent Assay)
auf Autoantikörper gegen die paranodalen Proteine Caspr, Contactin-1 und Neurofascin-
155 untersucht. Bei positivem Ergebnis wurde deren Spezifität mittels
immunhistochemischen Färbungen an transfizierten HEK (Human embryonic kidney)-
293-Zellen und Präinkubationsversuchen bestätigt. Es wurden die IgG-Subklassen
und die Antikörpertiter bestimmt und das Komplementbindungsverhalten
unter Zugabe von intravenösen Immunglobulinen (IVIG) mit zellbasierten und
ELISA-basierten Methoden analysiert. Klinische Merkmale und das Therapieansprechen
Antikörper-positiver Patienten wurden ermittelt und mit den experimentellen
Ergebnissen in Zusammenhang gesetzt.
IgG-Autoantikörper gegen Contactin-1 konnten bei vier Patienten mit CIDP nachgewiesen
werden, IgG-Autoantikörper gegen Caspr bei einem Patienten mit
CIDP und einer Patientin mit GBS. Es konnten keine weiteren Autoantikörper bei
CIDP-Patienten, GBS-Patienten, MMN-Patienten oder bei den Kontrollen detektiert
werden. Die Prävalenz von Autoantikörpern gegen axogliale paranodale Proteine
liegt somit in dieser Studie bei jeweils 4,76% bei CIDP und GBS und 0%
bei MMN. Die Antikörper gehörten bei Patienten in der akuten Erkrankungsphase
(zwei der CIDP-Patienten mit Anti-Contactin-1-Autoantikörpern und eine GBS-Patientin mit Anti-Caspr-Autoantikörpern) hauptsächlich den Subklassen IgG1
und IgG3 an, bei Patienten in der chronischen Phase (zwei der CIDP-Patienten
mit Anti-Contactin-1-Autoantikörpern, ein CIDP-Patient mit Anti-Caspr-Autoantikörpern)
überwog die Subklasse IgG4. Experimentell kam es zur Komplementbindung
und -aktivierung abhängig vom Gehalt der Subklassen IgG1-3, nicht
aber IgG4; diese konnte durch die Zugabe von IVIG dosisabhängig gemindert
werden. Alle Autoantikörper-positiven CIDP-Patienten zeigten einen GBS-artigen
Beginn mit einer schweren motorischen Beteiligung. Anti-Contactin-1-positive
Patienten kennzeichnete klinisch zusätzlich das Vorkommen einer Ataxie und eines
Tremors, Anti-Caspr-positive Patienten das Vorkommen starker neuropathischer
Schmerzen. Elektrophysiologisch standen neben Hinweisen auf eine Leitungsstörung
Zeichen einer axonalen Schädigung im Vordergrund. Als histopathologisches
Korrelat lagen eine nodale Architekturstörung und ein Axonverlust
vor. Die Patienten zeigten nur in der Anfangsphase der Erkrankung ein Ansprechen
auf IVIG. Bei drei CIDP-Patienten mit IgG4-Autoantikörpern (zwei Patienten
mit Anti-Contactin-1-Antikörpern und ein Patient mit Anti-Caspr-Antikörpern)
wurde eine Therapie mit Rituximab durchgeführt. Diese führte zu einer Titerreduktion
und zur zeitgleichen klinischen und elektrophysiologischen Befundbesserung
bei zwei Patienten.
Die in dieser Arbeit angewandten Screeningmethoden führten zum erfolgreichen
Nachweis von Autoantikörpern gegen paranodale axogliale Proteine. Die Patienten
mit positivem Autoantikörpernachweis definieren eine kleine Untergruppe mit
ähnlichen klinischen Merkmalen im Kollektiv der Patienten mit inflammatorischen
Polyneuropathien. Histopathologische Merkmale sowie das Therapieansprechen
auf antikörperdepletierende Therapie sprechen in Kombination mit den Ergebnissen
weiterer Studien zu paranodalen Autoantikörpern für eine pathogenetische
Relevanz der Autoantikörper. Mit einem charakteristischen, am Schnürring ansetzenden
Pathomechanismus könnten Neuropathien mit Nachweis von paranodalen
Autoantikörpern der kürzlich eingeführten Entität der Nodo-Paranodopathien
angehören. Die Komplementaktivierung und das Therapieansprechen der Patienten auf IVIG stehen möglicherweise in Zusammenhang mit der prädominanten
IgG-Subklasse. Diese könnte auch in Bezug auf die Chronifizierung eine
Rolle spielen. Der Nachweis von Autoantikörpern gegen paranodale Proteine hat
wohlmöglich in Zukunft direkte Konsequenzen auf das diagnostische und therapeutische
Prozedere bei Patienten mit CIDP und GBS; weitere klinische und experimentelle
Daten aus größeren, prospektiven Studien sind jedoch zum weiteren
Verständnis und zur Charakterisierung dieser Entität notwendig.
Der Einfluss von Autoantikörpern gegen Aquaporin 4 bei der Pathogenese der Neuromyelitis optica
(2014)
Neuromyelitis optica (NMO) ist eine schwerwiegende Autoimmunerkrankung des zentralen Nervensystems, deren pathogene Ursache in Zusammenhang mit Autoantikörpern gegen Aquaporin 4 (AQP4) steht. In einem intrathekalen Passiv-Transfermodell der Ratte wurden die Auswirkungen von NMO-Immunglobulin (IgG) aus Plasmapheresematerial und rekombinanten Antikörpern gegen AQP4 sowie der Effekt von additiver Applikation von humanem Komplement untersucht. NMO-IgG, rekombinante Antikörper und modifizierte Antikörper ohne Fähigkeit zur Aktivierung der Komplementkaskade waren bei repetitiver Applikation in der Lage, auch ohne additives humanes Komplement NMO-ähnliche progrediente motorische Symptome zu induzieren. Durch Ko-Injektion von humanem Komplement konnte keine signifikante Exazerbation der Pathologie bewirkt werden.
MRT-Studien zeigten lokale Schrankenstörungen am Ort der höchsten Antikörperkonzentration. In histologischen Aufarbeitungen von Rückenmarksschnitten zeigten sich lokale Deposition an humanem IgG, ein dazu korrelierender Verlust an AQP4 sowie eine darüber hinausgehende Reduktion des Glutamattransporters EAAT2, während GFAP-reaktive Astrozyten tendenziell hypertroph und vermehrt waren. Auch bei additiver Applikation von humanem Komplement wiesen die Läsionsareale im Gegensatz zu histopathologischen Befunden bei NMO-Patienten und anderen Tiermodellen nur eine geringe Ablagerung von aktivem Komplement und wenig Infiltration durch ED1-positive Makrophagen auf. Da in einem Kontrollexperiment mit intrazerebraler intraparenchymaler Applikation von NMO-IgG die beschriebene additive Zytotoxizität von humanem Komplement reproduziert werden konnte, erscheint die Verwendbarkeit des intrathkalen Modells zur Evaluation der Wirkung von humanem Komplement bei Autoimmunerkrankungen mit intraspinalen Zielepitopen nicht geeignet.
Die Ergebnisse lassen sich als Komplement-unabhängige intrinsische Wirkungen von Antikörpern gegen AQP4 deuten, die in einer Reduktion der Oberflächenexpresseion von AQP4 und EAAT2 resultieren und zu einer progredienten Myelopathie führen. Neben der bekannten Antikörper-induzierten Komplement-abhängigen Zytotoxizität könnten diese Effekte einen bislang nicht beschriebenen zusätzlichen Pathomechanismus bei der NMO darstellen.
Bei der Multiplen Sklerose (MS) handelt es sich um eine Autoimmunerkrankung des zentralen Nervensystems (ZNS). Abhängig von der betroffenen ZNS-Region kann es zu vielfältigen Symptomen kommen. Neben neurologischen Symptomen verursacht durch ZNS-Läsionen leidet ein Großteil der MS-Patienten auch unter gastrointestinalen Funktionsstörungen. Diese gastrointestinalen Symptome wurden bisher eher auf Läsionen im Rückenmark zurückgeführt und nicht direkt in Verbindung mit der autoimmunen Ätiologie der Erkrankung gebracht.
In dieser Studie wurde das enterische Nervensystem (ENS) in einem B-Zell- und Antikörper-abhängigen Mausmodell der MS untersucht. Dafür wurde der Autoimmunprozess durch Immunisierung mit MP4, einem Fusionsprotein aus dem Myelin-Basischen-Protein (MBP) und dem Proteolipid-Protein (PLP), ausgelöst. Das ZNS und ENS wurden in den unterschiedlichen Erkrankungsstadien immunhistochemisch und elektronenmikroskopisch analysiert. Neben der Immunpathologie des ZNS konnte dabei eine Degeneration des ENS schon vor dem Einsetzen der ersten neurologischen Defizite nachgewiesen werden. Die ENS-Pathologie war antikörper-mediiert und ging einher mit einer verringerten gastrointestinalen Motilität sowie mit einer Gliose und Neurodegeneration des ENS.
Mithilfe von Immunpräzipitation und Massenspektrometrie konnten im ENS vier mögliche Zielstrukturen des Autoimmunprozesses identifiziert werden, was auf sog. epitope spreading hindeutet. Auch im Plasma von MS-Patienten konnten Antikörper gegen drei dieser Antigene nachgewiesen werden. Des Weiteren zeigten sich in Kolon-Resektaten von MS-Patienten erste Ansätze einer Neurodegeneration und Gliose des ENS.
In dieser Studie wurde zum ersten Mal ein direkter Zusammenhang zwischen der Autoimmunreaktion gegen das ZNS und einer simultanen Reaktion gegen das ENS gezeigt. Dies kann einen Paradigmenwechsel im Verständnis der Immunpathogenese der MS anstoßen und neue therapeutische und diagnostische Ansätze initiieren.
Die ETiCS-Studie (Etiology, Titre-Course, and effect on Survival) ist die bisher größte prospektive europäische Studie, die Ursachen und Entstehungsmechanismen kardialer Autoimmunphänomene untersucht. Ziel dieser Dissertation war die umfassende Charakterisierung der beiden prospektiven ETiCS-Kollektive sowie der Vergleich ihrer demographischen, klinischen, laborchemischen und apparativen Charakteristika zum Zeitpunkt des Studieneinschlusses. Die prospektive ETiCS-Studie umfasste im FAMI-Kollektiv (erster akuter Myokardinfarkt) insgesamt n=180 Patienten und im AMitis-Kollektiv (erste akute Myokarditis) n=96 Patienten. Die demographischen Daten, das kardiovaskuläre Risikoprofil sowie die klinische Symptomatik unserer Patienten entsprachen im Wesentlichen den in der Literatur bereits beschriebenen ähnlichen Vergleichskollektiven, mit dem interessanten Unterschied, dass unsere Infarkt-Patienten deutlich jünger waren (57 ± 8 Jahre), als der Durchschnittspatient mit erstmaligem Myokardinfarkt. Als Schlussfolgerung dieser Arbeit für die klinische Praxis lässt sich durch akribische Erhebung der Anamnese und des kardiovaskulären Risikoprofils eines Patienten mit unklaren kardialen Beschwerden mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit ein akuter Myokardinfarkt oder eine akute Myokarditis vorhersagen. Das führende klinische Symptom ist mit Thoraxschmerz und Dyspnoe bei beiden Krankheitsbildern recht ähnlich, jedoch sollte bei führender Belastungsdyspnoe und zeitgleich typischen Nebenkriterien (Fieber, Palpitationen, Infektanamnese) primär an eine Myokarditis gedacht werden. Anhand der Ischämiemarker ist der Ausschluss einer akuten Myokardischämie oder einer akuten Herzmuskelentzündung zwar mit großer Sicherheit möglich, bei erhöhten Werten muss jedoch für eine weitere Differenzierung auch die Klinik, die EKG-Diagnostik und die Echokardiographie mit betrachtet werden. Auch bei nicht eindeutigem EKG-Befund sollte die Indikation zur Koronarangiographie nur in Zusammenschau der genannten Befunde gestellt werden. Sobald sich jedoch der Verdacht auf ein akutes Infarktgeschehen erhärtet, sollte ohne Zeitverzögerung eine invasive Diagnostik erfolgen.
Die Anzahl neurologischer Erkrankungen bei denen Autoantikörper gegen zentralnervöse An-tigene bekannt sind, hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Allerdings gibt es nur für wenige dieser Erkrankungen hinreichende experimentelle Belege für eine pathogene Wir-kung der Autoantikörper. Zwei dieser Erkrankungen wurden im Rahmen dieser Arbeit näher untersucht: die Juvenile Neuronale Zeroid-Lipofuszinose (JNCL) mit Autoantikörpern gegen die 65 kD Isoform der Glutamatdecarboxylase und das Stiff Person Syndrom (SPS) mit Auto-antikörpern gegen Amphiphysin. Die phänotypische Charakterisierung der cln3 knockout-Maus, einem Mausmodell für die JNCL, zeigte eine progressive Verschlechterung der motorischen und koordinativen Fä-higkeiten, eingeschränktes reizbedingtes Lernen und gesteigertes angstähnliches Verhalten. Diese Symptome ähneln denen der humanen Erkrankung. Elektrophysiologisch konnte eine Antikörper-induzierte zerebelläre Dysfunktion identifiziert werden, die einer verminderten lokalen GABAergen Hemmung zugeordnet wird. Eine Reduktion der Antiköperproduktion im Tiermodell durch eine Depletion der Plasmazellen durch den Proteseinhibitor Bortezomib hatte einen positiven Effekt auf die Krankheitsentwicklung. Im zweiten experimentellen Teil der Arbeit wurde der Einfluss von Autoantikörpern gegen Amphiphysin von Patienten mit SPS auf die synaptische Transmission untersucht. Es zeigte sich hierbei in Patch-Clamp Experimenten eine Störung der GABAergen Übertragung v.a. bei hochfrequenter Stimulation, was im Einklang mit dem vermuteten Antikörper-induzierten Endozytosedefekt steht. Passiver Transfer von humanen Autoantikörpern gegen Amphiphysin induzierte angst-ähnliches Verhalten in Ratten, einem weiteren Kernsymptom des SPS. Aktive Immunisierung gegen Amphiphysin und anschließende Öffnung der Blut-Hirn-Schranke in Mäusen führte zu einer subklinischen Veränderung der Reflexverarbeitung von Ia Afferenzen auf Motoneurone im Rückenmark der Mäuse. Insgesamt konnten in zwei Erkrankungen des ZNS autoimmune Mechanismen identifi-ziert werden, die zu einer Antikörper-induzierten Fehlregulation der zentralen synaptischen Transmission führen. Diese Ergebnisse können wegweisend sein auch für die Erforschung der Pathophysiologie anderer Antikörper-assoziierte Erkrankungen des ZNS.
Hintergrund: Die der Pathogenese von Morbus Parkinson (PD, Parkinson’s disease) zugrunde liegenden Mechanismen sind bis heute nur unvollständig verstanden. Insbesondere ist unklar, durch welche ursächlichen Faktoren Parkinson ausgelöst wird. Bei der HIV-Infektion treten bei vielen Patienten neurologische Störungen auf (HIV-Associated Neurological Disorders, HAND), die in der klinischen Symptomatik und der Lokalisation der betroffenen Gehirnareale dem Morbus Parkinson ähneln. Möglicherweise könnte eine Fehlregulation der Immunantwort eine Rolle als Auslöser beider Erkrankungen spielen. In dieser Arbeit wurde die Autoimmunantwort von PD- und HAND-Patienten und gesunden Kontrollen gegen verschiedene Gehirnhomogenate untersucht, die während der Parkinsonerkrankung in unterschiedlichem Ausmaß geschädigt werden. Das Autoimmun-Signal wurde quantifiziert und prominente Autoantigene wurden identifiziert.
Methoden: In dieser Arbeit wurde ein Western-Blot-basiertes Verfahren zum Nachweis von Autoantikörpern gegen Gehirngewebe entwickelt. Dieses Verfahren wurde nach Optimierung mit Plasmaproben von gesunden Kontrollen, PD-Patienten und Patienten mit HIV-Infektion insbesondere an einer Gruppe von 40 Parkinson-Patienten (Durchschnittsalter 65 Jahre, 45 % weiblich) und 40 alters- und geschlechtsgemachten Kontrollen (Durchschnittsalter 62 Jahre, 50 % weiblich) angewendet und die humorale Autoimmunität gegen verschiedene Gehirnareale untersucht. Dazu wurden die verschiedenen Areale (dorsaler Motornucleus des Glossopharynx- und Vagusnervs (dm), Substantia nigra (SN), anteromedialer temporaler Mesocortex (MC), high order sensorische Assoziations- und präfrontale Felder (HC), first oder sensorische Assoziations- und prämotorische Felder, primäre sensorische und motorische Felder (FC)) von post-mortem Gehirnen homogenisiert, auf SDS-Gradienten-Gelen elektrophoretisch aufgetrennt und auf Nitrocellulose geblottet. Die Membranen wurden mit den Plasmen inkubiert und gebundene Autoantikörper immunologisch detektiert. Die Signale wurden qualitativ und quantitativ ausgewertet. Mit Hilfe einer zweidimensionalen Elektrophorese und anschließender Immunfärbung wurden prominente Autoantigene durch Massenspektroskopie identifiziert.
Ergebnisse: Mit dem in dieser Arbeit entwickelten Assay lässt sich die humorale Autoimmunantwort gegen Gehirngewebe semiquantitativ bestimmen. In allen untersuchten Proben konnten verschiedene Autoantikörper gegen unterschiedliche Antigene nachgewiesen werden. Der Gesamt-IgG-Gehalt der Plasmen unterscheidet sich weder zwischen PD-Patienten und gesunden Kontrollen, noch zwischen Männern und Frauen signifikant. Weibliche PD-Patienten zeigen signifikant stärkere Signale gegen dm als männliche (p = 0.02, Mann-Whitney-U-Test), der wiederum in jedem Patienten - unabhängig vom Geschlecht - von den untersuchten Hirnarealen signifikant stärker autoimmunologisch erkannt wird, als die übrigen Hirnareale (p < 0.0001, Friedman-ANOVA). In jedem Hirnareal wurden drei Banden besonders häufig erkannt (45, 40 und 37 kDa), jede davon am stärksten im dm (p < 0.0001, Friedman-ANOVA). Die Einzelanalysen der Signalintensitäten zeigt, dass PD-Patienten signifikant weniger Autoreaktivität gegen die 45 kDa-Bande in der SN (p = 0.056), im MC (p = 0.0277) und im FC (p = 0.0188) zeigen, als Kontrollen. Weitere Analysen zeigen, dass männliche PD-Patienten hochsignifikant weniger das 45 kDa-Protein im SN (p < 0.0001), MC (p = 0.0042) und FC (p = 0.0088) erkennen als Kontrollen, wohingegen bei den weiblichen Kontroll- und PD-Plasmen kein Unterschied festzustellen war. Ein weiteres Protein bei 160 kDa wird signifikant unterschiedlich stark in allen Gehirnarealen erkannt (p < 0.0001, Friedman-ANOVA), wobei die stärkste Immunreaktivität gegen FC besteht.
Basierend auf dem Nachweis der 45 kDa-Bande aus der SN ergibt sich eine Odds Ratio für das Merkmal Parkinson von 3.38 (CI 1.11 – 10.30). Bei Männern ist diese Odds Ratio sogar 53.12 (CI 2.79 - 1012), bei Frauen 0.44 (CI 0.09 – 2.09). Die Sensitivität dieses Tests liegt bei Männern bei 1 (CI 0.84 – 1), die Spezifität bei 4.41 (0.31 – 0.78). Die negativ prädiktiven Werte liegen in allen Gruppen über 99.15 %. Die Identifizierung der Proteine mittels Massenspektroskopie ergab, dass es sich bei den 37 – 45 kDa Banden um Isoformen oder posttranslational modifizierte Formen des GFAP (glial fibrillary acidic protein), einem Bestandteil von Neurofilamenten v.a. in Astrozyten handelt. Außerdem wurde Fructose-Bisphosphate Aldolase A und Aspartat-Aminotransferase (mitochondriale Isoform 1 Vorläufer), beides Proteine des Kohlenhydrat-Stoffwechsels und der Glykolyse, als weitere Proteine mit ebenfalls 45 kDa identifiziert. Bei dem identifizierten Protein mit dem Molekulargewicht von 160 kDa handelt es sich wahrscheinlich um Dihydropyrimidinase-related protein 2, wie GFAP ebenfalls bei der Bildung des Zytoskeletts beteiligt.
Diskussion: Autoantikörper gegen Gehirnantigene sind ein physiologisches Phänomen, das unabhängig von dem Vorliegen einer neurologischen Erkrankung besteht. Gehirnareale, die bei Parkinson besonders stark geschädigt werden, werden von dieser humoralen Autoimmunantwort besonders stark erkannt. Eine vorübergehende Permeabilisierung der Blut-Hirn-Schranke durch Infektion oder Trauma könnte den Zutritt der Autoantikörper zum Gehirn erlauben und so autoreaktive Prozesse in Gang setzen und zum Untergang dopaminerger Neuronen führen. Bei den identifizierten Proteinen handelt es sich um grundlegende Bestandteile eukaryotischer Zellen, was die Hypothese eines Art Beseitigungsmechanismus der Autoantikörper und damit die Aufgabe der Aufrechterhaltung der Homöostase darstellen könnte. Bei männlichen PD Patienten wird die 45 kDa Bande signifikant weniger stark von Auto-IgGs erkannt; dieser Mechanismus könnte somit in den männlichen PD-Patienten vermindert sein. Als Folge wäre die Ablagerung von Zelltrümmern im Gehirn vorstellbar, die dann auch langfristig eine Angriffsfläche für Autoimmunprozesse mit dem Verlust dopaminerger Neuronen bieten könnte.